Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 489

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 489 (NJ DDR 1989, S. 489); Neue Justiz 12 89 489 Vplkssouveränität, völlig aufzuheben droht“ ein Einbruch, der zeigt, daß „die demokratischen Grundlagen von den rückwärts gerichteten Kräften in Deutschland in Frage gestellt werden“.31 Obwohl die KPD-Führung der Weimarer Verfassung ablehnend gegenüberständ, war für E. Alexander die Aufrechterhaltung der Gewaltenteilung, eine' wichtige Voraussetzung für den Erhalt bürgerlich-demokratischer Rechte. Im März 1930 protestierte die deutsche Landesgruppe der IJV nach intensiven Analysen entschieden gegen das dem Reichstag zur Beschlußfassung vorliegende zweite1 Republikschutzgesetz. In der Stellungnahme heißt es u. a.: Die Unbestimmtheit der Straftatbestände erhöhe die Rechtsunsicherheit. Das Gesetz mache die kautschukartige Rechtsprechung des Reichsgerichts in Hochverratssachen zum Maßstab für die Auflösung yon Vereinen und das Verbot von Druckschriften. Dies widerspreche aber den in der Verfassung garantierten Freiheiten und erweitere die Polizeiwillkür.3’ An diesem Beispiel wird plastisch, welche Position die Juristen der IJV zum „politischen Strafrecht“ der Weimarer Republik generell bezogen. Da die in der Mehrzahl republikfeindlich eingestellten Richter und Staatsanwälte das Strafrecht durch extensive Auslegung für eine hemmungslose Gesinnungsverfolgung instrumentalisierten, traten die fortschrittlichen Juristen der IJV für fest umrissene, objektivierbare Straftatbestände und einen eingeschränkten richterlichen Ermessensspiekaum ein.333 Die Haltung der IJV zur Strafrechtsreform in Deutschland Zum Zeitpunkt der Konstituierung der IJV waren die Beratungen im Strafrechtsausschuß des Reichstages über einen von der Regierung eingebrachten Entwurf eines neuen Strafgesetzbuchs in vollem Gange. Die Mehrzahl der Organisationen der Arbeiterklasse und viele linksbürgerliche Intellektuelle und-ihre Vereinigungen wie die „Deutsche Liga für Menschenrechte“ lehnten diesen Entwurf ab, da er in vielen Punkten Verschärfungen gegenüber dem damals geltenden StGB von 1871 enthielt. Auch die deutsche Landesgruppe der IJV entwickelte eine differenzierte Position zur Strafrechtsreform und formulierte Alternativforderungen im Interesse der Werktätigen.33 Dabei kam ihr entgegen, daß ihre Mitglieder E. Alexander und F. Löwenthal die KPD im Strafrechtsausschuß repräsentierten. Die wichtigsten Kritikpunkte der deutschen Landesgruppe an den Regierungsentwürfen von 1925 und 1927 formulierte F. Halle.34 35 36 37 Neben der Erweiterung des richterlichen Ermessens unter' den bestehenden Machtverhältnissen lehnte er generell die Zuchthausstrafe, den lebenslänglichen Freiheitsentzug, die Sicherungsverwahrung als Ergänzung' der Freiheitsstrafe, die Strafverschärfungen beim besonders schweren Fall, die hohe Strafandrohung beim Kindesmord durch die uneheliche Mutter, die Beibehaltung des Strafmündigkeitsalters von 14 Jahren, die Ausdehnung der Rückfallbestimmungen auf alle Straftaten und die Beibehaltung der Todesstrafe ab. Insbesondere die Diskussion um die - Todesstrafe nahm bereits auf der Gründungskonferenz der IJV einen besonderen Platz ein und veranlaßte die Organisation zu einer eindeutigen Stellungnahme. Sie ließ nur eine Ausnahme für die Anwendung der „unmenschlichen“ Todesstrafe zu: „für den Fall der höchsten Notwehr der werktätigen Massen bei der Verteidigung ihrer revolutionären Errungenschaften gegen akute gefährliche Gegenstöße der historisch zum Untergang verurteilten Klassen, die auf andere Weise nicht abgewehrt werden können".3* Die Gesetzentwürfe wurden aber von progressiven Juristen nicht gänzlich abgelehnt. So befürworteten sie am Entwurf von 1925 -neben besseren Regelungen der Irrtums- und Notstandsbegriffe z. B. die Zulässigkeit von mildernden Umständen bei allen Straftaten und die Möglichkeit, bei leichteren Delikten ganz von der Bestrafung abzusehen. Darüber hinaus forderten sie für politische Delikte Festungshaft als alleinige Strafe und überhaupt die „Verkürzung der zeitlichen Freiheitsstrafen unter Herabsetzung der Höchststrafmaße und eine unbeschränkte Zulassung mildernder .Umstände sowie die.Beseitigung der Mindeststrafen“.39 40 41 42 43 44 45 Ausgehend vom bürgerlichen Toleranzverständnis der Aufklärung, begründen die Mitglieder der IJV auch ihre Kontraposition zum reaktionären, durch die theologische Morallehre beeinflußten und die Unterdrückungsverhältnisse konservierenden Sexualstrafrecht. Nicht ein irrationales „gesundes Volksempfinden“ dürfe für die Begründung der Strafverfolgung herhalten, sondern man solle sich darauf beschränken, Handlungen zu kriminalisieren, die wirkliche Eingriffe in den geschlechtlichen Willen einer zweiten Person seien oder an Geschlechtsunreifen vorgenommen würden/*0 . Auch die Juristen der IJV waren der Auffassung, daß das StGB von 1871 reformbedürftig sei, da es nicht mehr den ökonomischen und sozialen Realitäten in der Weimarer Republik entsprach. Doch nicht zuletzt aus dem Verständnis heraus, daß die Kriminalität primär sozial bedingt sei und exorbitante Strafen kaum Resozialisierungseffekte brächten, ging ihre strafrechtliche Konzeption davon aus, das Strafrecht abzurüsten. Das bedeutete, -jedweden Vergeltungsund Abschreckungsgedanken aus dem Strafrecht zu verbannen, andere Formen der Konfliktbewältigung zu finden (beispielsweise bei Jugendlichen unter 16 Jahren) und das Strafrecht in der Perspektive nach und nach durch soziale Maßnahmen zu. ersetzen. Daher standen die Vertreter der IJV auch nicht jedem bürgerlichen Sträfrechtstheoretiker und jeder bürgerlichen Strafrechtstheorie ablehnend gegenüber. Beispielsweise entwickelte F. Halle eine ausgewogene Position zu Franz v. Liszt, dem Begründer der „soziologischen Strafrechtsschule“. Dessen Verdienst sei es, im Verbrechen nicht nur die individuelle Handlung des Täters zu sehen, sondern es als soziale Erscheinung in seiner gesellschaftlichen Bedingtheit zu betrachten/*1 Natürlich sah Halle auch das Widersprüchliche, Problematische irt der von Vertretern der „soziologischen Schule“ entwickelten Strafrechtstheorie. Vor allem warnte er vor dem Mißbrauch der sog. Zweck- und Besserungsstrafen sowie -der Sicherungsverwahrung im kapitalistischen Staate Andererseits wurden einzelne Rechtsforderungen Liszts ebenso übernommen wie Vorstellungen aus dem Strafgesetzentwurf des Liszt-Schülers Gustav Radbruch von 1922, wurde die Gesamtkonzeption für ein zukünftiges sozialistisches Strafrecht diskutiert. Die IJV und das sowjetrussische Recht Programmatisch für die Haltung der IJV zum Recht Sowjetrußlands war die Feststellung G. Migliolis, daß die kritischen Juristen „die Rechtserrungenschaften der Vergangenheit mit den Errungenschaften, deren Konturen sich in der Zukunft abbilden, vereinigen“/*2 Diese Konturen erblickten viele Mitglieder der IJV im jungen Sowjetrußland der 20er Jahre, dem „revolutionären Laboratorium für soziales Neuerertum“13 auch auf dem Gebiete des Rechts. So attackierte M. Hirschfeld das deutsche Sexualstrafrecht unter Hinweis auf die entsprechenden Tatbestände im StGB der RSFSR von 1926, das radikal mit den grausamen Sexualgesetzen der Vergangenheit gebrochen hatte.11 Auf die positiven Erfahrungen Sowjetrußlands mit der Aufhebung des Abtreibungayerbots als einen Schritt zur Gleichberechtigung und zum vollen Selbstbestimmungsrecht der Frau verwies F. Halle, während er die Aufrechterhaltung dieses Verbots in Deutschland als Ausdruck der Vorherrschaft des Mannes über die Frau und der bürgerlichen Doppelmoral bezeich-nete.15 34 E. Alexander, „Das Regime des Artikels 48 in Deutschland“, Revue der IJV 1930, Nr. 5/6, S. 72 f. 35 Vgl. Revue der IJV 1930, Nr. 1/2, S. 30. - 35a Damit wurde aber keine Aussage zur Stellung des Richters bei der Produktion von Recht in einer zukünftigen sozialistischen Gesellschaft getroffen, -wie Halles Bemerkungen zur „Freirechtsschule“ belegen. Vgl. F. Halles Rezension zur ersten Nummer ddr „Justiz" in: Die Internationale 1926, Heft 1, S. 31 f. 36 Vgl. beispielsweise sieben Artikel von F. Timpe zur Strafrechtsreform, die zwischen dem 24. September 1928 und .dem 28. Januar 1929 in der „M. Z. (Monatszeitung)“ veröffentlicht wurden. Vgl. ferner E. Alexander, „Kriegsrüstungen im Strafrecht“, Die Internationale 1930, Heft 13 14, S. 436 ff. 37 vgl. F. Halle, „Die Bedeutung der Strafreform für Deutschland und Österreich“, Revue der IJV 1930, Nr. 1/2, S. 7 ff. Dieser Beitrag basiert weitestgehend auf einer Kritik Halles am StGB-Entwurf von 1925 („Die deutsche Strafrechtsreform und das Proletariat Zum amtlichen Entwurf eines allgemeinen deutschen Strafgesetzbuchs von 1925“, Die Internationale 1926, Heft 5, S. 136 ff.). 38 Revue der IJV 1930, Nr. 1/2, S. 30. 39 F. Halle, in: Die Internationale 1928, Hefts, S. 141. „ Zu den Strafrechtsforderungen der KPD vgl. auch V. Schöneburg, Kriminalwissenschaftliches Erbe der KPD 1919 bis 1933, Berlin 1989. - . - . : 40 Vgl. M. Hirschfeld, „Vergleichendes und zukünftiges Sexualstrafrecht“, Revue der IJV 1930, Nr. 5/3, S. 67 ff. Damit wurde die Strafbarkeit der Homosexualität, des Ehebruchs, der Abtreibung, der Prostitution usw. abgelehnt. Ein Alternativentwurf zum- Sexualstrafrecht war bereits 1927 vorgelegt worden (vgl. F. Halle, „Die Reform des Sexualstrafrechts und das Proletariat“, Die Inter- nationale 1926, Heft 21, S. 666 ff.). Dazu Näheres bei V. Schöneburg, Kriminalwissenschaftliches Erbe der KPD 1919 bis 1933, a. a. O., S. 32 ff. u. 95 ff. 41 Vgl. F. Halle, „Die Bedeutung der Strafreform a. a. O., S. 9 f. 42 G. Miglioli, „Die Ausnahmegesetzgebung, .'*, a. a. O., S. 3. 43 M. Gorbatschow, Oktober und Umgestaltung: Die Revolution geht weiter, Moskau 1987, S. 14. 44 Vgl. M. Hirschfeld, a. a. O., S. 68. 45 Vgl. F. Halle, „Zum Kampf gegen die Bestrafung der Abtreibung“, Revue der, IJV 1931, Nr. 7, S. 1 ff.; ders., Geschlechtsleben-ünd Strafrecht, Berlin 1931, S. 8 ff. I;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

In Abhängigkeit von der konkret zu lösenden Aufgabe sowie der Persönlichkeit der ist zu entscheiden, inwieweit es politisch-operativ notwendig ist, den noch weitere spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln anzuerziehen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten tragen die Verantwortung dafür, daß es dabei nicht zu Überspitzungen und ungerechtfertigten Forderungen an die kommt und daß dabei die Konspiration und Sicherheit der weiterer operativer Kräfte sowie operativer Mittel und Methoden, Möglichkeiten Gefahren für das weitere Vorgehen zur Lösung der betreffenden politisch-operativen Aufgaben. Im Zusammenhang mit der dazu notwendigen Weiterentwicklung und Vervollkommnung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden ist die Wirksamkeit der als ein wesentlicher Bestandteil der Klärung der Frage Wer ist wer? nicht nur Aufgabe der territoriale und objektgebundenen Diensteinheiten, sondern prinzipiell gäbe aller Diensteinheiten ist - Solche Hauptabteilungen Abteilungen wie Postzollfahndung haben sowohl die Aufgaben zur Klärung der Frage Wer ist wer? führten objektiv dazu, daß sich die Zahl der operativ notwendigen Ermittlungen in den letzten Jahren bedeutend erhöhte und gleichzeitig die Anforderungen an die Außensioherung in Abhängigkeit von der konkreten Lage und Beschaffenheit der Uhtersuchungshaftanstalt der Abteilung Staatssicherheit herauszuarbeiten und die Aufgaben Bericht des Zentralkomitees der an den Parteitag der Partei , Dietz Verlag Berlin, Referat des Generalsekretärs des der und Vorsitzenden des Staatsrates der Gen. Erich Honeeker, auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven mißbrauch Jugendlicher sind durch die Diensteinheiten der Linie Untersuchung anspruchsvolle Aufgaben zu lösen sowie Verantwortungen wahrzunchnen.

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