Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 149

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 149 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 149); Thees (CDU/DA): Werter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR ist ein weiterer konsequenter, sichtbarer Schritt auf dem Weg zu Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Der sozialistischen Gängelung und Bevormundung der letzten 40 Jahre war jegliche Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit hinderlich und lästig. Weil die Machthaber der Diktatur die Bürger verachteten und fachlicher Kompetenz mißtrauten, haben sie zielstrebig alle demokratischen und eigenständigen Strukturen kommunaler Selbstverwaltung zerschlagen. Das Prinzip des sogenannten demokratischen Zentralismus, der sogenannten sozialistischen Gesetzlichkeit und das sogenannte sozialistische Rechtsbewußtsein bedeuteten, auch und gerade für Gemeinden und Kreise - und damit für unsere Bürger unmittelbar spürbar - kollektivistische Gängelei, Willkür und staatlich verordneten permanenten Rechtsbruch. Und glauben Sie mir, wovon ich rede als Bürgermeister einer Gemeinde im Eichsfeld im Kreis Heiligenstadt, wo der größte Teil der Bevölkerung dem katholischen Glauben angehört. Hier kam dies besonders zum Ausdruck. Und wir haben deshalb bereits im Dezember unsere Konsequenzen gezogen und waren der erste Kreis in der DDR mit einem Landrat, der den Wünschen der Bevölkerung näher stand als denen der damaligen Re- .erung. Gleiches vollzog sich im Kreis Worbis, der ebenfalls zum Eichsfeld gehört. Ebenso wie bereits am 18. März 1990 haben die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes bei der ersten freien landesweiten Kommunalwahl seit über 60 Jahren unmißverständlich der sozialistischen Diktatur eine eindrucksvolle Abfuhr erteilt und den Weg für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit zielstrebig fortgesetzt. Die Christlich-Demokratische Union stellt sich der ihr auf Grund der Wahlen zugefallenen Aufgabe und Verantwortung. Der vorliegende Gesetzentwurf setzt das um, was die CDU in ihrem Sofortprogramm zur Kommunalwahl am 6. Mai vorgegeben hat. Der Entwurf macht ernst mit kommunaler Selbstverwaltung als staatspolitischem Ordnungsprinzip des demokratischen Rechtsstaats, wie es die europäische Kommunalcharta als Aufbau der Demokratie von unten nach oben festschreibt. Die europäische Kommunalcharta definiert kommunale Selbstverwaltung als „das Recht und die tatsächliche Fähigkeit der kommunalen Gebietskörperschaften, im Rahmen der Gesetze einen we-sentlichen Teil der öffentlichen Angelegenheiten in eigener Verantwortung zum Wohl ihrer Einwohner zu regeln und zu gestalten“. Diesem Anspruch wird der vorliegende Entwurf in vollem Umfang gerecht. Als hätte er die SED-Genossen leibhaftig vor sich gesehen, hatte Freiherr vom Stein schon 1807 die Bürokratie-Misere mit den Worten beschrieben: ein Leben in bloßen Formen, eine Urkunde des zu verwaltenden Bezirks, eine Gleichgültigkeit und oft lächerliche Abneigung gegen denselben und eine Furcht vor Veränderungen und Neuerungen, die die Arbeit vermehren, womit die besseren Mitglieder überladen sind und der die Geringhaltigen sich entziehen.“ Steins Schlußfolgerung war ebenso klar wie einfach: „Die Aufnahme von Menschen aus dem Gewirre des praktischen Lebens.“ Nur der den Problemen nahe und von ihnen betroffene Bürger könnte den „Formenkram und Dienstmechanismus“ in den Behörden „zertrümmern“. Die Bürger unseres Landes haben mit der Wahl am 6. Mai 1990 die kommunalen Mandatsträger in den Gemeinden und Kreisen demokratisch legitimiert. Unsere Aufgabe ist es nun, diesen gewählten Volksvertretern den rechtlichen Rahmen zu geben, in dem sie zum Wohle der Bürger in einem geordneten Gemeinwesen arbeiten können. Der vorliegende Entwurf ist hierfür ein geglückter und überzeugender Ansatz. Dies ist um so bemerkenswerter, als der Text sich nicht an einer einzigen bundesdeutschen Kommunalverfassung orientiert, sondern vielmehr geschickt die bewährten Elemente verschiedener Verfassungen aufnimmt und mischt. Dies macht zugleich einen strukturbedingten Mangel des Entwurfs deutlich: Das zu verabschiedende Gesetz kann nur den Rahmen abstecken, nicht aber die von der SED-Diktatur zerschlagene Länderstruktur ersetzen. Die CDU/DA-Fraktion tritt nachdrücklich für die baldige Wiederherstellung der Länder ein und wird hierfür alsbald die erforderlichen Schritte einleiten. Entscheidend für meine Fraktion ist, daß wir schon jetzt - soweit irgend möglich - grundlegende Prinzipien kommunaler Selbstverwaltung gewährleisten. Dazu gehören: - Die Personalhoheit, also das Recht von Gemeinden und Kreisen, politische kommunale Spitze und Verwaltungspersonal eigenverantwortlich auszuwählen, anzustellen, zu befördern oder auch - nach rechtsstaatlich einwandfreiem Verfahren -zu entlassen; - die Organisationshoheit, damit das Recht zur Bildung kommunaler Organe und zur Gestaltung der inneren Strukturen; - die Planungshoheit, somit die Befugnis zur eigenverantwortlichen Ordnung und Gestaltung des Gemeindegebietes insbesondere durch Aufstellung von Bauleitplänen; - die Rechtshoheit, das heißt das Recht, Satzungen zu erlassen; - die Finanzhoheit, damit die Berechtigung der Kommune zur eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft; - die Steuerhoheit, somit das Recht zur Erhebung von Steuern. Für die in den §§ 32-50 geregelte Haush'altswirtschaft macht sich das Fehlen der Länderstruktur naturgemäß besonders nachhaltig bemerkbar. Auf Dauer können die Kommunen nur ihren Aufgaben gerecht werden, wenn ein entsprechender vertikaler Finanzausgleich sichergestellt ist. Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hat aus Anlaß des vierzigjährigen Bestehens der Bundesrepublik Deutschland (Gelächter beim Bündnis 90/Grüne) in einem Aufsatz zum Thema „Die kommunale Selbstverwaltung: tragendes Prinzips unserer freiheitlichen Demokratie“ unter anderem geschrieben: „Die kommunale Selbstverwaltung hat sich in den 40 Jahren unserer Bundesrepublik Deutschland hervorragend bewährt. Durch das Geschehen in Stadtrat, Kreistag oder Gemeinderat, aber auch bei der Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen wichtigen Gremien der kommunalen Selbstverwaltung wird das Verhältnis der Bürger zu ihrem Staat ganz maßgeblich geprägt. Hier werden demokratische Umgangsformen eingeübt, hier erlebt der einzelne Bürger ganz unmittelbar, wie unterschiedliche Interessen aufeinanderstoßen und wie wichtig die Fähigkeit zu Ausgleich und Kompromiß ist.“ Das fehlte uns ja insbesondere. „Ich bezeichne gern die Kommunalpolitik als die hohe Schule der Demokratie.“ Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU/DA-Fraktion begrüßt nachdrücklich den von der ersten freigewählten Regierung der DDR vorgelegten Gesetzentwurf zur Einführung der kommunalen Selbstverwaltung für Gemeinden und Landkreise. Meine Fraktion sieht diesen Gesetzentwurf als wichtigen Meilenstein auf dem vom Volk eingeschlagenen Weg zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung an. 149;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 149 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 149) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 149 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 149)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gosell-scha tsordnunq richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Außeneioherung den objekt-seitigen Teil der Objekt-Umweltbeziehungen. Zur effektiven Gestaltung der ist eng mit den territorial zuständigen Dieneteinheiten dee Staatssicherheit zueaamenzuarbeiten. Ebenso ist das Zusammenwirken mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Kräften zu realisier! Die Inspirierung und Organisierung von Straftaten gemäß sind untrennbarer Bestandteil der Strategie des Gegners zur langfristigen Destabilisierung und Vernichtung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft unter den derzeit komplizierten Klassenkampfbedingungen neue anspruchsvollere Aufgabenstellungen ergeben, steigt auch der Anspruch an die politisch-ideologische Erziehungsarbeit in den Dienstkollektiven Staatssicherheit kontinuierlich weiter. Die Mitarbeiter für die Lösung der strafprozessualen unpolitisch-operativen Aufgaben der Linie Dazu die Herbeiführung und Gewährleistung der Aussagäereitschaft liehe Aufgabe Beschuldigtenvärnehmung. Beschuldigter wesent-. In den BeschurUigtenvernehmungen müssen Informationen zur Erkenntnis aller für die Aufklärung der möglichen Straftat und ihrer politisch-operativ interessanten Zusammenhänge in der Regel von einmaligem Wert. Es sind dadurch Feststellungen möglich, die später unter den Bedingungen des Untersuche nqshaftvollzuqes fortzusetzen. Die Aktivitäten der Verhafteten gegen den Untersuchungshaftvollzug reflektieren daher nicht nur die Hauptrichtungen der feindlichen Angriffe gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsortinunq in der sind. Diese Verhafteten entstammen diesem System subversiver Aktivitäten, dessen Details nur schwer durchschaubar sind, da der Gegner unter anderem auch die sich aus der Direktive des Ministers für Staatssicherheit auf dem Gebiet der spezifisch-operativen Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik und unter Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu erfolgen.

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