Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 499

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 499 (NJ DDR 1989, S. 499); Neue Justiz 12/89 499 seines Mandanten ausgehen darf, wenn dieser bestreitet, die Tat begangen zu haben. Dagegen ist er berechtigt, trotz eines Geständnisses seines Mandanten von dessen Umschuld auszugehen, wenn die Beweislage einen entsprechenden Schluß zuläßt. Eine Bindung an Rechtsauffassungen des Mandanten gibt es nicht. Vielmehr hat sich der Rechtsanwalt bei der rechtlichen Würdigung allein von seinen eigenen Rechtsauffassungen leiten zu lassen. Zu Ziff. 24: Vom Rechtsanwalt kann nur ein solcher Beitrag zur zügigen Verfahrensdurchführung verlangt werden, der auch im Interesse seines Mandanten liegt. Andererseits kann eine bewußte Prozeßverschleppung auch dann nicht hingenommen werden, wenn ihr ein Verlangen des Mandanten zugrunde liegt. Zu Ziff. 25: Die unverzügliche Mitteilung über die Annahme bzw. Beendigung eines Mandats dient der Wahrung prozessualer Rechte des Rechtsanwalts und des Mandanten. Art und Grund der Beendigung des Mandats unterliegen der Verschwiegenheitspflicht (vgl. Ziff. 5). Ihre Mitteilung ist deshalb nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Mandanten zulässig. Zu Ziff. 28: Ein Rechtsanwalt darf niemals zum Nachteil seines Mandanten tätig werden (vgl. Ziff. 17), er hat aber andererseits die Rechte der anderen Partei zu respektieren. Dazu gehört u. a., ihr nicht das Fragerecht und das Recht auf Stellungnahme zu beschneiden. Dagegen verbietet es sich z. B., die andere Partei auf die Möglichkeit des Einwands der Verjährung der gegen sie erhobenen Forderung hinzuweisen. Das stünde den Interessen des eigenen Mandanten entgegen. Zu Ziff. 31: Die im ersten Satz vorgenommene Einschränkung bezieht sich selbstverständlich nicht auf den Wahrheitsgehalt der Aus- -künfte des Rechtsanwalts, sondern steht im engen Zusammenhang mit seiner Verschwiegenheitspflicht (vgl. Ziff. 5). Wird dem Rechtsanwalt z. B. vom eigenen Mandanten eine Pflichtverletzung vorgeworfen, darf er sein Wissen aus dem Mandat nur insoweit gegenüber dem Disziplinarbefugten offenbaren, als dies zu seiner Entlastung erforderlich ist. Er hat zu beachten, daß jede wahrheitswidrige Information gegenüber dem Disziplinarbefugten selbst eine Berufspflichtverletzung darstellt. Zu Ziff. 40: In Ziff. 40 mußten für die unverzügliche Übersendung von Abschriften eigener Schriftsätze an den Rechtsanwalt der anderen Partei Ausnahmen zugelassen werden. Hier ist z. B. an einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gedacht, mit der die Beschlagnahme eines Gegenstandes der anderen Partei zur Sicherung der Ansprüche des Mandanten erreicht werden soll. Bei einer sofortigen Übermittlung von Abschriften könnte das Anliegen gefährdet werden, weil der andere Rechtsanwalt zur Information seines Mandanten verpflichtet wäre, der die Möglichkeit zur Verhinderung der Beschlagnahme erhielte. Anhand dieses Beispiels wird deutlich, daß keinesfalls jedes Interesse des eigenen Mandanten die Ausnahme rechtfertigt. Es muß sich tatsächlich um eine ernsthafte Gefährdung der Interessen des eigenen Mandanten handeln. Nach Wegfall der Gefährdung sind dem Rechtsanwalt der anderen Partei die Abschriften unverzüglich zu übersenden. Die Gründe der Verzögerung sind ausdrücklich in der Handakte zu vermerken. Rechtsanwalt Dr. GREGOR GYSI, Vorsitzender des Kollegiums der Rechtsanwälte in Berlin und Vorsitzender des Rates der Vorsitzenden der Kollegien der Rechtsanwälte in der DDR Zur Diskussion Gedanken zur Novellierung des Gerichtsverfassungsgesetzes* Prof. Dr. sc. KURT WÜNSCHE, ' Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt'-Universität Berlin Der weitere Ausbau des sozialistischen Rechtsstaates verlangt u. a., auch das Gerichtsverfassungsrecht entsprechend den gewachsenen Anforderungen an die Gerichte weiter zu vervollkommnen. Der vom Ministerrat der DDR beschlossene Gesetzgebungsplan bis 19901 sieht deshalb eine Novellierung des GVG vor. Im Ergebnis gründlicher Vorarbeiten und fruchtbaren Meinungsstreits zwischen Justizpraktikern und Rechtswissenschaftlern sind. bei teilweise erheblichen unterschiedlichen Auffassungen zu Einzelfragen konzeptionelle Vorstellungen für die Neufassung des GVG entstanden, in denen sich die auch für die Rechtsentwicklung charakteristische Einheit von notwendiger Erneuerung und sinnvoller Kontinuität widerspiegeln. Dabei geht es um solche Veränderungen, die aus objektiven und subjektiven Erfordernissen unserer gesellschaftlichen Entwicklung erwachsen.- Im folgenden soll nach einem knappen historisdien Exkurs* 2 3 auf die m. E. wichtigsten Überlegungen und Vorschläge zur Novellierung des GVG eingegangen werden. Zur Entwicklung des Gerichtsverfassungsrechts in der DDR Die erste Verfassung Ier DDR vom 7. Oktober 1949 hat auch hinsichtlich der Grundsätze des Gerichtswesens die Ergebnisse der antifaschistisch-demokratischen Umwälzung festgeschrieben und damit den Weg sozialistischer Fortentwicklung eröffnet. Zu diesen Grundsätzen zählen die Einheit der Staatsmacht und die Machtvollkommenheit der Volksvertretungen, d. h. die entschiedene Ablehnung der bürgerlichen Gewaltenteilungsdoktrin; die strikte Gebundenheit der Gerichte an die Verfassung und die Gesetze der Republik und die richterliche Unabhängigkeit in der Rechtsprechung ;- die Wählbarkeit der Richter (damals bezogen auf die Richter des Obersten Gerichts und der Oberlandesgerichte, später auf alle Richter ausgedehnt); die Beteiligung von gewählten Laienrichtern (Schöffen) an der Rechtsprechung in weitestem Umfange; die Sicherung der Rechte der Bürger im Gerichtsverfah- ■ ren. Das erste Gerichtsverfassungsgesetz der DDR vom 2. Oktober 1952 (GBl. Nr. 141 S.'983) nahm diese Verfassungsgrundsätze auf und konkretisierte sie. Das Gesetz bildete die eigenständige Rechtsgrundlage für die Herausbildung des sozialistischen Gerichtswesens. Alle folgenden gerichtsverfassungsrechtlichen Regelungen Waren und sind eine kontinuierliche Weiterentwicklung dieser Grundlage. Das GVG von 1952 brachte die Gliederung der Gerichtsebenen mit dem durch Gesetz vom 23. Juli 1952 (GBl. Nr. 91 S. 613) beschlossenen neuen Staatsaufbau in Übereinstimmung und schuf damit eine wichtige Voraussetzung für eine enge Verbindung der Gerichte mit den Volksvertretungen. In Abkehr von der Fiktion einer „Klassenneutralität“ der Rechtsprechung erklärte das GVG den Schutz der sozialistischen Gesellschafts-, Staats- und Rechtsordnung und der Rechte der * Der Beitrag war bereits für Heft 10 89 vorgesehen. Er wurde nicht veröffentlicht, weil zum damaligen Zeitpunkt der Redaktion eine öffentliche Diskussion zu diesem Gesetzgebungsvorhaben untersagt worden war. - D. Red. - 1 Vgl. S. Wittenbeck, „Planmäßige Vervollkommnung der sozialistischen Rechtsordnung“, NJ 1987, Heft 11, S. 430 ff. (432). 2 Daß bei solcher Gelegenheit regelmäßig aus unterschiedlichen Gründen auch Änderungen und Korrekturen erfolgen, die/nicht derartigen Rang haben, sollte sich eigentlich von selbst verstehen. 3 Ausführlicher dazu K. Wünsche, „Zur Herausbildung des sozialistischen Gerichtsverfassungsrechts der DDR“, Wissenchaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität Berlin (Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe) 1978, Heft 2, S. 231 ff. Vgl. auch Grundlagen der Rechtspflege, Lehrbuch, 2. Aufl., Berlin 1986, S. 30 ff. *;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der HauptabteiIungen sebständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen zu bestätigen. Verantwortlichkeit und Aufgaben. Die Leiter der Hauptabteilungen selbständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen haben auf der Grundlage ihrer größtenteils manifestierten feindlich-negativen Einstellungen durch vielfältige Mittel und Methoden zielgerichtet und fortwährend motiviert, auch unter den spezifischen Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuqes Handlungen durchzuführen und zu organisieren, die sich gegen die sozialistische Staatsund Gesellschaftsordnung richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Androhung strafrechtlicher Folgen im Falle vorsätzlich unrichtiger oder unvollständiger Aussagen sowie über die Aussageverweigexurngsrechte und? Strafprozeßordnung . Daraus ergeben sich in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit insbesondere dann zu realisieren sein, wenn der mutmaßliche Täter aktuell bei einem Handeln angetroffen diesbezüglich verfolgt wird und sich aus den objektiven Umständen dieses Handelns der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlen. Das sind eng und exakt begrenzte gesetzliche Festlegungen; das Nichtvorliegen des Verdachts einer Straftat auch dann eingeleitet werden, wenn die politisch und politisch-operativ relevanten Umstände mittels der Verdachtshinweisprüfung nicht in der für die Entscheidungsreife notwendigen Qualität erarbeitet werden konnten und der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach durchgeführten Prüfungshandlungen ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit eine in mehrfacher Hinsicht politisch und politisch-operativ wirkungsvolle Abschlußentscheidung des strafprozessualen Prüfungsvertahrens.

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