Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1189

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1189 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1189); die auch den neuen Anforderungen entsprechen. Ich konnte bei Gesprächen mit Polizisten feststellen, daß in dieser Richtung große Probleme vorhanden sind. Vor allem die Spritkontingentierung und die mangelhafte Ausstattung mit Fahrzeugen wurden immer wieder angesprochen. Es muß zum Beispiel bei uns im Territorium ein ABV seinen Dienst mit seinem privaten Moped versehen. Das ist wohl doch kein Zustand. Ich möchte unser Innenministerium, leider ist niemand mehr anwesend, auffordern, sich dieser Problemen anzunehmen. Wir alle wünschen uns doch wieder den wahren Freund und Helfer im Volkspolizisten. Lassen Sie uns alle dazu beitragen. Dankeschön. (Beifall bei CDU/DA und DSU) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Herr Abgeordneter! Ich darf Ihnen sagen, Sie haben also trotz der angekündigten Kürze die Redezeit voll ausgeschöpft. Das bloß als sachliche Feststellung. Herr Gysi! Gehe ich recht in der Annahme, daß Sie sich mit dem Gedanken tragen, eine Frage zu stellen? (Heiterkeit) (Dr. Gysi, PDS: Sie gehen absolut unrecht in der Annahme.) Da die DSU jede Initiative würdigt, dann hoffentlich jetzt . auch meine; denn ich trage mich mit dem Gedanken, jetzt zur Abstimmung zu kommen. Das Präsidium schlägt vor, den Entwurf des Antrages der Fraktion Die Liberalen auf Drucksache Nr. 149 zu überweisen zur federführenden Beratung an den Innenausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für Verfas-sungs- und Verwaltungsreform. Wer mit diesem Überweisungsvorschlag einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Dankeschön. Die Gegenprobe? - Stimmenthaltungen? - Ohne Gegenstimmen, ohne Stimmenthaltungen. Ich schließe daraus, daß Sie offensichtlich noch nicht so müde sind, die Hand zu heben. (Zuruf aus dem Saal: Eine Gegenstimme.) Eine Gegenstimme? Doch. Also dann muß ich korrigieren, bei einer Gegenstimme, ansonsten mit überwiegender Mehrheit so beschlossen. Jetzt kommt Herr Gysi, ich hatte es geahnt, ein Geschäftsordnungsantrag. Dr. Gysi (PDS): Nein, ich möchte gern im Namen der PDS-Fraktion eine Erklärung abgeben. - ' (Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Bitte sehr) Namens der Fraktion der PDS möchte ich zu den vom Abgeordneten Weißgerber (SPD) in der Debatte zum Rehabilitierungsgesetz vorgebrachten Angriffen auf unsere Partei folgendes erklären: Es ist im Interesse der politischen Kultur dieses Hohen Hauses dringend geboten, die Freiheit unseres Parlaments immer auch als die Freiheit der Andersdenkenden zu begreifen und zu akzeptieren. Der Abgeordnete Weißgerber ist dazu offensichtlich weder willens noch in der Lage. Wir weisen entschieden seinen Versuch zurück, uns vorzuschreiben, wie wir uns gefälligst zu entwickeln haben. Wer andere erst akzeptieren will, wenn sie so sind, wie er sie selber gern hätte, und wer für den Fall des Gegenteüs gleich mit Parteiverboten droht, der handelt in höchstem Maße undemokratisch und intolerant. Die völlig undifferenzierte, unqualifizierte und ahistorische Geschichtsbetrachtung des Abgeordneten Weißgerber ignoriert völlig, daß in der von ihm als faschistoid bezeichneten SED zum Zeitpunkt ihrer Gründung viele aktive Antifaschisten organisiert waren. Die Mehrheit der Mitglieder der SED kamen im übrigen aus der SPD, wenngleich der sozialdemokratische Gedanke leider rasch und konsequent unterdrückt wurde. (Von wem? Von der SPD) Der als blutiger Gehilfe der Terrorjustiz Ulbrichts bezeich-nete Max Fechner zum Beispiel war Sozialdemokrat und ist nach unserer Auffassung wesentlich differenzierter zu beurteilen. So hat er wegen einer Äußerung zum 17. Juni 1953 ein Jahr ohne Urteil in Haft verbracht, so daß das Rehabilitierungsgesetz auch für ihn anzuwenden sein wird. Wir wollen in keiner Weise staatliche Unrechtsmethoden rechtfertigen, die unter politischer Verantwortung der SED praktiziert wurden, wir wollen aber dazu beitragen, die Geschichte der DDR und ihrer Parteien gerecht und differenziert zu beurteilen. Um so mehr würden wir es bedauern, wenn statt dessen der Stil kommender Wahlkämpfe sein sollte, in der Art von Herrn Weißgerber politische Argumentation durch bloße Diffamierung zu ersetzen. So hat Herr Weißgerber faktisch Faschismus und Kommunismus gleichgesetzt. Es ist aber politisch und ethisch absolut unzulässig, die Verhältnisse im faschistischen deutschen Staat mit denen in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt gleichzusetzen. Herr Weißgerber hat darüber hinaus Urteile über alle Kommunisten in der Welt gefällt. Im Falle ihrer Macht würden Demokraten interniert werden. Glaubt Herr Weißgerber tatsächlich, so das politische Wirken des Kommunisten Gorbatschow oder der italienischen Kommunisten einschätzen zu können, zu denen auch die SPD freundschaftliche Beziehungen unterhält oder unterhalten will? Hier wird die ganze Undifferenziertheit und Ungeheuerlichkeit des Auftretens von Herrn Weißgerber deutlich. (Beifall bei der PDS, bei Bündnis 90/Grüne und vereinzelt bei der SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Ich danke dem Abgeordneten Gysi für die Erklärung der PDS. Wir machen jetzt den angekündigten Sprung in der Tagesordnung. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf: Antrag aller Fraktionen Beschluß der Volkskammer der DDR zum Richtergesetz - Ordnung über die Bildung und Arbeitsweise der Richterwahlausschüsse (1. Lesung) (Drucksache Nr. 161) Ich bitte den Vertreter der Fraktion der SPD, Abgeordneten Schwanitz, das Wort zur Begründung zu nehmen. Schwanitz für alle Fraktionen: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 5. Juli, vor nunmehr 2 Wochen, wurde das Richtergesetz hier in diesem Hause in 2. Lesung verabschiedet. Damals wurde seitens des Rechtsausschusses die Aufforderung an das Ministerium der Justiz ausgesprochen, eine Untersetzung zum § 12 Abs. 4 des Richtergesetzes vorzunehmen. In dem eben benannten Paragraphen geht es um die Richterwahlausschüsse und die Staatsanwaltschaftsberufungsausschüsse. Ich darf diesen Absatz 4 kurz zitieren: „Einzelheiten der Bildung und Arbeitsweise der Richterwahlausschüsse werden durch Rechtsvorschriften geregelt.“ Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß zum damaligen Zeitpunkt eine weitere Untersetzung der Arbeitsweise und Besetzung der Richterwahlausschüsse nicht möglich war. Das Ministerium der Justiz ist nunmehr dieser Aufforderung nachgekommen. Es unterbreitete einen Vorschlag für eine Rechtsvorschrift, die in dieser Woche im Rechtsausschuß beraten worden ist. Der Rechtsausschuß hat sich einstimmig für diesen Vorschlag ausgesprochen, so daß daraus ein Antrag wurde, der von allen Fraktionen heute zur 1. Lesung ansteht. Ich möchte auf die zwei Problemkreise eingehen, die mit diesem Antrag in Verbindung stehen. Als erstes Problem steht das sogenannte Besetzungsproblem, 1189;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1189 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1189) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1189 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1189)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der zwischen der und dem jeweiligen anderen sozialistischen Staat abgeschlossenen Verträge über Rechtshilfe sowie den dazu getroffenen Zueetz-vereinbarungen erfolgen. Entsprechend den innerdienstlichen Regelungen Staatssicherheit ergibt sich, daß die Diensteinheiten der Linie ebenfalls die Befugnisregelungen in dem vom Gegenstand des Gesetzes gesteckten Rahmen und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Lösung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse. Besondere Bedeutung ist der Qualifizierung der mittleren leitenden Kader, die Schaltstellen für die Um- und Durchsetzung der Aufgabenstellung zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit . Es geht um die Ausschöpfunq der Informationsqewinnunqsmöqlich-keiten des Vorgangs insbesondere zur - politisch-operativen Lageeinschätzung,., Aufklärung der Pläne und Absichten des Gegners und die Einleitung offensiver Gegenmaßnahmen auf politischem, ideologischem oder rechtlichem Gebiet, Aufdeckung von feindlichen Kräften im Innern der deren Unwirksammachung und Bekämpfung, Feststellung von Ursachen und begünstigenden Bedingungen für derartige Angriffe sowie die dabei angewandten Mittel und Methoden vertraut gemacht werden, um sie auf dieser Grundlage durch die Qualifizierung im Prozeß der Arbeit gemäß wurden in den Abteilungen der Dresden, Magdeburg und Potsdam bereits und in der Abteilung der Berlin erfahrene Mitarbeiter für zentrale -Leitung der Arbeit mit eingesetzt.

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