Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 502

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 502 (NJ DDR 1989, S. 502); 502 Neue Justiz 12/89' können und sollten m. E. nichts daran ändern, daß auch in Zukunft Rechtskonflikte auf den Gebieten des Straf-, Zivil-, Familien- und Arbeitsrechts evtl, ergänzt um das LPG- und Bodenrecht den Kern des Gegenstands der Rechtsprechung bilden.12 Wie bisher bereits erkennbar, sollten daher auch künftig Sachentscheidungskompetenzen der Gerichte in Verwaltungsangelegenheiten gemäß § 10 Abs. 2 GNV dann festgelegt werden, wenn diese Berührung zu den eben genannten Rechtsgebieten haben, auf denen ausschließlich die Gerichte in Fällen von Rechtsverletzungen und Rechtsstreitigkeiten entscheidungsbefugt sind. Stärkung des einheitlichen Gerichtssystems Je vielfältiger die Aufgaben der Gerichte sind und werden, desto notwendiger ist es, die Einheit ihrer Rechtsprechung zu sichern und als Voraussetzung dafür das einheitliche Gerichtssystem zu stärken. Die Einheitlichkeit des Gerichtssystems sollte auch dadurch verdeutlicht werden, daß im erheblich größeren Umfang als bisher grundlegende Bestimmungen aus dem Gesetz, über die gesellschaftlichen Gerichte (GGG) und der Militärgerichtsordnung (MGO) in das GVG übernommen werden. Insgesamt sollte der Charakter des GVG als komplexes Grundlagengesetz für das gesamte Gerichtssystem verstärkt werden. Zu-prüfen wäre in diesem Zusammenhang auch, ob künftig für die Tätigkeit der gesellschaftlichen Gerichte der Begriff „Beratung“ beibehalten werden sollte oder ob es besser wäre, einheitlich die Bezeichnung „Verhandlung“ zu verwenden. Ein einheitlicher Begriff würde unterstreichen, daß es innerhalb des einheitlichen Gerichtssystems nicht zwei Qualitäten von Rechtsprechung eine „staatliche“ und eine „gesellschaftliche“ gibt, sondern daß Rechtsprechung stets Ausübung staatlicher Machtbefugnisse ist. Solche Machtbefugnisse können nicht nur hinsichtlich der Rechtsprechung im Zuge des Gesamtprozesses der Vergesellschaftung staatlicher Tätigkeit auch gesellschaftlichen Organen übertragen sein oder werden. Die Darstellung des Gerichtssystems sollte anders als im geltenden GVG beim Obersten Gericht als dem für die zentrale staatliche Leitung der Rechtsprechung aller staatlichen und gesellschaftlichen Gerichte in der DDR verantwortlichen Organ der Volkskammer beginnen. Leitung der Rechtsprechung Für die Leitung der Rechtsprechung gilt insofern das Prinzip des demokratischen Zentralismus, als das Oberste Gericht die Einheit der Rechtsprechung im Grundsätzlichen und ihre eigenverantwortliche Ausübung im konkreten Falle, also die verantwortungsbewußte Entscheidung innerhalb des gesetzlichen Rahmens durch die nachgeordnetfen Gerichte zu sichern hat. Durch die Leitung der Rechtsprechung müssen die Entscheidungssicherheit, Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Gerichte in ihrer Rechtsprechung erhöht und damit das Vertrauensverhältnis zwischen den Bürgern und den Gerichten weiter gefestigt werden. Die Mittel und Methoden der Leitung der Rechtsprechung durch das Oberste Gericht, so wie sie in § 20 Abs. 2 des geltenden GVG bestimmt sind, sollten nicht erweitert werden. Deshalb empfiehlt es sich wohl auch, darauf zu achten, daß nicht anderen, insbesondere in den letzten Jahren in der Praxis entstandenen und teils bewährten informellen Leitungsmitteln (gemeinsame Standpunkte u. a.) eine Verbindlichkeit zugeschrieben wird, die sie im Unterschied zu den Richtlinien und Beschlüssen des Obersten Gerichts nicht haben. In bisherigen Diskussionen über die Neufassung des GVG ist es überwiegend abgelehnt worden, im Gesetz den Rechtssätzen des Obersten Gerichts eine wenn auch eingeschränkte Verbindlichkeit zuzuerkennen. Auch nach Auffassung des Obersten Gerichts selbst haben die Rechtssätze orientierenden Charakter; sie sind zu beachten, aber nicht verbindlich. Genau dies könnte aber auch im GVG Ausdruck finden.13 Einer flexiblen Leitung 'der, Rechtsprechung durch das Oberste Gericht und der Gewährleistung der Gesetzlichkeit würde es dienen, wenn die Neufassung des GVG eine Bestimmung enthielte, daß das Oberste Gericht in Ausnahme- fällen auch auf anderen Rechtsgebieten als dem Strafrecht (§ 313 Abs. 3 StPO) nach Ablauf der Antragsfrist die Kassation rechtskräftiger Entscheidungen beschließen kann. Außerdem" sollte künftig der Große Senat des Obersten Gerichts (§ 40 a des geltenden GVG) nicht nur als Rechtsmittelinstanz für solche Strafsachen fungieren, die beim Obersten Gericht in erster Instanz verhandelt wurden was seit längerer Zeit nicht mehr der Fall war und daher auch prinzipiell in Frage gestellt werden könnte , sondern er sollte faktisch auch die bisherigen Entscheidungsbefugnisse des Präsidiums 'des Obersten Gerichts in Kassationsangelegenheiten übernehmen. Dem Präsidium würde -insofern dann ausschließlich die Befugnis zur Kassation von Entscheidungen des Großen Senats obliegen. ' Ein weitergehender, m. E. durchaus diskutabler Vorschlag geht dahin, die Einführung eines Revisionsverfahrens ernsthaft zu prüfen, vor allem um den Bürger aus der bei der bisherigen Kassationsregelung unvermeidlichen Position eines Bittstellers ohne Rechtsanspruch auf Beseitigung insbesondere einer ungesetzlichen zweitinstanzlichen Entscheidung herauszubringen. Folgt man diesem Vorschlag, so würde es genügen, künftig als eine zusätzliche Sicherheit für Ausnahmefälle ausschließlich dem Präsidenten des Obersten Gerichts die Befugnis einzuräumen, die Kassation beim Präsidium des Obersten Gerichts zu beantragen. Vorschläge in bezug auf die Bezirksgerichte und Kreisgerichte Die Stellung der Bezirksgerichte im Gerichtssystem sollte mit der Neufassung des GVG durch die Bestimmung verdeutlicht werden, daß das Bezirksgericht verpflichtet ist, die Gesetzlichkeit und Einheitlichkeit sowie die gesellschaftliche Wirksamkeit der Rechtsprechung und der damit verbundenen Aufgaben der Kreisgerichte Und der gesellschaftlichen Gerichte im Bezirk zu gewährleisten. Das erfolgt wie bisher vorrangig durch die eigene Rechtsprechung und vielfältige Formen der Anleitung der nachgeordneten Gerichte, was jedoch ausdrücklich bestimmt werden sollte. Die Wiedereinführung einer Kompetenz des Bezirksgerichts bzw. seines Präsidiums zum Erlaß füf die Rechtsprechung verbindlicher Beschlüsse wird nicht für zweckmäßig gehalten. Es ist vorgeschlagen worden, daß der Direktor des Bezirksgerichts künftig die Amtsbezeichnung „Präsident“ führen sollte. Das würde die Bedeutung der Bezirksgerichte unterstreichen. Die Vorsitzenden der Senate des Obersten Gerichts und der Bezirksgerichte sollten künftig als „Senatsvorsitzende“ in ihre Funktion berufen werden; der Titel „Öber-richter“ wäre dann keine Funktionsbezeichnung mehr und brauchte nicht mehr in das GVG aufgenommen zu werden. Ausdruck der Einheit des Gerichtssystems und der Qualifizierung der Leitung der Rechtsprechung dienlich ist auch die vorgeschlagene Erweiterung der Befugnis des Direktors des Kreisgerichts in bezug auf die Heranziehung von Rechtsangelegenheiten, die gemäß § 3 der 1. DB zur ZPO vom 25. Oktober ,1977 (GBl. I Nr. 32 S. 349) bisher auf Arbeitsrechtssachen beschränkt ist. Entsprechendes gilt für das Antragsrecht des Staatsanwalts des Kreises. Die Neufassung des GVG sollte es ermöglichen, Rechtsangelegenheiten im gesamten sachlichen Zuständigkeitsbereich der gesellschaftlichen Gerichte wenn es wegen der Bedeutung, Folgen oder Zusammenhänge der Sache angeraten erscheint an das Kreisgericht zur Verhandlung und Entscheidung heranzuziehen. Dies könnte nicht zuletzt im Falle einer erneuten Erweiterung der Zuständigkeit der gesellschaftlichen Gerichte besondere Bedeutung erlangen. Weiter erscheint es mir angebracht, die Befugnisse der Kreisgerichte bei- der Vollstreckung ihrer Entscheidungen 12 Vgl. Grundlagen der Rechtspflege, Lehrbuch, a. a. O., S. 50. Die ausdrückliche Aufnahme des LPG- und Bodenrechts ist nur eine notwendige (und überfällige) Konsequenz aus anderweitigen gesetzlichen Regelungen (z. B. § 42 LPG-G, der allerdings durch entsprechende Zuständigkeitsregelungen weiter ausgefüllt werden sollte). 13 Mindestens aber dürfte es an der Zeit sein, die bisher einzige Entscheidung des" Obersten Gerichts vom 15. November 1960 - 2 Zz 18/60 - (NJ 1961, Heft 3, S. 104), in der zur Verbindlichkeit der in Entscheidungeh des Obersten Gerichts dargelegten Rechtsansichten Aussagen getroffen werden, in diesem Sinne zu aktualisieren.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 502 (NJ DDR 1989, S. 502) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 502 (NJ DDR 1989, S. 502)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermittlunqsverfahrens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Summierung vieler politischoperativer Probleme in den Kreis- und objektdienststeilen muß es gelingen, eine von einem hohen Niveau der analystischen Tätigkeit und der Planung der politisch-operativen Arbeit gedankliche Vorbereitung und das vorausschauende Treffen von Entscheidungen über die konkreten politisch-operativen Ziele, Aufgaben und Maßnahmen im jeweiligen Verantwortungsbereich, den Einsatz der operativen Kräfte und Mittel auf diese Schwerpunkte wirksamer durchzusetzen und schneller entsprechende Ergebnisse zu erzielen. Es besteht doch, wie die operative Praxis beweist, ein unterschied zwischen solchen Schwerpunkten, die auf der Grundlage von Rückversiche rungs- und Wiedergutmachungs-motiven gewonnen wurden; bei konspirativ feindlich tätigen Personen; auch bei Angehörigen Staatssicherheit infolge krassel Widersprüche zwischen Leistungsvoraussetzungen und Anf orderungen.

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