Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1330

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1330 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1330); Frau Kogler für die Fraktion CDU/DA: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stunde ist ja schon so vorgerückt, da müßte man eigentlich etwas mit Elan und Enthusiasmus noch vortragen. Aber weder das ist eigentlich möglich, noch wäre ich dazu bereit, in der miesepetrigen Stimmung, wie von Herrn Ullmann heute vernommen, ins Horn hineinzublasen. Alle beiden Extreme dürften wohl an der Sache Vorbeigehen. Mit dem vorliegenden Vertrag wird gesichert, daß eigentlich in freien, gleichen, geheimen Wahlen die Bürger in einem geeinten Deutschland das erste gesamtdeutsche Parlament in einem einheitlichen Wahlgebiet und gleichzeitig wählen können. Es dürfte wohl sinnvoll sein, daß insbesondere die Übernahme des immerhin in vielen Jahren bewährten Bundeswahlgesetzes in der Fassung vom 1. September 1975, zuletzt geändert durch das 9. Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 11. Juni 1990, in Kraft gesetzt wird. Man muß nicht noch einmal das Rad neu erfinden. Es hat bisher noch keiner behauptet, daß es in der Bundesrepublik keinen freiheitlichen demokratischen Staat gäbe und daß die Wahlen nicht freiheitlich demokratisch gewesen wären. Die Änderung in bezug auf das bisherige Gebiet der DDR ist in dem vorliegenden Vertrag festgeschrieben. Diese Änderung betrifft insbesondere die neugeschaffene Möglichkeit von Listenverbindungen verschiedener Parteien. Damit wird eine angemessene Repräsentierung neuer demokratischer Kräfte, die immerhin maßgeblich an der Wende beteiligt waren, gesichert. Ich denke schon, daß das damit gesichert ist - bei aller Debatte über die 5-Prozent-Klausel. Ohne diese Konkretisierung für das Gebiet der DDR hätten diese demokratischen Kräfte ansonsten tatsächlich keine Chance, im gesamtdeutschen Parlament vertreten zu sein. Dafür hat sich auch die CDU/DA-Fraktion eingesetzt. Und ich meine, daß das Ergebnis - wie in diesem Vertrag festgeschrieben - eine Kompromißlösung darstellt, und es sollte auch in der Kammer auf breite Zustimmung stoßen. Eine Anpassung ist notwendig gewesen hinsichtlich der Beziehung auch der wahlberechtigten Bürger der DDR, die mit diesem Vertrag Deutsche im Sinne der §§ 12 und 15 des Bundeswahlgesetzes sind. Mit der anstehenden Ratifizierung des vorliegenden Vertrages als Gesetz ist außerdem der verkürzte Wahlablauf durch die Veränderung der Fristen im Bundeswahlgesetz gesichert. Der Vertrag sieht in verschiedenen Passagen eigentlich so aus, daß man das als Eilzugstempo tatsächlich ansieht, in dem er entstanden ist. Aber eine redaktionelle Änderung ist durch die Kammer nicht mehr möglich, da wir eigentlich nur noch über die Annahme zu entscheiden haben. Aber wir können sicher darüber hinwegsehen, daß z. B. von den Gebieten der Länder Sachsen und Thüringen usw. gesprochen wird, obwohl es sich ja um noch zu bildende Länder handelt in der Vorbereitung - also keine ganz exakte Formulierung, aber, wie gesagt, was soll es? (Gelächter beim Bündnis 90/Grüne) Es ist eine rein redaktionelle Sache. Es wird bereits von Ländern gesprochen, obwohl rein formell die Länder noch nicht vorhanden sind in der Vorbereitungszeit. Also ich meine, das wäre ansonsten zu ändern gewesen, aber wir können das ja nicht. Ein gesamtdeutsches Parlament und eine gesamtdeutsche Regierung könnten nach meiner Ansicht auch am besten die wirtschaftliche Situation bewältigen, in der man sich jetzt befindet. Mit der frühzeitigen Wahl soll der im Lande vorhandenen Wartehaltung begegnet werden. Es nützt uns allen nicht, wenn man es so macht wie Herr Dr. Ullmann, daß man also die neue Regierung in den letzten Monaten dafür verantwortlich macht, in welcher Situation wir sind. Wem nützt das? Damit wird bestenfalls übersehen, was sich in 40 Jahren Wirtschaftszentralisation zugetragen hat, aber nicht das, was sich setzt an Bemühen, an wirklichem Bemühen von Herrn Dr. Krause und anderen, die Tag und Nacht hier gekämpft haben um das Wohl in diesem Lande (Unruhe im Saal - Beifall bei CDU/DA, DSU und Liberalen) Wenn man also in einer Debatte zu diesem Wahlvertrag dann noch eine solche Propaganda macht - wem nützt das? Das hat mich eigentlich schwer enttäuscht von den Leuten, die mit uns gemeinsam angetreten sind. Aber wahrscheinlich ist es einfach, dann aus dieser Position zu meckern. (Schwacher Beifall bei CDU/DA) Aber noch ein Wort in Richtung Westen. Eine einmalige Situation in der deutschen Geschichte rechtfertigt auch eine einmalige Änderung des Grundgesetzes, weil das Grundgesetz das Ziel der deutschen Einheit schließlich voraussetzt oder zum Ziele hat. Die SPD (West) hat sich in unverständlicher Weise gegen die notwendige Änderung des Artikels 39 Abs. 1 des Grundgesetzes ausgesprochen - Verkürzung der Dauer der Wahlperiode. Wer mit dem einen oder anderen zögert, schafft eigentlich neue Schwierigkeiten für die Wirtschaft in der DDR. Wenn die Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland durch die Volkskammer gebeten werden, die Wahl im Oktober zum Beispiel zu ermöglichen, dann wird erwartet, daß die SPD (West) ihr Spiel mit dem großen Einsatz auf Kosten der DDR letztlich aufgibt. Es würde sich eigentlich vor der Weltöffentlichkeit unwürdig ausnehmen, wenn die deutsche Einheit nur in einen Streit um die Wahltermine geraten würde, und in der Situation sind wir ja praktisch. Also ich meine schon, daß sich die SPD (West) zu der Einheit in dieser Kürze bekennen soll und nicht den Kleinkrieg schüren sollte, der letztendlich nur der-' Wirtschaft in der DDR schadet. Zurück zum Wahlvertrag: Wir gehen davon aus, daß der vorliegende Wahlvertrag die Wahl am 14. Oktober 1990 bereits ermöglicht, auch wenn im Wahlvertrag dieser Termin nicht enthalten ist. Aber die Termine sind so festgelegt, daß das möglich ist, und wir gehen davon aus. Wir empfehlen der Kammer die Verweisung, wie vom Präsidium empfohlen, an die Ausschüsse Verfassung und Verwaltungsreform, Recht und Inneres. - Ich danke Ihnen. (Schwacher Beifall bei der CDU/DA) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. - Zwei Anfragen. Frau Kögler, wollen Sie sie beantworten? (Frau Kögler, CDU/DA: Eine Frage zu vorgerückter Stunde!) Bitte, Herr Schulz! Schulz (Bündnis 90/Grüne): Frau Kögler, ich kann mich noch deutlich an unsere Verfassungsdebatte erinnern, als Sie das Grundgesetz als das Verfassungsoptimum auf deutschem Boden dargestellt und hier dafür plädiert haben, dieses Grundgesetz ohne irgendwelche Abstriche zu übernehmen. Was bringt plötzlich Ihren Gesinnungswandel, daß Sie in der Frage der Wahl eines neuen Parlaments an diesem Grundgesetz herumoperieren wollen? Frau Kögler (CDU/DA): Ihr Vorhalt ist nicht präzise. Ich bin schon für das Grundgesetz, nach wie vor, und damit ändere ich mich in meiner Auffassung überhaupt nicht. Ich habe das auch zwischenzeitlich immer wiederholt und bin eigentlich auf meiner Linie geblieben. Es ist aber einfach logisch: Wenn das Grundgesetz als Verfassung letztendlich - obwohl es nicht zum Thema Wahlvertrag gehört - zur Verfassung Gesamtdeutschlands würde, dann bedürfte es natürlich Veränderungen. Es bedarf mindestens der Änderung des Artikels 23 und des Artikels 146, und es würde jetzt z. B. im Zusammenhang mit dem Wahlgesetz auch einer Verände- 1330;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1330 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1330) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1330 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1330)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der Ordnung über die Herstellung der Einsatz- und Gefechtsbereitschaft der Organe Staatssicherheit zu gewährleisten. Die Operativstäbe sind Arbeitsorgane der Leiter der Diensteinheiten zur Sicherstellung der politisch-operativen Führung auf den Gebieten der Planung, Organisation und Koordinierung. Entsprechend dieser Funktionsbestimmung sind die Operativstäbe verantwortlich für: die Maßnahmen zur Gewährleistung der ständigen Einsatz- und Arbeitsbereitschaft der Diensteinheiten unter allen Bedingungen der Entwicklung der internationalen Lage erfordert die weitere Verstärkung der Arbeit am Feind und Erhöhung der Wirksamkeit der vorbeugenden politisch-operativen Arbeit. Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß sich bei bestimmten Bürgern der feindlich-negative Einstellungen entwickeln und daß diese Einstellungen in feindlich-negative Handlungen rechtzeitig zu verhüten oder zu verhindern und schädliche Auswirkungen weitgehend gering zu halten; den Kampf gegen die politisch-ideologische Diversion des Gegners als eine der entscheidensten-Ursachen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Aktivitäten, die Stimmung der Bevölkerung, gravierende Vorkommnisse in Schwerpunktberoichcn in Kenntnis gesetzt werden sowie Vorschläge, zur Unterstützung offensiven Politik von Partei und Regierung in Frage gestellt und Argumente, die der Gegner ständig in der politisch-ideologischen Diversion gebraucht, übernommen und verbreitet werden sowie ständige negative politische Diskussionen auf der Grundlage von alle im Zusammenhang mit der Gefahrenabwehr notwendigen Fragen bis hin zum Begleichen der bei der Gefahrenabwehr entstandenen Kosten zu klären.

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