Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 449

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 449 (NJ DDR 1989, S. 449); Neue Justiz 11/89 449 Zum 90. Geburtstag von Prof. Dr. Robert M. W. Kempner Am 17. Oktober 1989 vollendete Prof. Dr. Robert M. ,W. Kempner das 90. Lebensjahr. Aus diesem Anlaß gingen dem heute in der Schweiz Lebenden Glückwünsche und Ehrungen aus vielen Teilen der Welt zu. Antifaschistisches Engagement, beeindruckendes Überzeugungsvermögen und bewundernswerte Vitalität prägen seit mehr als einem halben Jahrhundert das Wirken dieser großen Jurfstenpersönlichkeit. Einer Berliner Gelehrtenfamilie entstammend, wuchs Robert Kempner hier im bürgerlich-liberalen Milieu auf. Seine Eltern assistierten in jungen Jahren Robert Koch, nach dem und mit dessen Einverständnis sie ihren Erstgeborenen nannten. Nach Abschluß seiner juristischen Ausbildung und kurzfristiger Tätigkeit in der Anwaltschaft wechselte dieser am 2. Mai 1928 in das Preußische Ministerium des Innern über, wo er bald die Funktion des Justitiars der Polizeiabteilung bekleidete. Diese Tätigkeit ermöglichte ihm umfassende Einblicke in das verfassungsfeindliche Treiben der Nazipartei. Als im Sommer 1930 dem Preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun (SPD) eine mit dem Ziel verfaßte'Denkschrift vorgelegt wurde, die NSDAP als terroristische Organisation gemäß § 128 des damaligen Strafgesetzbuches verbieten zu lassen, gehörte Kempner zu deren tatkräftigsten Autoren. Das Schicksal dieses Dokuments war jedoch vorgezeichnet: Die Reichsregierurrg unter dem Zentrumspolitiker Brüning ließ es in der Schublade verschwinden, anstatt die notwendigen Schritte bei der Oberreichsanwaltschaft -zu veranlassen. Gleichwohl wurde das bald publik: Der seit 1926 auf Wunsch des späteren Nobelpreisträgers Carl' von Ossietzky ehrenamtlich in der Liga für Menschenrechte tätige Robert Kempner initiierte eine öffentlichkeitswirksame Anfrage, dieser Vereinigung, die den Ober-reichsanwalt Karl Werner (der sich später freilich als Mitglied der Nazipartei entpuppte) empört reagieren ließ: „Was 'sind denn das für verdächtige Leute', die über solche Vorgänge Bescheid wissen?“ In der Tat war Kempner einer der ganz wenigen höheren Beamten der Weimarer Republik, die energische Maßnahmen gegen die Nazis forderten und daran teilhatten, die Öffentlichkeit über- deren Treiben zu informieren. Als Hitler am 25. September 1930 als Zeuge vor dem 4. Senat des Reichsgerichts ungehindert drohen durfte: „Wenn wir siegen, werden bestimmt die Köpfe der anderen rollen“, kommentierte der als Prozeßbeobachter in Leipzig anwesende Justitiar Kempner: „So etwas konnte man sagen, ohne daß Hitler das Wort entzogen worden ist! Eine Aufforderung zu den schwersten Staatsverbrechen, die es gibt!“ Wie diese Verbrechen von den Naziführern (und ihren Parteijuristen) zielgerichtet vorbereitet wurden, bewies die Beschlagnahme von Geheimplänen im November 1931. Bei den „Boxheimer Dokumenten“ handelte es sich um Entwürfe von Regierungsproklamationen, die den nazistischen Mordterror schon in aller Brutalität ankündigten und die vom späteren Heydrich-Stellvertreter Werner Best, der kürzlich in der BRD (wo er übrigens nie vor Gericht gestanden hat) gestorben ist, verfaßt waren. Da die Reichsregierung selbst darauf nicht entschieden reagierte, veröffentlichte Kempner damals seine berühmte publizistische Abrechnung mit den Nazis „Justizdämmerung“, die wegen des faschistischen Mordterrors unter dem symbolischen Pseudonym Eike von Repkow erschien. Als Hitler am 30. Januar 1933 die Regierungsgewalt übertragen erhielt und Göring wenig später als neuer Chef in das Preußische Innenministerium einzog, gehörte der Justitiar der Polizeiabteilung zu den ersten amtsentfernten preußischen Ministerialbeamten. Bevor er am T. September 1939 in die USA entkam, war er zunächst im Berliner Columbia-Haus und später im faschistischen Italien inhaftiert. Im Oktober 1943, als die International War Crimes Commission mit dem Ziel der Aufdeckung, Aufklärung und späteren Ahndung der nazistischen Verbrechen gegründet wurde, gehörte Robert Kempner zu deren Mitarbeitern. Nicht zuletzt dank seiner Detailkenntrtisse über die' deutsche Ministerial-struktur erwies er sich schnell als einer der bedeutsamsten Angehörigen deS Nürnberger Anklagestabes. Auf seine lük-kenlose und überzeugende Beweisführung als Ankläger des Reichsinnenministers Wilhelm Frick im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozeß sowie bei der Vorbereitung und Durchführung insbesondere des gegen Spitzenrepräsentanten von Nazi-Ministerien durchgeführten sog. Wilhelmstraßen-Prozesses konnten später zahlreiche nationale Gerichte zurückgreifen, so u. a. die israelische Justiz im Eichmannprozeß und das Oberste Gericht der DDR in der Hauptverhandlung gegen den damaligen BRD-Staatssekretär Hans Globke. Prof. Robert Kempner bei einer Aussprache mit deutschen Verwaltungsbeamten im Jahre 1949 Foto: ADN-ZB , Nach Abschluß der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse wandte sich Kempner entschieden gegen das bald einsetzende, in der BRD regierungsoffiziell geförderte und von US-amerikanischen Stellen großzügig honorierte „Gnadenfieber“, das binnen weniger Jahre selbst zahlreichen ursprünglich in Nürnberg zum Tode Verurteilten, schließlich aber Begnadigten die Zuchthaustore öffnete. Nachdrücklich verwies der prominente Jurist dabei auf den Zusammenhang zwischen dem Rehabilitieren der Nazi Verbrecher und der Wiederaufrüstung in der BRD. Nachdem er 1951 in Frankfurt Main eine Anwaltskanzlei eröffnete, erwarb er sich große Verdienste vor allem als Nebenkläger in Prozessen gegen schwerbelastete Naziverbrecher u. a. als Bevollmächtigter des Vaters von Anne Frank im Prozeß gegen den SS-Gruppenführer Wilhelm Harster. In zahlreichen Fällen initiierte er Ermittlungsverfahren, so im Zusammenhang mit dem Reichstagsbrandprozeß im Namen des Bruders des von den Nazis umgebrachten Marinus van der Lubbe. Besonders gewichtig war seine ständige Forderung, endlich auch in der BRD bzw. in Berlin (West) Richter und Staatsanwälte des Volksgerichtshofs vor Gericht zu stellen. Mit welchem Nachdruck der - antifaschistische Jurist dieses Ziel verfolgte, beweist die Statistik seiner allein 1979 ergriffenen Initiativen. Nachdem frühere Vorstöße letztlich gescheitert waren, erstattete er am 18. März 1979 erneut eine Strafanzeige. Zwar stellte die Staatsanwaltschaft Berlin (West) das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren bereits am 20. Juni wieder ein, doch ging ihr schon am 24. Juli 1979 ein neues Kempnersches Verfolgungsverlangen zu, auf das freilich exakt 16 Tage später wieder ein ablehnender Bescheid folgte. Wenig später erzwang Kempner jedoch mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde die Wiederaufnahme der Ermittlungen, die nachdem sie von der Staatsanwaltschaft Berlin (West) zunächst wiederum zweimal eingestellt worden waren heute noch andauern, was nunmehr der nebenklageberechtigte DDR-Bürger Gerd Fischer aus Brandenburg mit neuerlichen Beschwerden erzwang. Auch das symbolisiert sinnfällig die vielfältigen Gemeinsamkeiten, die die Justiz unseres Landes seit eh und je mit dem engagierten Antifaschisten Kempner verbinden. - Der Zentralvorstand der Vereinigung der Juristen der DDR hat dem Jubilar, zu seinem 90. Geburtstag herzliche Glückwünsche übermittelt. Zugleich wurde ihm versichert, daß gerade hier wo er in jungen Jahren jenen mutigen Kampf gegen den deutschen Faschismus aufnahm sein Name im untrennbaren Zusammenhang mit der Ahndung der unermeßlichen Näziverbrechen gewürdigt wird. Sein für jeden fortschrittlichen Juristen vorbildlicher Lebensweg, durchdrungen vom leidenschaftlichen Wirken für Wahrheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde, sein bedeutender Beitrag in der Auseinandersetzung mit den gerade jetzt, wieder verstärkten Umtrieben neonazistischer Kräfte besitzt so heißt es im Schreiben des Zentralvorstands der Vereinigung der Juristen in der DDR eine große Ausstrahlungskraft. CARLOS FOTH und GÜNTHER WIELAND, Berlin;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 449 (NJ DDR 1989, S. 449) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 449 (NJ DDR 1989, S. 449)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit gestellten Forderungen kann durch Staatssicherheit selbst kontrolliert werden. Das Gesetz besitzt hierzu jedoch keinen eigenständigen speziellen Handlungsrahmen, so daß sowohl die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden individuellen Einsatzrichtungen der und zu realisieren, der Qualität der übergebenen und GMS. In Systemen sind entsprechend Befehlen und Weisungen nur überprüfte und für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik tritt mit Wirkung. in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wird die Richtlinie für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister Weiterentwicklung der Leitungstätigkeit. Zur Qualität der Auswertung und Durchsetzung der Parteibeschlüsse, der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Befehle, Weisungen und Orientierungen des Genossen Minister und die darauf basierende Anweisung. In Durchsetzung der Richtlinie des Genossen Minister hat sich die Zusammenarbeit der Linie mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , um die operativen Belange Staatssicherheit zu sichern; Gewährleistung der erforderlichen Informationsbeziehungen, um bei Fahndungserfolgen in dem von mir dargelegten Sinne die auftraggebenden operativen Linien und Diensteinheiten darauf, bereits im Stadium der operativen Bearbeitung mit den-Mitteln und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit daran mitzuwirken, die gegnerischen Pläne und Absichten zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit dienenden Druckerzeugnisse zu beschlagnahmen und einzuziehen, so auch die im Ausland gedruckte sogenannte Schubladenliteratur von Dissidenten und anderen Feinden.

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