Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 374

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 374 (NJ DDR 1989, S. 374); 374 Neue Justiz 9/89 den. Mit ihrer Hilfe gelang es rechtzeitig, sich bereits in den 60er Jahren abzeichnende wissenschaftlich-technische Entwicklungen zu berücksichtigen. Daher ist es heute und wahrscheinlich auch in absehbarer Zukunft möglich, neue Entwicklungen der wissenschaftlich-technischen Informationsspeicherung, wie z. B. Datenaufzeichnungen auf magnetisierbaren Trägermaterialien (Bänder, Disketten, Geldkarten, Kreditkarten usw.), beweisrechtlich zu erfassen. Diese Kategorie enthält Aufzeichnungen bzw. Fixierungen, die Signalparameter bzw. Speicherzustäride umfassen, denen in direkter analoger oder digitaler Zuordnung und Vereinbarung kommunikative Zeichen mit Bedeutungsinhalten zugeordnet wurden (z. B. Aufzeichnungen von Schrift, Sprache, Daten). Zu ihr gehören aber auch speziell zur Informationsspeicherung entwik-kelte künstlich-technische Verfahren, mit deren Hilfe auf materielle Träger beliebige Signale gespeichert werden können (z. B. Aufzeichnungen von stehenden und bewegten Bildern, von Geräuschen, Musik, Meßregistrierungen).4 Im Unterschied dazu hat sich die herkömmliche Kategorie „Beweisgegenstände“ unter dem Einfluß des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und der aus ihm erwachsenden Methoden, Mittel und Verfahren in ihrem bisherigen Verständnis als zu eng erwiesen, um alle Bereiche der Substanzanalyse zu erfassen. Zur Lösung dieses Problems ist entweder eine weite Auslegung des Begriffs „Beweisgegenstand“5 6 oder die Beschränkung dieses Begriffs mit Blick auf Form, Gewicht und Gestalt des Objekts bei gleichzeitiger Einführung eines neuen Erweiterungsbegriffs der gegenständlichen Sachlichkeit5 möglich. Von diesen beiden Varianten ist m. E. die letztere vorzuziehen. Eine gesetzgeberische Lösung des Problems erscheint insoweit angebrachter, als die weite Auslegung des Begriffs „Beweisgegenstand“ die Gefahr einer Überschreitung der sprachlichen Grenze des Begriffsinhalts einschließt. Das aber könnte dazu führen, daß bei analoger Anwendung dieses Begriffs Beweismittel in das Strafverfahren Eingang finden könnten, die vom Gesetz nicht zugelassen sind.7 Neben den bereits genannten Kategorien von Beweismitteln gewinnen auch die Sachverständigengutachten unter dem Einfluß des wissenschaftlich-technischen Fortschritts sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht zunehmende Bedeutung.8 Mit der Erschließung neuer wissenschaftlich-technischer Möglichkeiten für die Untersuchungspraxis erhöht sich der Umfang der gesicherten Spuren und damit die Zahl der Sachverständigengutachten.9 Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die beeindruckenden Entwicklungen nicht nur auf den Gebieten der Daktyloskopie, Trassologie, Ballistik und Schriftuntersuchung, sondern auch auf solchen Spezialgebieten wie der forensischen Chemie, Biologie, Akustik, die dem Sachverständigen neue Möglichkeiten im Identifizierungsprozeß eröffnen. Die zunehmende Bedeutung des Sachverständigengutachtens für die Beweisführung zeigt sich darin, daß die Sachkunde des Juristen mit dem Voranschreiten des wissenschaftlich-technischen Fortschritts immer häufiger nicht mehr ausreicht, um den Informationsgehalt bestimmter Beweismittel zu erschließen. Mit dem Anwachsen der Rolle von Sachverständigengutachten im Prozeß der Beweisführung sind zugleich zwei bereits heute zu beobachtende und künftig noch stärker in Erscheinung tretende Tendenzen in der Beweisführung verbunden: Die erste findet ihren Ausdruck in einem Ansteigen der Beweisführung durch Indizien bzw. Indizienbeweisketten. Dabei kommt den Sachverständigengutachten nicht selten eine Schlüsselrolle zu. Auf die Zulässigkeit einer solchen Beweisführung und die an sie zu stellenden Anforderungen wurde in der Rechtsprechung bereits mehrfach hingewiesen.10 11 Zur Beweisführung auf der Grundlage von Indizien heißt es in Abschn. IV Ziff. 1 Buchst, c der Beweisrichtlinie11: „Voraussetzungen für eine Verurteilung des Angeklagten sind in diesen Fällen, daß die für die Beweisführung erheblichen Informationen aus indirekten Beweismitteln wahr sind; diese beweiserheblichen Tatsachen in einem solchen logischen, widerspruchsfreien und lückenlosen Zusammenhang zueinanderstehen (Indizienkette), daß sie insgesamt zur zweifelsfreien Feststellung von Umständen führen, welche die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten begründen; sämtliche für die Entscheidung bedeutungsvollen Beweismöglichkeiten ausgeschöpft wurden und die Beweismittel keine Informationen enthalten, die den durch die Indizienkette begründeten Schlußfolgerungen entgegenstehen oder nicht erklärbare Widersprüche zu Einzelinformationen aus indirekten Beweismitteln begründen.“ Eine zweite Tendenz besteht darin, daß infolge naturwissenschaftlich-technischer und mathematischer Entwicklungen sowie auch wachsender rechentechnischer Möglichkeiten (Computertechnik) wahrscheinlichkeitstheoretische und mathematisch-statistische Erwägungen bei der Beurteilung des Beweiswerts bestimmter Informationen zunehmend im Strafverfahren zu beachten sind.12 * So geht Abschn. IV Ziff. 4 der Beweisrichtlinie vom 15. Juni 1988 im Unterschied zur Beweisrichtlinie vom 16. März 1978 ausdrücklich auf Fragen der Würdigung von Gutachteraussagen ein, die auf wahrscheinlichkeitstheoretischen und mathematisch-statistischen Methoden beruhen. Eine solche Entwicklung erfordert von den Juristen jedoch nicht nur neue Kenntnisse, sondern auch die Bereitschaft zum Verständnis naturwissenschaftlicher Denkweisen. Hier sind noch Vorbehalte abzubauen. Mit der Einführung mathematisch-statistischer Verfahren und der Wahrscheinlichkeitsrechnung in den Erkenntnis- und Beweisprozeß wird das Strafverfahren nicht erschwert, sondern effektiviert und zudem die Feststellung der Wahrheit auch in höherem Maße gewährleistet.15 Die Strafverfahrensrechtswissenschaft muß sich deshalb mit Blick auf die neuen Erkenntnisse der Kriminalistik und anderer forensischer Wissenschaften stärker als bisher der Frage nach den strukturellen Beziehungen innerhalb der Beweisführung im Strafverfahren zuwenden14, um im Ergebnis einer solchen strukturellen Erörterung der Beweisführung als formeller und inhaltlicher Analyse und Synthese ggf. rechtzeitig rechtliche Regelungserfordernisse erkennen zu können. Methoden, Mittel und Verjähren bei der Suche, Sicherung, Fixierung und Würdigung von Beweismitteln Beweismittel dürfen bekanntlich nur insoweit zur Beweisführung herangezogen werden, als sie selbst auf gesetzlichem Wege erlangt wurden. Auf die Frage, welche Methoden, Mittel und Verfahren bei der Suche, Sicherung, Fixierung und Würdigung von Beweismitteln verwendet werden dürfen, gibt die StPO keine erschöpfende Antwort. In §§ 25 bis 51 StPO sind zwar eine Reihe von Bestimmungen enthalten, die einen gewissen Bezug zu dieser Frage haben (z. B. Vernehmung von Beschuldigten und Zeugen; Protokollierung ihrer Aussagen; Erstattung von Sachverständigengutachten), dennoch bleiben aber die meisten dieser Methoden, Mittel und Verfahren außerhalb der gesetzlichen Regelung. Da sie eng mit dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt verbunden und infolge- 4 Vgi- Ch. Koristka, „Zu einigen theoretischen Aspekten der Beweisführung mit sachlichen Beweismitteln und zur Verwendung von Schall- und Videoaufzeichnungen im Strafprozeß“, OG-Informationen, Sdr. 1987, S. 170 ff. (174). 5 Nach Koristka könnte man bei dieser Möglichkeit davon ausgehen, daß „der Begriff des Gegenstandes keinerlei Grenzen in der Ausdehnung der Objekte beinhaltet und im weitesten Sinne alle Bausteine der Materie, sind sie nur materieller Natur,- erfassen kann“ (a. a. O., S. 173 f.). 6 Koristka schlägt für diese Variante den neu einzuführenden Begriff „Substanz“ vor (a. a. O., S. 174). 7 Zum Verhältnis extensiver Auslegung und Analogie vgl. K.-H. Röhner, „Analogie im Strafverfahrensrecht und Voraussetzungen ihrer Anwendung“, NJ 1987, Heft 4, S. 143 f. 8 Vgl. H. Pfeil J. Minx, „Mitwirkung von Sachverständigen in Strafverfahren“, NJ 1989, Heft 5, S. 181 ff. 9 Vgl. K. Spindler, „Zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Grundlagen für die Anwendung von Sachverständigengutachten im sozialistischen Strafverfahren", OG-Informationen, Sdr. 1987, S. 81 ff. 10 Vgl. insbes. OG, Urteil vom 7. Februar 1974 5 Ust 83/73 (NJ 1974, Heft 8, S. 242); BG Erfurt, Urteil vom 10. Juli 1981 - 3 BSB 317/31 (NJ 1982, Heft 6, S. 288); OG, Urteil des Präsidiums vom 5. Februar 1981 I Pr 1 15 2/80 (Auszug in: OG-Informa-tionen 1986, Nr. 5, S. 53); OG. Urteile vom 23. April 1981 - 2 OSK 8/81 (OG-Informationen 1981, Nr. 4, S. 29); vom 6. Mai 1982 2 OSK 9/32 - (OG-Informationen 1982, Nr. 6, S. 3); vom 1. Oktober 1985 - 3 OSK 18,85 - (OG-Informationen 1985, Nr. 5, S. 40). 11 Vgl. Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß Beweisrichtlinie vom 15. Juni 1988 (GBl. I Nr. 15 S. 171; NJ 1988, Heft 8, S. 315). 12 Vgl. A. Forker, „Zur Wirksamkeit des Strafprozeßrechts Wechselwirkung von Kriminalistik und Strafprozeßrechtswissenschaft“, in: Zur Entwicklung des sozialistischen Strafverfahrensrechts der DDR Wesenszüge, Probleme, Perspektiven, Leipzig 1985, S. 168 ff.; D. Bohndorf, „Beweisführung und Wahrscheinlichkeit", in: Zur Entwicklung des , a. a. O., S. 177 ff.; A. Forker, „Strukturelle Probleme und Wahrscheinlichkeitsrechnung im Beweisprozeß“, OG-Informationen, Sdr. 1987, S. 155 ff.; K. Hoff-mann. „Wahrscheinlichkeitstheoretische Aspekte bei der Expertisentätigkeit“, Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität Berlin, Reihe Gesellschaftswissenschaften, 1988, Heft 5, S. 444 ff. 13. Vgl. A. Forker, „Strukturelle Probleme und Wahrscheinlich- 14 Vgl. A. Forker, „Zu Strukturfragen im Erkenntnis- und Verifi-keitsrechnung im Beweisprozeß“, OG-Informationen, Sdr. 1987, S. 167. kationsprozeß“, in: Festschrift für Erich Buchholz, Berlin 1987, Bd. 2, S. 235 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 374 (NJ DDR 1989, S. 374) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 374 (NJ DDR 1989, S. 374)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

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