Partei-Justiz, eine Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 42

Partei-Justiz, Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 42 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 42); NS-JUSTIZ SED-JUSTIZ Urteil des Sondergerichts I vom 19. März 1937 gegen den R. F. wegen Vergehens gegen § 2 des Gesetzes vom 20. Dezember 1934 „Der Angeklagte wird wegen Vergehens gegen § 2 des Heimtückegesetzes vom 20. Dezember 1934 zu 7 sieben Monaten Gefängnis und in die Kosten des Verfahrens verurteilt. Aus den Gründen: Am Sonntag, dem 11. Oktober 1936, ging der Angeklagte des Nachmittags mit dem ihm befreundeten Schuhmachermeister H., bei dem er schon öfter Karten gespielt hatte, spazieren und folgte gegen Abend seiner Einladung in den Brandenburger Hof in C. Dort aßen sie ein kräftiges Abendbrot und tranken Bier und Schnaps. Nach Eintritt der Polizeistunde um 1 Uhr suchten beide noch die Bierstube des K. in C. auf. Dort tranken sie drei Lagen Steinhäger, Sekt und etliche Glas Bier. Gegen 3 Uhr nachts trat auf einmal in dem Lokal eine Stille ein und alle schauten auf den Angeklagten, der, einen Fuß auf einen Stuhl stellend, in Rednerpose zu deklamieren angefangen hatte. Der erste Teil seiner in Versform gehaltenen Rede war in dem allgemeinen Stimmengewirr noch untergegangen und die anwesenden Gäste hörten noch einen Teil des Gedichts, das etwa folgenden Inhalt hatte: Alles Mögliche wird uns versprochen und nichts gehalten. Arbeit wurde uns versprochen, wir haben aber keine; Brot wurde uns versprochen, das Volk aber hungert; alles ist nur für die Großen da, die sich sattfressen; Autostraßen werden gebaut, das ist Luxus, sie sind nur für die Kapitalisten da und der Arbeiter verdient nichts; Wohnungen hat man uns versprochen für 15 RM, es gibt aber keine; bei der SA ist alles andere Nebensache, die Hauptsache, sie haben den Stern dran und gehen fein in Uniform spazieren. Den großen Herren wachsen die Sterne schon aus dem Nacken. Der Angeklagte hat sich hiernach des Vergehens gegen § 2 des Heimtückegesetzes schuldig gemacht. Die von dem Angeklagten in Gedichtform vorgebrachten Äußerungen sind gehässig und zeugen von niedriger Gesinnung. Sie dienen dazu, das Aufbauwerk des Führers und der Reichsregierung verächtlich zu machen und sind daher auch geeignet, das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben. Daß der Angeklagte sich auch dieser Bedeutung seiner Äußerungen bewußt gewesen ist, unterliegt keinem Zweifel. Für seine demnach vorsätzlich begangene Tat ist der Angeklagte auch verantwortlich. Er war noch nicht so betrunken, daß seine Zurechnungsfähigkeit im Sinne des § 51 Abs. 1 StGB schon ausgeschlossen war. Das Gericht hat jedoch wegen der großen Menge des von dem Angeklagten genossenen Alkohols und bei der ganzen Situation, aus der heraus der Angeklagte seine Rede gehalten hat, zugunsten des Angeklagten angenommen, daß seine Fähigkeit, das Unerlaubte seiner Handlungsweise einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln, infolge des Alkoholrausches schon erheblich vermindert war, zumal auch die Zeugen ihn für stark angetrunken gehalten haben. Diese erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten (§ 51 Abs. 2 StGB) ist bei der Strafzumessung weitgehend mildernd berücksichtigt worden. Aus all diesen Erwägungen erschien eine Gefängnisstrafe von 7 Monaten als die erforderliche, aber auch ausreichende Sühne." Urteil des Stadtgerichts von Groß-Berlin Strafsenat 1 a gegen den Wächter P. D. wegen Staatsverleumdung Verbrechen gern. § 131 StGB (101 a) La (Z) 163.55 (92.55) „Der Angeklagte P. D. wird wegen Staatsverleumdung zu einer Gefängnisstrafe von 2 zwei Jahren verurteilt. Aus den Gründen: Am 16. Juli 1955 führte der Angeklagte seinen Wachdienst bei den Bau-Objekten an der Kniprodestraße aus. Beim Rundgang gegen 4 Uhr morgens kam er an der Wächterbude des Wächters K. vorüber. In dem nun folgenden Gespräch begann der Angeklagte gegenüber dem K. die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und ihre Staatseinrichtung auf das gemeinste und übelste zu verleumden. So äußerte er, daß die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik nicht durch demokratische Wahlen hervorgegangen sei und daß die Arbeiter bei uns stärker ausgebeutet würden als in der Nazizeit. Weiterhin behauptete er, daß im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik die Werktätigen nichts zu essen bekämen und die Aktivisten an der Verschlechterung der Lebenslage schuld seien. Diese hetzerischen und staatsverleumderischen Äußerungen vernahmen die auf der Streife befindlichen Volkspolizeiangehörigen N. und der Zeuge G., die den Angeklagten daraufhin sofort zur Rede stellten und seine Festnahme veranlaßten. Danach ist als erwiesen anzusehen, daß sich der Angeklagte der Staatsverleumdung Verbrechen gern. § 131 StGB schuldig gemacht hat, weil er die vorgenannten gemeinen Äußerungen erdichtete und öffentlich behauptete, um dadurch die Staatseinrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik verächtlich zu machen. Die von dem Angeklagten gebrachten Verleumdungen sind solche, wie sie von dem Hetzsender RIAS tagtäglich verbreitet werden, in der Absicht, unseren Arbeiter-und-Bauern-Staat zu diffamieren. Das wollte auch der Angeklagte, der auch heute noch ein alter Faschist und ein Gegner unserer demokratischen Ordnung ist. Wegen der besonderen Gesellschaftsgefährlichkeit des Täters, seiner feindlichen Einstellung gegenüber unserem Staat und, weil der Angeklagte aus seiner faschistischen Vergangenheit bis zum heutigen Tag noch nicht die notwendigen Lehren gezogen hat, war es erforderlich, wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, auf die gesetzliche Höchststrafe von 2 Jahren Gefängnis zu erkennen.11 42;
Partei-Justiz, Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 42 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 42) Partei-Justiz, Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Seite 42 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 42)

Dokumentation: Partei-Justiz, eine vergleichende Dokumentation über den nationalsozialistischen und kommunistischen Rechtsmißbrauch in Deutschland 1933-1963, Zusammengestellt vom Untersuchungsausschuß freiheitlicher Juristen (UfJ) [Bundesrepublik Deutschland (BRD)], Berlin 1964, Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen (BMG) (Hrsg.), Bonn und Berlin 1964 (Part.-Just. Dtl. natsoz. komm. 1933-1963, S. 1-84).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft fester Bestandteil der gewachsenen Verantwortung der Linie Untersuchung für die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit bleiben wird. Im Zentrum der weiteren Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Kandidaten ableiten: Frstens müssen wir uns bei der Auswahl von Kandidaten vorrangig auf solche Personen orientieren, die sich aufgrund ihrer bisherigen inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit vom und der Vereinbarung über die Aufnahme einer hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit vom durch den Genossen heimhaltung aller im Zusammenhang mit der Aufnahme Verhafteter in den UntersuchungshaftVollzug, wie Aufnahmeverfähren durch die Diensteinheiten der Linie Erstvernehmung durch die Diensteinheiten der Linie ärztliche Aufnahmeuntersuchung, richterliche Vernehmung innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit grundsätzlich bis maximal am darauffolgenden Tag nach der Verhaftung zu realisieren, bedarf es einer konsequenten Abstimmung und Koordinierung der Maßnahmen aller beteiligten Diensteinheiten. Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung dazu aufforderte, ich durch Eingaben an staatliche Organe gegen das System zur Wehr zu setzen. Diese Äußerung wurde vom Prozeßgericht als relevantes Handeln im Sinne des Strafgesetzbuch noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. Entsprechende Beweise sind sorgfältig zu sichern. Das betrifft des weiteren auch solche Beweismittel, die über den Kontaktpartner, die Art und Weise der Benutzung der Sache, von der bei sachgemäßer Verwendung keine Gefahr ausgehen würde, unter den konkreten Umständen und Bedingungen ihrer Benutzung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gerichtet. Durch die Verwahrung einer Sache soll die von dieser ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgewehrt werden.

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