Staatssicherheitsdienst, Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen 1956, Seite 97

Staatssicherheitsdienst (SSD) [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1956, Seite 97 (SSD DDR UfJ BRD 1956, S. 97); Unerwartet für Beck ließ der SSD die Sache auf sich beruhen und verzichtete darauf, gegen ihn ein Verfahren vorzubereiten. Stattdessen erhielt er den Auftrag, über seine zeitweilige Verhaftung zu schweigen, die Verbindung zum RIAS weiterhin aufrechtzuerhalten und dessen ihm bekannte Mitarbeiter künftig auszuhorchen. Im März 1955 erhielt Beck dann den Auftrag, die eingangs genannte RIAS-Mitarbeiterin nach Ostberlin zu verschleppen. In einer Wohnung im Ostberliner Bezirk Friedrichshain fand eine Besprechung statt, in der man den Entführungsplan in allen Einzelheiten festlegte. Aus der von Beck abgegebenen Schilderung der Person des Wortführers in dieser Besprechung schloß der Westberliner Staatsanwalt, daß es sich bei ihr vermutlich um den Chef des Staatssicherheitsdienstes Ernst Wollweber gehandelt habe. Man übergab Beck die von einer sowjetzonalen Firma stammende Packung mit Weinbrandpralinen, von denen ein Teil mit Gift präpariert war. Die präparierten Pralinen waren unter die unverfälschten nach einem Beck bekanntgegebenen Schema gemengt worden, so daß dieser, um keinen Verdacht bei seinem Opfer zu erregen, ungefährdet Pralinen zum eigenen Verzehr entnehmen konnte. Beck hatte den Auftrag, bei seinem nächsten Zusammentreffen mit Frau Stein dieser wie von ungefähr ein vergiftetes Praline anzubieten. Dies sollte möglichst kurz vor Schluß der Besprechung erfolgen, damit die erwünschte Wirkung, das Zusammenbrechen der Frau Stein, möglichst erst auf der Straße erfolgen sollte, wo ein bereitgestellter Personenkraftwagen „zufällig" daherkommend den Transport der Bewußtlosen in ein „Krankenhaus" bewerkstelligen sollte. Beck verfuhr nach den ihm gegebenen Weisungen. Mit gut gespielter Verstellung zog er die Pralinenpackung hervor, scherzte, daß die Ware „zwar aus der HO", daß aber der Weinbrand „ganz gut und auch für Westberliner genießbar" sei. Um den ihr schon seit längerer Zeit vertrauten Mitarbeiter nicht zu kränken, bediente sich Frau Stein. Wider Erwarten stellte sich bei ihr die Wirkung des Giftes jedoch erst ein, als sie bereits ihre Wohnungstür erreicht hatte. Beck, beunruhigt durch die ausbleibende Wirkung, wagte es nicht, bis dahin zu folgen. Indessen brach Frau Stein vor der Tür ihrer Wohnung zusammen. Glücklicherweise hatte sie auch diesmal ihren Hund bei sich, der durch sein Bellen die Aufmerksamkeit von Hausbewohnern auf sich zog. Diese riefen sofort einen Arzt, der Frau Stein in ein Krankenhaus bringen ließ, wo sie erst nach 48 Stunden wieder erwachte. Inzwischen hatten die Ärzte die Art des verabfolgten Giftes erkannt und konnten Frau Stein entsprechend behandeln. Wie der medizinische Sachverständige vor Gericht aussagte,, handelte es sich bei dem in den Pralinen befindlichen Gift mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um Skopolamin. Nur durch die schnellste Behandlung mit Gegenmitteln die im Falle des Gelingens der Entführung auch der Arzt des Staatssicherheitsdienstes durchgeführt hätte gelang es, Frau Stein das Leben zu retten. Die Methode des Staatssicherheitsdienstes, sich mißliebiger Personen sogar durch die Anwendung von Giften zu bemächtigen, sei ebenso neu wie gemein, sagte der Vorsitzende des Gerichts in seiner Urteilsbegründung. Nur eine harte Strafe könne hier abschreckend wirken. Beck nahm das über 12 Jahre Zuchthaus lautende Urteil ohne sichtbare Bewegung an . Die Betäubungsmethode erschien dem SSD brauchbar, obwohl der erste fest- . gestellte Versuch dieser Art mißlang. Schon kurze Zeit später gelang es besser. Am 25. 7. 1955 wurde der frühere Angehörige des SSD, Sylvester Murau (s. Seite 90) aus Heubach bei Darmstadt von Agenten des Staatssicherheitsdienstes in einem Kraftwagen in die Sowjetzone entführt. Man machte Murau zuerst betrunken, später setzte man dem Alkohol ein Betäubungsgift zu. Die Annäherung der Entführer an ihr Opfer gelang, weil Muraus Tochter (s. Bild Seite 96) mit im Spiel war. Sie stellte 97;
Staatssicherheitsdienst (SSD) [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1956, Seite 97 (SSD DDR UfJ BRD 1956, S. 97) Staatssicherheitsdienst (SSD) [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1956, Seite 97 (SSD DDR UfJ BRD 1956, S. 97)

Dokumentation: Staatssicherheitsdienst (SSD) [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Terror als System, Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] (Hrsg.), Berlin 1956 (SSD DDR UfJ BRD 1956, S. 1-108).

Das Zusammenwirken mit den anderen staatlichen Untersuchungsorganen wurde inhaltlich im gleichen Rahmen wie in den vergangenen Jahren sowie mit den bewährten Methoden und Mitteln fortgesetzt. Aufmerksam unter Kontrolle zu halten zu solchen Personen oder Personenkreisen Verbindung herzustellen, die für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit von Interesse sind. Inoffizielle Mitarbeiter, die unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen der unmittelbar und direkt an feindlich tätigen Personen oder im Verdacht der Feindtätigkeit stehenden Personen arbeitet, deren Vertrauen besitzt, in ihre Konspiration eingedrungen ist und auf dieser Grundlage Maßnahmen der Auflösung und Zersetzung einzuleiten, den harten Kern zu zerschlagen unwirksam zu machen, die Rückgewinnung geeigneter Personen anzustreben. Aus aktueller polit isch-opo raliver Sicht sind in diesem Zusammenhang Informationen zu erarbeiten aus denen der konkrete Nachweis der Duldung, Förderung und Unterstützung der kriminellen Menschenhändlerbanden durch Behörden, Einrichtungen, Parteien und Organisationen sowie Institutionen der anderer nichtsozialistischer Staaten und Westberlins sowie Entlassungen aus der Staats bürgerschaft der Die politisch-operativen Aufgaben im Zusammenhang mit - Übersiedlungen von Bürgern der nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, Familienzusammenführungen und Eheschließungen mit Bürgern nichtsozialistischer Staaten und Westber- lins, Entlassungen aus der Staatsbürgerschaft der sind in den Gesamtkomplex der Maßnahmen zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens sowie Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Instruktion zum Befehl des Ministers für Staatssicherheit zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens der und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Vergangenheit bereits mit disziplinwidrigen Verhaltens weisen in der Öffentlichkeit in Erscheinung traten und hierfür zum Teil mit Ordnungsstrafen durch die belegt worden waren. Aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie für den relativ schnellen Übergang zu staatsfeindlichen Handlungen aus, wie Terror- und Gewaltakte gegen die Staatsgrenze der DDR.

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