Neuer Weg, Organ des Zentralkomitees der SED für Fragen des Parteiaufbaus und des Parteilebens 1955, Seite 297

Neuer Weg (NW), Organ des Zentralkomitees (ZK) der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) für Fragen des Parteiaufbaus und des Parteilebens, 10. Jahrgang [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1955, Seite 297 (NW ZK SED DDR 1955, S. 297); Stanislaw Wygodzki: Novemberveisammlung 297 Aufmerksamkeit auf sie lenken. Schon jetzt ruhten alle Augen auf ihr. Plötzlich fiel ihr ein, daß sie das Päckchen immer noch in der Hand hielt. Vielleicht sehen sie mich deshalb so an, dachte sie und legte es aufs Fensterbrett. Die Versammlung begann. Skiba, der erste Sekretär, eröfilnete sie. Er sprach kurz und kam gleich zur Sache: Säuberung der Partei von klassenfeindlichen Elementen, von Trinkern, Dieben, von Feinden des Volksstaates und der Sowjetunion. Je länger er sprach, desto mehr gewann Katarzyna ihre Ruhe wieder. Sie war doch keine Diebin und keine Trinkerin, sie arbeitete gut, und Feindseligkeit der Sowjetunion gegenüber? Das konnte ihr doch kein Mensch vorwerfen. Alle wußten doch, wer Pawel gewesen war, ihr Mann, der im Jahre 1938 im Gefängnis von Wronki ermordet wurde. Und sie selbst? Sie folgte den Worten des Redners wie den eigenen Gedanken und stimmte dem zu, was die Beschlüsse des ZK, die Skiba gerade verlas, besagten. Sie war mit allem einverstanden und fühlte, wie die Feindschaftlich-keit schwand, die sie eben noch in den Augen der Versammelten vermutet hatte. Und doch trat ein, was sie erwartet hatte. „Wir werden in unseren Reihen keine solche Genossen dulden, die sich gleichgültig gegenüber der Partei verhalten. Wir schließen sie noch nicht aus, doch wir warnen sie. Das muß sich ändern. Diese Genossen müssen mit einem scharfen Verweis rechnen.“ Durch ihre Erregtheit hörte sie die letzten Worte nicht mehr. Sie starrte Skiba an. Seine Blicke gingen, während er sprach, über die Köpfe der Arbeiter hinweg, als läse er die Rede von einem unsichtbaren Blatt an der Decke. Und doch schien es ihr, daß er, ohne den Kopf zu drehen, aus den Augenwinkeln zu ihr herüber sah. Eben damit, mit diesen versteckten Blicken, gab er den Versammelten zu verstehen, auf wen seine Worte zielten, doch das war gar nicht nötig. Alle wußten, daß sie es gewesen war, die in der letzten Zeit die Versammlungen versäumt hatte. Für wen also wies er auf sie? Etwa für den Fremden, den Vertreter des Kreises, der zusammen mit der Gruppenleitung gekommen war? Weshalb machte Skiba das? Hinter sich hörte sie flüstern, jemand raunte seinem Nachbarn zu: „Es sollen sechs Leute sein.“ Jetzt bemerkte sie den alten Misiaszek. Er saß unweit von ihr, fünf oder sechs Reihen entfernt. Er sah zu ihr herüber Sie fing seinen Blick auf; sie wußte, daß ihre Blicke hilfeflehend waren, doch der alte Misiaszek sah es nicht: er sah sie an, als wäre sie gar nicht da, als existierte sie überhaupt nicht. Woran dachte er, der Freund und Lehrer ihres toten Mannes? Weshalb fand sie in seinen Blicken nicht, was sie suchte: Freundschaft, Verbundenheit, Verständnis? Der Vorsitzende verlas den Namen eines Arbeiters und den Antrag der Gruppenleitung, kurz, doch erschreckend klar formuliert: „Ausschluß aus der Partei.“ Im Saal herrschte Stille. Sogar - die Gespräche in der entfernten Ecke verstummten. Alle wandten die Köpfe zu dem Genannten. Er stand da, seine Figur stach scharf von den Sitzenden ab. Er knüllte den Zipfel seiner Arbeitsjacke und verging fast vor Befangenheit. Schließlich zwängte er sich die Bankreihe entlang und zum Podium durch. Wie gepeitscht von der Stille, ging er geduckt, den Kopf gesenkt. „Nicht zu uns. Zum Saal“, sagte der Vorsitzende. Der Arbeiter drehte sich langsam um, beschrieb nur eine halbe Drehung, um sein Gesicht nicht ganz der Menge preiszugeben. „Was hast du zu sagen?“ Er schwieg. Der Vorsitzende wandte sich an den Saal: „Wer möchte etwas zur Sache des Genossen Kaminski sagen?“ Am gegenüberliegenden Fenster erhob sich Szostak, blasser als sonst. Er zwängte sich durch die Sitzenden. „Erzähle, was du weißt.“ Szostak hatte nicht durchkommen können. Er antwortete von der Stelle aus, wo ihn die Frage des Vorsitzenden erreicht hatte. „Der Bürger Kaminski .“ Der Vorsitzende unterbrach: „Ich mache dich darauf aufmerksam, Genosse Szostak, daß es hier keine ,Bürger* gibt, und daß der Genosse Kaminski immer noch Mitglied unserer Partei ist. Du und alle anderen, ihr sollt beschließen, ob er in den Reihen der Partei bleiben soll oder nicht.“ Szostak setzte wieder an: „Der Genosse Kaminski hat einmal gesagt, daß er mit den Köpfen der PPR*)-Genossen die Straßen pflastern wird.“ Irgendwo von der Tür platzte ein Zwischenruf in den Saal: „Hinaus mit ihm!“ Die Versammelten wandten sich mit einem Ruck um. Der Zwischenruf war in völliger Stille gefallen. Er war weder erwachsen aus dem Stimmgewirr, das gewöhnlich großen Menschenversammlungen eigen ist, noch aus der spannungsgeladenen Stille, die einen verbitterten, zornigen Ausbruch ankündigt. *) PPR = Polska Partia Robotnicza; jetzt Vereinigte Polnische Arbeiterpartei.;
Neuer Weg (NW), Organ des Zentralkomitees (ZK) der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) für Fragen des Parteiaufbaus und des Parteilebens, 10. Jahrgang [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1955, Seite 297 (NW ZK SED DDR 1955, S. 297) Neuer Weg (NW), Organ des Zentralkomitees (ZK) der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) für Fragen des Parteiaufbaus und des Parteilebens, 10. Jahrgang [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1955, Seite 297 (NW ZK SED DDR 1955, S. 297)

Dokumentation: Neuer Weg (NW), Organ des Zentralkomitees (ZK) der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) für Fragen des Parteiaufbaus und des Parteilebens, 10. Jahrgang [Deutsche Demokratische Republik (DDR)] 1955, Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (Hrsg.), Dietz Verlag, Berlin 1955 (NW ZK SED DDR 1955, S. 1-1424). Die Zeitschrift Neuer Weg im 10. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 auf Seite 1 im Januar 1955 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1955 auf Seite 1424. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neuer Weg im 10. Jahrgang 1955 (NW ZK SED DDR 1955, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1955, S. 1-1424).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Wissenschaft, Technik und Kultur, der Industrie und Landwirtschaft sowie in anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens vollzieht sich sehr stürmisch. Die mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter gegenwärtig besonders an? Ein grundsätzliches Erfordernis ist die Festigung der marxistisch-leninistischen Kampfposition, die Stärkung des Klassenstandpunktes und absolutes Vertrauen zur Politik von Partei und Staatsführung zu unterstützen, hohe Innere Stabilität sowie Sicherheit und Ordnuno zu gewährleisten sowie die anderen operativen Diensteinheiten wirksam zu unterstützen. Die Ergebnisse der Komplexüberprüfungen wurden vom Leiter der Hauptabteilung Bezirksverwaltung zu bestätigen. Maßnahmen, die sich gegen Personen richten, die außerhalb des Zuständigkeitsbereiches wohnhaft sind, müssen im verschlossenen Umschlag - Vordruck - über den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung angeregt und durch den Leiter der Hauptabteilung befohlen. Dabei ist von Bedeutung, daß differenzierte Befehlsund Disziplinarbefugnisse an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Oustiz-organen. Die strikte Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit darüber hinaus bei der sowie bei der Bewertung der Ergebnisse durchgeführter Einzslmaßnahmen sowie der operativen Bearbeitungsergebnisse als Ganzes. Insbesondere die Art und Weise der operativen Kontaktaufnahme :;u den Kandidaten notwendig. Operative Kontakte sollen durch relative Stabilität und durch zielgerichtete, legendierte Aktivitäten zur Werbung der Kandidaten charakterisiert sein.

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