Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 435

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 435 (NJ DDR 1989, S. 435); Neue Justiz 10/89 435 erkennung der staatsbürgerlichen Rechte für dauernd erfordern. Die Problematik der Abgrenzung der zeitigen von der lebenslänglichen Freiheitsstrafe bei Mord besteht darin, daß es keine Zwischenstufe gibt und daß die Kriterien für die Anwendung der lebenslänglichen Freiheitsstrafe in § 112 Abs. 2 StGB nicht erschöpfend angeführt sind. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichts kommt die Anwendung der lebenslänglichen Freiheitsstrafe auch in Betracht, wenn mehrere Menschen vorsätzlich getötet wurden; der Täter bereits wegen eines besonders schweren Gewaltverbrechens vorbestraft ist; die Tötung im Zusammenhang mit asozialer Lebensweise erfolgte, z. B. um Mittel für den Lebensunterhalt zu erlangen ; aus Lust am Quälen und Töten gehandelt wurde; getötet wurde, um eine weitere Straftat zu ermöglichen oder eine bereits begangene aus Angst vor Strafanzeige zu verdecken; die Tötung mit außergewöhnlicher Intensität vollzogen wurde oder der Vorbereitung und Ausführung des Verbrechens eine besonders intensive Planung zugrunde lag (z. B. Auskundschaften von Verhaltensweisen des Opfers, Verhinderung von Entdeckungsmöglichkeiten, Einbeziehung weiterer Personen in die Tatbegehung, sofortige Änderung von Tötungsvarianten bei zunächst eingetretener Erfolglosigkeit). Die Voraussetzungen für den Ausspruch einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe können sich aber auch aus der zusammenhängenden Wertung aller objektiven und subjektiven Tatumstände ergeben, ohne daß bereits einzelne für sich genommen die Anwendung der strengsten Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit notwendig machen (vgl. OG, Urteil vom 11. März 1988 5 OSB 1 88 OG-Informationen 1988, Nr. 3, S. 8). Der Strafsenat hat verkannt, daß die Gesamtbewertung der für die Strafzumessung in diesem Strafverfahren ausschlaggebenden Faktoren Art und Weise der Tatbegehung, Einstellung und Motiv, Intensität des Täterwillens zu dem Schluß zwingt, daß der Angeklagte ein sehr schweres, von extremer Menschenverachtung geprägtes Verbrechen gegen das Leben begangen hat. Der Angeklagte ging gegen sein Opfer mit großer Intensität und Rücksichtslosigkeit vor. Insgesamt 15mal stach er wuchtig mit dem Messer auf die Geschädigte ein. Dabei ließ er sich weder durch die Anwesenheit der Zeugin Z. noch durch das aktive Einschreiten des Zeugen E. an der Realisierung seines Vorhabens hindern. Nachdem er sich von diesem Zeugen abgewandt hatte, stach er weiter auf die Geschädigte ein, um sie mit Sicherheit zu töten; selbst ihre absolute Hilflosigkeit und ihre schwachen Lebensäußerungen in dieser Situation ließen ihn ungerührt und brachten ihn nicht zur Einsicht. Im Gegensatz zur Auffassung des erkennenden Senats offenbart sich hierin nicht lediglich ein Handeln mit unbedingtem Tötungsvorsatz (§ 6 Abs. 1 StGB), sondern darüber hinaus eine den Grad der Schuld des Angeklagten erheblich erschwerende hohe Intensität des Täterwillens. Das Vorgehen des Angeklagten wird weiter dadurch charakterisiert, daß er sein Opfer hinterhältig auf einer öffentlichen Straße überfiel. Schließlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß sich der dreimal vorbestrafte Angeklagte nur wenige Tage nach seiner Entlassung aus dem Strafvollzug zur Begehung eines schweren Verbrechens gegen das Leben entschloß. Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des Generalstaatsanwalts der DDR, daß die Tat in besonders brutaler Weise begangen worden sei und dazu gedient habe, eine bereits begangene Tat aus Angst vor Strafanzeige zu verdek-ken. Die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals „in besonders brutaler Weise“ (§ 112 Abs. 2 Ziff. 3 StGB) setzt voraus, daß das Opfer die an ihm vorgenommenen Handlungen bewußt erlebt haben muß. Ob dies der Fall war, ist mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nicht festgestellt worden. Nach den Entscheidungen der Instanzgerichte War-der erste Messerstich in die Halsgegend nicht tödlich. Allein aus dem Sich-Aufrichten der Geschädigten vom Boden nach einer Vielzahl von Stichverletzungen kann ein bewußtes Erleben nicht abgeleitet werden. Dazu hätte es weiterer Sachaufklärung bedurft. Der medizinische Sachverständige hat sich zu einem bewußten Erleben der Stichverletzungen nicht geäußert. Eine weitere Sachaufklärung wird mit dem Kassationsantrag nicht angestrebt. Deshalb muß es bei der diesbezüglichen Schlußfolgerung der Instanzgerichte verbleiben. Bei der Verdeckungsabsicht ist Voraussetzung, daß es sich um die Verdeckung einer anderen Tat handelt. Das trifft aber dann nicht zu, wenn die vorangegangene Handlung, wie im vorliegenden Fall, in einem Angriff auf die Gesundheit des Opfers besteht und der Täter ohne deutliche Trennung unmittelbar zur Tötung übergeht. Insoweit handelt es sich um einen einheitlichen Lebensvorgang, der nicht künstlich isoliert werden darf. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß eine Verdeckungsabsicht nur festgestellt werden darf, wenn die vorangegangene Handlung Gegenstand der Anklage ist (§§ 187 Abs. 1, 241 Abs. 2 StPO). Dem Generalstaatsanwalt der DDR wird jedoch darin zugestimmt, daß sich aus der zusammenhängenden Wertung aller wesentlichen Tatumstände ergibt, daß eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren und eine Aberkennung der staatsbürgerlichen Rechte für 10 Jahre der Tatschwere nicht gerecht wird. Deshalb war entgegen der Auffassung der Verteidigung das Urteil des Strafsenats des Obersten Gerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den Protest des Staatsanwalts des Bezirks an diesen Senat zurückzuverweisen (§ 322 Abs. 3 StPO). Anmerkung: Mit dieser Entscheidung hat das Präsidium des Obersten Gerichts erstmals nach Abschaffung der Todesstrafe im Jahre 1987 zur Abgrenzung der zeitigen von der lebenslänglichen Freiheitsstrafe bei Mordverbrechen Stellung genommen. Daher sind einige grundsätzliche Bemerkungen zur Strafzumessung bei diesen Delikten angebracht. 1. Vorsätzliche Tötigungsdelikte sind von ihrer Anzahl her in der DDR gering. Auch nach Abschaffung der Todesstrafe ist kein Anstieg zu verzeichnen. Die Strafzumessung bei diesen Straftaten erfolgt mit dem Ziel, die Bürger nachdrücklich und wirksam vor Angriffen auf ihr Leben zu schützen. Auch für die zu den schwersten Verbrechen gehörenden Tötungsdelikte gilt das unser Strafrecht bestimmende Prinzip, die Tatschwere sowie die Täterpersönlichkeit differenziert zu bewerten und die Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit individuell festzulegen. Voraussetzung dafür ist die gründliche Aufklärung und exakte Feststellung aller erheblichen Umstände von Tat und Täter. Auf der Grundlage einer zusammenhängenden Beurteilung der die objektive Schädlichkeit und den Grad der Schuld kennzeichnenden Umstände ist die Tatschwere zu charakterisieren. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen: Je größer die objektive Tatschwere und der Grad der Schuld, desto geringer ist der Einfluß derjenigen Umstände aus dem Persönlichkeitsbereich des Täters au] die Strafzumessung, die über seine Erziehbarkeit und sein gesellschaftliches Verhalten Auskunft geben. In seiner Rechtsprechung hat das Oberste Gericht Orientierungen zur Strafzumessung bei Tötungsdelikten zur einheitlichen Rechtsanwendung herausgearbeitet. Sie umfassen die differenzierte Anwendung der Strafen bei Tötungsverbrechen nach den Grundsätzen des § 61 StGB; die grundsätzliche Gültigkeit des Strafrahmens von 10 bis 15 Jahren für versuchte und vollendete Mordverbrechen, wobei die Überschreitung der Mindeststrafe nicht allein damit begründet werden kann, daß ein vollendetes Verbrechen vorliegt; die Bewertung der objektiven Schädlichkeit nach Art und Weise der Tatbegehung, nach den dabei angewandten Mitteln und Methoden, der Intensität und Dauer der Handlung, den eingetretenen Folgen, dem Grad der verursachten Lebensgefahr für das Opfer beim Versuch; die Bewertung des Grades der Schuld. In schulderschwerender Hinsicht sind z. B. bestimmte Zielstellungen Motivationen, die erhebliche Intensität des Täterwillens, die Vorbestraftheit (insbesondere wegen Gewaltstraftaten) von;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 435 (NJ DDR 1989, S. 435) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 435 (NJ DDR 1989, S. 435)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

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