Provisorische Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1949-1950, Dokument 420

Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 420 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 420); bis 1945 dachten, wenn wir uns alles vergegenwärtigten, was damals zwischen Weichsel und Wolga geschehen ist, so haben wir vor fünf Jahren diese Wendung der Dinge nicht zu erwarten gewagt, und als wir sie sahen, sträubten wir uns gegen die Erkenntnis. Aber wer Ohren hat, zu hören, und Augen hat, zu sehen, der muß heute wissen, daß die Sowjetunion uns in voller Freundschaftsbereitschaft die Hand entgegengestreckt hat. Wir wissen, daß das nicht nur von einer weitschauenden Staatspolitik gilt, die ja unter den veränderten Verhältnissen auch vielleicht einmal eine andere sein könnte, sondern daß diese sowjetische Politik von der Stimmung ihres ganzen Volkes getragen wird. Wer von uns Gelegenheit gehabt hat, in Rußland zu reisen, wer mit Vertretern der Intelligenz, mit Bäuerinnen in den Kolchosen oder mit Arbeitern in den Fabriken gesprochen hat, wird erstaunt und beschämt darüber gewesen sein, wie sehr man sich bemüht, alles Geschehene zu vergessen, und gewillt ist, mit uns in Freundschaft zu leben. Unter solchen Umständen war die Wahl für unsere Regierung nicht schwer, wo sie Anlehnung zu suchen hätte. Aber hat sie überhaupt eine Wahl nötig gehabt? Die Freundschaft mit der Sowjetunion ist älter als die Deutsche Demokratische Republik. Die Republik entstand am 7. 10. 1949, als in diesem Saal der Deutsche Volksrat sich in die Volkskammer umwandelte, als wir die Verfassung annahmen und die Republik proklamierten. Aber das war nur formal die Entstehung, obwohl es ein historischer Tag war. Materiell aber lagen die Dinge doch so, daß dies nur geschehen konnte, weil unsere Besatzungsmacht mit der Wandlung der Dinge einverstanden war und weil sie uns als Patengeschenk die Verwaltungshoheit in die Wiege hineinlegte, die sie bis dahin innegehabt hatte. Das ist die Situation, aus der heraus die Deutsche Demokratische Republik entstand. Das Gesetz, nach dem wir angetreten, bindet uns. Die Deutsche Demokratische Republik kann den Weg zu Freiheit, Wohlstand und Kulturentwicklung nur Hand in Hand mit der Sowjetunion gehen. Die Regierung handelte richtig, wenn sie keinen Augenblick schwankte oder zögerte, diesen Weg zu gehen. Mit der Sicherung der Beziehungen zur Sowjetunion war es aber nicht getan. Wir brauchen weltweite Beziehungen, und es war notwendig, auch mit anderen Völkern nicht nur in diplomatische, sondern auch in wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu treten. Es ist uns gelungen, mit Polen, mit der Tschechoslowakei und mit Ungarn Abkommen zu treffen, die die politischen Beziehungen, die durch Hitler für alle Zeiten vergällt schienen, entgiften werden, die den wirtschaftlichen Austausch von Waren ermöglichen sollen und die deutscher Kunst und Wissenschaft ein altes, verlorengegangenes Ausstrahlungsgebiet neu gewinnen, wie auch wir uns bereichern wollen durch Übernahme alles dessen, was von den Kulturerrungenschaften des Ostens deutscher Art gemäß ist. .'Wir freuen uns von Herzen, daß über die bitteren Erinnerungen jüngst vergangener Geschichte hinweg mit. der Tschechoslowakei und mit Ungarn freundnachbarliche Beziehungen wieder gesichert sind. Ganz besonders gilt dies für unser Verhältnis zu Polen. Wohl kein Land hat unter dem faschistischen Regime so schwer gelitten wie Polen, und deshalb schien es am schwersten, mit ihm zum wahren, dauernden Frieden zu kommen, ganz besonders auch deswegen, weil zwischen Polen und uns Jahrhunderte hindurch strittige Grenzfragen bestanden haben. Das Abkommen mit Polen hat die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als der Friedensgrenze zur Grundlage. Ich habe für die Fraktion der Liberal-Demokratischen Partei zu erklären, daß die Partei die Entschließungen der Regierung auch auf diesem Gebiete billigt. Die Regierung hat das historisch notwendig Gewordene rechtzeitig getan. Ich zweifle nicht daran, daß das das Urteil der Geschichte sein wird. Die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Friedensgrenze wird vielen ehrlichen Deutschen, deren Eltern auf Friedhöfen des Ostens ruhen, nicht leicht, und manche unehrlichen Leute in Deutschland und im Ausland haben dies zu einem willkommenen Anlaß für eine Hetze gegen die Sowjetunion, eine Hetze gegen Polen und eine Hetze gegen die Deutsche Demokratische Republik genommen. Deshalb muß ich hierauf, auch auf die Gefahr hin, schon Gesagtes zu wiederholen, noch ausführlicher eingehen. Die Deutsche Demokratische Republik hat und das muß jeder wissen, der hören kann keinen Quadratkilometer von Deutschen bewohnten Landes aufgegeben. Daß Breslau und Stettin keine deutschen Städte mehr sind, hat nicht die Deutsche Demokratische Republik zu verantworten, sondern Hitler und seine Leute. Aus diesen Kreisen aber gerade kommt die Hetze nach dem bewährten Grundsatz „Haltet den Dieb!". Wir fanden eine vollzogene Tatsache vor. Infolgedessen stand gar nicht die Frage zur Entscheidung, o:b deutsches Land aufzugeben sei. Niemals hätte die Deutsche Demokratische Republik, hätte die Volkskammer, hätte die Regierung sich dazu verstanden. Sondern die Frage stand so, ob die Deutsche Demokratische Republik sich die Eroberung polnisch besiedelten Landes zum Ziel setzen sollte. Die Frage so stellen heißt sie verneinen! Das ist den Deutschen im Westen bekannt oder mußte ihnen bekannt sein! Wie können sie sich da der Berechtigung unseres Standpunktes verschließen? Ich nehme an, daß der Einfluß der nicht akklimatisierten Umsiedler auf den Westen und manche Bemühungen im Westen, die lästigen „Fremden" loszuwerden, noch von sachverständigerer Seite besprochen werden. Ich will nur auf die unbegreifliche Propaganda der Westmächte eingehen. Sie tun so, als ob sie ganz vergessen hätten, daß sie die Evakuierung des Ostens von deutschen Menschen selbst beschlossen und an der gewaltigen Transportarbeit teilgenommen haben. Haben sie damals etwa beabsichtigt, ein paar Jahre später zur Abwechselung die nachgerückten polnischen Siedler zu evakuieren und wieder „reinen Tisch zu machen”, um das schon zitierte Wort zu wiederholen? Haben sie beabsichtigt, dann die deutschen Umsiedler noch einmal über Hunderte von Kilometern ostwärts zu transportie-tieren? So kann man vielleicht Schach spielen, aber nicht mit Menschenleben umgehen! (Beifall) Noch eine zweite Frage an den Westen: Halten die Engländer und die Amerikaner, halten die in der Verantwortung befindlichen Deutschen das, was dort jetzt als Ziel hingestellt wird, für durchführbar? Ich denke zu hoch von ihrer Intelligenz, als daß ich ihnen eine so utopische Fehleinschätzung der Situation Zutrauen könnte! Wenn ich damit Recht habe, dann ist es unverantwortlich, wenn sie versuchen, aus einer vollzogenen Tatsache ein schwebendes Problem zu machen, ja, es ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, weil dies politische Schachspielen in Hunderttausenden von Unglücklichen Hoffnungen erregt, die niemals verwirklicht werden können. Unsere Regierung und unsere Besatzungsmacht sind bessere Freunde der Umsiedler, wenn sie ihnen über die Endgültigkeit ihrer Lage keinen Zweifel lassen. (Beifall) Präsident Dieckmann: Das Wort hat nunmehr Herr Abgeordneter Ernst Walter Beer für die Fraktion der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands. 402;
Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 420 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 420) Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 420 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 420)

Dokumentation: Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), Dokumente 1949-1950. Protokolle der Sitzungen 1 bis 21 der Provisorischen Volkskammer der DDR vom 7.10.1949-27.9.1950, Seite 1-548. Sammel-Drucksachen der Provisorischen Volkskammer der DDR (Anfragen, Gesetzesvorlagen und Anträge) Nummer 1-150, Seite 1-241. Inhaltsverzeichnis, Stichwortverzeichnis, Rednerverzeichnis (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 1-858).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der Aufklärung und Bekämpfung der Kriminalität insgesaunt, die zielstrebige Unterstützung der politisch-operativen Arbeit anderer Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , insbesondere im Rahmen des Klärungsprozesses Wer ist wer?, insbesondere in Zielgruppen des Gegners und Schwerpunktbereichen. Der zielgerichtete Einsatz der und anderer Kräf- te, Mittel und Methoden Staatssicherheit zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspiration und ihrer Person erfolgen? Bei den Maßnahmen zur Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspirierung und ihrer Person ist stets zu beachten, daß diese Verbindungen in der Regel einer konzentrierten Bearbeitung und Kontrolle durch die feindlichen Geheimdienste und Abwehrorgane unterliegen. Es ist deshalb zu sichern, daß die zielstrebig zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge genutzt angewandt und in diesen Prozeß eingeordnet wird. Ausgehend von der Analyse der operativ bedeutsamen Anhaltspunkte zu Personen und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die G-rößenordnur. der Systeme im einzelnen spielen verschiedene Bedingungen eine Rolle. So zum Beispiel die Größe und Bedeutung des speziellen Sicherungsbereiches, die politisch-operativen Schwerpunkte, die Kompliziertheit der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben ist auf Weisung des Leiters der Abteilung das Transport- und Prozeßkommando zeitweilig durch befähigte Angehörige der Abteilung zu verstärken.

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