Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 125

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 125 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 125); Stellvertreter der Präsidentin Dr. H ö p p n e r: Als Vertreter der Fraktion der PDS hat der Abgeordnete Heuer das Wort. (Unruhe im Saal) Prof. Dr. Heuer (PDS): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Regierung steht vor sehr schweren Aufgaben, und sie bedarf zu ihrer Bewältigung der Solidarität von Volkskammer und Regierung. (Schwacher Beifall) Ich meine, daß eine neue Verfassung diese Regierung bei der Bewältigung dieser Aufgaben stärken würde. Ich bin deshalb nicht dafür, jetzt Bausteine einzufügen, sondern ich bin für den Weg einer neuen Verfassung. Daß die gegenwärtige Verfassung den gesellschaftlichen Verhältnissen nicht mehr entspricht, darüber sind wir uns einig. Ich bin für den Weg einer neuen Verfassung. Es gibt mehrere Varianten, diese neue Verfassung gemeinsam zu erarbeiten. Der Vorschlag, der hier auf dem Tisch liegt, ist der Entwurf des Rundes Tisches. Ich meine, daß dieser Entwurf eine Wirklich gute, moderne Verfassung ist, auf deren Beschlußfassung wir alle stolz sein könnten. (Zuruf von der SPD: Was heißt hier „wir“?) Die Volkskammer, wenn wir sie beschließen. Das ist ja vorgeschlagen worden. (Zuruf von der SPD) Ich halte das für eine moderne, gute Verfassung, die sowohl die Erfahrungen der Volksbewegung des vorigen Jahres wie die positiven und negativen Ergebnisse von 40 Jahren DDR und positive Ergebnisse des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und seiner Praktizierung umfaßt. Es gibt andere Vorschläge. Es gibt den Vorschlag, sich auf die Verfassung von 1949 zu stützen. Es gibt auch Vorschläge, sich auf die Verfassung von 1919 zu stützen. Ich meine, man sollte praktisch abwägen, auf welchem Weg wir in kürzester Zeit zu einer neuen Verfassung kommen könnten. Ich bin der Meinung, daß dazu dieser Entwurf die günstigste Grundlage bietet, der Entwurf des Runden Tisches. (Unruhe bei CDU/DA und DSU) Ich möchte noch eine letzte Bemerkung machen, wenn Sie mich anhören würden, und zwar bin ich der Meinung: Wir brauchen auch aus folgendem Grunde unverzüglich eine neue Verfassung: In einem Entwurf - wir bekommen ja dauernd neue Ausführungen über den Staatsvertragsentwurf der Bonner Regierung -, (fortgesetzte Unruhe bei CDU/DA und DSU) in dem Entwurf von 24.4. steht: „Vorrang des Vertrages. Beide Vertragsparteien sind sich darüber einig, daß dieser Vertrag einschließlich der in seiner Ausführung geltenden oder in Kraft zu setzenden Rechtsvorschriften entgegenstehendem Recht einschließlich bisherigen Verfassungsrecht der Deutschen Demokratischen Republik vorgeht.“ Das heißt, wenn das in Kraft gesetzt wird, ist unsere Verfassung dieser Staats vertrag. Deshalb brauchen wir jetzt eine eigene Verfassung, mit der wir in die deutsche Einheit gehen können. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Als nächster spricht für die Fraktion der DSU der Abgeordnete Schwarz. Schwarz (DSU): Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Der Standpunkt der Deutschen Sozialen Union zu den Drucksachen Nr. 9 und 10 ist logischerweise der gleiche wie in der Aktuellen Stunde zum Verfassungsentwurf des Runden Tisches vom 19.4. Wir wissen, daß die jetzige Verfassung in vielen Positionen nur das Papier wert ist, worauf sie steht. Von allen wurde sie verletzt - von der Regierung, von den regierenden Parteien, aber auch vom Volk. Ich schlug damals vor - erhielt auch von etlichen Abgeordneten aus anderen Fraktionen Zustimmung -, daß die 49er Verfassung, die viel gute Ansätze enthält, als Übergangslösung gut zu gebrauchen ist. Man möge sie den neuen Bedingungen entsprechend angleichen. Wir streben die baldigen Länderstrukturen an, wollen also nach Artikel 23 die Einheit Deutschlands, sehen für eine grundsätzlich neue Verfassung keinen Anlaß. (Beifall bei DSU und CDU/DA) Die Kraft und die Energie, die in dieser Diskussion und in der Vorbereitungsarbeit stecken, können eingebracht werden in die Diskussion um eine Verfassung eines einheitlichen Deutschlands; denn auch das Grundgesetz der Bundesrepublik verträgt noch gute Gedanken. (Beifall) Der vom Runden Tisch eingebrachte Verfassungsentwurf würde, nein, er müßte monatelange Diskussion auslösen, Kräfte binden, die nach Einführung des Wirtschafts-, Währungs- und Sozialprozesses dringend gebraucht werden. Endlose Diskussion über eine Regelung einer Übergangsphase halten wir für nicht notwendig. Unsere Erfahrungen hier im Hause bestätigen unsere Meinung. Der Verdacht der Selbstdarstellung einiger Abgeordneter wird durch die Diskussion hier leider nicht ausgeräumt. (Beifall bei DSU und CDU/DA) Die Fraktion der DSU lehnt die Anträge 9 und 10 ab. (Beifall bei DSU und CDU/DA) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Als nächster spricht für die Fraktion der Liberalen der Abgeordnete Ortleb. Prof. Dr. Ortleb (Liberale): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Letztens, im Zusammenhang mit unserer Stellungnahme zur Regierungserklärung, haben wir uns in dieser Verfassungsfrage schon positioniert. Wir sind der Auffassung, daß es jetzt einer Verfassung des Übergangs bedarf. Das heißt, diese Verfassung ist auf einen Zweck gerichtet. Das heißt auch, daß sie orientiert sein kann an geeigneten Vorbildern. Ich halte es für einen gangbaren Weg - in Übereinstimmung mit der Liberalen-Fraktion -, daß auch die Verfassung von 1949 hier eine Diskussionsgrundlage sein kann, wenn die erforderlichen Nachbesserungen daran vorgenommen werden. Es kommt in dieser Zeit - wo eben die Zeit drängt - darauf an, daß man daran denkt, daß die kürzeste Verbindung zweier Punkte in der Ebene eben die Gerade ist. 125 (Beifall bei der PDS) (Beifall bei Liberalen, bei CDU/DA und DSU);
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 125 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 125) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 125 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 125)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der Aufklärung und Bekämpfung der Kriminalität insgesaunt, die zielstrebige Unterstützung der politisch-operativen Arbeit anderer Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , insbesondere im Rahmen des Klärungsprozesses Wer ist wer?, insbesondere in Zielgruppen des Gegners und Schwerpunktbereichen. Der zielgerichtete Einsatz der und anderer Kräf- te, Mittel und Methoden Staatssicherheit zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels in den vom Gegner besonders angegriffenen Zielgruppen aus den Bereichen. des Hoch- und Fachschulwesens,. der Volksbildung sowie ,. des Leistungssports und. unter der Jugend in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen in einer Vielzahl von Betrieben und Einrichtungen der entsprechende Untersuchungen und Kontrollen über den Stand der Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung an in der Untersuehungshaf tanstalt der Abteilung Unter Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftvollzugseinrichtungen -ist ein gesetzlich und weisungsgemäß geforderter, gefahrloser Zustand zu verstehen, der auf der Grundlage entsprechender personeller und materieller Voraussetzungen alle Maßnahmen und Bedingungen umfaßt, die erforderlich sind, die staatliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten und den Vollzug der Untersuchungshaft haben deren Ziele ernsthaft gefährden können, so können durch ärztliche Informationen negative Überraschungen vorbeugend verhindert, die Mitarbeiter auf ein mögliches situatives Geschehen rechtzeitig eingestellt und die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt mit Beginn der Unterbringung und Verwahrung auf hohem Niveau gewährleistet werden. Auf die Suizidproblematik wird im Abschnitt näher eingegangen.

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