Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 352

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 352 (NJ DDR 1989, S. 352); 352 Neue Justiz 9/89 Staats- und Rechtstheorie Karl Polak und Peter A. Steiniger, für das Zivilrecht Heinz Such und Hans Nathan, für das Strafrecht Hilde Benjamin und Hans Geräts (damals Lehrgangsleiter an der Zentralen Richterschule der DDR), für das Verwaltungsrecht Herbert Kröger. Die Diskussionen waren für alle Seiten fruchtbar; sie waren schöpferisch und kritisch. Sie waren bei aller Achtung vor den Konsultanten nicht durch ein Lehrer-Schüler-Verhältnis geprägt, sondern durch auf Leistung beruhende gegenseitige Achtung. Nicht selten haben die Aspirantenkollektive ihre schriftlich fixierte Auffassung beibehalten, obgleich einzelne Konsultanten widersprachen. Das Prinzip der Kritik und Selbstkritik galt für alle, für Lehrgangsteilnehmer wie für wissenschaftliche Konsultanten. M. Posch: Für das Kollektiv der Zivilrechtler wie wohl ebenso für die übrigen Lehrgangsteilnehmer galt, daß wir uns in unseren Absichten, in Weltanschauung und Wertungen einig waren, daß wir, die wir kritisch und unbefriedigt die alte, im wesentlichen bürgerliche Ausbildung absolviert hatten, zu deren radikaler Veränderung entschlossen waren, daß es uns um Lehren und Konsequenzen aus der selbst erlebten Geschichte ging, daß wir im Marxismus die einzige konsequente Alternative sahen. Wie gingen die Aspiranten, die ja gerade erst ihr Studium abgeschlossen hatten, inhaltlich an die Ausarbeitung marxistischer juristischer Vorlesungen heran? Aus welchen Quellen schöpften sie ihre Erkenntnisse? K.-H. Schöneburg: Alle vier Arbeitskollektive waren bestrebt, die einschlägigen, unmittelbar auf Staat und Recht bezogenen oder mittelbar mit ihnen verbundenen Aussagen der Klassiker des Marxismus-Leninismus für die Vorlesungsmanuskripte fruchtbar zu machen. Wir nutzten vor allem folgende Werke; das „Kommunistische Manifest“, „Das Kapital“, „Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850“, „Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“, „Das Elend der Philosophie“, „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“, die vier Bände mit dem Briefwechsel von Marx und Engels und die zwei Bände mit Lenins „Ausgewählten Werken“. Wir legten großen Wert darauf, nicht den nur scheinbar leichteren Weg über Sekundärliteratur zu gehen, sondern stets mit den Originalquellen zu arbeiten. Hermann Klenner ist hier mit gutem Beispiel vorangegangen. Natürlich war unsere Arbeit nicht frei von Umwegen, Irrtümern und Fehlern. So rechnete man seinerzeit ja auch Stalin zu den Klassikern des Marxismus-Leninismus, und sein Buch „Fragen des Leninismus“ gehörte zu unserer wichtigsten Literatur. Stalins vereinfachende, oftmals dogmatische und auch unmarxistische Positionen wurden von uns weitgehend rezipiert. Das betraf z. B. das Wesen des sozialistischen Rechts und der sozialistischen Gesetzlichkeit, die Funktionen des sozialistischen Staates, die verhängnisvolle These von der gesetzmäßigen Verschärfung des Klassenkampfes im Prozeß des sozialistischen Aufbaus. Unmittelbar vor Beginn unseres Lehrgangs war Stalins Arbeit „Der Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft“ erschienen. Dort vertrat er dogmatisch verengte Auffassungen zur Dialektik von Basis und Überbau, in denen der Überbau ausschließlich als aus Institutionen und Ideen der herrschenden Klasse bestehend charakterisiert wurde. Daraus folgte u. a., daß die Reflexion von Klassenkräfteverhältnissen in Staat und Recht negiert wurde und damit sowohl hinsichtlich des bürgerlichen als auch des sozialistischen Staates eine unrealistische Position um sich griff. Zu unseren Basismaterialien gehörten selbstverständlich die Beschlüsse der SED in ihrer staats- und rechtswissenschaftlichen Relevanz. Dabei fiel es uns durchaus noch schwer zu erkennen, daß es sich bei diesen Beschlüssen um angewandte Theorie handelte, um keine wissenschaftlichen Lehrbücher, daß also die Aufgabe gestellt war, die in den Parteibeschlüssen enthaltene Theorie zu heben bzw. aus ihnen Konsequenzen juristischer Natur selbständig abzuleiten. In diesem Zusammenhang sind auch zahlreiche Arbeiten von Mitgliedern der Parteiführung zu nennen, die für die Staats- und Rechtswissenschaft und unsere Arbeit bedeutsam waren. Als ein Beispiel unter vielen sei auf Otto Grotewohls Schrift „Deutsche Verfassungspläne“ aus dem Jahre 1947 hingewiesen. Für das Kollektiv Staats- und Rechtstheorie möchte ich noch eine Besonderheit hervorheben: Wir betrachteten auch die schöngeistige Literatur als eine Quelle für staats- und rechtstheoretische Einsichten. Die von uns ausgearbeiteten ersten Vorlesungsprogramme. enthielten in den Literaturhinweisen immer eine Rubrik „schöngeistige Literatur“; dazu gehörten z. B. zum Abschnitt „Der bürgerliche Staat und sein Recht“ solche Werke wie Brechts „Dreigroschenroman“, Feuchtwangers „Erfolg“ oder Dreisers „Eine amerikanische Tragödie“. Wenn man in das Register der Jahrgänge 1947 bis 1951 der „Neuen Justiz" schaut, findet man nur wenige Beiträge sowjetischer Rechtswissenschaftler. Erwähnt seien Aufsätze von Anissimow und Koshewnikow zu völkerrechtlichen Fragen, von Kudrjawzew und Trainin zu Grundproblemen des Strafrechts, von Siws zur Gerichtsverfassung. Die Zeitschrift „Rechtswissenschaftlicher Informationsdienst“, die Übersetzungen von Beiträgen aus der Sowjetunion und anderen sozialistischen Ländern brachte, erschien erst seit August 1952 (und wurde leider 1959 wieder eingestellt). Wie machten sich die Lehrgangsteilnehmer unter diesen Bedingungen mit der sowjetischen juristischen Literatur vertraut? K.-H. Schöneburg: Ja, die Arbeiten sowjetischer Staats- und Rechtswissenschaftler waren die zweite große Erkenntnisquelle unseres Aspirantenkollektivs, aber die Kenntnisnahme dieser Publikationen unterlag damals noch vielfachen Zufälligkeiten. So waren die russischen Sprachkenntnisse der meisten von uns sehr dürftig und reichten nicht aus, um die Originale selbst auszuwerten. Überhaupt waren die Übersetzungskapazitäten damals noch begrenzt. Die Gruppe der Staats- und Rechtstheoretiker befand sich insofern in einer günstigen Lage, als Rudolf Arzinger über perfekte russische Sprach- und Literaturkenntnisse verfügte. Unter seiner Leitung wurden dann in den Jahren 1953/54 Übersetzungen wichtiger staats- und rechtstheoretischer Arbeiten aus der UdSSR veröffentlicht. Daß viele der von uns verwerteten sowjetischen juristischen Publikationen seinerzeit vom Personenkult um Stalin und dessen Auffassungen geprägt waren und daß dies auch unsere Ausarbeitungen beeinflußte, sei nur am Rande erwähnt. M. Posch: Ich möchte das am Beispiel des Zivilrechts verdeutlichen. Uns stand schon bald nach Beginn des Lehrgangs eine von Heinz Such betreute Rohübersetzung des Lehrbuchs „Sowjetisches Zivilrecht“ von Genkin, Bratus, Lunz und No-wizki zur Verfügung. Das später, 1953, im damaligen Zentralverlag veröffentlichte Buch löste unter uns lebhafte Diskussionen über Wissenschaftlichkeit, Parteilichkeit, Stil der Kritik, Traditionen u. a. m. aus, wobei doch im Ergebnis das sowjetische Postulat als historisch begründetes .Axiom prinzipiell akzeptiert wurde, das sowjetische Recht sei als Recht höheren Typs eo ipso das Recht in seiner höchsten Form. Ergänzt wurde diese Annahme durch ein für das Zivilrecht wesentliches anderes Axiom, ausgedrückt etwa durch das im genannten Lehrbuch besonders hervorgehobene Stalinzitat (von 1938), daß „der Kollektivismus, der Sozialismus, die individuellen Interessen mit den Interessen des Kollektivs in Einklang bringt“. Solche Publikationen beeinflußten uns in unseren Vorstellungen von den Möglichkeiten sozialistischer Rechtsentwicklung, allerdings bis dahin, als führten sozialistische Wirkungsbedingungen wie die vorherrschende Existenz des Volkseigentums automatisch zu einer Steigerung der Arbeitsproduktivität.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 352 (NJ DDR 1989, S. 352) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 352 (NJ DDR 1989, S. 352)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts vom zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Anweisung des Generalstaatsanwaltes der wissenschaftliche Arbeiten - Autorenkollektiv - grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von Beschuldigten und bei Verdächtigenbefragungen in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Zu den Möglichkeiten der Nutzung inoffizieller Beweismittel zur Erarbeitung einer unwiderlegbaren offiziellen Beweislage bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren! Die Beratungen vermittelten den beteiligten Seiten jeweils wertvolle Erkenntnisse und Anregungen für die Untersuchungsarbeit, Es zeigte sich wiederum, daß im wesentlichen gleichartige Erfahrungen im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und im Zusammenwirken mit den verantwortlichen Kräften der Deutschen Volkspolizei -und der Zollverwaltung der DDR; qualifizierte politisch-operative Abwehrarbeit in Einrichtungen auf den Transitwegen zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher vorzunehmen, zumindest aber vorzubereiten. Es kann nur im Einzelfall entschieden werden, wann der erreichte Erkenntnisstand derartige Maßnahmen erlaubt.

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