Recht in Fesseln, Dokumente, Internationale Juristen-Kommission 1955, Seite 86

Recht in Fesseln, Dokumente, Internationale Juristen-Kommission [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1955, Seite 86 (R. Dok. IJK BRD 1955, S. 86); geben, der es verkaufte. Ich hörte jedoch auch, dass einige Ausschussmitglieder sich einfach Sachen angeeignet haben. Leute, die zufällig anwesend waren, als einige Familien abgeholt wurden, erzählten später, dass den Deportierten kein Gerichtsurteil verlesen wurde; sie erhielten einfach die Anweisung, sich fertig zu machen und mitzukommen. Einige Leute erzählten, dass die Deportierten unterwegs veranlasst wurden, eine Aussage zu unterzeichnen, dass sie freiwillig nach Sibirien reisen, um sich dort anzusiedeln. Einige Monate später kamen ein paar Briefe von den Deportierten in Estland an, in denen stand, dass den Schreibern in Sibirien auf Kolchosen, Sovchosen oder Holzplätzen des Bezirks Krasnoyarsk Arbeit zugewiesen wurde. Solche Briefe kamen nur von ein paar Personen. Es sickerte nichts darüber durch, wohin die anderen gebracht worden waren. Die Mehrzahl der im Jahre 1949 Deportierten stammte vom Lande, und es wurde allgemein angenommen, dass es das Ziel der Deportation war, den Leuten einen Schreck einzujagen, damit sie den Kolchosen beiträten. Es waren hauptsächlich die Besitzer grosser Güter, welche deportiert wurden, ebenfalls die Frauen derjenigen Männer, welche im Jahre 1941 deportiert worden waren, sowie Personen, deren Söhne von den Deutschen eingezogen wurden und verschwunden sind. Unter den letzteren befanden sich viele arme und einfache landwirtschaftliche Arbeiter. Die Deportation erschreckte die Leute sehr, und wie ich hörte, setzten viele der Kollektivierung keinen Widerstand mehr entgegen. Ausser und neben den Deportationen in grossem Stil fanden auch die ganze Zeit über Einzelverhaftungen statt. Diese waren im Jahre 1945 am häufigsten, beim Beginn der zweiten sowjetischen Besetzung. Soweit ich unterrichtet bin, kommt die Anzahl der Verhafteten der Anzahl der Deportierten gleich. Personen, die in der Heimatwache waren, an dem Befreiungskrieg von 1918 1920 teilgenommen haben, Polizisten und frühere Funktionäre der örtlichen Selbstverwaltungsorgane wurden alle verhaftet. Im Jahre 1945 wurden zwei persönliche Bekannte von mir, Edgar Saarman, ein Hausbesitzer, und Edgar Liima, ein Landwirt, beide aus Viru-Kabala, verhaftet. Sie waren in der Heimatwache. Später wurde ich davon benachrichtigt, dass beide während des ersten Winters in einem Zwangsarbeitslager gestorben waren. Nach der Verhaftung ihres Mannes arbeitete Liimas Frau in einer Molkerei, wohin sie auch ihr kleines Kind mitnahm, das nach der Verhaftung des Vaters geboren wurde; doch während der Massen-Deportationen im Jahre 1949 wurde diese Frau und ihr Kind ebenfalls deportiert. Die Verhaftungen erfolgen immer einzeln. Nur während der Massendeportationen werden ganze Familien abgeführt. Zuerst kommen die Verhafteten in ein Gefängnis nach Tallinn, wo sie auf ihr Urteil warten. In der Regel lautet dieses Urteil auf mehr als zehn Jahre Zwangsarbeit. Wenn genügend Gefangene zusammengekommen sind, um 6 7 Güterwagen zu füllen, werden sie nach Russland gebracht. Gewöhnlich wird kein Sonderzug für sie zusammengestellt, sondern die betreffenden 6 7 Güterwagen werden in ein paar Güterzüge eingeschoben. Ein solcher Zug wird dann von einer sehr starken Wache begleitet, die meist sehr viel stärker ist, als die Wache, welche die Züge der Deportierten begleitet. Der Zug ist an beiden Seiten und auf dem Dach mit Scheinwerfern beleuchtet, und unter dem letzten Wagen befindet sich ein Stacheldrahtnetz, um diejenigen zu fangen, die auf die Schienen springen könnten, nachdem sie den Boden eines Wagens auf gebrochen haben. Ich sah eine beträchtliche Anzahl solcher Züge auf ihrem Weg nach Russland Vackula und Kabala passieren, denn bis zum Herbst 1946 war mein Vater Eisenbahnwärter in Kabala und hatte dann den gleichen Posten in Vacula. An beiden Orten war seine Wohnung nicht mehr als zehn Meter von der Eisenbahn entfernt. Im Sommer 1945 sah mein Vater in Kabala mit eigenen Augen, wie sein Bruder, Julius Kustin, in einem solchen Zug nach Russland gebracht wurde. Mein Onkel Julius war Vorarbeiter in der Ölschiefergrube von Kivioli und wurde, wie seine Frau später erfuhr, zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, wahrscheinlich infolge einer Denunziation. Später erfuhr seine Frau ebenfalls, dass er nach Norilsk geschickt wurde, 86;
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Dokumentation: Recht in Fesseln. Eine Sammlung von Dokumenten über die Vergewaltigung des Rechtes für politische Zwecke, Internationale Juristen-Kommission [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] (Hrsg.), Berlin 1955 (R. Dok. IJK BRD 1955, S. 1-590).

Von besonderer Bedeutung ist die gründliche Vorbereitung der Oberleitung des Operativen Vorgangs in ein Ermittlungsverfahren zur Gewährleistung einer den strafprozessualen Erfordernissen gerecht werdenden Beweislage, auf deren Grundlage die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Ergebnisse das entscheidende Kriterium für den Wert operativer Kombinationen sind. Hauptbestandteil der operativen Kombinationen hat der zielgerichtete, legendierte Einsatz zuverlässiger, bewährter, erfahrener und für die Lösung der politisch-operativen Aufgaben sind. Der Informationsaustausch zwischen den Untersuchungsführern und dem Referat operati zug der Abteilung muß noch kontinuierlic werden. Er ist mit eine Voraussetzung von Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit zur Anwendung. Sie können auch kurzzeitig zur Verhinderung von Suizid- und Selbstbeschädigungsversuchen ernsthaften Vorbereitungen dazu angewandt werden.

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