Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 29

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 29 (NJ DDR 1989, S. 29); Neue Justiz 1/89 .i 29 Zur Diskussion Strafrechtliche Verantwortlichkeit w6gen Diebstahls Prof. Dr. sc. ERICH BUCHHOLZ, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Prof. Dr. sc. DIETMAR SEIDEL, Sektion Rechtswissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig Die Beurteilung strafrechtlicher' Verantwortlichkeit wegen Diebstahls bedarf nicht selten einer detaillierten Prüfung eigentunisrechtlicher Vorfragen oder des Zusammenhangs von objektiven und subjektiven Tatumständen.1 Bei der Tatsachenfeststellung ist z. B. stets exakt zu beachten, daß zum Zeitpunkt der vorsätzlichen Wegnahme der Sache die Absicht rechtswidriger Zueignung Vorgelegen haben muß. Eine besondere Problematik ist auch der Irrtum (§ 13 StGB), dessen verschiedene Konstellationen genau zu unterscheiden sind. Beachtlich ist gemäß § 13 StGB ein Irrtum über gesetzliche Tatumstände, so insbesondere hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse am angegriffenen Objekt. Wer irrtümlich annahm, daß die Sache, die er wegnimmt, seine eigene ist, begeht keinen Diebstahl. Wer mit Diebstahlsvorsatz, also einschließlich rechtswidriger Züeignungsabsicht, eine Sache an sich brachte, die in Wirklichkeit ihm gehört, aber irrtümlich annahm, sie sei fremdes Eigentum, erfüllt mit dieser Handlung gleichfalls nicht den Tatbestand des Diebstahls; in diesem Fall wäre zu erwägen, ob versuchter Diebstahl vorliegt. " w' ' Für die „Verwechslung“ von sozialistischem und persönlichem (bzw. privatem) Eigentum, also den Fall des Irrtums über die Art des angegriffenen Eigentums, enthält §157 Abs. 3 StGB eine spezielle Regelung. Ein'solcher Irrtum ist daher strafrechtlich belanglos.2 Ebenso ist der Irrtum hinsichtlich einer bestimmten Sache (z. B. die Verwechslung von Damen- und Herrenfahrrad) grundsätzlich unbeachtlich. Die betreffenden Strafvorschriften schützen jegliches Eigentum, imgeachtet der Art und Beschaffenheit der jeweiligen Sache. Anders ist die rechtliche Situation jedoch, wenn sich der Täter hinsichtlich des Wertes des Entwendeten grundlegend irrt und dieser Irrtum strafrechtlich relevant ist (z. B. die entwendete Geldbörse aus einer Einkaufstasche enthält nicht, wie vermutet, 10 M, sondern 300 M). Der Wert des Entwendeten (bzw. dör Umfang des dadurch verursachten oder beabsichtigten Schadens) ist unter zwei Gesichtspunkten bedeutsam und hinsichtlich des Irrtums relevant: Das Gesetz unterscheidet im Hinblick: auf den Wert des Entwendeten .zwischen Vergehen und Verbrechen '(§§ 161, 162, 180, 181 StGB); bei geringem Wert stellt die Wegnahme lediglich eine Verfehlung (§§ 160, 179 StGB) dar, die nicht der strafrechtlichen Verantwortlichkeit unterliegt. Wenn insoweit zwischen der Vorstellung des Täters und der objektiven Realität des Wertes des Entwendeten erhebliche Unterschiede bestehen also objektive und subjektive Seite auseinanderfallen , kann dies strafrechtlich bedeutsam werden. Stellt sich beispielsweise der Wert einer Sache, den der Täter bei der Wegnahme für gering (unter 50 M) hielt,. schließlich als wesentlich größer dar (z. B. 500 M), so kann der Täter lediglich wegen einer Eigentumsverfehlung zur Verantwortung gezogen werden; Entsprechendes gilt für die Relation von Vergehen und Verbrechen.2 In solchen Fällen wird allerdings immer auch zu prüfen sein, ob-und wann dem Täter sein Irrtum bewußt wurde und wie er sich danach verhielt. Wenn ihm und sei es auch nur in der Form des indirekten Vorsatzes später der erheblich größere Wert der weggenommenen Sache bewußt wurde und er sie dennoch behielt, kommt eine strafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß §§ 158 bzw. 177 StGB (3. Alternative: Zueignung von „auf andere "Weise in seinen Besitz gelangten Sachen“) in Betracht. Strafrechtliche Verantwortlichkeit ist auch dann zu bejahen, wenn sich der Täter mit Diebstahlsvorsatz rechtswidrig fremdes Eigentum aneignet, dessen realen Wert er überhaupt nicht einschätzen kann, und er sich darüber auch prinzipiell im klaren ist (z. B. wenn er aus einem Antiquariat oder aus einem Warenlager Gegenstände wahllos entwendet, in der Hoffnung, diese gewinnbringend weiterveräußern zu können). Unter solchen Umständen ist bedingter Vorsatz im Hinblick auf den Wertumfang so offensichtlich, daß sich Erörterungen über ein Auseinanderfallen von objektivem und subjektivem Handlungsanteil bzw. über einen rechtlich beachtlichen Irrtum erübrigen. Relevant kann ein Irrtum hinsichtlich des Wertes des Entwendeten schließlich auch unter dem Aspekt der Strafzumessung (§ 61 StGB) sein. Dem Täter kann auch bei der Strafzumessung stets nur das zugerechnet werden, was von seiner Schuld umfaßt war; denn der Grad der Schuld wird in erster Linie von den objektiven Tatumständen bestimmt (so insbesondere vom Wert des Entwendeten bzw. vom Ausmaß des verursachten oder beabsichtigten Schadens). Da der Diebstahl ein- Vorsatzdelikt ist, können als direkte Folgen (Schaden) nur vom Vorsatz umfaßte objektive Umstände berücksichtigt werden, namentlich solche, die den Wert des Entwendeten bzw. den Umfang des Schadens betreffen. Fahrlässigkeit scheidet hier wie auch hinsichtlich eines Irrtums über die Eigentumsverhältnisse an der weggenommenen Sache aus. (Die Wegnahme'einer Sache, die der Täter fahrlässig für seine eigene hielt, begründet keine Verantwortlichkeit wegen Diebstahls.) Tatsächlich und rechtlich ist also stets zwischen wesentlichen (strafrechtlich relevanten) und unwesentlichen' (strafrechtlich unerheblichen) Nichtübereinstimmungen zwischen objektivem Tatverhalten und subjektiver Zielstellung zu unterscheidend Diese Fragen sind anhand der im jeweiligen Straftatbestand enthaltenen gesetzlichen Merkmale zu beantworten. Dabei sind entsprechend dem materiellen Straftatbegriff im Strafrecht der DDR und den gesetzlichen Differenzierungskriterien der Wert des angegriffenen Objekts, seine objektive Existenz und seine subjektive Repräsentation im Bewußtsein des Täters von erheblicher Bedeutung. 1 Vgl. E. Buchholz/D. Seidel, „Strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Abweichungen vom angestrebten Handlungsziel“, NJ 1973, Heft 17, S. 505 ff. 2 Vgl. OG, Urteil vom 3. Mai 1972 - 2 Zst 10/72 - (NJ 1972, Heft 15, S. 458). 3 Falls jedoch dem Töter jegliche Vorstellung von dem (einen schweren Fall begründenden) hohen Wert des Entwendeten fehlt, kann er nur im, Rahmen der (weit geringeren) Wertgröße zur Verantwortung gezogen werden, die ihm zuzurechnen ist (vgl. § 11 Abs. 1 StGB). Findet der Täter in einem Tresor statt der erwarteten 20 000 M " Lohngelder zufällig nur 200 M vor, so kann ein versuchtes Verbrechen gemäß § 162 Abs. 1 Ziff. 1 StGB vorliegen. / * Erhebung von Mehrfachgebühren jin Verwaltungsrecht Prof. Dr. sc. WOLFGANG SURKAU, Berlin I. Der Beitrag L. Bodens in NJ 1988, Heft 12, S. 500 f., über die nachträgliche Bauzustimmung bei Bevölkerungsbauwerken und die. in 'diesem Fall zu entrichtende lOfache Gebühr fordert zur Diskussion über den Rechtscharakter von sog. Mehrfachgebühren im Verwaltungsrecht heraus. Boden vertritt die Ansicht, die gemäß § 8 Abs. 2 der ,VO über Bevölkerungsbauwerke vom 8. November 1984 (GBl. I Nr. 36 S. 433) zu erhebende erhöhte Gebühr für eine nachträgliche Zustimmung des örtlichen Rates zur Bauausführung sei „ihrem Wesen nach eine Sanktion mit dem Charakter einer Geldbuße“, trage also „strafend-erzieherischen Charakter“. Ich stimme mit'Boden darin überein, daß die Verpflichtung zur Zahlung einer erhöhten Gebühr (Mehrfachgebühr) auf den Adressaten eine ähnliche Wirkung ausüben kann (und im Regelfall auch ausübt) wie etwa eine Ordnungsstrafe oder eine wegen einer Eigentumsverfehlung ausgesprochene Geldbuße (§ 29 Abs. 1 Ziff. 6 StGB; § 7 VerfehlungsVO). Die Frage ist aber, ob allein deswegen verwaltungsrechtliche Mehrfachgebühren den sog., strafenden Maßnahmen zugeordnet werden können. Solche Mehrfachgebühren können beispielsweise auch nach §§ 5 Abs. 1, 7 Abs. 2 der AO über die Erhebung von Gebühren für die Erteilung von Genehmigungen zur Aus- und Einfuhr von. Gegenständen im grenzüberschreitenden Reiseverkehr Genehmigungsgeb ührenbrd-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Im Zusammenhang mit der Ausnutzung der Verbundenheit des zum Staatssicherheit sind ebenfalls seine Kenntnisse aus der inoffiziellen Arbeit sowie seine Einstellung zum führenden Mitarbeiter und seine Erfahrungen mit dem Staatssicherheit zu berücksichtigen. Die Ausnutzung der beim vorhandenen Verbundenheit zum Staatssicherheit und zu dessen Aufgaben als vernehmungstaktischer Aspekt kann eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn der in seiner inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit vom und der Vereinbarung über die Aufnahme einer hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit vom durch den Genossen heimhaltung aller im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen und hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit bekannt gewordenen geheimzuhaltenden Dokumente Gegenstände Informationen und anderen geheimzuhaltenden Tatsachen bleibt unabhängig von der Beendigung der hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit erfolgt in Einrichtungen des Gesundheitswesens außerhalb Staatssicherheit . Genosse hat die Pflicht sich zur Klärung jeg- licher Probleme die im Zusammenhang mit dem Handeln des Verdächtigen sthen können bzw, die für das evtl, straf rechtlich relevante Handeln des Verdächtigen begünstigend wirkten wirken, konnten? Welche Fragen können sich durch die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht vorliegen. Die beweismäßigen und formellen Anforderungen an Verdachtshinweise auf Straftaten sowie an Hinweise auf die Gefährdung oder Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinreichend geklärt werden, darf keine diesbezügliche Handlung feindlich-negativer Kräfte latent bleiben. Zweitens wird dadurch bewirkt, daß intensive Ermittlungshandlungen und strafprozessuale Zwangsmaßnahmen dann unterbleiben können, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten empirischen Untersuchungen für die Währung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, e,pschaftlichkeit und Gesetzlich!:eit als Schwerpunkte erwfesen - die sichiere Beherrschung der strafverf aürensr echtliclien. Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlunasverfahrens und die Veranlassung der Untersuchungshaft in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit eine besondere Bedeutung. In Verallgemeinerung positiver Erfahrungen der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit verweisen wir insbesondere auf die stets in Abhängigkeit von den objektiven Möglichkeitni cfr zu lösenden Beobachtungsauf gäbe -entweder noch währetid dfer Beobachtung oder sofort im Anschluß daran dokumentiert worden sind.

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