Recht in Fesseln, Dokumente, Internationale Juristen-Kommission 1955, Seite 283

Recht in Fesseln, Dokumente, Internationale Juristen-Kommission [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1955, Seite 283 (R. Dok. IJK BRD 1955, S. 283); Land gehen wollen. Der Staatsanwalt nahm meine Erklärungen, dass meine Aussagen bei der AVH erpresst worden seien, zu Protokoll. Ich wurde dann wieder in meine Zelle zurückgebracht. Nach etwa 4 Stunden wurde ich wieder herausgeholt und ein Beamter in Zivil sagte mir etwa folgendes: ich hätte zu Protokoll gegeben, dass die AVH mich zur Aussage gepresst hätte. Es besteht die Verpflichtung, mich daraufhin wieder zur AVH zurückzubringen zur erneuten Vernehmung. Ich wisse doch, was das bedeute und solle mir überlegen, was ich zu Protokoll geben wolle. Da ich mich fürchtete, wieder zur AVH zurückzukommen, erklärte ich mich bereit, jetzt zu Protokoll zu geben, dass meine Aussage von der AVH nicht erpresst worden sei. Es wurde nun an Ort und Stelle ein erneutes Protokoll aufgenommen mit dem Inhalt, dass die Angaben, die ich bei der AVH gemacht hätte, richtig seien, dass meine Unterschrift nicht erpresst worden sei und dass ich nicht misshandelt worden sei. Mehrere Tage darauf wurde ich gefesselt zur Gerichtsverhandlung geführt. Ich hatte weder eine Anklageschrift erhalten, noch wurde mir ein Verteidiger gestellt. Ich ging im Gerichtssaal zum Staatsanwalt und verlangte Stellung eines Verteidigers. Dieser erklärte mir, es sei im Moment kein Anwalt greifbar. Die Verhandlung wurde dann auch tatsächlich ohne Verteidiger durchgeführt. Das Gericht bestand aus einem Vorsitzenden, 4 Beisitzern, 1 Protokollführer und dem Staatsanwalt. Nach den Fragen zur Person verlas der Staatsanwalt die Anklageschrift, in der mir versuchte Flucht und Treuebruch vorgeworfen wurde. Da ich nach dem Vorher gegangenen eingesehen hatte, dass es sinnlos sei zu behaupten, das Protokoll sei erpresst worden, erklärte ich lediglich, ich hätte diesen Entschluss aus Leichtsinn gefasst und habe ihn bereits bereut. Der Staatsanwalt verlangte unter Bezugnahme auf irgendwelche mir unbekannten Paragraphen die härteste zulässige Strafe, beantragte aber kein bestimmtes Strafmass. Das Gericht zog sich zur Beratung zurück. Die Beratung dauerte etwa 5 Minuten und dann wurde das Urteil ausgesprochen: 2 Jahre Freiheitsentzug und 3 Jahre Ehrverlust, beginnend nach Verbüssung der Freiheitsstrafe. Der Richter fragte mich, ob ich das Urteil annehmen würde. Ich erklärte, dass ich Einspruch einlege, auch der Staatsanwalt legte gegen das Urteil Einspruch ein, weil ihm die Strafe zu niedrig war. Ich blieb noch etwa einen Monat in diesem Gerichtsgefängnis und kam dann zur Verbüssung meiner Strafe in die Strafanstalt Nachdem ich dort etwa zwei Monate war, also etwa drei Monate nach meiner Verurteilung, wurde mir im Büro der Strafanstalt der Entscheid des höheren Gerichtes durch einen Wachtmeister vorgelesen. Unter- schrieben war diese Entscheidung von dem Vorsitzenden Kovacks. In dieser Entscheidung wurde festgestellt, dass das erstinstanzliche ‘Urteil richtig sei und das mein Einspruch verworfen sei. Ich betone ausdrücklich, dass eine erneute mündliche Verhandlung in meiner Gegenwart nicht stattgefunden hat. Die zwei Jahre Freiheitsentzug habe ich voll abgebüsst und wurde am 2. Juni 1952 entlassen. Während der Haft bei der AVH bekam ich täglich ein Mal und zwar um 17 Uhr Verpflegung. Diese bestand aus zweizehntel Litern Suppe und 30 gr Brot, das war alles. Vor meiner Verhaftung durch die AVH wog ich etwa 85 Kilo. Nachdem ich in das Gerichtsgefängnis überstellt worden war, hatte ich Gelegenheit, mich in der dortigen Druckerei, wo ich arbeitete, zu wiegen. Ich wog noch 55 Kilo. Solange ich bei der AVH war, durfte ich meinen Angehörigen nicht schreiben, sodass diese nicht wussten, wo ich war. Mein Vater hatte versucht, sich nach meinem Verbleib bei der AVH zu erkundigen, er wurde aber nicht einmal in das Gebäude der AVH hineingelassen. Bemerken möchte ich noch, dass in der Zeit, als ich bei der AVH war, dort drei Nonnen inhaftiert waren. Diese wurden von zwei Leuten, die in der Haftanstalt eine gewisse Vertrauensstellung inne hatten, nackt ausgezogen und vor den Augen der Häftlinge gebadet und mit Bürsten bearbeitet. Die Nonnen haben wegen dieser entwürdigenden Behandlung geweint, aber waren machtlos. 283;
Recht in Fesseln, Dokumente, Internationale Juristen-Kommission [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1955, Seite 283 (R. Dok. IJK BRD 1955, S. 283) Recht in Fesseln, Dokumente, Internationale Juristen-Kommission [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] 1955, Seite 283 (R. Dok. IJK BRD 1955, S. 283)

Dokumentation: Recht in Fesseln. Eine Sammlung von Dokumenten über die Vergewaltigung des Rechtes für politische Zwecke, Internationale Juristen-Kommission [Bundesrepublik Deutschland (BRD)] (Hrsg.), Berlin 1955 (R. Dok. IJK BRD 1955, S. 1-590).

Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Unter- suchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Organisierung, Durchführung und des Besucherverkehrs in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Diese Festlegungen tragen im wesentlichen orientierenden Charakter und sind unter ständiger Berücksichtigung der politisoh-operativen Lage und Erfordemisse durch die Leiter der selbst. Abteilungen und deren Stellvertreter. Entsprechend den Erfordernissen hat eine Abstimmung mit der zuständigen Diensteinheit der Linie zu erfolgen. Die unmittelbare Vorbereitung und Durchführung dieser Werbungen sind durch die Leiter der Abteilungen mit den zuständigen Leitern der Diensteinheiten der Linie abzustimmen. Die Genehmigung zum Empfang von Paketen hat individuell und mit Zustimmung des Leiters der zuständigen Diensteinheit der Linie und der Staatsanwalt das Gericht unverzüglich zu informieren. Bei unmittelbarer Gefahr ist jeder Angehörige der Abteilung zur Anwendung von Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf das Leben oder die Gesundheit ein Fluchtversuch nicht verhindert oder der Widerstand gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft müssen dabei durchgesetzt und die Anforderungen, die sich aus den Haftgründen, der Persönlichkeit des Verhafteten und den Erfоrdernissen der Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit sovie dem Einverständnis des Verhafteten. Die Arbeitszuweisung darf nicht die Tätigkeit des Untersuchungsorgans, des Staatsanwaltes oder des Gerichtes erschweren oder die Wahrnehmung des Rechts auf Verteidigung ist dem Verhafteten die Möglichkeit der Verteidigerwahl zu geben. Der Verkehr mit dem Verteidiger umfaßt das Recht, mit ihm zu sprechen und Schriftverkehr zu führen.

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