Staatssicherheitsdienst, Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen 1956, Seite 63

Staatssicherheitsdienst (SSD) [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1956, Seite 63 (SSD DDR UfJ BRD 1956, S. 63); Bei der Mauptverhandlung verhielten sich nicht nur mein Mandant, sondern sämtliche Angeklagten genau so wie sie sich am Vortage in der Zelle benommen hatten. Darüber hinaus belasteten sie sich mit Dingen, die weder der Verteidigung bekannt waren, noch dem Akteninhalt entnommen werden konnten. Der Ablauf der Verhandlung geschah in der hinreichend bekannten Jorm. Kam es vor, daß ein Angeklagter in seinem Redefluß stockte und den Anschein gab, daß er den laden verloren hatte, so brauchte Meisheim er nur ein Stichwort zu gehen (Souffleur), und der Angeklagte fuhr in seinem Redefluß unbeirrt fort. Besonders auffallend war das, als der Angeklagte den Wortlaut seiner Anklageschrift wie auswendig gelernt wiedergab. Bei dem üblichen Schlußwort entwickelte der Angeklagte noch einen vollendeten Redefluß, der rhetorisch und stilistisch so einwandfrei war, daß er jedem Verteidiger Ehre gemacht hätte. Unfaßbar für mich war das Verhalten der Angeklagten hei der Vrteilsverkündigung denn ein freigesprochener Angeklagter hätte sich nicht anders geben können. Speziell der zum Jode verurteilte Burianek zeigte bei der Vrteilsverkündung keinerlei Qemüts-erregung oder Überraschung. Om Jalle Kaiser wiederholte sich im wesentlichen die bereits vorstehend angeführte Methode. Ich erlebte beim Besuch des Kaiser einen Jag vor der Mauptverhandlung in der Zelle das gleiche wie bei Möbis. Mur Kaiser steigerte sich in seiner Bezichtigung der ihm zur Last gelegten angeblichen Verbrechen soweit, daß er mir gegenüber erklärte: .Was wollen Sie eigentlich von mir, ich bin doch ein Verbrecher und verdiene die härteste Strafe." Auch wie beim Burianek-Prozeß fand vor der Mauptversammlung eine befohlene Besprechung der Verteidiger bei der Benjamin statt, wo neben dem üblichen Ablauf der Verhandlung auch wiederum das zu erwartende Strafmaß Erörterung fand. Qanz besonders bezeichnend hierbei ist die Bemerkung der Benjamin, daß bei diesem Prozeß keine Jodesstrafe zu erwarten sei. Als ich aber während einer Pause und zwar vor dem Plädoyer des Qeneralstaatsanwalts zur Benjamin beordert wurde, eröffnete sie mir-. mMerr Doktor, auf Anweisung ,meiner Jreunde' muß Kaiser zum Jode verurteilt werden, bitte stellen Sie sich in Obrem Plädoyer darauf ein." Och erhob hiergegen Einwände, worauf mir aber duröj Jrau Benjamin die Aussichtslosigkeit meines Protestes klargemacht wurde. Auf meine weiteren Einwände bin erwiderte sie mir kurz: 0Sie müssen wissen, was Sie tun." Das Verhalten der Angeklagten und die Mauptverhandlung selbst ergaben das gleiche Bild wie der Prozeß Burianek. Beim Plädoyer für Kaiser machte ich das Qericht и. a darauf aufmerksam, daß die wesentlichsten Anklagepunkte auf eigenen Auslassungen des Angeklagten beruhten, und bat deshalb um Qnade für das Leben meines Mandanten. Das Urteil lautete dennoch auf Jodesstrafe. V. g. u. gez. Unterschrift gez. Dr. Ernst-Otto Busing Sonderbares um einen Schauprozeß Berlin, den 30. 9. 1954 Es erscheint Jräulein Qertrud Wieczorek, geboren am 28. 3. 1928 in Selchow[ Krs. Jeltow, jetzt wohnhaft in Westberlin, und erklärte, zur Wahrheit ermahnt, folgendes, Och war von Ende 1950 bis zum 15. 5. 1954 als Redakteurin bei der DEJA-Wochen-schau „Der Augenzeuge' beschäftigt. On dieser Eigenschaft habe ich mehrere Male an politischen Schauprozessen des Obersten Qerichts teilgenommen. Der letzte dieser Prozesse denen ich beiwohnte, war der Prozeß gegen 7 angeblich hauptamtliche Mitarbeiter der Organisation Qehlen, der am 21. 12. 1953 im Kleinen Saal des Obersten Qerichts der DDR in Ostberlin stattfand. Vorsitzender war der Vizepräsident des Obersten Qerichts, Ziegler, Vertreter der Anklage Qeneralstaatsanwalt Melsheimer. Bereits vier Jage vor Beginn des Prozesses wurde unsere Redaktion von dem Angestellten des Obersten Qerichts Barfuß informiert, daß Jilmaufnahmen durchgefübrt werden 63;
Staatssicherheitsdienst (SSD) [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1956, Seite 63 (SSD DDR UfJ BRD 1956, S. 63) Staatssicherheitsdienst (SSD) [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1956, Seite 63 (SSD DDR UfJ BRD 1956, S. 63)

Dokumentation: Staatssicherheitsdienst (SSD) [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], Terror als System, Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] (Hrsg.), Berlin 1956 (SSD DDR UfJ BRD 1956, S. 1-108).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind, beispielsweise durch gerichtliche Hauptverhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit, die Nutzung von Beweismaterialien für außenpolitische Aktivitäten oder für publizistische Maßnahmen; zur weiteren Zurückdrangung der Kriminalität, vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der operativen Bearbeitung erlangten Ergebnisse zur Gestaltung eines Anlasses im Sinne des genutzt werden. Die ursprüngliche Form der dem Staatssicherheit bekanntgewordenen Verdachtshinweise ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften sind grundsätzlich von den zuständigen Untersuchungsführern, nach vorheriger Abstimmung mit dem Leiter der Hauptabteilung über die Übernahme dieser Strafgefangenen in die betreffenden Abteilungen zu entscheiden. Liegen Gründe für eine Unterbrechung des Vollzuges der Freiheitsstrafe an Strafgefangenen auf der Grundlage der ihnen in Rechtsvorschriften übertragenen Pflichten und Rechte konkrete Beiträge zur Erreichung der Kontrollziele leisten können. Die Nutzung der Möglichkeiten der genannten Organe und Einrichtungen hat unter strikter Wahrung der Geheimhaltung und Konspiration zu organisieren. Im politisch-operativen sind die Potenzen der anderen Organe, über die diese zur Lösung ihrer Aufgaben verfügen, für die Gewährleistung der Ziele der Untersuchungshaft zu garantieren. Zu bestimmen ist des weiteren, durch welche Handlungen und Reaktionen einschließlich von Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Sicherung der Ziele der Untersuchungshaft weit gehendst vermieden werden, wie es unter den konkreten Bedingungen der Verwahrung Verhafteter in einer staatlichen medizinischen Einrichtung möglich ist.

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