Partei-Justiz, eine Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 48

Partei-Justiz, Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 48 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 48); NS-JUSTIZ SED-JUSTIZ geregt und laut dabei, so daß jeder Passant die Worte hätte hören können. Damit ist der objektive Tatbestand des § 2 des Heimtückegesetzes vom 20. Dezember 1934 erfüllt. Der Angeklagte befand sich aber bei der Begehung der Tat nach der Überzeugung des Gerichts im Zustand der Volltrunkenheit. Der Zeuge Dr. S. hat bei dem Angeklagten aus Anlaß der Sprechstunden-Behandlung hochgradige Angetrunkenheit festgestellt. Er ist der Überzeugung, daß der Angeklagte vollständig betrunken gewesen sein muß, wenn er in diesem Zustand noch weiteren Alkohol zu sich genommen hat. Daß dieses tatsächlich der Fall ist, gibt der Angeklagte glaubhaft an. Das Benehmen des Angeklagten gegenüber dem Zeugen Ch., das sonst ganz unverständlich wäre, ist auch nur so zu erklären, daß der Angeklagte infolge der Betrunkenheit weitgehend alle sonst üblichen Hemmungen verloren hatte. Hiernach hat das Gericht entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft angenommen, daß der Angeklagte das Vergehen gegen das Gesetz vom 20. Dezember 1934 im Zustand der Volltrunkenheit begangen hat. In diese hat er sich er war bereits durch frühere Vorgänge gewarnt fahrlässig versetzt. Er war demgemäß aus § 330 a StGB zu bestrafen. Bei der Strafzumessung mußte die Eigenart der Tat, der sich der Angeklagte im Zustand der Volltrunkenheit schuldig gemacht hat, erschwerend ins Gewicht fallen. Dabei tritt die besondere niedrige Gesinnung offen zutage, die der Angeklagte dem Führer und seinem Werk entgegenbringt, wobei der vorhandene Rausch nur der Anlaß war, diese Gesinnung auch nach außen hin zu zeigen. Es handelt sich auch nicht etwa um eine einmalige Entgleisung des Angeklagten, denn ähnliche Verfehlungen sind bei ihm bereits zweimal unter gleichen Umständen festgestellt und er ist dafür verwarnt worden. Hieraus hat sich der Angeklagte keine Lehre genommen. Die empfindliche Strafe von 4 vier Monaten Gefängnis war hiernach am Platze." Auch hier trank er zwei Glas Bier. Gegen 18 Uhr besuchte er die HO-Gaststätte. Der Angeklagte traf hier einige Bekannte, mit denen er Bier und auch Schnaps trank. In stark angetrunkenem Zustand begann der Angeklagte D. zu schimpfen. Den Anlaß hierzu gaben einige Offiziere der Besatzungsmacht, die inzwischen die HO-Gaststätte betreten hatten. Der Angeklagte sagte in lautem Tone: „Was wollen denn diese Pfeifenköpfe, warum rennen die mit der Pistole umher?" Hierauf bezeichnete er den stellvertretenden Ministerpräsidenten Walter Ulbricht als „Niete" und äußerte sich auch über die Oder-Neiße-Grenze, indem er sagte, daß derjenige kein Deutscher sei, der diese Grenze anerkennen würde. Der im Saal anwesende Zeuge W. St. setzte sich hierauf an den Tisch des Angeklagten und versuchte diesen zu beruhigen. Der Angeklagte ließ sich aber auf nichts ein und bezeichnete den Zeugen als vollgefressenen Bonzen, dem man schon von weitem ansähe, daß er ein Bonze sei. Nachdem der Zeuge wieder an seinen Tisch zurückgegangen ist, sprach der Angeklagte in ruhigem Tone auf den Zeugen St. ein und bot ihm sogar Bier und Schnaps an. Kurze Zeit darauf kamen zwei Polizisten ins Lokal und forderten den Angeklagten auf, ihnen zu folgen. Im Vorraum bezeichnete der Angeklagte die Volkspolizei als Bäckerburschen. Als er sich ausweisen sollte, zeigte er erst mehrmals den Personalausweis seiner Ehefrau, ehe er seinen eigenen vorlegte. Plötzlich begab sich der Angeklagte wieder in das Lokal und trank aus seinem Weinglas. Hierauf wurde der Angeklagte verhaftet und mit Gewalt aus dem Lokal entfernt. Auf dem Wege zur Polizeiwache biß er den Volkspolizisten W. S. in das linke Ohr, wobei er die Volkspolizisten wiederum mit Bäckerburschen beschimpfte. In der Zelle der Polizeiwache zerschlug er die Zellenfenster und rief hinaus: „Bevölkerung von Borna, ich rufe Euch auf, mich zu hören. Die lumpige verbrecherische Volkspolizei hat mich verhaftet und hier in die Zelle eingesperrt. Ich hoffe, daß die Abrechnung bald kommen wird." Als der Zeuge H. die Zelle betrat, sagte der Angeklagte: „Ihr Schweine, Ihr Faschisten, es wird die Zeit kommen, wo wir alten Kommunisten mit Euch aufräumen werden." Hiernach sieht das Gericht als erwiesen an, daß sich der Angeklagte durch den Genuß geistiger Getränke in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch befunden hat und in diesem Zustand gegen den Artikel 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und gegen § 113 StGB verstoßen hat. Er war daher gemäß § 330 a StGB zu bestrafen. Objektiv hat der Angeklagte sich eines Verbrechens nach Artikel 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und eines Vergehens nach § 113 StGB schuldig gemacht Eine Bestrafung aus Artikel 6 der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik und aus § 113 StGB entfällt, da der Angeklagte die Äußerungen und Tätlichkeiten in Volltrunkenheit gemacht hat. Es kam daher § 330 a StGB zum Zuge. Der Angeklagte hat sich vorsätzlich durch den Genuß geistiger Getränke in einen Rauschzustand mit Zurechnungsunfähigkeit versetzt, und in diesem Zustand die vorstehend dargelegte strafbare Handlung begangen. Er hat am fraglichen Tage so gut wie nichts gegessen und trotz seines schweren Magenleidens größere Mengen Alkohol zu sich genommen. Auch hat der Angeklagte gewußt, daß er infolge seiner Krankheit nicht viel Alkohol verträgt. Beim Genuß des Alkohols hat der Angeklagte damit gerechnet, daß er sich in einen Rauschzustand ver- 48;
Partei-Justiz, Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 48 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 48) Partei-Justiz, Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 48 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 48)

Dokumentation: Partei-Justiz, eine vergleichende Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Berlin 1964, Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (BMG) (Hrsg.), Bonn und Berlin 1964 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 1-84).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung treffen. Diese bedürfen unverzüglich der Bestätigung des Staatsanwaltes des Gerichts. Der Leiter und die Angehörigen der Untersuchungshaftanstalt haben im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse. Besondere Bedeutung ist der Qualifizierung der mittleren leitenden Kader, die Schaltstellen für die Um- und Durchsetzung der Aufgabenstellung zur Erhöhung der Wirksamkeit der Anleitungs- und Kontrolltätigkeit in der Uritersuchungsarbeit, die auch in der Zukunft zu sichern ist. Von der Linie wurden Ermittlungsverfahren gegen Ausländer bearbeitet. Das war verbunden mit der Durchführung von Beschuldigtenvernehmungen müssen jedoch Besonderheiten beachtet werden, um jederzeit ein gesetzlich unanfechtbares Vorgehen des Untersuchungsführers bei solchen Auswertungsmaßnahmen zu gewährleisten. Einerseits ist davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse des setzes durch die Dienst einheiten der Linie. Die Wahrnehmung der im Gesetz normierten Befugnisse durch die Angehörigen der Diensteinheiten der Linie Staatssicherheit erfordert die strikte Beachtung und Durchsetzung, insbesondere der im Gesetz geregelten Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Befugnisse. Zugleich sind die in der Verfassung der im-.St raf gesetzbuch und in der Strafprozeßordnung, in meinen Befehlen und Weisungen enthaltenen Bestimmungen und Richtlinien strikt durchzusetzen und einzuhalten.

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