Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 1015

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1015 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1015); Parlaments vereinbart wird und ebenso die Legitimation der Regierung der DDR als oberste Verwaltungsbehörde für das Territorium der dann ehemaligen DDR bis zur Vereidigung einer gesamtdeutschen Regierung, damit kein rechtsfreier Raum im Dezember oder Januar entsteht. Zu diskutieren wäre auch als Alternative ein Rat der fünf Ministerpräsidenten als geschäftsführende Regierung. Wir sind im übrigen ganz selbstverständlich für die Festlegung Berlins als Hauptstadt eines geeinten deutschen Staates. Zweiter Punkt: die Perspektive auf eine neue deutsche Verfassung auf der Basis des Grundgesetzes. Im Staatsvertrag sollte über das Minimum unmittelbar notwendiger Grundgesetzveränderungen (also Präambel, Artikel 23, eventuell Artikel 29 betreffend) die Ausarbeitung eines modernisierten neuen Grundgesetzes innerhalb einer bestimmten Frist von vielleicht ein -bis zwei Jahren möglicherweise durch einen gesamtdeutschen Verfassungsrat vereinbart werden. Unser Ziel ist es dabei, einem modernen Grundrechtsver-ständnis dadurch zu entsprechen, soziale Grundrechte wie das Recht auf Arbeit, Wohnung, Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen als Staatszielbestimmung in die Verfassung einzutragen. Über eine neue Verfassung sollte schließlich und selbstverständlich eine Volksabstimmung stattfinden. (Beifall bei SPD, PDS und Bündnis 90/Grüne) Drittens sind für uns wichtig eine ganze Reihe von Regelungen zum Prozeß der Rechtsangleichung zwischen beiden deutschen Staaten. Das ist das Hauptstück eines zweiten Staatsvertrages. Ich erwähne hier nur auswahlweise einige Sonderregelungen für das Gebiet der DDR-Länder, wie Zivildienstregelung, Fristenregelung, unsere Fassung vom § 175, straßenverkehrsrechtliche Vorschriften usw. Das ist eine Reihe von Dingen, wo ich denke, daß die Rechtsangleichung in west-östlicher Richtung erfolgen sollte und nicht umgekehrt. So viele Beispiele haben wir ja da nicht. (Vereinzelt Beifall) Ich will nur noch die beiden letzten Punkte nennen. Viertens geht es um die Sicherung der Eigentumsrechte der DDR-Bürger, sowohl der an Grund und Boden, also Sicherung der Bodenreform, wie auch der Möglichkeit, Wohneigentum sowohl in kommunaler Hand zu behalten als auch durch Bürger der DDR selbst erwerben zu lassen, bevor sie von westlichen Firmen weggekauft werden. Fünftens: Es geht um Regelungen zur Verminderung der ökonomischen Risiken der staatlichen Einigung - also um den Versuch, einiges von dem noch nachzuarbeiten, was im ersten Staatsvertrag nicht erreicht worden ist -, um finanzielle und rechtliche Maßnahmen insgesamt zum Schutz und für Übergangslösungen für soziale und kulturelle Institutionen in der DDR. Ein großes Paket, eine große Aufgabe. Ein Sommer härtester Arbeit steht bevor. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Frau Dr. Niederkirchner: Zwei Anfragen? - Bitte. Demloff (PDS): Der „Tagesspiegel“ vom 12. 7. 1990 berichtet unter der Schlagzeile „Bonn und Ostberlin bügeln Panne im Staatsvertrag aus“, daß der DDR-Finanzminister Romberg 10 Tage nach Einführung der Wirtschafts- und Währungsunion sich bereit erklärt hat, den Staatsvertrag zu ergänzen, damit steuerliche Nachteile für Bundesbürger, die zur Arbeit in die DDR kommen, verhindert werden. Für sie werden Regelungen getroffen, damit sie in der DDR alle hohen Steuerabzugmöglichkeiten der BRD erhalten und damit im Monat mehrere hundert Mark weniger Steuern zahlen als DDR-Bürger. Bedeutet diese Regelung, daß der bisher zugebundene Sack des Staatsvertrages aufgebunden wurde und jetzt Möglichkeiten der Nachbesserung für Schwerbehinderte, Eltern mit behinderten Kindern und Familien mit zu pflegenden Kindern in der DDR als Nachteilsausgleiche möglich werden, wie hier in diesem Hause mehrmals eingefordert? Thierse (SPD): Ich bin natürlich nicht in der Lage, den Wahrheitsgehalt dieser Pressemeldung zu überprüfen. Insofern kann ich dazu eigentlich nicht Stellung nehmen. Ich denke, daß es dazugehört, daß wir etwa das Behindertengesetz, das wir nun haben, auch im zweiten Staatsvertrag verteidigen, also Regelungen, von denen wir meinen, sie seien günstiger als die bisherigen Regelungen. Das ist ja auch nicht auf so sehr vielen Feldern der Fall. Stellvertreter der Präsidentin Frau Dr. Niederkirchner: Eine weitere Anfrage von den Liberalen. Dr. Kney (Die Liberalen): Herr Thierse, bei Ihren Ausführungen ist mir das eingefallen, was Opel 1935 mal gesagt hat: Sie können Fahrzeuge jeglichen Farbtons kaufen - es muß nur schwarz sein. - Und als Sie sich jetzt hier geäußert haben, ist mir eingefallen: Die Wähler können bei der gesamtdeutschen Wahl jede Menge links wählen -es muß nur die SPD sein. (Heiterkeit und Beifall) Thierse (SPD): Wissen Sie, daß ich ein Interesse daran habe, daß das so ist, werden Sie mir vielleicht nicht übelnehmen. Ich denke, daß das für uns ein wichtiger Lernvorgang war, aus relativ familiären Strukturen der Opposition oder des Überlebens in der DDR -ich will mich sehr vorsichtig äußern - in die Verhältnisse der DDR als Staat überzugehen. Da mußte man sich schon formieren. Da waren sozusagen die kleinen Grüppchen zu überwinden, die Grüppchenexistenz, und ich denke, ein solcher weiterer politischer Schritt der Formierung der politischen Kräfte steht uns bevor, wenn wir in ganz Deutschland politisch erfolgreich gestaltend wirksam werden wollen. Davon habe ich geredet, von diesem notwendigen Prozeß der Konzentration, einer sinnvollen, die nicht Ausgrenzung heißt, sondern im Gegenteil die viele einschließt. (Zuruf von der PDS: Vereinnahmt!) Stellvertreter der Präsidentin Frau Dr. Niederkirchner : Sind Sie bereit, eine Anfrage entgegenzunehmen? Prof. Dr. Heuer (PDS): Sie sagten, daß vier Abgeordnete nur zu erwarten seien des Bündnisses. Sie haben nicht auf die Abgeordneten der PDS hingewiesen, Sie könnten das auch ausrechnen -(Thierse, SPD: Das kann ich Ihnen sagen, wie sich das nach dem Ergebnis verhält, 22.) Danke schön. Darf ich Sie so verstehen: Sie haben gesägt, Sie seien gegen eine Zersplitterung der Linken in einem künftigen Bundestag, das heißt, Sie sind für eine Einheit der Linken. Das bedeutet die administrative Ausschaltung aller anderen linken Kräfte. Darf ich Sie so interpretieren? Thierse (SPD): Entschuldigen Sie, wenn Sie eine 5-Prozent-Klausel oder eine Klausel überhaupt haben, die es in sehr vielen Parlamenten, in sehr vielen Staaten gibt, von denen Sie vielleicht auch nicht, jedenfalls nicht mehr so hemmungslos sagen würden, daß sie nicht demokratisch oder, wie man das früher bei uns sagte, nur formaldemokratisch seien, in vielen Ländern gibt es diese Klausel, und ich halte sie nicht für administrativ. Denn parlamentarische Demokratie heißt ja nicht nur, daß das Parlament ein einfaches Repräsentantenhaus ist, sondern es heißt auch, Regeln zu finden, ein Land regierbar zu halten, heißt auch Regeln zu finden, wie ein Konsens hergestellt wird. Und dazu ist die 5-Prozent-Klausel oder eine 3-Prozent-Klausel eines der Mittel, dies zu erreichen. (Prof. Dr. Heuer, PDS: Wieso?) 1015;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1015 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1015) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 1015 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1015)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen für derartige Angriffe sowie die dabei angewandten Mittel und Methoden vertraut gemacht werden, um sie auf dieser Grundlage durch die Qualifizierung im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die tschekistischen Fähigkeiten der Mitarbeiter und Leiter. In Abhängigkeit vom konkret zu bestimmenden Ziel ist es zeitlich und hinsichtlich des Einsatzes spezifischer Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit unter zielgerichteter Einbeziehung der Potenzen des sozialistischen Rechts tind der Untersuchungsarbeit fester Bestandteil der Realisierung der Verantwortung der Linie Untersuchung bei der Erfüllung der Schwerpunktaufgaben der informalionsbeschaffungj Wirksamkeit aktiver Maßnahmen; Effektivität und Lücken Am Netz. Nut Atngsiacl der im Netz vor-handelten operativen. Möglichkeiten; Sicherheit des und Aufgaben zur Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der vorbeugenden Arbeit im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit darstellt. In der politisch-operativen Praxis wird dieses wirksam in der vorbeugenden politisch-operativen Arbeit der Diensteinheiten Staatssicherheit unter Anwendung der vielfältigen spezifischer. Kräfte Mittel und Methoden und ist untrennbar mit der Organisierung eines arbeitsteiligen, planvollen und koordinierten Zusammenvyirkens von verbunden, das der Konspiration entsprechend gestalten ist. Es -ist stets zu berücksichtigen, daß die Durchsetzung dieser Maßnahmen auf bestimmte objektive Schwierigkeiten hinsichtlich bestimmter Baumaßnahmen, Kräfteprobleme stoßen und nur schrittweise zu realisieren sein wird. In den entsprechenden Festlegungen - sowohl mit dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und dem Generalstaatsanwalt der wurden Grundsätze zur Identifizierung von festgenommenen aufgegriffenen Ausländern verbindlich festgelegt, nach denen seit, von allen Sicherheits- und Justizorganen gearbeitet wird.

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