Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 396

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 396 (NJ DDR 1989, S. 396); 396 Neue Justiz 10 89 daß alle rechtlich regelungsnotwendigen Verhältnisse im Bereich der Beziehungen zwischen Individuum und Gesellschaft bzw. Staat und Bürger rechtzeitig rechtlich geregelt werden, und zwar auf der dafür verfassungsmäßig vorgesehenen Regelungsebene, die mit der Hierarchie der Normativakte im Einklang stehen muß. Dies ist gewissermaßen der Rechtsetzungsaspekt der Rechtsstaatlichkeit. 2. Sozialistischer Rechtsstaat ist dadurch charakterisiert, daß alle Bürger, alle Rechtssubjekte vor dem Gesetz gleich sind, ohne Privilegierung und ohne Diskriminierung den Gesetzen unterworfen werden. Es geht hier darum, die Gleichheit vor dem Gesetz als gleiche Verbindlichkeit des Rechts für alle zu verstehen, die Allgemeinverbindlichkeit des Gesetzes als subjektiven Anspruch des einzelnen auf Durchsetzung des Rechts auf dem gesetzlich dafür vorgesehenen staatlichen Weg zu interpretieren. Es handelt sich hierbei um den Rechtsanwendungsaspekt der Rechtsstaatlichkeit. Die Dialektik von Rechten und Pflichten, das Gleichgewicht zwischen beiden, spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Das gilt insbesondere in den Beziehungen zwischen Staat und Bürger. In diesen Beziehungen kann sich niemand, auch kein Staatsorgan, vom Gesetz freistellen. Die Selbstbindung des Staates an das von ihm selbst gesetzte Recht gilt solange, bis Rechtsvorschriften aufgehoben oder in dem dafür gesetzlich vorgesehenen Verfahren durch neue ersetzt wurden. Diese Selbstbindung des Staates an das Recht hat zwangsläufig zur Folge, daß das Recht als Regulator in allen gesellschaftlichen Bereichen zu verstehen ist und das heißt auch: als Maß der Machtausübung, als Maß politischer Entscheidungen, soweit sie auf rechtlicher Grundlage zu ergehen haben. 3. Sozialistischer Rechtsstaat ist dadurch charakterisiert, daß Rechtsvorschriften und die auf ihnen beruhenden Rechtsanwendungsentscheidungen in dafür rechtlich vorgesehenen Verfahren real durchsetzbar sein müssen. Diese 'Verfahren müssen für den Bürger überschaubar und von ihm handhabbar sein. Es handelt sich hierbei um den Rechtsdurchsetzungsaspekt der Rechtsstaatlichkeit. 4. Sozialistischer Rechtsstaat ist dadurch charakterisiert, daß es für den Bürger wie für den Staat Möglichkeiten der Korrektur falscher Entscheidungen gibt. Das erfordert einen juristischen Mechanismus, um Zweifel, die auf der einen oder anderen Seite bezüglich der Richtigkeit einer Entscheidung bestehen, überprüfen zu können. Es handelt sich hierbei um den Rechtskontrollaspekt der Rechtsstaatlichkeit, der außerordentlich große Bedeutung für das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Staat hat und der andererseits ein wichtiges Mittel ist, um tatsächliches Mit- und Selbstentscheiden der Bürger in ihren eigenen Angelegenheiten zu ermöglichen. 5. Sozialistischer Rechtsstaat ist dadurch charakterisiert, daß das Merkmal der sozialistischen Gerechtigkeit als zentrales Regulativ auf allen Ebenen wirkt. Dieser Aspekt, der als inhaltliche Diagonale alle vorstehend genannten vier Momente gewissermaßen durchzieht, bringt den entscheidenden inhaltlichen Unterschied zum bürgerlichen Rechtsstaat zum Ausdruck. Es handelt sich hierbei um den Gerechtigkeitsaspekt der Rechtsstaatlichkeit. Leistungsprinzip und Gerechtigkeit Wiewohl sich sozialistische Gerechtigkeit nicht im Leistungsprinzip erschöpft, bildet es dessen Kern. Denn: Das historisch höchstmögliche Maß an sozialer Gerechtigkeit im Sozialismus wird durch das Leistungsprinzip und seine konsequente Durchsetzung gewährleistet. Dabei geht es darum, die Beziehungen zwischen Leistungsprinzip und Recht, die Durchsetzung des Leistungsprinzips mit Hilfe des sozialistischen Rechts unverkürzt zu betrachten und zu begreifen. Auf eine solche Verkürzung trifft man aber immer dort, wo das Leistungsprinzip und seine Beziehungen zum Recht nur unter dem Gesichtspunkt der Verteilung von Gütern gesehen werden. Aber es geht doch zunächst und vor allem darum, die produktivitäts- und produktionsstimulierenden Seiten des Leistungsprinzips zum Tragen zu bringen, denn allemal kommt das Produzieren vor dem Verteilen. Natürlich ist die Verteilung eine der wichtigsten Funk- tionen des Leistungsprinzips. Aber es darauf zu reduzieren läßt außer acht, daß das Leistungsprinzip in seiner klassischen Marxschen Formulierung ja lautet: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung“. Das Leistungsprinzip besteht also auch aus einem Element, das die Fähigkeitsentwicklung der Leistungsträger berührt. Stärker als bisher ist in Theorie und Praxis zu überlegen, welche Ansatzpunkte es in den Beziehungen zwischen Recht und Leistungsprinzip gibt, um dieses Prinzip in seinen persönlichkeitsfördernden Potenzen voll zur Geltung zu bringen. Förderung der Persönlichkeit, Entfaltung der menschlichen Fähigkeiten heißt Individualitätsentwicklung. Damit wird eine wichtige Aussage des XI. Parteitages der SED berührt, nämlich, daß die sozialistische Gesellschaft selbst um so reicher wird, je reicher sich die Individualität ihrer Mitglieder entfaltet, und daß die Gesellschaft mit ihrem Fortschreiten immer günstigere Bedingungen dafür schafft.12 Individualitätsentwicklung ist im Sozialismus unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution und des Übergangs zur intensiv erweiterten Reproduktion in der Wirtschaft zu einem Kernproblem geworden. Ein weiterer Aspekt, der bisherigen Verkürzungen des Leistungsprinzips und seiner Beziehungen zum Recht zum Opfer gefallen ist, muß genannt werden: Das Leistungsprinzip ist auch als ein Regulativ zu begreifen, das den optimalen Einsatz der einzelnen Leistungsträger, die Nutzung ihrer fachlich-sachlichen Kompetenzen entsprechend den tatsächlichen Möglichkeiten gewährleisten kann. Das heißt: Vom Leistungsprinzip gehen auch Wirkungen auf die funktionell richtige Verteilung der Arbeitskräfte gemäß der gesellschaftlichen Arbeitsteilung aus. Die Wirkung besteht darin, daß jeder Werktätige in der Gesellschaft auf den Platz kommt, der seinen Fähigkeiten und seinem Sachverstand, seinen fachlichen Potenzen entspricht. Die konsequente Durchsetzung des Leistungsprinzips wendet sich damit gegen Subjektivismus beim Kadereinsatz. Überlegungen zum Verhältnis von Leistungsprinzip und sozialer Gerechtigkeit machen die Spezifik unseres Rechtsstaates als eines sozialistischen deutlich; sie veranschaulichen auch den diametralen Gegensatz zum bürgerlichen Rechtsstaat, der auf dem Profitprinzip aufbaut. Derartige Überlegungen sind auch deshalb wichtig, weil damit nachgewiesen werden kann, daß die moderne Rechtskonzeption des Sozialismus ein Ergänzungsstück zur modernen Wirtschaftskonzeption des Sozialismus ist. Rechtsstaatsgestaltung ist insofern ein wichtiger Aspekt der ökonomischen Potenz des sozialistischen Staates und Rechts sowie der Entfaltung beider. Zur Entwicklung einer marxistisch-leninistischen Rechtsstaatstheorie Obwohl der Begriff „sozialistischer Rechtsstaat“ wie oben erwähnt nicht als flächendeckender Begriff zu verstehen ist, berührt er durchaus solche Kategorien wie Gesetzlichkeit, Rechtssicherheit, Rechtsordnung usw., ohne aber mit diesen Kategorien identisch zu sein. Der Rechtsstaat des Sozialismus ist auch weder ein Justizstaat noch ein Verwaltungsstaat, weder ein Rechtswegstaat noch ein Eingabenstaat. Notwendig ist es allerdings, unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten über die Rolle der Justiz und der Verwaltung, über den Ausbau des Gerichtsweges und des Eingabenrechts weiter nachzudenken. Wenn wir den Begriff „sozialistischer Rechtsstaat“ inhaltlich so verstehen, daß er in funktioneller und struktureller Hinsicht sowie nach seiner Genesis Qualitätsmerkmale der rechtlichen Regelung und der staatlichen Tätigkeit im Bereich der Beziehungen zwischen Bürger und Staat bzw. Individuum und Gesellschaft ausdrückt, so wird klar, welche Bedeutung ein funktionierender Rechtsstaat für die politische Stabilität und für die Identifikation zwischen Bürger und Staat hat. Er ist ein Eckpfeiler, auf dem sich das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Staat entwickelt und festigt. Die theoretische Ausarbeitung von Konzeption und Begriff der sozialistischen Rechtsstaatlichkeit muß das spezifisch Sozialistische betonen und damit eine klassenmäßige Ab- 12 Vgl. E. Honecker, a. a. O., S. 59 f.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 396 (NJ DDR 1989, S. 396) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 396 (NJ DDR 1989, S. 396)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

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