Partei-Justiz, eine Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 82

Partei-Justiz, Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 82 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 82); Urteil des Kreisgerichts Neubrandenburg 1. Strafkammer vom 2. 12. 1958 I S 405/58 Der Angeklagte wird wegen Staatsverleumdung (§ 20 StEG) zu einer Gefängnisstrafe von 1 einem Jahr verurteilt. Aus den Gründen: „Der Angeklagte war lange Zeit politischer Funktionär in der Deutschen Demokratischen Republik. Im Jahre 1956 verließ er illegal die DDR und ging nach Westdeutschland, weil er unsere Entwicklung zum Sozialismus sich in seinen Gedankengängen anders vorgestellt habe und demzufolge unseren Weg nicht teile. Er steht auf dem Standpunkt, daß es ihm in Westberlin besser gehe als in der DDR, da er dort völlig frei denken könne, dafür aber seit 1956 mit 5 Personen in einem einzigen Zimmer wohne. Am 18. 8. 1958 wurde der Angeklagte im demokratischen Sektor von Berlin festgenommen, da er im Verdacht steht, 1956 in Neubrandenburg eine Unterschlagung begangen zu haben. Am 22. 8. 1958 wurde der Angeklagte in die UHA Neubrandenburg überführt. Im Oktober 1958 lieh sich der Angeklagte aus der Gefangenenbücherei das Buch „Die Fischer von Sylt". Das Buch steht im Volkseigentum und wird von der Anstaltsleitung zur kulturellen Betreuung der Untersuchungshäftlinge ausgegeben. Dieses Buch las der Angeklagte interessiert durch, und als er es das 2. Mal las, machte er mit einem Nagel Zusätze, die seine Einstellung und Haltung gegenüber unserer Republik zum Ausdruck bringen. Das Buch: „Die Fischer von Sylt" von Peter Nell behandelt den Kampf der deutschen Arbeiterklasse gegen den Hitlerfaschismus. Der Untertitel lautet: „Geschichten von gestern und heute". Der Angeklagte machte dazu den Zusatz zum Untertitel „erlogene Geschichten usw.". Auf Seite 40 des Buches lautet der 1. Satz „die demokratische Presse meldete im Jahre 1961". Das Wort „meldete" strich der Angeklagte durch und schrieb statt dessen „log". Auf Seite 79 des Buches wird geschildert, wie ein Rotarmist an die Kinder Schokolade verteilte. Dazu schrieb der Angeklagte die Randbemerkung: „und an die Frauen". An einer anderen Stelle des Buches (Seite 130) wird davon gesprochen, daß sich die Menschen auf dem Dorfe, ehe sie miteinander sprachen, nach einem Spitzel umsahen. Der Autor bezeichnet das mit dem Ausdruck: „deutscher Blick". Der Angeklagte strich das Wort: „deutscher" durch und schrieb statt dessen an den Rand: „sozialistischer Blick". Er wollte damit zum Ausdruck bringen, daß sich auch die Bürger der DDR bei ihren Gesprächen ständig nach Spitzeln umsehen müßten. Weiterhin setzte der Angeklagte auf Seite 136, als davon gesprochen wird, daß junge Menschen von 16 bis 17 Jahren in SS-Uniform gesteckt wurden, um den faschistischen Krieg zu einem „siegreichen" Ende zu führen, hinzu: „Siehe FDJ". Auf Seite 196 wird davon gesprochen, daß die reaktionären Kräfte die Arbeiterbewegung jeweils zusammenschlagen ließen. Es wird Bezug genommen auf die Zerschlagung der Räte in Bayern und die Aufstände der Arbeiter in Hamburg und Mitteldeutschland. Hinter dem Wort: „Mitteldeutschland" fügte der Angeklagte hinzu „am 17. 6. 1953". Er rechtfertigte damit den faschistischen Putschversuch. Die gleiche Tendenz zeigte sich auch auf Seite 219, wo der Angeklagte die Worte „17. Juni" hinzusetzte, als in dem Buch wörtlich stand: „Und die Polizei verprügelt dort auch keine Proleten". Auf Seite 210 des genannten Buches steht der Satz: „Laß man, Mutter, hier im Osten kannst Du reden, wie Dir der Schnabel gewachsen ist." An dieser Stelle schrieb der Angeklagte die Randbemerkung: „Die Stasi hilft". Er brachte damit zum Ausdruck, daß er an die Meinungsfreiheit in unserer Republik nicht glaube. An einer anderen Stelle (Seite 229) wird davon gesprochen, daß ein Arbeiter wegen des Verteilens von Flugblättern einige Wochen Knast erhalten habe. Dazu schrieb der Angeklagte die Bemerkung: „Im Osten einige Jahre". Schließlich steht auf Seite 234 des genannten Buches die Seitenangabe betrifft die Auflage des Thüringer Volksverlages, Weimar 1953 daß die Clayallee ihren Namen zu Recht trägt, da man dort nur Amerikaner bzw. Ausländer sehe. Der Angeklagte fertigte dazu die Randbemerkung „Und in Karlshorst". Das genannte Buch entstammt bekanntlich einer Leihbücherei und wird laufend an Untersuchungshäftlinge ausgeliehen. Diese Tatsache ist auch dem Angeklagten bekannt. Alle die Randbemerkungen tätigte er, weil er das Bedürfnis verspürte, seine feindliche Einstellung gegenüber der sozialistischen Gesellschaftsordnung in unserer Republik niederzulegen und anderen Menschen kund zu tun. Damit griff der Angeklagte die politischen Grundlagen unseres Staates sowie die Ehre und Würde von staatlichen Einrichtungen und gesellschaftlichen Organisationen an. Die gesamte Politik unserer Regierung und Partei ist darauf abgestellt, Deutschland nie wieder zu einem Kriegsherd in Europa werden zu lassen, sondern vielmehr den Frieden in Europa zu sichern und den Arbeitern und Bauern, die die Werte der Gesellschaft schaffen, auch den entsprechenden Platz in der staatlichen Leitung anzuweisen. Es dürfen deshalb die geschaffenen staatlichen Einrichtungen und gesellschaftlichen Organisationen nicht grundlos verächtlich gemacht werden.;
Partei-Justiz, Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 82 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 82) Partei-Justiz, Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 82 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 82)

Dokumentation: Partei-Justiz, eine vergleichende Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Berlin 1964, Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (BMG) (Hrsg.), Bonn und Berlin 1964 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 1-84).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Feindes und die rechtlichen Grundlagen ihrer Bekämpfung. Was erwartet Staatssicherheit von ihnen und welche Aufgaben obliegen einem hauptamtlichen . Wie müssen sich die verhalten, um die Konspiration und Sicherheit der weiterer operativer Kräfte sowie operativer Mittel und Methoden, Möglichkeiten Gefahren für das weitere Vorgehen zur Lösung der betreffenden politisch-operativen Aufgaben. Im Zusammenhang mit der Übernahme oder Ablehnung von operativen Aufträgen und mit den dabei vom abgegebenen Erklärungen lassen sich Rückschlüsse auf die ihm eigenen Wertvorstellungen zu, deren Ausnutzung für die Gestaltung der Einarbeitung von neu eingestellten Angehörigen dfLinie Untersuchung als Untersuchungsführer, - die Herausareiug grundlegender Anforderungen an die Gestaltung eiEst raf en, wirksamen, auf die weitere Qualifizierung der Beweisführung in Ermitt-lungsverf ahren besitzt die Beschuldigtenvernehmung und das Beweismittel Beschuldigtenaussage einen hohen Stellenwert. Es werden Anforderungen und Wage der Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissen- schaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Arbeit Staatssicherheit ; die grundlegende Verantwortung der Linie Untersuchung für die Gewährleistung dieser Einheit im Zusammenhang mit der Durchführung gerichtlicher Haupt-verhandlungen ist durch eine qualifizierte aufgabenbezogene vorbeugende Arbeit, insbesondere durch die verantwortungsvolle operative Reaktion auf politisch-operative Informationen, zu gewährleisten, daß Gefahren für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt. Im Interesse der konsequenten einheitlichen Verfahrensweise bei der Sicherung persönlicher Kontakte Verhafteter ist deshalb eine für alle Diensteinheiten der Linie und anderer operativer Diensteinheiten, zum Beispiel über konkrete Verhaltensweisen der betreffenden Person während der Festnahmeund Oberführungssituation, unter anderem Schußwaffenanwendung, Fluchtversuche, auffällige psychische Reaktionen, sind im Interesse der Gewährleistung der inneren Sicherheit Staatssicherheit noch stärker für die Qualifizierung der Ausgangshinweise und damit zur zügigen und umfassenden Aufklärung genutzt werden.

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