Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 480

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 480 (NJ DDR 1989, S. 480); 480 Neue Justiz 12 89 daß eine Entscheidung nur dann tragfähig ist, wenn sie dem Gesetz, insbesondere der Verfassung unseres Landes, entspricht. Als Beitrag zur Wahrung einer hohen Rechtskultur ist die Unabhängigkeit der Rechtspflege und ihre strikte Bindung an das Gesetz auch rechtlich stärker zu sichern. Die dazu erlassenen Regelungen, insbesondere das Gerichtsverfassungsgesetz, sind entsprechend zu überarbeiten. 2. Die Verfassung ist das Grundgesetz und fixiert den Grundkonsens aller politischen und gesellschaftlichen Kräfte. Alle, die sich um eine humane Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse bemühen, sind Partner im Dialog. Zur weiteren Bestimmung und Förderung politischer Kultur und gesellschaftlicher Aktivität schlagen wir vor, sich darüber zu verständigen, ob und wie durch ein Parteiengesetz die rechtlichen Grundlagen politischer Organisationsformen ausgebaut werden können. Notwendig scheint uns auch, eipe gesetzliche Regelung der Tätigkeit von Massenmedien anzustreben. 3. Alle staatliche Machtausübung muß an das Prinzip der Volkssouveränität gebunden werden. Daran-ist insbesondere das Verhältnis von Volksvertretungen und Staatsapparat auszurichten. Die geltenden Regelungen zur Wahl und zur Tätigkeit von Volksvertretungen sind daraufhin zu überprüfen, inwieweit dem Primat der Volksvertretungen besser entsprochen werden kann. Die Parteien nehmen ihre Funktion über die politisch-inhaltliche Arbeit wahr und bringen diese über ihre Vertretung in den gewählten Organen der Staatsmacht ein. 4. Der demokratische Zentralismus ist kein selbstregulierendes Prinzip. Wird er nicht durch rechtliche Regelungen untersetzt, die eine Balance zwischen zentralen und dezentralen Entscheidungsprozessen aufrechterhalten, ist die Gefahr übermäßiger Zentralisierung und Mißachtung territorialer und kommunaler Interessen gegeben. Volkssouveränität auf örtlicher Ebene und zentralisierte Entscheidungsbefugnisse müssen insbesondere, wenn es um die Gestaltung wesentlicher Lebensbedingungen und ökologischer Probleme geht so ausgestaltet werden, daß die Mitbestimmung der Bevölkerung über ihre gewählten Volksvertreter gesichert ist. Es sollte auch nachgedacht werden über neue legale Formen basisdemokratischen Engagements einschließlich örtlicher Volksentscheide über Grundsatzfragen im Territorium. 5. Sozialistische Gesetzlichkeit erschöpft sich nicht im Bestehen rechtlicher Regelungen. Sie muß gewährleistet werden. Das setzt u. E. bei der Notwendigkeit allgemeiner Normenkontrolle ein, für die ein verfassungsmäßig bestimmtes Organ geschaffen werden sollte, an das Überprüfungsanträge gestellt werden können. In Wahrung des Prinzips der Volkssouveränität sollte dies ein parlamentarisches Organ sein. Konsequent fortzuführen ist der begonnene Prozeß zur Regelung gerichtlicher Nachprüfbarkeit von Verwaltungsentscheidungen. Das Verwaltungsrecht ist durchgängig zu reformieren, insbesondere sind an Stelle von Ermessensentscheidungen nach Möglichkeit klar geregelte Entscheidungsvoraussetzungen-und daraus folgend Ansprüche der Bürger zu fixieren. Das Verwaltungsverfahrensrecht ist zu vereinheitlichen und durch Gesetz zu regeln. An Stelle eines auswuchernden die Voraussetzungen eindeutiger Maßstabsetzung nicht erfüllenden Eingabensystems sind damit überschaubare Rechtswege zu schaffen. 6. Alle Grundrechte bilden in ihrer Einheit unser verfassungsmäßiges System. Mehr Aufmerksamkeit ist der Sicherung der persönlichen Rechte der Bürger zu widmen. Bestimmungen des StGB, die dem Erfordernis der Ausübung persönlicher Rechte, wie z. B. der Meinungs- und Reisefreiheit, entgegenstehen (insbesondere die Normen zu den Verbrechen gegen die DDR und zu Straftaten gegen die staatliche Ordnung), sind unter Beachtung legitimer Sicherheitsinteressen des Staates zu modifizieren oder .aufzuheben. Die Regelungen, insbesondere des Arbeits- und Sozialrechts, sind unter Berücksichtigung der Sicherung sozialer Grundrechte in Einheit mit der Durchsetzung des Leistungsprinzips und hoher Anforderungen an die Arbeitsdisziplin zu überprüfen und ggf. zu ändern. Der Rückstand gegenüber anderen Ländern bei der rechtlichen Reaktion auf neue Entwicklungen in Wissenschaft und Technik (z. B. Datenschutz, Gentechnik) ist aufzuholen. Dazu müssen die wissenschaftlichen Anstrengungen aktiviert, die Bereitschaft der für die Gesetzgebung zuständigen Organe entwickelt, neue wissenschaftliche Ergebnisse erarbeitet und zügiger in der Gesetzgebung umgesetzt werden. 7. Es sollte überprüft werden, ob und wie die personellen Voraussetzungen der Rechtspflegeorgane so verstärkt werden können, daß sie den höheren Anforderungen des Ausbaus unseres sozialistischen Rechtsstaates entsprechen. Ein notweniger Abbau des Staats- und Verwaltungsapparates muß mit der qualitativen Verbesserung seiner Kaderstrukturen verbunden werden. Das bedingt in größerem Umfang den Einsatz juristisch qualifizierter Kader und damit eine Erweiterung der Ausbildungskapazitäten. 8. Zugleich halten wir eine schrittweise Rechtsbereinigung für notwendig, durch die die Zahl interner, auf ministerieller Ebene erlassener Verfügungen zugunsten veröffentlichter Rechtsnormen 'zurückgedrängt wird. Die Information der Öffentlichkeit über das geltende Recht und wichtige Entscheidungen der Rechtsprechung ist zu verstärken, wozu insbesondere die Massenmedien besser zu nutzen-sind. Jena, den 27. Oktober 1989 Vorschläge zum Ausbau der Rechtsordnung und zur Erhöhung der Rechtssicherheit in der DDR Erklärung des Rates der Vorsitzenden der Kollegien der Rechtsanwälte in der DDR I. Die Mitglieder des Rates schätzen die Lage in unserem Land als sehr ernst ein. Wir sind davon überzeugt, daß Fehlentwicklungen zu lange geduldet wurden, aber der Sozialismus als einzige Alternative zum Kapitalismus für die DDR nicht zur Disposition stehen kann. Es kann deshalb bei Reformen nicht um weniger, sondern nur um mehr Sozialismus gehen. Voraussetzung für Reformen in unserer Gesellschaft ist eine ehrliche Analyse der Lage in allen Bereichen, d. h. von Errungenschaften ebenso wie von Fehlentwicklungen auf politischem, ökonomischem, wissenschaftlichem, juristischem, kulturellem und ethischem Gebiet. Wir begrüßen den begonnenen breiten gesellschaftlichen Dialog und halten ihn für den richtigen Weg zur Lösung der vor uns stehenden Probleme. - Die Mitglieder des Rates haben auf der Grundlage der Erfahrungen der Rechtsanwälte eine erste Analyse der Lage auf dem Gebiet des Rechts vorgenommen und Anforderungen für die Zukunft formuliert. Wenn wir uns auf dieses Gebiet beschränken, dann deshalb, weil wir nicht den Fehler begehen wollen, uns ohne ausreichende Sachkenntnis zu äußern. Bei unserer Analyse und unseren Vorschlägen für die Zukunft lassen wir uns davon leiten, daß Rechtssicherheit nicht nur die höchste' Sicherheit des Staates, sondern Voraussetzung dafür ist, daß sich Menschen in ihrem Staat wohlfühlen können. n. Im einzelnen gehen die Mitglieder des Rates für die Vergangenheit von folgenden Feststellungen aus: 1. Unstrittig ist, daß es beim Ausbau der Rechtsordnung;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 480 (NJ DDR 1989, S. 480) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 480 (NJ DDR 1989, S. 480)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen anzuwenden. Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststellung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt. Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorbereitung, Durchfüh- rung und Dokumentierung der Durchsuchungshandlungen, die Einhaltung der Gesetzlichkeit und fachliche Befähigung der dazu beauftragten Mitarbeiter gestellt So wurden durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen aufgenommener Ausländer durch Diplomaten obliegt dem Leiter der Abteilung der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der Haupt- abteilungen selbständigen Abteilungen und rksverwa tungep. an den Leiter der Abteilung Finanzen Staatssicherheit einzureichen. Der Leiter der Abteilung Finanzen Staatssicherheit hat diese qe?y nach Abstimmung mit dem Leiter des Operativ-Technischen Sektors die notwendigen Festlegungen zu treffen. Zur Alarmierung des Mitarbeiterbestandes in Objekten der Kreis- und Objektdienstctellen sind geeignete Einrichtungen zur Signalgebung zu installieren.

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