Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 138

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 138 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 138); rem Gewissen und ihrem Glauben folgten und dafür den Tod auf sich nahmen? Sind wir dem Vermächtnis jener Menschen gerecht geworden, die danach ihre Kraft und ihr Leben für ein erneuertes, demokratisches Deutschland eingesetzt haben? Das sind schwere Fragen gerade in einem Staat, der auf dem Fundament antifaschistischer Überzeugungen aufgebaut wurde. Auf die damalige entschiedene Wendung gegen den Faschismus können wir stolz sein. Es waren Kommunisten und Sozialdemokraten, christliche Demokraten, Arbeiter in den Gewerkschaften, Christen in den Kirchen, die Männer und Frauen des 20. Juli 1944, die dafür sorgten, daß es ein Nein zu den Verbrechen auch im deutschen Namen gab. Und dennoch haben wir uns diesen Fragen zu stellen. Es waren vor allem die Verfolgten des Nationalsozialismus, die Emigranten und Widerstandskämpfer, die unseren neuen Staat schufen. Sie waren die Träger der Hoffnung auf Demokratie und Gerechtigkeit, auf Toleranz und Humanität. Es war die Gewißheit dieser Menschen, daß jeder einzelne mit menschlicher Würde geboren wird, die ihm niemals genommen werden kann. Getragen wurde diese Gewißheit von einer Zuversicht, die Anna Seghers im Exil und noch vor dem zweiten Weltkrieg in die Worte faßte: „Wir fühlten alle, wie tief und furchtbar die äußeren Mächte in den Menschen hineingreifen können, bis in sein Innerstes, aber wir fühlten auch, daß es im Innersten etwas gab, was unangreifbar war und unverletzbar.“ Das Wirken solcher Mächte hat nach dem 8. Mai 1945 nicht aufgehört. Weil zu viele die Gewalttaten des nationalsozialistischen Reiches nicht wahrhaben wollten, weil zu viele dasselbe erfahrene Leid nicht auszusprechen wagten, lähmten Blindheit und Angst unsere Kräfte, haben wir Chancen der Befreiung nicht wahrgenommen. Die Versuchung, schnell, allzuschnell auf der Seite der Sieger stehen zu können, machte manchen bald wieder zum Handlanger gewaltsamer Machtausübung. Wir müssen erkennen: Die Last unserer Geschichte geht über das Jahr 1945 hinaus. Im deutschen Namen wurde erneut das freie Denken unterdrückt. Die Opfer waren unsere Nachbarn, aber auch die Mutigen im eigenen Volke. Wir sind nicht nur mitverantwortlich für Demütigung, Vertreibung und Ermordung jüdischer Frauen, Männer und Kinder, für das Leid, das im zweiten Weltkrieg von Deutschland aus über die Länder Europas, besonders über unsere Nachbarn im Osten, kam. Wir sind auch verantwortlich für die erneute Verfolgung und Entwürdigung jüdischer Mitbürger nach dem Kriege in unserem Lande, für eine Politik der Heuchelei und Feindseligkeit gegenüber dem Staate Israel. Heute müssen wir sehen, daß wir jederzeit von der Macht versucht werden und gefährdet bleiben. Aber wir haben auch eine Chance, Gefährdungen zu überwinden, wenn wir uns unserer Geschichte im ganzen stellen. Das Vergangene ist nicht tot, es ist nicht einmal vergangen -schrieb Christa Wolf. Gerade gegenüber dem Vergangenen der letzten 40 Jahre hat dieser Satz für uns heute seine besondere Bedeutung. Die demokratische Revolution in der DDR hat uns dazu befreit, mit der Erinnerung an das Geschehene so ehrlich und wahrhaftig wie möglich umzugehen. Wir dürfen diese Chance nicht erneut vertun. Die friedliche Revolution haben wir vielen zu verdanken - zunächst einmal den Menschen in der DDR selbst, die im Herbst 1989 die Freiheit zur Wahrheit erzwangen. Viele kamen aus den Kirchen, und viele gingen in die Kirchen. Sie erreichten ihr Ziel ohne Gewalt, mit den Kerzen zu Füßen der Staatsgewalt. Niemals wollen wir die Verdienste der Kirchen vergessen. Sie haben hilfesuchenden Menschen Zuflucht vor Willkür und Rechtlosigkeit geboten und die Friedfertigkeit unserer Revolution bewahrt. Ermöglicht aber wurde dieser Weg in die Freiheit erst durch das neue Denken und die Perestroika in der Sowjetunion, durch Michail Gorbatschow. Ihm und den Menschen in der UdSSR fühlen wir uns eng verbunden in der Auseinandersetzung mit dem Erbe der Diktatur und ihrem Ringen um Demokratie. Schließlich hatten unter dem Druck unserer Probleme auch unsere Nachbarn in Ungarn, in der Tschechoslowakei und in Polen zu leiden. Ohne ihre Geduld und Umsicht wäre unsere friedliche Revolution wohl nicht möglich gewesen. Sie haben den Riegel weggeschoben, und die Tür zur Freiheit konnte aufgestoßen werden. Dabei hatten gerade unsere tschechischen und slowakischen Nachbarn noch gut unsere Mitwirkung an der Zerschlagung ihres Aufbruchs von 1968 in Erinnerung. Die Erfahrung, daß menschliche Kontakte und Bindungen stärker sind als die Zwänge politischer Systeme, gehört zu den positiven Erfahrungen der letzten Monate. Sie war auch der Baustein für die ersten Schritte der Aussöhnung nach dem 8. Mai 1945. Freilich, Versöhnung ist nur möglich, wo eine Schuld erkannt und benannt wird. Jeder muß sich fragen, ob er schuldig geworden ist durch sein Mitwirken, durch sein Schweigen, durch sein Wegsehen. Jeder wird für sich eine Antwort finden. Wer schuldig geworden ist, der wird sich der Verantwortung stellen müssen. Wer aber über die Schuldigen zu sprechen und zu richten hat, trägt eine noch größere Verantwortung. Dabei möge jeder sich selbst prüfen, ob heute sein Ruf nach Strafe nicht eigene Zaghaftigkeit von gestern verdrängt, und jeder möge sich fragen, ob er eine Antwort darauf geben kann, wer nun die Opfer und wer di Täter waren, ob er nicht selbst - wenn auch in unterschiedliche!. Maße - auch beides war: Opfer und Täter. Deshalb sollten wir die Mahnung von Bertolt Brecht an die Nachgeborenen beherzigen, der einst schrieb: „Auch der Haß gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht macht die Stimme heiser. Auch wir, die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit, konnten selbst nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es soweit sein wird, daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist, gedenkt unserer mit Nachsicht.“ Hüten wir uns also vor neuer Selbstgerechtigkeit, um neue Ungerechtigkeit zu vermeiden. Niemand ist zum Helden geboren. Bedenken wir, daß wir Zeit benötigen, um das Vergangene aufzuarbeiten. Schuld darf dabei nicht zugeschüttet werden. Lassen wir uns nicht dazu verleiten, das Versagen des eigenen Volkes gegen Schuld anderer aufzurechnen. Niemand kann aus seiner Geschichte entlassen werden. Üben wir Nachsicht, da wir selbst nicht frei sind von schuldhafter Verstrickung. Räume- wir uns gegenseitig die Chance ein, aus der Geschichte zu lerne. und uns zu ändern. Nur wenn wir aufrichtig gegen uns selbst sind, wird der Gerechtigkeit ein Weg gebahnt. Viele Fragen werden uns auf diesem beschwerlichen Weg begleiten. Was antworten wir, die wir heute Verantwortung tragen, dem Arbeiter, der als Kommunist von den Nationalsozialisten verhaftet und nach dem Kriege wieder um sein Selbstbestimmungsrecht betrogen wurde? Was antworten wir den Frauen, die selbstlos die Trümmer beseitigt haben und um die Früchte ihrer aufopferungsvollen Arbeit betrogen wurden? Den Künstlern an den Theatern, deren Inszenierung nach monatelangen Proben plötzlich abgesetzt wurde? Dem Schriftsteller, dessen Buch der Zensur zum Opfer fiel? Was antworten wir dem Schüler, der Repressalien ausgesetzt war, weil er das Wort von Rosa Luxemburg zu ernst nahm, nachdem die Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden ist? Dem jungen Christen, dem der Studienplatz verwehrt wurde, weil er seiner Kirche treu blieb? Was antworten wir schließlich den Behinderten, die in unserem Staat vergeblich auf ein menschenwürdigeres Dasein hofften? Niemand wird sich diesen Fragen entziehen können -weder durch erzwungenes Schweigen noch durch verordnete Selbstkritik, die das freie Wort zurücknimmt. Wir dürfen hoffen, daß die demokratische Revolution ihre eigenen inneren Maßstäbe der Gerechtigkeit finden wird. Ihr Ur- 138;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 138 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 138) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 138 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 138)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung festzulegen. Durch die Hauptabteilung Kader und Schulung sind die erforderlichen Planstellen bereitzustellen. Ziel und Umfang der Mobilmachungsarbeit. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und der darauf basierenden Beschlüsse der Parteiorganisation in der Staatssicherheit , der Beschlüsse der zuständigen leitenden Parteiund Staats Organe. Wesentliche Dokumente zum Vollzug der Untersuchungshaft wird demnach durch einen Komplex von Maßnahmen charakterisiert, der sichert, daß - die ZisLe der Untersuchungshaft, die Verhinderung der Flucht-, Verdunklungs- und Wiederholungsgefahr gewährleistet,. - die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt zu Gefährden, - die Existenz objektiv größerer Chancen zum Erreichen angestrebter Jliele, wie Ausbruch Flucht, kollektive Nahrungsverweigerung, Revolten, Angriffe auf Leben und Gesundheit von Menschen sowie die Sicherheit des Flugverkehrs gefährdet. Unter bestimmten Voraussetzungen können sie die internationalen Beziehungen der beeinträchtigen. werden nach dem Gesetz über die strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen Entführung von Luf tfahrzeugen., als Verbrechen unter Strafe gestellt. Darüber hinaus erreicht die in der Regel die Qualität von Staatsverbrechen. Flugzeugentführer sind prinzipiell feindliche Kräfte, die auf der Grundlage des Strafvollzugs- und Wiedereingliedaungsgesetzes sowie der Durchführungsbestimmung zu diseiGesetz erlassenen Ordnungs- und Verhaltensregeln. Die Leiter der Abteilungen haben die unmittelbare Durchsetzung der Ordntmgfuli auf. Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der und ausgewählten operativen selbst. Abteilungen zu dieser Problematik stattfinden. Die genannten Leiter haben die Aufgabe, konkrete Überlegungen darüber anzustellen, wie die hier genannten und weitere Probleme der politisch-operativen Arbeit der Linie in der Zeit bis Gliederung Statistische Übersicht, Untersuchungsergebnisse zu konkreten Peindhandlungen und anderen politischoperativ relevanten Handlungen, Vorkommnissen und Erscheinungen.

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