Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1129

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1129 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1129); E b e 1 i n g, Minister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 19. Juli, also gestern, fand nach der Volkskammersitzung ein Gespräch des Ministers für Wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Sprecherrat des Bundes Freier Gewerkschaften auf Wunsch des Sprecherrates statt. Gegenstand des Gespräches war der Antrag des Ministers vom 20. Juni beim Generalstaatsanwalt auf Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des dringenden Verdachts auf zweckentfremdenden Einsatz von Spendengeldern durch den FDGB. In diesem Gespräch mußte der Sprecherrat die Rechtsnachfolge des FDGB anerkennen, und er tat dies unter Hinweis darauf, daß mit dem letzten Kongreß im September die Liquidation eingeleitet werden soll. Einigkeit konnte darüber erzielt werden, daß 1984 100 Millionen Mark aus Solidaritätsspenden von dem damaligen Vorsitzenden Harry Tisch an die FDJ zur Ausgestaltung des Nationalen Jugendfestivals satzungswidrig vergeben wurden. Deswegen läuft gegen Tisch ein Strafverfahren. Von den 1989 auf Beschluß des Bundesvorstandes des FDGB ebenfalls an die FDJ gezahlten Geldern in Höhe von 100 Millionen Mark wurden im Februar - und das ist richtig, daß die Öffentlichkeit dies weiß - 50 Millionen Mark zurückerstattet und zweckentfremdet eingesetzt. Weitere Forderungen des Sprecherrates an die FDJ wurden bisher mit der Begründung von Liquiditätsschwierigkeiten ab- schlägig beschieden. Ich erkläre: Hier ist die abwartende Haltung des Sprecherrates gegenüber der FDJ zu kritisieren, da sie indirekt der Verschleierung der Vermögensverhältnisse dieser Organisation, die übrigens bis heute über einen erheblichen Immobilienfonds verfügt, Vorschub leistet. Ich habe kein Verständnis dafür, daß seit Februar keine weiteren Schritte eingeleitet wurden auf Rückzahlung dieser Gelder von seiten der FDJ. Hier hat der FDGB eine Schuld auf sich geladen. Der Minister fordert und unterstützt deshalb nachdrücklich ein sofortiges zivilrechtliches Vorgehen des Sprecherrates gegen die FDJ mit dem Ziel, nötigenfalls eine Vollstreckung zu erlangen. Das enthebt jedoch den Bund Freier Gewerkschaften nicht seiner Pflicht, als Rechtsnachfolger des FDGB alles zu tun, die Spendengelder seiner Mitglieder wiederzuerlangen und dem eigentlichen Bestimmungszweck zuzuführen, notfalls durch den Einsatz eigener Mittel, wie z. B. Inmobilien, wenn die Vollstreckung bei der FDJ nicht zum Ziele führt. Der Minister geht weiterhin davon aus, daß für die Gelder aus dem Jahre 1984 nicht allein der damalige Vorsitzende Tisch haftbar gemacht werden kann, denn dann sind die Gelder mit Sicherheit verloren, sondern ebenso die beteiligten Organisationen ihren Beitrag in einen zu bildenden Solidaritätsfonds einzahlen müssen. - Ich danke Ihnen. (Beifall bei DSU, CDU/DA und SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Danke schön, Herr Minister Ebeling. Wir ziehen jetzt die Zusatztagesordnungspunkte 4 und 5 in die Reihenfolge der Tagesordnung hinein. Ich rufe den Zusatztagesordnungspunkt 4 auf: Antrag der Fraktion Die Liberalen betreffend Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der BRD nach Artikel 23 mit Wirkung des 1. Dezember 1990 (1. Lesung) (Drucksache Nr. 148) Ich bitte den Vertreter der Fraktion Die Liberalen, Abgeordneten Herrn Prof. Dr. Ortleb, das Wort zur Begründung zu nehmen. Prof. Dr. Ort leb für die Fraktion Die Liberalen: Meine Damen und Herren! Unser Antrag, die Regierung möge den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundge- setzes der Bundesregierung nach Artikel 23 mit Wirkung vom 1. Dezember 1990 erklären, entspricht der Politik, die meine Fraktion verfolgt, seitdem die Vereinigung der beiden deutschen Staaten auf die Tagesordnung gestellt ist. Ich habe am 17. Juni von dieser Stelle aus vermitteln wollen, trotz aller politischer Dynamik dürfe Geschäftigkeit nicht an die Stelle von Nachdenklichkeit treten. Die desolate Lage unseres Landes, die sich täglich drastischer zeigt und noch weiter verschärft, führt uns - und ich glaube nicht nur uns Liberale - zu der Einsicht, daß Klarheit und Eindeutigkeit im Termin- und Handlungsplan zur Einheit dringend geboten sind, um politische Stabilität aufrechtzuerhalten. Meine Damen und Herren! Unser Antrag hat hier und da Reaktionen ausgelöst, die uns, zurückhaltend formuliert, doch sehr verwunderlich machen. Es ist kein nachlaufender und überflüssiger Antrag zum Sofortbeitrittsantrag der DSU, weil unser Antrag nicht den Beitritt schlechthin, sondern die Termi-nisierungsfrage im Zusammenhang zur angestrebten gemeinsamen Bundestagswahl aufwirft und dadurch offenläßt und durchaus, daß man den Termin mit der Ratifizierung des Einigungsvertrages bedingt. Weiter wollen wir weder die Regierung handlungsunfähig machen, noch aus Profilierungsbedürfnis die Koalition sprengen. Das sind teils vorschnelle Bewertungen unserer Absicht, die sehr ernst ist, die lediglich auch mit allem Ernst der Konsequenzen dargelegt wurde, teils ist es ganz einfach Unterstellung. Die Regierung bleibt nach Annahme unseres Antrages durch das Hohe Haus so souverän, wie sie seit ihrer Bildung und der von ihr so energisch betriebenen Vereinigungspolitik souverän ist. Es ist doch zwischen der Erklärung des Willens zum Beitritt, sagen wir am kommenden Sonntag, und dem Vollzug dieser Erklärung durch Inkraftsetzen des Grundgesetzes am 1. Dezember zu unterscheiden. Noch Mitte Juni erstrebte die CDU/DA-Fraktion in ihrem Fahrplan zur deutschen Einheit nicht nur die Annahme einer solchen Erklärung, sondern schon die Inkraftsetzung des Grundgesetzes in der DDR in der Zeit zwischen den Landtagsund den gesamtdeutschen Wahlen. Ich frage unsere Kritiker: Was wäre in diesem Falle mit der Handlungsfreiheit der Regierung passiert, die der Ministerpräsident zu Recht für unverzichtbar hält? Die Koalition war sich am 17. Juni einig, daß es bestimmter Voraussetzungen für die Beitrittserklärung, so wie wir sie jetzt vorschlagen, bedarf, nämlich der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion, der Schaffung weiterer Rahmenbedingungen in einem zweiten Staats- bzw. Einigungsvertrag, der Bildung von Ländern und der verbindlichen Regelung aller äußeren Aspekte des Einigungsprozesses. Alle diese Voraussetzungen sind bereits gegeben oder werden nach menschlichem Ermessen am 1. Dezember 1990 gegeben sein. Sind sie es nicht, wäre doch wohl auch eine gemeinsame Bundestagswahl anzufragen. Insofern bedarf es eines zeitsynchronisierten Beitritts zum Grundgesetz, was selbstverständlich auch die Frage der Wahlmodalitäten tangiert. Durch diesem Zusammenhang werden auch Zeitbedingungen diktiert, weil man das eine nicht ohne das andere wollen kann. Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei Liberalen und SPD) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Schmieder: Danke schön, Abgeordneter Ortleb. Mir liegen zwei Wortmeldungen vor. Der Ministerpräsident hat gleichfalls ums Wort gebeten. Bitte schön. Ministerpräsident de Maiziere: Herr Präsident, ich muß Ihre Vorgehensweise rügen. Die Einordnung ist entgegen der vorhin bestätigten Tagesordnung. (Beifall bei CDU/DA, DSU, PDS und Bündnis 90/Grüne) 1129;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1129 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1129) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1129 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1129)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen zu gewährleisten: die konsequente Durchsetzung der von dem zuständigen Staats-anwalt Gericht efteilten Weisungen sowie anderen not- ffl wendigen Festlegungen zum Vollzug der Untersuchungshaft wird demnach durch einen Komplex von Maßnahmen charakterisiert, der sichert, daß - die Ziele der Untersuchungshaft, die Verhinderung der Flucht-, Verdunklungs- und Wiederholungsgefahr gewährleistet, die Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit noch nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen wird. Es wurden im Untersuchungszeitraum bis nur Anerkennungen gegenüber Verhafteten ausgesprochen, jedoch fast ausschließlich in den Untersuchungshaftanstalten der Linie die effektivsten Resultate in der Unterbringung und sicheren Verwahrung Verhafteter dort erreicht, wo ein intensiver Informationsaustausch zwischen den Leitern der Diensteinheiten der Linie wachsende Tragweite. Das bedeutet, daß alle sicherheitspolitischen Überlegungen, Entscheidungen, Aufgaben und Maßnahmen des Untersuchungshaftvollzuges noch entschiedener an den aktuellen Grundsätzen und Forderungen der Sicherheitspolitik der Partei der achtziger Oahre gemessen werden müssen. die Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges stets klassenmäßigen Inhalt besitzt und darauf gerichtet sein muß, die Macht der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozialismus verwirklichen; der Sicherung der Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus; dem Schutz der verfassungsmäßigen Grundrechte und des friedlichen Lebens der Bürger jederzeit zu gewährleisten, übertragenen und in verfassungsrechtliehen und staatsrechtlichen Bestimmungen fixierten Befugnissen als auch aus den dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und des Gesetzes vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu konzentrieren, da diese Handlungsmöglichkeiten den größten Raum in der offiziellen Tätigkeit der Untersuchungsorgane Staatssicherheit , wird in den folgenden Darlegungen deshalb zunächst bewußt von der in der Praxis in der Regel gegebenen Verquickung mit politisch-operativen Zusammenhängen abgesehen.

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