Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 323

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 323 (NJ DDR 1989, S. 323); Neue Justiz 8/89 323 werkschaftsbundes bildete eine Abkehr von der bis dahin für Juristen typischen berufsständischen Organisiertheit, die sich für Justizjuristen über den Bund der Richter und Staatsanwälte (Deutscher Richterbund) vollzog. Der in seiner verbandspolitischen Arbeit ursprünglich konservativ ausgerichtete Deutsche Richterbund21 hatte nach dem zweiten Weltkrieg wesentlichen Anteil an der Verharmlosung und Rechtfertigung der nazistischen Justizverbrechen und an der personellen Restauration des Justizapparates in der BRD.22 Zugleich waren und sind für sein Wirken die Propagierung einer Neutralität der Justiz und eines die Kapitalherrschaft stützenden Richterbildes genauso charakteristisch wie die Negierung der sozialen Realität bei der Behandlung rechtlicher Fragen und eine systemgerechte Einflußnahme auf die politischen, rechtlichen, moralischen und ethischen Anschauungen des Richters, aus denen Wertungen, Maßstäbe und Haltungen erwachsen, die die Rechtsanwendung unmittelbar beeinflussen. Im bewußten Gegensatz dazu setzte in der Fachgruppe der Gewerkschaft ÖTV durch Richter und Staatsanwälte eine Aufarbeitung der faschistischen Justizgeschichte ein, wurden aktuelle soziale und politische Konflikte zum Gegenstand von Diskussionen22, wurde um ein neues, die soziale Verantwortung des Richters betonendes Richterbild gerungen. Das zumeist von sozialreformistischen Positionen getragene aktive gewerkschaftliche Engagement wurde insbesondere in den 80er Jahren durch das Mitwirken in der Friedensbewegung ergänzt. Der Prozeß der Institutionalisierung alternativer Vereinigungen im juristischen Bereich setzte sich fort mit der Gründung der Demokratischen Juristenvereinigung im Jahre 1971, die heute den Namen Vereinigung Demokratischer Juristin-nen und Juristen in der BRD und Berlin (West) e. V. (VDJ) trägt. In der Satzung werden die Ziele der Organisation, die vor allem Rechtsanwälte, Studenten, Gewerkschaftsjuristen, Rechtswissenschaftler, aber auch Richter und Staatsanwälte umfaßt, wie folgt bestimmt: „Die Vereinigung . handelt auf Grund des historischen Auftrages der Verfassung, den Faschismus zu verhindern, und in der Erkenntnis, daß Freiheit nur durch soziale Gerechtigkeit zu ermöglichen ist. Deshalb wendet sie sich gegen demokratisch nicht kontrollierte Konzentration und Ausübung wirtschaftlicher und politischer Macht, tritt ein für gleichberechtigte Mitwirkung aller Bürger von Staat und Gesellschaft und unterstützt die arbeitende Bevölkerung in ihrem Bestreben im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben im Wege demokratischer Willensbildung, Kontrolle und Entscheidungsgewalt. “2'‘ Entsprechend diesen Satzungszielen vollzieht sich gegenwärtig das Friedensengagement der VDJ in verschiedenen Formen. Dazu gehören u. a. die Förderung der Initiative „Richter und Staatsanwälte für den Frieden“, die Unterstützung von Friedensdemonstranten in juristischen Verfahren und das Initiieren internationaler Konferenzen wie der Konferenz „Juristen gegen Kriegsgefahr in Europa“.25 26 Auf dieser Konferenz betonte der Vorsitzende der VDJ die gesell-schafts- und berufspolitische Verantwortung der Juristen: „Juristen sind nur selten ihrer Zeit voraus, sie sollten allerdings auf der Höhe der Zeit sein und sich drängenden Fragen der Zeit stellen, die gegenwärtig in besonderer Weise über Krieg und Frieden entscheiden.“25 Die VDJ arbeitet eng mit anderen nationalen demokratischen Organisationen, wie der Humanistischen Union, dem Republikanischen Anwaltsverein, der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes, den Gewerkschaften, der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen, und internationalen Organisationen, wie der Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen, zusammen. Ihr friedenspolitisches Wirken steht in engem Zusammenhang mit der Aufarbeitung der faschistischen deutschen Vergangenheit im allgemeinen, der Rolle der Justiz im Dritten Reich im besonderen und mit dem Kampf gegen Neofaschismus in der BRD.27 Des weiteren tritt die VDJ für soziale Rechte der Werktätigen28 29 30, gegen die Berufsverbotspraxis, die Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts und die Zunahme staatlicher Überwachungspraktiken ein. Die Breite des fortschrittlichen und gesellschaftspolitischen Wirkens der VDJ zeigt sich auch in der Hinwendung zu Fragen der Gentechnologe, des Wirtschafts- bzw. Technologierechts und ähnlichen Problemen. Ende der 70er Jahre fanden auch die sich im anwaltschaft-lichen Bereich vollziehenden Differenzierungsprozesse mit der Gründung des Republikanischen Anwaltsvereins als Alternativorganisation zum systemstützenden Deutschen Anwaltsverein ihren institutioneilen Ausdruck. Dieser Zusammenschluß demokratischer Rechtsanwälte wendet sich mit seiner Tätigkeit gegen den Abbau demokratischer Rechte von Bür- gern und gegen die Eingriffe in die Verteidigungsrechte, denn es gelte, „angesichts der politischen Situation nicht Standesinteressen zu vertreten, sondern Beistandsfunktion des Rechtsanwalts für den Bürger gegen staatlichen und wirtschaftlichen Machtanspruch zu verwirklichen“.--1 Unter den zu Beginn der 80er Jahre im Justizbereich gegründeten Diskussions- und Arbeitskreisen erlangte der Rich-terratschlag größere Bedeutung: Er wurde zu einem kontinuierlichen Forum entwickelt, auf dem sich Richter und Staatsanwälte zweimal im Jahr zur Erörterung rechtspolitischer Themen zusammenfinden. Motiv für die ersten Zusammenkünfte war die Frage, „wie in einer sich zuspitzenden gesellschaftlichen Krise kritikbereite Richter und Staatsanwälte sich selbst widerstandsfähig machen oder erhalten können, wie sie sich den Zumutungen der Mächtigen an die Justiz widersetzen und den Menschenrechten und Grundsätzen der Verfassung radikal Geltung verschaffen können“.38 Die Zahl der Mitwirkenden stieg von 30 beim 1. Richterratschlag auf rund 300 beim 14. Richterratschlag 1989. Der Kreis der Teilnehmer umfaßt Justizvertreter der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Arbeits- und Sozialgerichte, der Finanzgerichte und Vertreter der Staatsanwaltschaften der unteren und mittleren Instanzen. Dieser sich innerhalb bürgerlich-demokratischer und liberaler Positionen bewegende lose Zusammenschluß bildet ein wichtiges demokratisches Potential innerhalb der Justiz und der alternativen demokratischen Bewegungen und Organisationen in der BRD. Das erklärt sich sowohl durch die Kontinuität seines Wirkens, seine steigenden Teilnehmerzahlen und die Breite der behandelten Themen (Frieden, Umwelt, Demokratie, politische Justiz, ökonomische Krise, Technikentwicklung, Justizabhängigkeit von der Exekutive)31 als auch durch sein aktives Engagement in der Friedensbewegung. Seinen spezifischen politischen Wert gewinnt der Richterratschlag insbesondere durch das zunehmende Gespür der Justizjuristen für ihre politische Verantwortung in der Gegenwart, die Durchbrechung des traditionellen Richterbildes, die besonders durch die Auseinandersetzung mit der Rolle der Justiz in der Zeit des Faschismus erreicht wurde, und die Kritik an Eingriffen der Exekutive in den verfassungsrechtlich normierten Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit. Zu den organisatorischen Zusammenschlüssen, die aktiv in das Ringen um den Frieden eingreifen, gehört auch die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristen (ASJ), die beispielsweise eine umfassende Stellungnahme zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Strafbarkeit von Sitzblockaden verfaßte. Darin fordert sie die unverzügliche Novellierung des Nötigungstatbestands und eine Generalamnestie für alle Bürger, die wegen friedlicher und gewalt-freier Sitzblockaden verurteilt wurden.32 Die ASJ war außerdem Mitunterzeichner der Abschlußerklärung der Internationalen Konferenz „40 Jahre Nürnberger Prozesse“, in der u. a. die Forderung erhoben wurde, die ,,-SS-Traditions- Fortsetzung auf S. 325 21 Vgl. H. Wrobel, „Der Deutsche Richterbund im Jahre 1933“. Deutsche Richterzeitung 1983. Heft 5. S. 158; J. R. Wenzlau. Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwestdeutschland 1945 1949. Königstein (Taunus) 1979. S. 16. 22 In der offiziellen Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Wirken von Juristen an den Sondergerichten im zweiten Weltkrieg hieß es: „Die bloße Zugehörigkeit zu einem Sondergericht, die Tätigkeit als Kriegsrichter oder bei einer Anklagebehörde stellen für sich allein noch keine Belastung dar.“ Vgl. Deutsche Richterzeitung 1960, Heft 4, S. 97. 23 Zu den politischen Tätigkeitsfeldern der Fachgruppe in den 80er Jahren gehört beispielsweise der Kampf um die Verteidigung des Streikrechts. Vgl. z. B. die Stellungnahme der Fachgruppe zur geplanten Neuregelung des §116 Arbeitsförderungsgesetz, in: ÖTV in der Rechtspflege 1986, Heft 34. S. 12 f. 24 Vereinigung Demokratischer Juristen (Hrsg.), Zur rechtspolitischen Entwicklung in der BRD, Rechtspolitik aktuell (Köln) 1981, Nr. 2 S. 9 f. 25 Diese Konferenz fand am 20. und 21. März 1982 in Frankfurt am Main statt. Vgl. N. Paech.G. Stuby, Juristen gegen Kriegsgefahr in Europa. Köln 1983. 26 Vgl. N. Paech G. Stuby, a. a. O., S. 12. 27 Vgl. z. B. die Abschlußerklärung der von der VDJ initiierten Internationalen Konferenz „40 Jahre Nürnberger Prozesse“. NJ 1986, Heft 2. S. 48 f. 28 Vgl. D. Hensche M. Kutscha (Hrsg.), Recht und Arbeiterbewegung. Köln 1987, insbesondere S. 13 ff. 29 Aufruf zur Gründung einer bundesweiten Anwaltsvereinigung zur Verteidigung der freien Advokatur, in: H. Hannover/W. Holfort G. Mauz (Hrsg.). Strafverteidigung und Anwaltsorganisation, Frankfurt am Main 1979, S. 75. 30 H. Hurlin Ratschläge für verantwortliche Richter“, Betrifft Justiz 1985. Heft 2, S. 73. 31 Beispielsweise behandelten der 4. Richterratschlag das Thema Die ökonomische Krise vor Gericht“, der 8. Richterratschlag das Thema „Neue Techniken und ihre Auswirkungen auf das Recht“ und der 9. Richterratschlag das Thema „Das Politische im Prozeß - der politische Prozeß“. 32 Vgl. Recht und Politik 1987, Heft 1, S. 50.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 323 (NJ DDR 1989, S. 323) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 323 (NJ DDR 1989, S. 323)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit und die Hauptvvege ihrer Verwirklichung in Zusammenhang mit der Dearbeitung von Ermittlungsverfahren. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Arbeit des stellen. Diese neuen qualitativen Maßstäbe resultieren aus objektiven gesellschaftlichen Gesetzmäßigkeiten bei Her weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Das Auftreten von subjektiv bedingten Fehlhaltungen, Mängeln und Unzulänglichkeiten. Das Auftreten von sozial negativen Erscheinungen in den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungsbedingungen beim Erzeugen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern durch den Gegner in zwei Richtungen eine Rolle: bei der relativ breiten Erzeugung feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen und ihrer Ursachen und Bedingungen; die Fähigkeit, unter vorausschauender Analyse der inneren Entwicklung und der internationalen Klassenkampf situation Sicherheit rforde misse, Gef.ahrenmomsr.tQ und neue bzw, potenter. werdende Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zu leiten und zu organisieren. Die Partei ist rechtzeitiger und umfassender über sich bildende Schwerpunkte von Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zu leiten und zu organisieren. Die Partei ist rechtzeitiger und umfassender über sich bildende Schwerpunkte von Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen bei Bürgern der einzudringen und Grundlagen für die Ausarbeitung wirksamer Geganstrategien zum Kampf gegen die Aktivitäten des Gegners zu schaffen.

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