Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1162

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1162 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1162); bei der DSU und bei CDU/DA) Da können Sie lachen, aber Sie wissen nicht, worüber Sie lachen. (Beifall bei Bündnis 90/Grüne und bei der PDS) Nein, jetzt bleibt Ihnen doch nur noch, nach dem Grundgesetz diese Vereinigung zu regeln, und da müssen Sie es auch aufmerksam lesen. Denn dort ist vorgesehen im Artikel 23, daß Sie die Zustimmung der Länder brauchen. Aber diese Länder haben wir noch nicht, diese Länder brauchen wir erst. Und Sie können nicht im voraus handeln, diese Länder bevormunden, ihnen bereits den Vereinigungstermin vorgeben. Und wenn Sie sich an diese Hilfskonstruktion halten, daß die DDR als eigenes Landesgebiet das bereits regelt, dann erklären Sie dieses Territorium zum Bundesland und verhindern überhaupt die Bildung von Ländern. Das ist doch die verfassungsrechtliche Situation. (Beifall bei Bündnis 90/Grüne, bei der PDS und vereinzelt bei der SPD) Ich denke, wenn man das politisch - und es geht hier nur um eine politische Entscheidung, um nichts anderes wenn man das sauber politisch regeln will, dann ist dazu der zweite Staatsvertrag, der Vereinigungsvertrag, da. Dort kann man die Modalitäten ausmachen, dort können Sie meinetwegen auch Ihre Befürchtungen und Ihre liebevolle Hege für die Bürgerbewegung unterbringen. (Gelächter bei der PDS) Das können Sie dann alles dort regeln, ich hoffe darauf sogar. Wir sind einfach gegen diese Methode, daß hier Termine in die politische Landschaft wie Rammpflöcke gesetzt werden und daß Herr Ortleb sich die Termine von Graf Lambsdorff soufflieren läßt, der sich ohnedies offensichtlich so als oberster Kursbuchgestalter der deutschen Einigung betätigt. (Beifall, vor allem bei Bündnis 90/Grüne und der PDS) Ich stimme Herrn Schwarz im übrigen zu: in die Ausschüsse! Stellvertreter der Präsidentin Dr. Gottschall: Ich danke dem Abgeordneten Schulz. Ich sehe keine Anfragen und bitte jetzt den Herrn Ministerpräsidenten, das Wort zu nehmen. Ministerpräsident de Maiziere: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten eine vergleichbare Situation bereits am 17. Juni. Auch damals habe ich mich zu dem Problem geäußert. Ich will auch heute hier die Gelegenheit ergreifen. In der letzten Zeit bemühen sich offensichtlich die Parteien, zu betonen, wie wichtig ihnen die Frage der deutschen Einheit sei, und sie meinen, dies in spektakulären Anträgen belegen zu müssen, anstatt darüber nachzudenken, wie der von uns gemeinsam, zumindest in der Koalition gemeinsam, getroffene Entschluß, die deutsche Einheit so schnell wie möglich, aber andererseits so gut wie nötig zu schaffen, in Gang gebracht werden kann. Dies steht in der Präambel der Koalitionsvereinbarung. Dort haben wir beschrieben, welche Änderungen notwendig sind, um der DDR den Beitritt gemäß Artikel 23 zu ermöglichen. Wir haben im folgenden den Staatsvertrag zur Schaffung der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion abgeschlossen. Wer die Präambel aufmerksam liest, wird darin lesen, daß es dort heißt: „Getragen von der Absicht, die Einheit Deutschlands gemäß Artikel 23 Grundgesetz herbeizuführen, , schließen die Parteien folgenden Vertrag:“ Es besteht zumindest für den vorliegenden Antrag der Liberalen keinerlei Veranlassung. (Beifall bei CDU/DA) Und es ist hier richtig gesagt worden, daß die Gründe, die als Gründe auf der Ihnen vorliegenden Vorlage ausgewiesen sind, ganz offensichtlich nicht die Gründe sind; denn ich wüßte nicht, welche der dort angesprochenen Schwierigkeiten auch nur um einen einzigen Deut leichter würden, wenn wir heute eine solche Erklärung abgäben. Das ist scheinheilig. (Beifall bei CDU/DA und PDS) Man macht sich offensichtlich nicht einmal die Mühe, zu überlegen, welches der rechtlich zutreffende Weg wäre. Hier wird die Regierung aufgefordert. Der Beitritt gemäß Artikel 23 ist ein Verfassungsakt. Wir geben das, was an Verfassung und Verfassungsgrundsätzen bei uns gilt, auf und treten dem Geltungsbereich eines anderen Grundgesetzes bei. Und jeder, der hier im Hause ist, sollte wissen, wie das geschieht: durch Entscheidung des Souveräns, der am 18. 3. gewählt worden ist, und zwar in der dazugehörigen notwendigen Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen. Ich habe am 17. Juni gesagt: Vor einer Erklärung und dem Nähertreten der Einheit müssen wir den Staatsvertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion abschließen. Das ist getan. Aber wir müssen die Länderbildung abschließen, der 2 + 4-Prozeß muß zu Ende gebracht werden, und es muß der Einigungsvertrag abgeschlossen werden. Was bedeutet die Erklärung des Beitritts gemäß Artikel 23 jetzt, und selbst wenn man sagt, zum 1. Dezember? Ich kenne übrigens keine einseitige Willenserklärung, mit der man eine aufschiebende Bedingung vereinbaren könnte. Bei einem zweiseitigen Rechtsgeschäft kann man unter Vertragspartnern den Zeitpunkt der Geltung eines solchen Vertrages bestimmen und auf einen bestimmten vorzulegenden Zeitraum datieren. Aber was eine einseitige Erklärung soll, ist juristisch zumindest nicht nachvollziehbar. Im Text heißt es: „ist in Kraft zu setzen“. Das heißt für den Juristen: Unverzüglich, ohne schuldhaftes Säumen, bei der nächsten Gelegenheit, die sich bietet, ist das Grundgesetz in Kraft zu setzen. Das ist eine Muß-Bestimmung und verbietet daher meines Erachtens eine solche zeitlich aufschiebende Bedingung. „Ist in Kraft zu setzen“, wenn man den Zeitpunkt erklärt hat, heißt auch, das Grundgesetz in Kraft zu setzen, nämlich in der zum Zeitpunkt des Beitritts geltenden Form. Nichts ist mehr mit der Notwendigkeit der Veränderung der Präambel. Nichts ist mehr mit der Notwendigkeit, den Artikel 23 dann in übereinstimmender Weise abzuschaffen. Nichts ist mit der - was andere wollen - weitergehenden Veränderung des Grundgesetzes. Ich gehe davon aus, daß dies dabei nicht bedacht ist, oder wenn es bedacht ist, hat man sich leichtfertig darüber hinweggesetzt. Die Einigungsvertragsverhandlungen werden theoretisch zu einer Farce; denn unabhängig vom Inhalt würde beim Ablehnen einer solchen Erklärung oder der Ablehnung des Vertrages in dem einen oder anderen Parlament der Beitritt dennoch wirksam werden, und zwar dann zu den bestehenden Bedingungen. Auf die Frage der Zustimmung zu einem Vertrag in dem einen oder anderen Parlament, im Bundesrat, der da zustimmen müßte, kommt es, so gesehen, dann nicht mehr an. Jedes Handeln der Regierung, der Volkskammer im übrigen, jede gesetzgeberische Maßnahme müßte schon jetzt der Grundgesetzwirklichkeit entsprechen, denn wir sind ja beigetreten. Da sich die Einheit zwingend und unabhängig vom Vertragsinhalt am 1.12. vollzöge, könnte jeder, ohne in den Anschein zu kommen, die Einheit nicht zu wollen oder ein vaterlandsloser Geselle zu sein, sicher auch einen Vertrag ablehnen, der ihm nicht paßt. Was würde passieren, wenn der Vertrag nicht angenommen würde oder wenn ein Partner der Vertragsgestaltung sagen würde: Dieser Punkt paßt mir nicht, den will ich nicht, den verhandeln wir nicht zu Ende, laßt ihn mal liegen, dann erledigt er sich durch den Zeitablauf!? Am 1.12. - so Die Liberalen es ja wollen - wäre es dann passiert. Was wäre? Bonn wäre Hauptstadt, selbstverständlich; die Eigentumsordnung des Grundgesetzes mit ihrem abstrakten Eigentumsbegriff und der daraus sich ableitenden Gesetzeswirklichkeit des BGB wäre in Kraft getreten; Sie wissen, daß wir bezüglich der Eigentumsordnung bisher lediglich die politische Erklärung von Mitte Juni haben, in der festgeschrieben ist, daß wohl die Ergebnisse der Bodenreform gelten sollen, daß hinsichtlich anderer Liegenschaften wie folgt verfahren werden soll; daß hinsichtlich der Grundstücksnutzung das - es dauert noch ein 1162;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1162 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1162) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1162 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1162)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen schenhande angefallenen Bürger intensive Kon- takte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland bestünden. Diese Haltungen führten bei einer Reihe der untersuchten Bürger mit zur spätereri Herausbildung und Verfestigung einer feindlich-negativen Einstellung zu den verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen. Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit bewährte sind die - Kontrolle bei der Realisierung von Aufgaben, Berichterstattung, Beratung im Kollektiv, Kontrolleinsätze sowie - Alarm- und Einsatzübungen.

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