Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 110

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 110 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 110); Dr. Kney (Liberale): Herr Minister! Ich war am vergangenen Wochenende Teilnehmer des Gründungskongresses des Landesverbandes Brandenburg des Pädagogenverbandes. Ich habe dabei zwei Feststellungen treffen können: Zum ersten war es aus der Sicht derer, die sich dort versammelt hatten, der Versuch, aus den jetzigen Strukturen des bisherigen Bildungswesens sich selbst zu befreien, und zum zweiten offensichtlich die feste Absicht, sich von der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung, die noch ihre Tätigkeit in diesem Bereich ausübt, abzukoppeln. Meine Frage geht dahin: Wie stellen Sie sich Ihre Zusammenarbeit zwischen Ihrem Ministerium und dem Verband der Pädagogen hierzulande vor? Prof. Meyer, Minister für Bildung und Wissenschaft: Darauf kann ich eine ganz kurze Antwort geben: Partner des Ministeriums für Bildung und Wissenschaft ist jede Berufsvertretung, die durch ihre Mitglieder legitimiert ist. Da gibt es überhaupt keine Monopolstellung. Dies habe ich übrigens auch den Vertretern der Gewerkschaft Unterricht und Erziehung in einem Gespräch gesagt. Und es ist - jedenfalls mir gegenüber -von ihnen so akzeptiert worden. Ich weiß, es gibt andere Meldungen. Aber selbstverständlich sind Lehrerverbände, Pädagogenverbände, Hochschullehrerverbände alle gleichberechtigte Partner. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. - Ein Vertreter der CDU wollte eine Frage stellen. Bitte schön. Dietrich (CDU): Ich habe zwei Fragen. (Zuruf: Nur eine.) Inwieweit ist daran gedacht, nach den Kommunalwahlen die Direktoren an den Schulen durch freigewählte Kreistage neu zu wählen? - Und zweitens: Inwieweit ist im Ministerium daran gedacht, die Abteilung Ausland 2 neu umzusetzen? Diese Frage wurde mir gerade nachgereicht. Prof. Meyer, Minister für Bildung und Wissenschaft: Also ich denke, ich dürfte nur auf die erste antworten. Ich habe es eigentlich versucht, deutlich zu machen, was zum derzeitigen Zeitpunkt, d. h. vor den Kommunalwahlen, gesagt werden kann. Ich will allerdings so weit konkretisieren: Ich kann mir nicht gut vorstellen, daß die Direktoren von Schulen durch die Stadtverordnetenversammlungen gewählt werden. (Vereinzelt Beifall) Daß es hier zu vernünftigen und demokratisch verantwortbaren Entscheidungen kommt, das kann ich Ihnen versichern. Zu Ausland 2: Wissen Sie, das wird seinen normalen historischen Gang gehen. Wir sind beim Umstrukturieren. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Bitte schön. Weißgerber (SPD): Herr Minister! Was gedenken Sie für den Geschichtsunterricht zu tun? Der in den letzten Jahrzehnten vermittelte Humbug ist ja nicht akzeptabel. Auf welches Material werden Sie sich stützen, und wann werden Sie es den Lehrern in die Hände geben? Prof. Meyer, Minister für Bildung und Wissenschaft: Ich werde mich bemühen, auf diese wichtige und interessante Frage zu kurz wie möglich zu antworten. Ich will folgendes anmerken: Der Bildungsminister ist verantwortlich für die Rahmenbedingungen, für die Zielniveaus. Er ist nicht verantwort- lich - ich muß das sagen - für die detaillierte Ausgestaltung des Geschichtsunterrichts. Das ist die Kompetenz des Geschichtslehrers und seine Verantwortung. (Vereinzelt Beifall) Die Tatsache, daß ich selbst unter anderem Geschichte studiert habe, würde mich nicht dazu verführen, im Detail Vorschriften zu machen. Wir wollen dem Lehrer dabei helfen, wir wollen ihm Material geben. Daran wird gearbeitet. Es gibt auch ganz konkrete, auch sehr hilfreiche Angebote aus der Bundesrepublik. Ich denke auch an - wenn uns das gelingt in der Kürze der Frist und unter unseren schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen - kurzfristig zu erarbeitende Sammlungen authentischer Dokumente, ich denke natürlich an Modelle, ich denke vor allen Dingen daran, daß man Geschichtslehrer zusammenführt, um ihnen die Möglichkeit des Gespräches zu bieten, denn man muß ja ein neues Verfahren, einen neuen Umgang mit der Geschichte lernen. Aber ich will das mal ganz offen sagen: Das Wichtigste ist, daß wir die Geschichtslehrer dazu ermutigen, auf Grund ihrer Kompetenz als Geschichtslehrer und als Pädagogen die Schüler zu historischen Erfahrungen zu führen. Das ist notwendigerweise ein Lernprozeß, der dialogischer Natur ist, und in diesen dialogischen Prozeß will ich mich als Minister einbringen. Ich will mich da auch durchaus mit allen Nachdruck einbringen, aber ich nehme den Lehrern die Verantwortung für ihren Geschichtsunter rieht innerhalb der generell festzusetzenden Bedingungen, di., einfach notwendig sind, damit eine Schule ihrem Bildungsauftrag gegenüber den Schülern gerecht wird, nicht ab. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Danke schön. Wir haben uns diese Antwortstunde im Präsidium eigentlich anders vorgestellt und darum keine Redezeiten verabredet. Ich halte es jetzt für erforderlich, das zu tun. Ich bitte Sie um Ihr Einverständnis dafür, daß wir die Antwortzeit der Minister auf maximal 10 Minuten begrenzen und dann maximal fünf Minunten, egal, wie lange es dauert, Fragen beantwortet werden, daß keiner über eine Viertelstunde in Anspruch nimmt. Ich würde in jedem Fall dann danach deutlich unterbrechen, damit die Viertelstunde für jeden das Maximum ist. Ich hoffe, daß es an einigen Stellen unterschritten werden kann. Ich sehe keinen Widerspruch. Der Minister für Wirtschaft, Dr. Pohl, hat das Wort. Bitte schön. Dr. Pohl, Minister für Wirtschaft: Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Meine Damen un-' Herren! Naturgemäß bilden in der Aussprache zur Regierungs- erklärung die Fragen zur Währungsunion, der Wirtschafts- und Sozialgemeinschaft einen wichtigen Schwerpunkt, und das Recht der Oppositionsparteien, die Aussagen der Regierung auf Schwachstellen abzuklopfen, sie kritisch zu hinterfragen, wurde auch zum wirtschaftlichen Teil der Regierungserklärung wahrgenommen, und dafür möchte ich mich bedanken. Das hat eine hohe Bedeutung für unsere parlamentarische Kultur, und deshalb möchte ich mich in meinen Antworten besonders den Fragen der Opposition zuwenden, die vier Komplexe betreffen: 1. Schutz des Binnenmarktes, 2. Umbewertung der Fonds und Streichung der Inlandsschulden, 3. Umgang mit dem Eigentumsbegriff, 4. Zur Verbindung von Währungs-, Wirtschaftsund Sozialunion. Zu erstens Schutz des Binnenmarktes: Verehrte Abgeordnete! Die Frage des Schutzes des Binnenmarktes vor unlauterem Verdrängungswettbewerb wurde von den Abgeordneten Dr. Maleuda, Dr. Gysi, Dr. Steinitz und Lubk von der CDU gefordert und in Hunderten an mich gerichteten Briefen von Betrieben der Leichtindustrie, der Elektrotechnik/Elektronik unterstrichen. Hierzu erkläre ich: 1. Die Regierung ist gegen jeden unlauteren Wettbewerb und wird entsprechend der Koalitionsvereinbarung dazu eine gesetzliche Regelung treffen. Sie wird noch im Monat Mai dem Ministerrat und anschließend der Volkskammer 110;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 110 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 110) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 110 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 110)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens alle Beweisgegenstände und Aufzeichnungen, die vom Täter zur Straftat benutzt oder durch die Straftat hervorgebracht worden sind, im Rahmen der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit durch wahrheitsgemäße Aussagen zur Straftat als auch eine ausschließlich in Wahrnehmung seines Rechts auf Verteidigung erfolgende Mitwirkung am Strafverfahren, die gegen die Feststellung der objoktLvnWahrhsit gerichtet ist. Das berührt nicht die VerpfLxht des Untersuchungsorgans, daß die Beweismittel selbstverständlich dem Staatsanwalt und dem Haftrichter zur Begründung der Einleitung des Ermittlungsverfahrens beginnt und mit der Übergabe des üntersuchungsergebnisses an den für das inistex lum für Staatssicherheit bestätigten Staatsanwalt endet, rffZ. Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß der Verdacht einer Straftat besteht und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, obwohl der Verdacht einer Straftat vorliegt, ist eine rechtspolitisch bedeutsame Entscheidungsbefugnis der Untersuchungs-organe, die einer hohen politischen Verantwortung bedarf.

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