Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1072

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1072 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1072); Schaft natürlich etwas ganz anderes als die Form, die wir früher gewohnt gewesen sind. Das bedeutet ein Umlernen an vielen Stellen unserer Wirtschaft und auch unseres Bankwesens. Es kostet eben Geld heute, wenn man Geld lange in der Kasse unbenutzt hat, viel mehr Geld als früher. Es kostet nämlich hohe Zinsen. Von daher kann man nur immer wieder appellieren, auch an alle, die zuständig und verantwortlich sind in unserem Lande, mit der Beschaffung von Geld, mit der Planung von Geldausgaben, hier den tatsächlichen Erfordernissen genau zu entsprechen. Praktisch bedeutet das für das Finanzministerium, daß man auf der einen Seite die Ausgaben aus den Ressorts rechtzeitig planen können muß, das heißt, die Anträge müssen existieren, zweitens, daß man aber auf die jeweilige Entwicklung in der Kasse dynamisch reagieren können muß, und das heißt, daß man eine bestimmte Form von Liquidität haben muß und gleichzeitig doch auch auf dem Kreditmarkt im Sinne von Wertpapieren die optimalen Bedingungen ausnutzen muß. Sie sehen also, daß hier ein Element von Planung und von spontaner Reaktion miteinander verbunden ist, das heißt, dynamische Planung. Ich darf diese Stichworte nutzen, um auch auf eine andere Anfrage bzw. Bemerkung des Abgeordneten Vogel zu reagieren. Er hat Bezug genommen auf ein Interview, das ich vor einigen Tagen gegeben habe und in dem ich tatsächlich gesagt habe, und dazu stehe ich, daß der neoliberalistische Ansatz für die wirtschaftliche Entwicklung nicht das einzige Kriterium sein kann. Ich habe mich nicht absolut gegen Privatisierung ausgesprochen. Das ist einfach falsch. Privatisierung muß zu einem großen Teil gemacht werden, sonst werden wir nicht zu der hinreichenden Dynamik in der Ökonomie kommen. Aber ich glaube auch nicht, daß die absolut freie Marktwirtschaft im Sinne eines absoluten Liberalismus die Lösung sein kann, weder für unsere wirtschaftlichen noch für die sozialen Bedürfnisse, die jetzt in einem größeren Umfang vor uns stehen. Ich denke schon, wenn wir etwa an den, wie ich hoffe, doch weitergehenden und sich weiterentwickelnden Handel mit den osteuropäischen Staaten denken, auch mit der Sowjetunion: hier kann man nicht einfach nur von Marktstrukturen im Sinne des Neoliberalismus ausgehen, das wäre eine glatte Illusion. Wenn wir an osteuropäische Zusammenhänge für die Zukunft denken, auch die Einbindung unserer Industriepotentiale, die es geben muß, wenn sie weiterleben sollen, dann wird es nicht nur den reinen Neoliberalismus geben können. Hier werden immer Planelemente wesentlich mit dabei sein müssen. Und ich denke auch, und auch dies habe ich zum Ausdruck gebracht, daß wir eine Situation vordenken müssen, die nicht unbedingt eintreten muß, aber die sehr wohl eintreten kann, wo wir nur mit größeren Arbeitsförderungsmaßnahmen, die dann von der öffentlichen Hand mitgetragen werden, die auf uns zukommenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme bewältigen können. Ich habe deshalb gestern auch im Ministerrat beantragt, daß eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, die sich damit zu befassen hat, wie denn gegebenenfalls größere Arbeitsförderungsmaßnahmen vorbereitet werden können, die dann natürlich in stärkerem Maße von der öffentlichen Hand getragen werden müßten. Insbesondere mit stärkeren Investitionsmöglichkeiten in der Infrastruktur, im Verkehrswesen, im Bau, auf der Schiene und bei der Telekommunikation, aber vor allen Dingen im Bauwesen. Ich denke, wir müßten uns auch auf solche Möglichkeiten rechtzeitig vorbereiten. Wir werden nicht darum herumkommen. Ich darf schließlich bekanntgeben, daß uns vom Bundesfinanzministerium mitgeteilt worden ist, daß der Rahmen für Kreditbürgschaften, wie er im Staatsvertrag angegeben worden ist, von 4 Mrd. DM auf 8 Mrd. DM erhöht worden ist. (Beifall bei der SPD und den Liberalen) Wir sind natürlich sehr froh über diese Möglichkeit, die einem Teil der auch heute hier genannten Finanzprobleme Rechnung trägt. Wir haben damit die Möglichkeit, als Staat die doppelte Summe an Krediten zu garantieren. Aber dies kann natürlich keine Lösung all der Probleme sein, die auch in meiner Haushaltsrede genannt worden sind. - Ich danke Ihnen. (Beifall) Präsidentin Dr. Bergmann-Pohl: Wir kommen nun zum Ressort des Ministers für Abrüstung und Verteidigung. Ich bitte die Abgeordnete Frau Wollenberger von der Fraktion Bündnis 90/Grüne, das Wort zu nehmen. Frau Wollenberger für die Fraktion Bündnis 90/Grüne: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern stand auf der Tagesordnung des Ausschusses für Abrüstung und Verteidigung die Erarbeitung einer Stellungnahme zum sogenannten Einzelplan 14, d. h. zum Halbjahreshaushaltsplan des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung. Das Material wurde uns Abgeordneten am Montag, also nur zwei Tage vorher, übergeben. Damit war umfassende Information und Meinungsbildung über diesen sehr bedeutungsvollen und sensiblen Bereich völlig unmöglich. Wenn man bedenkt, daß die ersten Vorgaben für diesen Haushaltsteil bereits Mitte Mai erfolgten und Ende Juni das Ministerium für Abrüstung und Verteidigung eine Planvorgabe an das Finanzministerium übergab, kann man daraus nur den Schluß ziehen, daß diese Drucksituation kein Zufall war. Daß uns Parlamentariern nur ein Tag zur Positionsfindung eingeräumt wurde, könnte man als einen Versuch werten, wichtige Entscheidungen am Parlament vorbei zu fällen und die Abgeordneten in die Rolle der bloßen Abnicker zu schieben. Wenn man schon diese Vorgehensweise als unseriös bezeicb nen muß, so trifft das auf den Inhalt des Dokuments auch zu. Da ist aus der Sicht meiner Fraktion einfach skandalös. Ein Ministerium, das sich anspruchsvoll Ministerium für Abrüstung und Verteidigung nennt, findet keinen Platz, die notwendigen Aufwendungen zur Abrüstung und Konversion zu nennen. Einen solchen Kostenpunkt gibt es einfach nicht. Auf eine entsprechende Rückfrage erteilte Staatssekretär Marcinek vom Ministerium für Abrüstung und Verteidigung die sehr schlüssige Auskunft, Finanzminister Romberg hätte eine Einarbeitung dieses Postens für dieses Jahr als nicht machbar zurückgewiesen und auf den Haushaltsplan für 1991 orientiert. (Heiterkeit) Dagegen fand man aber in diesem Plan Platz, eine Milliarde D-Mark für sogenannte militärische Beschaffung unterzubringen. Meine Vorredner haben zu diesem Punkt schon Stellung genommen, ich will das nicht wiederholen. Inzwischen ist auch die Vorlage des Ministers für Abrüstung und Verteidigung an das Finanzministerium uns zugegangen, die von Rainer Eppelmann am 28. Juni freigegeben wurde, also fast drei Wochen brauchte, um bis zu uns zu gelangen. Eine erste Analyse dieses Papiers ergab, daß erstens die wenigen Kostenangaben für Abrüstungsaufwendungen fast ausschließlich aus dem einseitigen Abrü stungsbeschluß der Honecker-Regierung resultierten und in keinem Verhältnis zu den jetzigen und bereits im Juni absehbar gewesenen Forderungen an Abrüstung, Konversion, Umschulung usw. stehen. Und zweitens ist die ganze Kalkulation des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung nur zu verstehen -und jetzt komme ich auf den Hintergrund meiner Anfrage an Prof. Walther zurück, leider ist er jetzt nicht im Saal, aber vielleicht können seine Kollegen ihm das dann mitteilen -, wenn man von einer nahezu unveränderten Fortexistenz der NVA für die nächsten Jahre ausgeht. Da muß sich die DSU entscheiden. Wenn sie dagegen ist, daß die NVA nahezu unverändert fortexistiert, dann kann sie diesen Haushaltsplan eigentlich so nicht mittragen. Die hohen Beschaffungskosten sind nur erklärbar, wenn man im Hinterkopf hat, daß Rainer Eppelmann am 2. Mai dieses Jahres ein Entwicklungsprogramm für eine 110 000 Mann starke Armee bis 1993 verkündet hat. Das ist ein Entwicklungsprogramm, das wesentliche Modernisierung und Kampfwertsteigerung enthielt und weder abrüstungsfreundlich noch ökonomisch haltbar war. Unsere Fraktion denkt dennoch, daß es aus Verantwortung für die Menschen in Uniform sowie die von der Existenz der Streitkräfte abhängigen Bürger und Bürgerinnen unsozial wäre, Teil 14 des Haushaltsplanes im Block abzulehnen. Das mindeste, was aus unserer Sicht geschehen muß, ist, daß als erstes diese 1072;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1072 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1072) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1072 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1072)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze gewinnt weiter an Bedeutung. Daraus resultiert zugleich auch die weitere Erhöhung der Ver antwortung aller Leiter und Mitarbeiter der Grenzgebiet und im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze wurde ein fahnenflüchtig gewordener Feldwebel der Grenztruppen durch Interview zur Preisgabe militärischer Tatsachen, unter ande zu Regimeverhältnissen. Ereignissen und Veränderungen an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Bearbeitung; den Einsatz qualifizierter erfahrener operativer Mitarbeiter und IM; den Einsatz spezieller Kräfte und Mittel. Die Leiter der Diensteinheiten, die Zentrale Operative Vorgänge bearbeiten, haben in Zusammenarbeit mit den operativen Diensteinheiten lösen. Nur dadurch kann die in der Regel er forderliche Kombination offizie strafprozessualer Maßnahmen mit vorrangig inoffiziellen politisch-operativen Maßnahmen gewährleistet werden. Geht der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen.

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