Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 269

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 269 (NJ DDR 1989, S. 269); Neue Justiz 7/89 269 trug dazu bei, daß ein einheitlicher bürgerlich-moderner Kodex, der, wie die Dinge lagen, als Rechts norm nicht zu haben war, sich nicht einmal als Rechts fordern ng zu formieren begann. Die von der Paulskirchenverfassung von 1849 im Art. XIII, § 64 der (nicht entstandenen) Reichsgewalt auferlegte Verpflichtung, „durch die Erlassung allgemeiner Gesetzbücher über bürgerliches Recht, Handels- und Wechselrecht, Strafrecht und gerichtliches Verfahren die Rechtseinheit im deutschen Volk zu begründen“, hätte jedenfalls die Juristen nicht gerade darauf vorbereitet angetroffen, wenn sie von einer siegreichen Revolution in die Pflicht genommen worden wären. Statt dessen fand ein von Thibaut bis Dernburg und Windscheid, besonders aber von Savigny und Puchta betriebener qualvoller Pandektisierungsiprozeß des deutschen Zivilrechts statt17, der schließlich im BGB von 1896 gipfelte, das mit dem Code civil zwar die Paragraphenquantität und die allgemeinbürgerliche Inhaltsqualität gemeinsam hat, ansonsten aber seinem um fast 100 Jahre älteren Vorgänger nicht das Wasser reichen kann. Das BGB war dem deutschen Volk ein fremderes Joch, als der Code civil ihm je gewesen war. Schon seine strukturelle und sprachliche Volksfremdheit hätte ausgereicht, um das Abstimmungs-Nein der Sozialdemokratie im Deutschen Reichstag vollauf zu rechtfertigen. August Bebel: der Code civil, ein Gesetz aus einem Guß und in einer dem geringsten Laien verständlichen Sprache, habe in revolutionär-bürgerlicher Weise mit den normierten Vorurteilen des feudal-absolutistischen Frankreich gebrochen und der ganzen Nation wirklich ein Recht gegeben; das schwerfällig und schwerverständlich formulierte BGB hingegen sei, noch ehe es in Kraft getreten, von den Bedürfnissen der Zeit bereits überholt als ein Produkt der widernatürlichsten Kompromisse und Rücksichtnahmen auf Adel und Kirche, was sich insbesondere im Schadenersatz-, Arbeits-, Ehe- und Vereinsrecht zeige.18 Mit seinem konzeptionellen Rückgriff auf das „reine“ Recht Roms, das erste Weltrecht einer warenproduzieren- den Gesellschaft19, half Savigny immerhin die wissenschaftlichen Grundlagen für ein zwar nicht soziologisch-analytisch erschlossenes, aber doch begriffsjuristisch konstruiertes Zivilrecht schaffen, das schließlich den durchbrechenden kapitalistischen Produktions- und Zirkulationsverhältnissen alles in allem gerecht wurde. Vergleicht man freilich das mit zahlreichen Änderungen noch heute in der BRD geltende verschachtelte BGB, in dem Savigny und die durch ihn inaugurierte Pandektiätik ihren größten Sieg errungen haben20, mit dem Code civil von 1804 oder dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch von 1907, dann wird klar, welchen Preis die Gesellschaft dafür zu zahlen hatte, daß sie ihre Rechtsentwicklung den „stillwirkenden Kräften“ einer beamteten die bürgerlich aufgeklärte Rechtsphilosophie als (im Doppelsinn des Wortes) „trostlose Aufklärung“ verleumdenden21, die bürgerliche Revolution aber hassenden Juristenelite überließ, die am Ende ein obrigkeitsstaatliches, junkerlich verbrämtes Kapitalistenrecht schuf. 17 Vgl. A. F. J. Thibaut, System des Pandekten-Rechts, Bd. 1 2, Jena 1803 (9. Aufl. 1846); G. F. Puchta. Lehrbuch der Pandekten, Leipzig 1838 (12. Aufl. 1877); F. C. v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. 1-8, Berlin 1840-1849 (Reprint; Aalen 1973); B. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd. 1 3, Düsseldorf 1862-1870 (9. Aufl. 1906, Reprint 1963); H. Dernburg, Pandekten, Bd. 1-3, Berlin 1844-1887 (6. Aufl. 1900). 18 Vgl. A. Bebel, „Das bürgerliche Gesetzbuch und die Sozialdemokratie“, Die Neue Zeit, 1896, S. 554 ff. und S. 577 ff. (gekürzter Nachdruck in: Staat und Recht 1976, Heft 1, S. 42 ff.). Vgl. auch K. Liebknecht, „Das neue bürgerliche Recht“, in; Gesammelte Reden und Schriften, Bd. 1, Berlin 1958, S. 3 ff. Vgl. ferner die Quellenedition von Th. Vormbaum, Sozialdemokratie und Zivilrechtskodifikation, Berlin (West) 1977; G. Bender, „Die Ablehnung des Bürgerlichen Gesetzbuches durch die sozialdemokratische Reichstagsfraktion“, Rechtshistorisches Journal 1984, S. 252 ff. 19 Vgl. Marx/Engels, Werke, Bd. 21, S. 496. 20 So P. Koschaker, Europa und das Römische Recht, München 1966, S. 258. Vgl. im übrigen vor allem H. Wagner, Die Politische Pandektistik, Berlin (West) 1985, S. 185 ff.; F. Wieacker, Industriegesellschaft und Privatrechtsordnung, Frankfurt/M. 1974, S. 55 ff. 21 So F. C. v. Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, Heidelberg 1828 (Beylage zur 2. Auflage), S. 174. Rechte der Konfliktkommissionen und Rechtsverwirklichung SIEGFRIED SAHR, Leiter der Rechtsabteilung beim Bundesvorstand des FDGB Zur Bilanz der 40jährigen Entwicklung der DDR gehört der Beitrag, den die gesellschaftlichen Gerichte zur Gestaltung unseres sozialistischen Rechtsstaates geleistet haben. Die Tätigkeit der Konfliktkommissionen, die in den letzten Wochen erneut gewählt wurden, trug dazu bei, daß heute hohe Rechtssicherheit unser Leben mitbestimmt. In der vergangenen Wahlperiode sorgten 255 074 ehrenamtliche Richter in 28 533 Konfliktkommissionen dafür, daß eine verantwortungsbewußte Einstellung zu Rechten und Pflichten in den Betrieben bis hinein in die Arbeitskollektive weiter ausgeprägt wurde. Sozialistisches Arbeitsrecht wichtigstes Tätigkeitsfeld Etwa 80 Prozent der gesamten Tätigkeit der Konfliktkommissionen, die Rechtsprechung, Aussprachen, Rechtsberatung und Rechtserläuterung umfaßt, konzentrierte sich auf das sozialistische Arbeitsrecht. Im vergangenen Jahr wurde in 78,7 Prozent aller Beratungen über Arbeitsrechtssachen entschieden. An der Seite der Gewerkschaften haben sich die Mitglieder der Konfliktkommissionen besonders bei der inhaltlichen Ausgestaltung des sozialistischen Arbeitsrechts, vor allem des AGB, entsprechend den neu herangereiften Bedingungen große Verdienste erworben. Mit ihren spezifischen Mitteln nehmen sie aktiv darauf Einfluß, daß die Rechte der Werktätigen und ihrer Betriebsgewerkschaftsorganisationen für die weitere Entfaltung der sozialistischen Demokratie in den Betrieben noch erfolgreicher durchgesetzt werden. Deshalb widmen sie der Stärkung der Rolle der Gewerkschaften im Betrieb großes Augenmerk. So berühren z. B. die mit dem AGB erweiterten gesetzlichen Rechte der gewerkschaftlichen Mitgliederversammlungen und der Vertrauensleute Vollversammlungen die konkreten Rechte der Vertrauensleute sowie die Zustimmungsrechte der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen. Die Ergebnisse und Erfahrungen der Konfliktkommissionen in ihrer mehr als 10jährigen Arbeit mit dem AGB bestätigen, daß sich dieses komplexe Gesetz der Arbeit in der Praxis bewährt. Seine dynamische und perspektivische Gestaltung fördert eine differenzierte Rechtsprechung und ist zugleich immer auch ein Anspruch an die rechtliche und politische Bildung der Mitglieder der Konfliktkommissionen. Es ist erwiesen, daß mit den Grundregelungen des geltenden Arbeitsrechts auch die Aufgaben der 90er Jahre zu meistern sind. Die Mitglieder der Konfliktkommission können davon ausgehen, daß dieses Gesetz auch in den nächsten Wahlperioden die wichtigste Grundlage ihrer Arbeit sein wird. Sie tragen mit ihrer Arbeit dazu bei, die Wirksamkeit des sozialistischen Arbeitsrechts als Leitungsinstrument bei der Verwirklichung der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik in den Betrieben ständig zu erhöhen. Sie nehmen Einfluß auf die Gestaltung der Rahmen- und Betriebskollektivverträge, unterbreiten Vorschläge zur Qualifizierung der Arbeitsordnungen, der Arbeitszeit- und der Urlaubspläne, geben Empfehlungen zur Verbesserung der Arbeitsorganisation, zum Schutz des Volkseigentums sowie zur besseren Ausnutzung der gesetzlichen Arbeitszeit. In diesem Sinne unterstützen sie zunehmend die Leiter mit ihren Erfahrungen. Vielfach konsultieren sich auch Leiter mit Mitgliedern der Konfliktkommissionen, meistens mit dem Vorsitzenden oder einem Stellvertreter, zu Rechtsfragen.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit in einer Reihe von Fällen erfolgte ungesetzliche GrenzÜbertritte aufgeklärt, in deren Ergebnis neben Fahndung gegen die geflüchteten Täter auch Ermittlungsverfahren egen Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Transitverkehr; Analysierung der politisch-operativen Lage auf und an den Transitwegen, der an wand Mittel und Methoden unter Mißbrauch des Transitverkehrs zur Herausarbeitung der politisch-operativen Schwerpunkte; Durchsetzung der sich aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches ergebenden Anforderungen zu vertiefen sowie alle Genossen der Linie unverzüglich mit neuen Rechtsstandpunkten vertraut zu machen. Um die Wirksamkeit der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher sowie gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher in der Tätigkeit der Un-tersuchungsprgane des iifS Bedeutung haben, um sie von rechtlich unzulässigem Vorgehen abzugrenzen und den Handlungsspielraum des Untersuchunosführers exakter zu bestimmen. Die Androh-ung oder Anwendung strafprozessualer Zwangsnaßnahnen mit dem Ziel der Zersetzung oder Verunsicherung feindlicher und anderer negativer Zusammenschlüsse sowie der Unterstützung der Beweisführung bei der Überprüfung von Ersthinweisen, der Entwicklung operativer fr- Ausgangsmaterialien sowie bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren verlangt demzufolge die ständige Entwicklung und Vertiefung solcher politisch-ideologischen Einstellungen und Überzeugungen wie - feste und unerschütterliche Verbundenheit mit der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozialismus verwirklichen; der Sicherung der Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus; dem Schutz der verfassungsmäßigen Grundrechte und des friedlichen Lebens der Bürger.

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