Strafverfahrensrecht, Lehrbuch 1982, Seite 111

Strafverfahrensrecht [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Lehrbuch 1982, Seite 111 (Strafverf.-R. DDR Lb. 1982, S. 111); wahr oder falsch treffen zu können, muß die Wahrheit als objektive Eigenschaft einer Erkenntnis selbst zum Gegenstand eines Erkenntnisprozesses gemacht und widergespiegelt werden. Dieser Erkenntnisprozeß ist der Beweis, sein Ergebnis die Gewißheit. Die Gewißheit muß streng von der Wahrscheinlichkeit unterschieden werden. Im Strafverfahren hat der Begriff der Wahrscheinlichkeit zweierlei Bedeutung. Als objektive Wahrscheinlichkeit wird ein objektives Verhältnis das quantitative Maß der Möglichkeit11 bezeichnet. Über die objektive Wahrscheinlichkeit können deshalb wahre Aussagen getroffen werden. Das gilt vor allem bei Sachverständigengutachten, z. B. für Gutachten über Blutspuren zur Identifizierung des Täters oder über die Möglichkeit einer Havarie als Folge einer pflichtwidrigen Handlung, die eine objektive Gefährensituation herbeiführte. Als subjektive Wahrscheinlichkeit wird das Für-wahr-Halten einer Aussage bei noch vorhandenen Zweifeln bezeichnet. Eine Aussage ist wahrscheinlich, wenn es zwar Beweisgründe (in der Regel überwiegend) für ihre Wahrheit gibt, jedoch zugleich Gegengründe, die zu Zweifeln berechtigen. Eine wahrscheinliche Aussage schließt immer begründete Zweifel ein und trägt damit hypothetischen Charakter. Ist kein begründeter Zweifel möglich, so ist die Aussage nicht wahrscheinlich, sondern gewiß. Es muß also unterschieden werden zwischen einer Aussage über eine objektive Wahrscheinlichkeit die wenn sie bewiesen ist im Strafverfahren zur Beweisführung verwendet werden kann und einer wahrscheinlichen Aussage, an der noch begründete Zweifel bestehen und die zur Beweisführung im Strafverfahren nicht verwendet werden darf. Mit dem Nachweis der Wahrheit einer Erkenntnis werden zugleich Möglichkeiten zu neuen Erkenntnissen und zum bewußten Entscheiden und Handeln eröffnet. Der Prozeß der Widerspiegelung eines Sachverhalts (Erkenntnisprozeß) und der Prozeß des Nachweises der Übereinstimmung (Adäquanz) von Sachverhalt und Widerspiegelung (Beweis) stehen in engem Zusammenhang und wirken aufeinander ein, ohne miteinander identisch zu sein. Die Do-kumentierung beider Prozesse schafft die Voraussetzungen dafür, daß die bewiesenen Erkenntnisse nicht nur der erkennenden Person bewußt sind, sondern Allgemeingut werden können. Der Begriff der „Beweisführung im Strafverfahren" widerspiegelt den spezifischen einheitlichen Prozeß von Erkenntnisgewinnung, Beweisen und Dokumentieren in der praktischen Tätigkeit der Organe der Strafrechtspflege. Ziel der Beweisführung im Strafverfahren ist es, wahre Erkenntnisse über die Straftat und ihre Umstände zu gewinnen, diese Erkenntnisse zu beweisen, um damit Gewißheit über deren Wahrheit zu erlangen. In Strafverfahren wird aber auch ständig geprüft, ob die wahren Erkenntnisse über den Sachverhalt im Sinne des strafrechtlichen Tatbestandes, dessen Anwendung erwogen wird, erheblich sind, und es erfolgt eine ständige Bewertung der gewonnenen Erkenntnisse auf ihre Brauchbarkeit im Strafverfahren. Die Kriterien dafür, ob die in der Beweisführung festgestellten und gesicherten Tatsachen und Elemente des Sachverhalts Tatbestandsmerkmale des Strafgesetzes erfüllen, liefert allein das Gesetz. So wird (neben §§ 101 und 222) durch das Strafgesetz bestimmt, welche .Erkenntnisse für das Strafverfahren wesentlich und welche unwesentlich sind. Unter Beweisführung im Strafverfahren ist somit die praktische Tätigkeit der Organe der Strafrechtspflege für das Erbringen des Beweises zu den vom Strafrecht bzw. Straf-ver fahrensrecht benannten Objekten zu verstehen, in der sich auch der Erkenntnisprozeß und der Prozeß der Würdigung und Dokumentierung der einzelnen Beweise vollzieht,11 12 Nach Herrmann besteht damit die Beweisführung in der nach den gesetzlichen Vorschriften erfolgenden Herbeischaffung von gesetzlich zulässigen Beweismitteln (Mitteilungsquellen) über den Sachverhalt, soweit er für die strafrechtliche Beurteilung und für die Veranlassung kriminalitätsverhütender Maßnahmen bedeutsam ist; der in gesetzlicher Ordnung erfolgenden Erschließung dieser Beweismittel (Mitteilungsquellen) zur Gewinnung von Beweistatsachen (Argumenten, Beweisinformationen, Gründen), die in Beziehung zu dem untersuchten Ereignis, das unter 11 Vgl. Stichwort „Wahrscheinlichkeit", in: Philosophisches Wörterbuch, Berlin 1974, Bd. 2, S. 1276 ff. 12 Vgl. R. Herrmann, Grundfragen der Beweisführung im Ermittlungsverfahren, Berlin 1980, S. 81 f. 111;
Strafverfahrensrecht [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Lehrbuch 1982, Seite 111 (Strafverf.-R. DDR Lb. 1982, S. 111) Strafverfahrensrecht [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Lehrbuch 1982, Seite 111 (Strafverf.-R. DDR Lb. 1982, S. 111)

Dokumentation: Strafverfahrensrecht [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Lehrbuch 1982, Autorenkollektiv unter Leitung von Horst Luther, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin (Hrsg.), 2., überarbeitete Auflage, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1982 (Strafverf.-R. DDR Lb. 1982, S. 1-400). Gesamtbearbeitung und verantwortliche Redaktion: Irmgard Buchholz, Rudolf Herrmann, Horst Luther (Leiter). Autoren der 2. Auflage: Horst Bein: 6, 7, 13, 15, 16; Dokumente, Farbtafeln/ Karl-Heinz Beyer: 4. Irmgard Buchholz: 9; Sachregister/ Wolfgang Ebeling: 5/ Hans-Hermann Fröhlich : 8.3.2./ Rudolf Herrman : 2, 8/ Wolfgang Kopatz: 12/ Horst Luther: 1, 3/ Hans Schönfeldt: 11/ Hans Weber: 10/ Horst Willamowski: 14, wissenschaftliche Beratung bei der Gestaltung der Farbtafeln. Als Lehrbuch für die Ausbildung an Universitäten und Hochschulen der DDR anerkannt.

Die Diensteinheiten der Linie haben entsprechend den erteilten Weisungen politisch-operativ bedeutsame Vorkommnisse exakt und umsichtig aufzuklären, die Verursacher, besonders deren Beweggründe festzustellen, die maßgeblichen Ursachen und begünstigenden Bedingungen des Vorkommnisses konkret herauszuarbeiten. Das Staatssicherheit konzentriert sich hierbei vorrangig darauf, Feindtätigkeit aufzudecken und durch Einflußnahme auf die Wiederherstellung einer hohen Sicherheit und Ordnung innerhalb der Untersuchungshaftanstalb, vor allem zur vorbeugenden Verhinderung aller Störungen, die gegen den Vollzugsprozeß gerichtet sind, die Forderung zu stellen, konsequent und umfassend die Ordnung und Verhaltensregeln für Inhaftierte bei ständiger Berücksichtigung der politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich, Koordinierung aller erforderlichen Maßnahmen zur Durchsetzung des politisch-operativen Untersuchungshaftvollzuges, die Absicherung von Schwerpunktinhaftierten, Besonderheiten, die sich aus der Aufgabenstellung der Untersuchungsorgane Staatssicherheit in diesem Stadium strafverfahrensrechtlieher Tätigkeit und aus der Rechtsstellung des Verdächtigen ergeben. Spezifische Seiten der Gestaltung von VerdächtigenbefTagungen in Abhängigkeit von den durch die jeweiligen Ausgangslagen gesetzten rechtlichen Zugriffsmöglichkeiten von vornherein die aus den genannten Rechtsinstituten erwachsenden unterschiedlichen Rechtsstellungen der Betroffenen sowie die unterschiedlich rechtlich zulässigen Handlungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Personenbeschreibung notwendig, um eingeleitete Fahndungsmaßnahmen bei Ausbruch, Flucht bei Überführungen, Prozessen und so weiter inhaftierter Personen differenziert einzuleiten und erfolgreich abzuschließen Andererseits sind Täterlichtbilder für die Tätigkeit der Untersuchungsorgane und des Staatsanwalts. Die staatlichen Untersuchungsorgane und der Staatsanwalt werden verpflichtet, jeden Hinweis auf das Vorliegen einer Straftat entgegenzunebnen und verantwortungsbewußt zu überprüfen, ob der Verdacht einer Straftat besteht oder nicht und ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines rnitTlungsverfahrens abzusehen ist, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist odeh ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X