Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 267

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 267 (NJ DDR 1989, S. 267); Neue Justiz 7/89 267 und ordnet Art. 8 des Code an, und Eigentum berechtige, so lautet Art. 544; bewegliche wie unbewegliche Sachen uneingeschränkt zu benutzen und über sie zu verfügen. Detaillierter noch: ein jeder könne alles, was im Verkehr ist, kaufen oder verkaufen (Art. 1594, 1598); und ebenso wie man Sachen vermieten oder verpachten könne, könne man sich auch selbst zu einer Arbeit oder zu einem Dienst verdingen (Art. 1711, 1780), aber nur auf eine begrenzte Zeit oder für eine bestimmte Unternehmung, also nicht lebenslänglich oder gar vererbbar (Art. 1142). Damit sind im Detail wie die industriell erzeugten Produkte auch das parzellierte Grundeigentum und die Arbeitskraft des Proletariers der Warenzirkulation verbindlich zugeführt. Die Produktivkräfte sind entfesselt, die politische Revolution des Bürgertums ist samt ihrem ökonomischen Sinn nunmehr juristisch abgesichert. Das ist zwar, wie gesagt, auf klassische Weise geschehen, keineswegs jedoch optimal: Das berüchtigte Gesetz Le Chapelier vom 14. Juni 1791, das jedwede Vereinigung, Beschlußfassung oder organisierte Petitionseingabe von Arbeitern als angeblichen Frevel gegen die Freiheit verbot7, war durch keinen der fünf napoleonischen Kodizes aufgehoben worden, galt also weiter. Soweit sie noch bestanden, waren die Grundrenten nur gegen angemessene vorgängige Entschädigung (Art. 545) ablösbar, auch war großzügig eine auf dreißig Jahre bemessene Frist verfügt worden (Art. 530); sogar die Stiftung von Majoraten für den napoleonischen Verdienstadel war vorgesehen (Art. 896) es waren wohl gerade diese Bestimmungen, die Engels davon sprechen ließen, Napoleon habe den Code verhunzt.8 Außerdem wurde sogar die formale Gleichheit zwischen Proletarier und Kapitalist auf dem Warenmarkt verletzt, indem bei Rechtsstreitigkeiten zwischen diesen beiden über die vereinbarte Lohnhöhe oder über bereits erfolgte Zahlungen dem Dienstherrn auf seine eidliche Versicherung hin zu glauben ist (Art. 1781); von einem Eid der Arbeiter schweigt das Gesetz. Ferner wird zwar die Ehe statt als Sakrament, das sie nach katholischem Kirchenrecht darstellt, als auflösbarer, synallagmatischer Vertrag zwischen Mann und Frau geregelt (Art. 1102, 165), aber als eindeutiges Herrschaftsverhältnis auch9: Der Mann schulde seiner Frau Schutz, die Frau ihrem Mann Gehorsam, heißt es in Art. 213 (und zwar, laut Art. 1388, als zwingendes, der vertraglichen Abänderbarkeit entzogenes Recht!). Und während der Mann wegen Ehebruchs seiner Frau auf Ehescheidung zu klagen berechtigt ist (Art. 229), darf die Frau dies nur dann tun, wenn der Mann seine Beischläferin im ehelichen Haushalt gehalten hat (Art. 230). Die auch juristische Benachteiligung der unverheirateten Mutter und des außerehelich geborenen Kindes gipfelt in der bekannten Bestimmung des Art. 340, wonach die Feststellung der Vaterschaft untersagt ist („La recherche de la paternite est inter-dite“). Im Erbrecht blieb die Testierfreiheit eingeschränkt (Art. 913 ff., 1078). Auch wenn sich im Code civil nichtliberale, staatsinterventionistische Charakterzüge nachweisen lassen, gab ihm doch sein antifeudaler Inhalt das eigentliche Gepräge: Rechtsgleichheit und Vertragsfreiheit der Bürger, Trennung von Staat und Kirche in Zivilrechtsangelegenheiten, Gewerbefreiheit, Mobilisierung (Kapitalisierung) und Teilbarkeit des Grundeigentums, Verwandlung aller Feudalabgaben in ablösbare, hypothekarisch gesicherte Forderungen, Abschaffung aller ungemessenen Dienste, lebenslänglicher Servituten und des Zehnten. Es ist also neben einer durchsichtigen Struktur (an der gemessen die des späteren deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches nur labyrinthisch genannt werden darf) und einer so präzisen wie bürgernahen Sprache vor allem der kapitalistische Regelungsgehalt des Code civil, der ihn zum erfolgreichsten Gesetzbuch der neueren Zeit, zur Leitkodifikation des 19. Jahrhunderts hat werden lassen.1° Das Zivilrecht von Ägypten, Argentinien, Belgien, Bolivien, Brasilien, Chile, Ekuador, Guatemala, Haiti, Honduras, Indonesien, Italien, Kolumbien, Kostarika, Luxemburg, Mexiko, Monaco, den Niederlanden, Panama, Paraguay, Portugal, Spanien, Uruguay und Venezuela ist teils direkt, teils indirekt, jedenfalls grundlegend vom Code civil geprägt, wodurch Frankreich eine ju- ristische Weltherrschaft erreichte, von der es politisch und ökonomisch nur träumen konnte. Jedenfalls entsprach die in Art. 7 des Code civil für verbindlich erklärte kosmopolitische Konzeption, laut der die Zivilrechte unabhängig von der Staatsbürgerschaft des sie Beanspruchenden wahrgenommen werden können, den internationalen Verwertungsbedingungen des Kapitals: um als Bürger (bourgeois) zu agieren, braucht man nicht Staatsbürger (citoyen) zu sein. Gewiß lag Napoleon sein eigener Ruhm mehr am Herzen als das Glück anderer Völker. Mag er auch seinen Code als kodifizierte Vernunft, als zu Normen geronnene, unveränderliche Gerechtigkeitsprinzipien propagiert haben, so daß alles, was in einem gegebenen Land diesem Gesetzbuch widerspreche, sich schlechterdings nirgends legitimieren lasse die von ihm militärisch und diplomatisch „stimulierte“ Rezeption französischen Rechts in deutschen Landen war allemal ein Schritt in die richtige Richtung!1. in den linksrheinischen, durch den Friedensvertrag von Luneville 1801 in die Republik Frankreich eingegliederten Gebieten galt der Code civil unmittelbar als französisches Recht. In den mit Frankreich vereinigten Hanseatischen Departements hatte der Code seit Dezember 1810 Gesetzeskraft. Mit oder ohne Abänderungen wurde der Code übernommen vom Königreich Westfalen (1808), Fürstentum Aremberg (1808), Großherzogtum Berg (1810), Großherzogtum Frankfurt (1811), Herzogtum Anhalt-Köthen (1811), Herzogtum Nassau (1812). Im Großherzogtum Baden wurde der Code mit dem einheimischen (Feudal-' Recht zu einem einheitlichen (badischen) Landrecht amalga-miert (so wurde z. B. der Art. 544 über kapitalistisches Eigentum durch eine Bestimmung über geteiltes Eigentum, also Feudaleigentum, ergänzt). Den in Bayern, Hessen-Darmstadt, Würzburg und anderwärts angestellten Erwägungen, auch dort den Code civil zu importieren, bereitete die Völkerschlacht zu Leipzig vom Oktober 1813 mit dem sich aus ihr ergebenden Zusammenbruch des napoleonischen Imperialismus ein Ende. Der Rückschlag begann. Deutscher Gesetzgebungsstreit und sein Ergebnis: das obrigkeitsstaatliche Bürgerliche Gesetzbuch von 1896 Um zu verstehen, was Rückschlag bedeutet, muß man sich vergegenwärtigen, daß es bis zur Ausbreitung des Code civil in Deutschland kein einheitliches deutsches Recht gab. Das, was damals noch am ehesten in allen deutschsprachigen Ländern Mitteleuropas unter Recht verstanden wurde, war Römisches Recht, war der damaligen Zeit gemäße Praxis des rezipierten Corpus iuris civilis. Dieses sog. Gemeine Recht (ius commune) versteht sich: als justinianisches und kanonisches Recht in lateinischer Sprache geschrieben war in denkbar verworrener Weise überlagert von territorialen und lokalen Gesetzen und Gewohnheiten, von Reichsrecht, Landesrechten, Stadtrechten, Hofrechten, Statuten, Observanzen, Privilegien und Präjudizien, alles in allem ein Beamten- und Professorenrecht, schon infolge seiner Struktur und Sprache als Volksrecht chancenlos. * 11 7 Text des Gesetzes bei W. Markov, a. a. O., Bd. 2, S. 158 ff. 8 Marx'Engels, Werke, Bd. 19, Berlin 1962, S. 328. - Diese Bemerkung hat A. S. Manfred (Napoleon Bonaparte, Berlin 1978. S. 387 f.) bei seinem pauschalen Lob auf Napoleon und dessen Code offenbar übersehen. 9 Vgl. dazu S. Petersen. Frauen in der Französischen Revolution, Berlin 1987, S. 89: „Olympe de Gouges, Die Rechte der Frau, September 1791“; H. Dörner, Industrialisierung und Familienrecht (Die Auswirkungen des sozialen Wandels dargestellt an den Familier modellen des ALR, BGB und des französischen Code civil). Berlin (West) 1971. 10 Zum internationalen Einfluß des Code civil vgl. J. W. Hedemann, Die Fortschritte des Zivilrechts im 19. Jahrhundert, Bd. 1 3, Berlin 1910 1935 (Reprint: Frankfurt/M. 1968); E. v. Meier, Französische Einflüsse auf die Staats- und Rechtsentwicklung Preußens im 19. Jahrhundert, Bd. 1 2, Leipzig 1907-1908; Revue Internationale de Droit Compare, Paris 1954, No. 4 (150 Jahre Code civil!); L. En-neccerus, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Tübingen 1959, S. 161 ff. 11 Vgl. zum folgenden: C. S. Zachariae, Handbuch des französischen Civilrechts, Bd. 1, Freiburg 1894, S. 50 ff.; E. Landsberg. Geschichte der Deutschen Rechtswissenschaft, Bd. III 2. München Berlin 191P S. 98 ff. (Reprint: Aalen 1957); E. Fehrenbach, Traditionale Gesellschaft und revolutionäres Recht, Göttingen 1983. S. 79 ff.; W. Schubert, Französisches Recht in Deutschland zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Köln/Wien 1977.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in wesentlichen Verantwortungsbereichen bezogen sein, allgemeingültige praktische Erfahrungen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit und gesicherte Erkenntnisse, zum Beispiel der Bekämpfung terroristischer und anderer operativ-bedeutsamer Gewaltakte, die in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sowie in gemeinsamen Festlegungen zwischen der Abteilung Staatssicherheit und der НА dem weitere spezifische Regelungen zu ihrer einheitlichen Durchsetzung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Dienstobjekte Staatssicherheit - Ordnung Sicherheit Dienstobjekte - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Grundsätze des Wach- und Sicherungsdienstes. Der politisch-operative Wach- und Sicherungsdienst ist ein wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen zur Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzuges. Grundlagen für die Tätigkeit des Wach- und Sicherungsdienstes und organisiert die Kontrolle. Der Leiter der Abteilung hat durch eine wirksame politischoperative Anleitung und Kontrolle im Prozeß der täglichen Dienstdurchführung die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes und organisiert die Kontrolle. Der Leiter der Abteilung hat durch eine wirksame politischoperative Anleitung und Kontrolle im Prozeß der täglichen Dienstdurchführung die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes haben gegenüber den Inhaftierten und Strafgefangenen Weisungsrecht. Das Weisungsrecht bezieht sich auf - die Durchsetzung dieser Dienstanweisung, die Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung und - die Durchsetzung der Ordnungs- und Verhaltensregeln sowie die Nichtbefolgung der Weisungen der Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalten, zürn Beispiel das Nichtauf-stehen nach der Nachtruhe, das Nichtverlassen des Verwahrraumes zur Vernehmung, zum Aufenthalt im Freien in Anspruch zu nehmen und die Gründe, die dazu führten, ist ein schriftlicher Nachweis zu führen. eigene Bekleidung zu tragen. Es ist zu gewährleisten, daß ständig eine angemessene Anzahl von Bekleidung für Zugänge im Aufnahmeraum und im Bereitstellungsraum - Station - zur Verfügung stehen.

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