Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1481

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1481 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1481); Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Danke schön. Herr Abgeordneter Tschiche. Als nächster spricht für die Fraktion der PDS Abgeordneter Scheringer. Scheringer für die Fraktion der PDS: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion fordert in ihrem Antrag Nachverhandlungen gemäß Artikel 9 des 1. Staatsvertrages, weil - so ihre schriftliche Begründung - der Ministerpräsident mit seiner Erklärung vom 3. August deutlich gemacht hätte, daß sich die wirtschaftliche und soziale Situation in der DDR dramatisch verschlechtert hat. Wir sind für dieses Anliegen. In den Dörfern spüre ich täglich hautnah, wie belastend sich für die Familien auf dem Lande die gegenwärtige wirtschaftliche Lage auswirkt. Ich frage: Hat die SPD erst am 3. August gemerkt, daß etwas nicht stimmt? Sie war doch vier Monate in der Koaliton, sie trug doch mit Regierungsverantwortung. Jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, nachdem man monatelang recht und schlecht mitgewurschtelt hat bzw. vernünftige Positionen nicht durchsetzen konnte, versucht man, Konsequenz zu demonstrieren. Die richtige Konseqenz hätte doch darin bestehen müssen, *"h nicht als Mehrheitsbeschaffer mißbrauchen zu lassen, son-rn die Koaltion in Verantwortung gegenüber den Menschen und auch gegenüber dem Willen der eigenen Wähler rechtzeitig zu verlassen, zumindest aber dem 1. Staatsvertrag so nicht zuzustimmen. (Beifall bei der PDS) Die Forderung nach Nachverhandlungen ist nichts anderes als der Versuch, den Wählern mit Blick auf die Landtagswahlen und den 2. Dezember Sand in die Augen zu streuen. Jetzt, wo die SPD aus der Regierung raus ist, greift die CDU und speziell der Staatssekretär Krause die eine oder andere sozialdemokratische Forderung auf, die bisher kein Gehör fand, und versucht so im wahrsten Sinne des Wortes auf Bauernfang zu gehen. (Bewegung im Saal) Als Mitglied des Ausschusses für Ernährung, Land- und Forstwirtschaft weiß ich, daß aus dem Landwirtschaftsministerium durchaus dem Ernst der Lage Rechnung tragende Vorschläge und finanzielle Forderungen kamen, aber abgelehnt wurden. Jetzt macht sich Herr Krause diese zu eigen, um sich als Retter der Landwirtschaft zu profilieren. (Beifall bei der PDS, vereinzelt bei der SPD und bei Bündnis 90/Grüne) Es ist schon makaber, mit ansehen zu müssen, wie die Politik der großen Parteien an kleinlichen Parteiinteressen orientiert ist und die wahren Interessen der Menschen dabei auf der Strecke bleiben. (Beifall bei der PDS und bei Bündnis 90/Grüne) Unsere Fraktion wertet den Antrag als ein Dokument des Versagens der SPD gegenüber der historisch einmaligen, unwiederbringlichen Chance des Herbstes 1989, weil die SPD eine Partei des Herbstes 1989 ist. Und jetzt legt sie ein Zertifikat des Versagens im historischen deutschen und europäischen Einigungsprozeß vor. Die große Möglichkeit, den Grundstein für ein neues, wahrhaft demokratisches Deutschland zu legen, wurde faktisch verspielt. Natürlich sind viele elementare Fragen ungeklärt, die ihre Klärung vor dem Beschluß zum Beitrittstermin hätten finden müssen. Gregor Gysi hat die wichtigsten dieser Fragen in seiner Rede auf der 30. Tagung der Volkskammer genannt. Für uns ist das Problem jetzt nicht nur eine Nachverhandlung zum 1. Staatsvertrag, sondern auch das der ordentlichen Gestaltung des Einigungsvertrages. In diese Dokumente gehören eindeutige Regelungen zu den noch offenen Fragen. Ich möchte die wichtigsten wiederholen: Sicherung der Ergebnisse der Bodenreform und der Eigentumsund Nutzungsrechte sowie der Mietrechte der Bürgerinnen und Bürger der DDR, bis hin zu bestimmten Sonderregelungen in den Ländern auf dem Gebiet der heutigen DDR, wie z. B. die selbstbestimmte Schwangerschaft und Mutterschaft der Frau. Notwendig sind mehrjährige Übergangsregelungen für die Wirtschaft der DDR, so wie sie zumindest für die Landwirtschaft in der Regierungserklärung noch angestrebt waren. Wir brauchen diese, weil sonst kein funktionsfähiger Markt in diesem Teil Deutschlands herausgebildet werden kann. Gegenwärtig haben DDR-Betriebe bei Fleisch nur noch einen Marktanteil von weniger als 50 % und bei Käse nur noch von 15 %. Ohne ökonomische Rahmenbedingungen, ohne ein koordiniertes System zur Förderung der Investitionstätigkeit und ohne die dafür notwendige Zeit geht die Nahrungsgüterindustrie und mit ihr die Landwirtschaft zugrunde. (Unverständliche Zurufe) Es geht - ich sage das in vollem Ernst - um wahrhaft existentielle Fragen für Hunderttausende in diesem Lande. Nicht zuletzt erfordert der Einigungsvertrag entsprechende Regelungen für eine aktive und finanzierbare Beschäftigungspolitik. Ich glaube, dies angesichts der Eskalation von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit nicht näher begründen zu müssen. Zusammengefaßt möchte ich den Standpunkt unserer Fraktion so formulieren: Wir unterstützen den Antrag betreffs Nachverhandlungen in dem Sinne, daß diese Möglichkeit auch für einen guten Einigungsvertrag genutzt wird. - Schönen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der PDS) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache geschlossen. (Zurufe: Nein!) Bitte sehr. Entschuldigung, ich hatte es nicht gesehen, der Ministerpräsident hat ums Wort gebeten. Ministerpräsident de Maiziere: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich auf die Beschlußlage des Hauses hinweisen. Im Zusammenhang mit dem Haushaltsgesetz ist beschlossen worden, daß die Regierung Mitte September einen Bericht zu erstatten hat, um eben diese Frage zu prüfen, die die SPD mit ihrem Antrag gestellt hat. Ein Antrag müßte daher lauten, den Beschluß vom soundsovielten, soundsovielten dahingehend zu ändern, daß Dies zur Art des Herangehens und auch der Ernsthaftigkeit der Arbeit des Hauses in diesen Fragen bisher. Zweitens: Mich wundert schon dieser Antrag heute; denn gerade Kollegen von der SPD waren es ja schon, die am 15.9. bereits die volle Verantwortung abgeben wollten, insofern die Verantwortung dorthin delegieren wollten, wo sie ab 3. Oktober sein wird. (Zuruf von der SPD: Und wogegen Sie gestimmt haben! -- Beifall bei der CDU/DA) Zu der eigentlichen Situation ist folgendes auszuführen: daß bei der Durchführung des Planes festgestellt werden kann, daß in den Monaten Juli und August die Liquidität des Haushaltes gesichert war und den Anforderungen der Ministerien entsprochen hat. Das Problem bestand jedoch oftmals darin, daß die Mittel nicht dort zur Verfügung standen, wo sie gebraucht wurden. 1481;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1481 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1481) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1481 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1481)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucher- und Transitverkehrs. Die Erarbeitung von im - Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den Leitern der zuständigen operativen-Linien und Diensteinheiten Entscheidungen vorzubereiten, wie diese Aufgaben und Probleme insgesamt einer zweckmäßigen Lösungzugeführt werden sollen, welche politisch-operativen Maßnahmen im einzelnen notwendig sind.

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