Tagungen der Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1990, Seite 101

Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 101 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 101); zen führen, nicht erhalten haben und daß es sehr schwierig sein wird, zu diesen Dingen zu kommen. Dieses Material ist geeignet, die zwischenmenschlichen Beziehungen in unserer Bevölkerung auf Dauer zu vergiften. Deswegen bitte ich jeden Abgeordneten, bei der Bewertung dieses Problems mit dem zuständigen Ministerium, mit der Regierung konstruktiv zusammenzuarbeiten, so daß wir bei dem notwendigen Blick nach hinten uns den Blick für die Zukunft nicht verbauen. Das ist das Anliegen, dem ich mich in dieser Weise ganz direkt verbunden fühle. Ich würde mich freuen, und es würde auch die Arbeit meines Ministeriums erleichtern, wenn ich auf eine breite parlamentarische Unterstützung auf diesem Gebiet zurückgreifen kann. (Beifall vor allem bei CDU/DA und DSU) Die ersten Erfahrungen haben gezeigt, daß im Herbst 1989 eine ausgedehnte Vernichtungsaktion von Informationsmaterial -die im einzelnen nicht konkret nachgewiesen werden konnte -große Lücken in das Informationsnetz gerissen hat. Das Problem der Datenspeicher besteht darin, daß ihre Pflege im Zusammenhang mit der Auflösung des AfNS abgebrochen wurde. Des weiteren haben auch Unregelmäßigkeiten in der Arbeitsweise des ehemaligen MfS, die einzelne Mitarbeiter organisiert haben -Sie können verstehen, daß die Wochen, die mit der vergangenen Regierung ins Land gegangen sind, nicht untätig verbracht, sondern genutzt wurden, eine Verwischung der Tatbestände herbeizuführen. .Esist also der Wahrheitsgehalt der uns zur Verfügung stehen- den Materialien streng zu prüfen. Ich selber habe als Jurist einen hohen Zweifel daran, ob die zur Verfügung stehenden Informationen geeignet sind, als seriöse Beweismittel in einem rechtsstaatlichen Verfahren verwendet zu werden. Ich möchte meine Darlegungen abschließen und Sie bitten, durch eine Zusammenarbeit die in unserer Bevölkerung teilweise hochgepeitschte Stimmung gegenüber Schuldigen zu unterbinden. Ich bin der Auffassung, daß über Schuld oder Nichtschuld im strafrechtlichen Sinne Gerichte entscheiden müssen, und solange diese Entscheidung oder entsprechende Entscheidungen unseres Parlamentes nicht getroffen sind, müssen wir davon ausgehen, daß unsere Bürger im moralischen und strafrechtlichen Sinne unbelastet sind. Ich möchte den Abgeordneten die Gewißheit geben, daß dieses Problem bearbeitet wird, auch wenn das durch einen DSU-Minister geschieht. Ich habe die große Zustimmung aller Fraktionen zur Kenntnis genommen, als das Innenministerium an die DSU gegangen ist. Ich werde hier keine Parteipolitik machen, ich werde eine Lösung unterstützen, die dem Aufbau der neuen, demokratischen Ordnung dient. - Ich bedanke mich. (Beifall) Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage? Dr. Diestel, Stellvertreter des Ministerpräsidenten und Minister für Innere Angelegenheiten: Gern. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Bitteschön. - Böck (CDU/DA): Herr Minister! Ich habe eine Frage, betreffend die Arbeit der K1. Ist Ihnen bekannt, daß die K1, eine Abteilung, die sich innerhalb der Kriminalpolizei der DDR getarnt hatte und mit ähnlichen Methoden arbeitete wie das MfS, durch einen Befehl, erlassen durch den Minister a. D. Ahrendt - der Befehl trägt die Nummer VS 0104/90 - angewiesen wurde, durch Umstrukturierung der Kriminalämter in den Kreisen eine Tarnung dieser Abteilung K1 herbeizuführen und daß Leiter und Chefs der Kriminalpolizei in den Kreisen die Durchführung dieses Befehls, so wörtlich, als Roßtäuschertrick bezeichnen, um diese K1 Weiterarbeiten zu lassen? Ich frage weiter: Ist Ihnen bekannt, daß diese Kl außerhalb der polizeilichen Tätigkeit gearbeitet hat und durch einen Führungsoffizier des ehemaligen MfS geführt wurde und nach Aus- sagen der Leiter der Kriminalpolizei von Kreisen auch weiterhin noch geführt wird? Wäre es nicht auch im Interesse der Öffentlichkeit, daß der GVS-Befehl 0023/82, der die Arbeitsweise dieser Kl regelt, hier vor den Parlamentariern veröffentlicht wird, wenn wir es ernst nehmen wollen, wie das in der Regierungserklärung formuliert wurde, daß die Polizei eine zivile Ordnungskraft werden soll? Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Herr Abgeordneter, ich glaube, daß Sie noch viele interessante Themen anschneiden können, aber Zwischenfragen müssen kurz sein, sonst werden es Debatten, die wir nicht durchstehen. Ich muß darauf bestehen, daß Sie Ihre Frage jetzt beenden. Böck (CDU/DA): Ja. Ich bitte um Antwort auf diese Fragen. Dr. Diestel, Stellvertreter des Ministerpräsidenten und Minster für Innere Angelegenheiten: Herr Abgeordneter! Ich habe mit den ersten Sätzen Ihrer Frage das Problem erkannt (Heiterkeit, Beifall) und möchte dazu folgendes sagen. Es ist mir sicherlich nicht gelungen, in den 10 Tagen meiner Amtszeit die Bedenken gegen das von mir jetzt geführte Ministerium völlig zu zerstreuen. Das ist völlig klar, ich muß mit diesem Problem leben. Ich kann Ihnen aber sagen, daß generell eine Aufgeschlossenheit und ein großes Umdenken auch bei den Polizisten, insbesondere in den unteren Ebenen, auch in meinem Ministerium festzustellen ist. Sie haben eine richtige Vermutung geäußert hinsichtlich der geschichtlichen Darstellung dieser Abteilung. Ich habe aufgrund einer Information, die mir vor der heutigen Debatte zugänglich wurde, schon in der vergangenen Woche in meinem Haus eine Untersuchung anstellen lassen und kann das, was Sie in Ihrer Frage dargestellt haben, bestätigen. Ich verspreche Ihnen, daß ich dieses Problem im Rahmen der Möglichkeiten, vielleicht auch im Rahmen Ihrer Anfrage, dem Parlament zur Kenntnis gebe. Diese Abteilung K1 hat eine bedauernswerte Geschichte gehabt, wodurch ein sehr enges Zusammenwirken mit dem Ministerium für Staatssicherheit vom Funktionieren her gegeben gewesen ist. Ich habe diesen Vorgang untersuchen lassen, und ich werde Maßnahmen einleiten, sofern mir die Informationen auch aus den Bezirken vorliegen. Ich rechne damit Anfang der Woche und werde dann das Parlament über die Lösung dieses Problems informieren. Stellvertreter der Präsidentin Dr. Höppner: Herr Minister, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Weiß? Weiß (Bündnis 90/Grüne): Herr Innenminister! Am 20. April haben hier in Berlin schwere Auseinandersetzungen, schwere Ausschreitungen stattgefunden. Ich war Augenzeuge in der Schönhauser Allee und auf dem Alexanderplatz von etwa 17.30 Uhr bis gegen 23.00 Uhr. Ich habe mich dabei mit vielen Polizisten unterhalten. Ich habe gehört, daß es einen erheblichen Handlungsbedarf gibt, daß die Polizisten verunsichert sind, daß sie dringend eine genaue Beschreibung ihrer dienstlichen Pflichten und ihrer Dienstrechte haben wollen. Ich habe von ihnen gehört, daß ein Gespräch, das von einem Vertreter der Polizeigewerkschaft mit Ihnen vorgesehen war, abgesagt worden ist. Und ich habe vor allem auch in den Gesprächen, die sich unmittelbar an den Einsatz der Volkspolizisten anschlossen, gespürt, daß diese jungen Volkspolizisten auf derartige Einsätze außerordentlich ungenügend vorbereitet sind. Sie sind emotional, psychologisch überhaupt nicht vorbereitet. Sie sind nicht in der Lage, das, was sie dort tun sollen, nämlich deeskalierend zu wirken (Unmutsäußerungen, vor allem bei CDU/DA und DSU) 101;
Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 101 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 101) Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Seite 101 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 101)

Dokumentation: Tagungen der Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), 10. Wahlperiode 1990, Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1990. Protokolle (Stenografische Niederschriften) der Tagungen 1-38 vom 5.4.-2.10.1990 (VK. DDR 10. WP. 1990, Prot. Tg. 1-38, 5.4.-2.10.1990, S. 1-1.874).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gosell-scha tsordnunq richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Verhinderung der Ausreise in sozialistische Länder; Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen in Verbindung mit den Leitern der Abteilungen und den Paßkontrolleinheiten zu gewährleisten, daß an den Grenzübergangsstellen alle Mitarbeiter der Paßkontrolle und darüber hinaus differenziert die Mitarbeiter der anderen Organe über die Mittel und Methoden feindlichen Vorgehens, zur Klärung der Frage Wer ist wer?, zur Aufdeckung von Mängeln und Mißständen beizutragen. Die wichtigste Quelle für solche Informationen ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen Staatssicherheit , Feststellung und Enttarnung von Kundschaftern im Operationsgebiet sowie inoffizieller Kräfte, Mittel und Methoden, um daraus Ansatzpunkte für gezielte subversive Angriffe gegen Staatssicherheit zu erlangen, Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, an denen jugendliche Bürger der beteiligt ind Anforderungen an die Gestaltung einer wirk- samen Öffentlichkeitsarbeit der Linio Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung von Havarien, Bränden, Störungen und Katastrophen Erarbeitung von - über das konkrete Denken bestimmter Personenkreise und Einzelpersonen Erarbeitung von - zur ständigen Lageeinschätzung Informationsaufkommen. Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit den standigMi den Mittelpunkt ihrer Führungs- und Leitungstätigkeit zu stellen. JßtääjSi? Sie hab emIlg Möglichkeiten zur politisch-ideologischen und fachlich-tschekistischeiffezleyung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und der Auswertungsorgane zu gewährleisten. Über alle sind entsprechend den politisch-operativen Erfordernissen, mindestens jedoch alle Jahre, schriftliche Beurteilungen zu erarbeiten.

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