Provisorische Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik 1949-1950, Dokument 279

Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 279 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 279); I Aber es ist nicht nur die Justiz, die sich selbst durch das Kieler und Neumünsterer Urteil schuldig gesprochen hat. Wir haben es erlebt, daß die Bundesregierung sich schützend vor Paulick gestellt hat, daß sie jede Kritik an seinem Urteil mit Entrüstung zurückweist. Wir haben es erlebt, wie der Justizminister von Nordrhein-Westfalen, Herr Straeter, gedroht hat, Kritik an richterlichen Urteilen mit der Gewalt des Strafgesetzbuches zu verfolgen. Er hat sich gewandt gegen die Kritik des skandalösen Urteils im Prozeß Kaufmann, eines Gestapo-Henkers, unter dessen Mitwirkung 17 Antifaschisten zum Tode verurteilt und hingerichtet worden sind und 250 Jahre Zuchthaus verhängt worden sind, dem 17 Aussageerpressungen nachgewiesen worden sind und der dafür mit lVa Jahren bestraft worden ist. Die Kritik an diesem Urteil wird von Herrn Justizminister Straeter mit den Mitteln des Strafgesetzbuchs bedroht. Und zur selben Zeit stellt sich die Bonner Bundesregierung schützend vor ihren Richter Paulick. Wir wissen eins: Der Staat "ist nicht dazu da, dem Richter seine richterliche Unabhängigkeit zu garantieren. Wohl aber ist der Richter dazu da, die Interessen und das Wohl des Staates zu schützen. Der Richter hat nicht nur einen Beruf zu erfüllen, sondern sein Amt stellt eine Berufung dar, eine Berufung zum Schutz des Staates und zum Schutz seiner Einrichtungen. Es genügt für das Amt eines Richters nicht, daß man Paragraphen lernt und versucht, sie anzuwenden. Der Richter muß sich bewußt sein, daß er in das politische Leben des Staates hineingestellt ist, daß ihm der Staat den Schutz anvertraut, auf den das Volk in einem demokratischen Staat Anspruch hat, und er ist nicht fähig, sein Amt weiter auszuüben, wenn er sich nicht würdig erweist, diesen Schutz auch auszuführen. Deswegen begrüßen wir es, wenn die Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik die Unabhängigkeit der Richter nur insoweit gewährleistet, als die Richter sich ihrer Aufgabe, dem Staat zu dienen, bewußt bleiben; denn über der Stellung des Richters stehen das Wohl des Staates und die Interessen des ganzen Volkes. Wir wissen, daß man nunmehr in Westdeutschland ein Gesetz plant, durch das in Erinnerung an das Republikschutzgesetz der Schutz des Staates unter gerichtliche Strafe gestellt werden soll. Nun, wir haben es nicht nur einmal erlebt, wohin der Weg eines solchen Gesetzes führt. Wir wissen, daß Gesetze allein nicht genügen, den Bestand des Staates zu gewährleisten. Sie genügen um so weniger dann, wenn ihre Durchführung einem Paulick und den 80 % ehemaliger Nationalsozialisten anvertraut ist. Wir wissen, daß der Schutz des Staates und die Wahrung seiner Interessen nur gewährleistet sind, wenn die breiten demokratischen Schichten des Volkes sich einmütig zum Schutz ihres Staates, zum Schutz der Demokratie zusammenschließen. Deswegen genügt ein Gesetz nicht, sondern es ist erforderlich die breite Front aller demokratisch Denkenden, aller derjenigen, denen der Schutz eines demokratischen Staates am Herzen liegt. Meine Damen und Herren! Wir haben heute den 22. Februar. Es jährt sich heute der Tag, an dem vor sieben Jahren jugendliche Widerstandskämpfer gegen den Faschismus in München, die Geschwister Scholl, ihr Haupt auf das Blutgerüst der Freislerschen Justiz legen mußten. Dieser Tag gibt uns Anlaß zur Besinnung; dieser Tag mahnt uns, das Vermächtnis, das diese jungen Freiheitskämpfer uns hinterlassen haben, zu erfüllen. Wir sehen in der Entwicklung in Westdeutschland, daß unsere Aufgabe nicht abgeschlossen ist. Wir sehen in der Entwicklung des westdeutschen Staates und insbesondere seiner Justiz, daß wir noch zu kämpfen haben, bis der Gedanke, für den diese jungen Menschen in den Tod gegangen sind, Leben und Wirklichkeit in ganz Deutschland wird. Wenn wir uns daher heute gegen dieses Urteil von Neumünster wenden, dann tun wir das in dem Bewußtsein, daß hier das ganze deutsche Volk angesprochen wird. Wir wissen, daß der Weg zum Faschismus der Weg in den Krieg ist. Wir wissen, daß der neue Faschismus, der sich in Westdeutschland aus alten und aus neuen Faschisten entwickelt, wieder zum Krieg führen muß. Derjenige, der den Weg in den Krieg vermeiden will, der sich dagegen auflehnen will, muß sich gegen die Entwicklung auflehnen, die in Westdeutschland durch das Schandurteil von Neumünster gekennzeichnet wird. Das deutsche Volk muß einig und geschlossen in einer Nationalen Front zusammenstehen gegen die Hedler, gegen die Paulick und gegen alle jene Kräfte, die hinter ihnen stehen und die sich jetzt schützend vor sie stellen. Das deutsche Volk wird nur so den Weg zu der freiheitlichen deutschen Demokratie erkämpfen können, zu einer Demokratie, die allein den Frieden für Deutschland und für die Welt gewährleistet. (Beifall) Präsident Dieckmann: Von den vorhin bekanntgegebenen Wortmeldungen ist die Mehrzahl zurückgezogen worden. Auf eine Aussprache oder darauf, das Wort zu nehmen, haben verzichtet: Herr Abg. Dr. Liebler für die Fraktion der LDP, Frau Abg. Benjamin für die Fraktion der SED und Herr Abg. Dr. Rühle für die Fraktion der NDPD. Aufrechterhalten worden ist die Wortmeldung des Herrn Abg. Paul Graeber von der Sozialdemokratischen Fraktion, dem ich nunmehr das Wort gebe. Eine weitere Wortmeldung liegt inzwischen von dem Abg. Schlimme (FDGB) vor. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Paul Graeber. Abg. Graeber (Sozialdem. Frakt.): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit wachsender Besorgnis sehen wi£ oppositionellen Sozialdemokraten von der Sozialdemokratischen Fraktion und unsere Freunde, die Sozialdemokratische Aktion in Westdeutschland, die Entwicklung, die das Justizwesen in Westdeutschland nimmt. Wenn ein SS-Sturmbann-führer namens Wirsing in München im Entnazifizierungsverfahren lediglich als Mitläufer eingestuft wird und mit 500 Mark Strafe davonkommt, so ist das eine Schandentscheidung, mit der sich kein anständiger Mensch identifizieren kann. Wenn es in München heute möglich ist, daß ein Feitenhansl im Zirkus Krone eine Versammlung einberuft, um wieder von frischem den Faschismus aufziehen zu können, so können wir nur sagen: hinweg mit diesen Leuten! Betrachten wir die Schändung der jüdischen Friedhöfe in der letzten Zeit, auch hier in der Großen Hamburger Straße, wo das Grab des großen Komponisten Mendelssohn liegt, daß auch dort wieder ein neues Attentat verübt worden ist, dann müssen wir zu der Erkenntnis kommen: Bis hierher und nicht weiter! (Sehr richtig!) Wenn wir heute sehen, daß sich ein deutscher Richter bereit findet, diesen Provokateur namens Hedler freizusprechen, so betrachten wir das nicht etwa als einen Karnevalsscherz, sondern wir sehen dahinter einen blutigen Emst. Und wenn wir hören, daß einzelne Gruppen diesen Freigesprochenen mit dem Ruf „Heil Hedler!“ empfingen, dann ist es nicht mehr sehr weit von „Heil Hedler!“ zu „Heil Hitler!" Mitschuldig machen würden wir uns, wenn wir etwa Toleranz gegen solches Treiben üben würden. Wir alle 265;
Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 279 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 279) Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949-1950, Dokument 279 (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 279)

Dokumentation: Provisorische Volkskammer (VK) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), Dokumente 1949-1950. Protokolle der Sitzungen 1 bis 21 der Provisorischen Volkskammer der DDR vom 7.10.1949-27.9.1950, Seite 1-548. Sammel-Drucksachen der Provisorischen Volkskammer der DDR (Anfragen, Gesetzesvorlagen und Anträge) Nummer 1-150, Seite 1-241. Inhaltsverzeichnis, Stichwortverzeichnis, Rednerverzeichnis (Prov. VK DDR 1949-1950, Dok. 1-858).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. In der Richtlinie des Genossen Minister sind die höheren Maßstäbe an die Planung der politisch-operativen Arbeit gedankliche Vorbereitung und das vorausschauende Treffen von Entscheidungen über die konkreten politisch-operativen Ziele, Aufgaben und Maßnahmen im jeweiligen Verantwortungsbereich, den Einsatz der operativen Kräfte und Mittel im Verteidigungszustand die Entfaltung der Führungs- und Organisationsstruktur im Verteidigungszustand und die Herstellung der Arbeitsbereitschaft der operativen Ausweichführungsstellen die personelle und materielle Ergänzung Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten bestimmt. Grundlage der Planung und Organisation der Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten sind die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit. Die Mobilmachung wird durch den Vorsitzenden des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik angeordnet. Auf der Grundlage der Anordnung über die Mobilmachung der Deutschen Demokratischen Republik Geheime Verschlußsache öStU. StrafProzeßordnung der Deutschen Demo gratis chen Republik Strafvollzugs- und iedereingliederun : Strafvöllzugsordnung Teil Innern: vom. iSgesetzih, der Passung. des. Ministers des. Richtlinie des Ministers für Staatssicherheit über die operative Personenkont rolle Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Anweisung des Generalstaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung, der Untersuchungshaftanstalten beeinträchtigen, hat der Leiter deAbteilung seine Bedenken dem Weiiyvaf sungserteilenden vorzutragen.

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