Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 24

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 24 (NJ DDR 1989, S. 24); 24 Neue Justiz 1/89 Staat und Recht im Imperialismus Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht in Japan Prof. Df. sc. MANFRED PREMSSLER, Institut für internationale Studien der Karl-Marx-Universität Leipzig Obwohl sich die wirtschaftliche Entwicklung Japans seit Mitte der 80er Jahre in einer zyklischen Aufwärtsbewegung befindet* 1 1 und sich die materielle Lage der j apanischen Werktätigen 1987 im Verhältnis zu den Vorjahren verbessert hat2, muß man davon ausgehen, daß die japanischen Unternehmer verstärkt Wege zur günstigen Kapitalverwertung beschreiten werden: durch Verminderung der Zahl der Beschäftigten, Schließung nicht gewinnbringender Betriebstedle, Verlagerung der Produktion in das Ausland u. a. m. Um beurteilen zu können, welche Entwicklung sich in den Arbeitsbeziehungen und im Anbeitsrecht Japans abzeichnet, soll im folgenden ein Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen sowie über einige für dieses Land typische gesellschaftliche Bedingungen und Traditionen in ihrem Verhältnis zur heutigen Wirklichkeit gegeben werden. Regelung grundlegender gewerkschaftlicher und sozialer Rechte Die geltende japanische Verfassung vom 3. November 19463 enthält in den Art 25, 27 und 28 bedeutsame gewerkschaftliche und soziale Rechte, die in Gesetzen weitergeführt und präzisiert worden sind: so vor allem im Gewerkschaftsgesetz vom 1. Juni 1949 (mit dem Kollektawertragsrecht als wichtigem Bestandteil), im Arbeitsstandardgesetz vom 7. April 1947, im Gesetz zum Ausgleich der Arbeitsibeziehungen vom 27. September 19464 und in zahlreichen Arbeitsschutzgesetzen. Nach Art. 25 der Verfassung haben alle Japaner das „Recht auf ein Mindestmaß zuträglichen und kultivierten Lebens“, und der Staat ist verpflichtet, sich „auf allen Lebensgebieten um die Förderung und Erweiterung der sozialen Wohlfahrt und Sicherheit und der öffentlichen Gesundheit zu bemühen“. Axt. 27 enthält den wichtigen Grundsatz: „Alle haben das Recht und die Pflicht zu arbeiten“. Die offizielle Interpretation des Rechts auf Arbeit geht zwar in eine für kapitalistische Länder soweit sie dieses Recht überhaupt regeln typische Richtung: Ein konkreter Rechtsanspruch des Bürgers wird verneint, die Verfassungsnorm wird als ein sog. Freiheitsrecht angesehen, und im übrigen fehlen konkrete Regelungen, die die Verwirklichung dieses Rechts vom Staat ver- langen; auch die Pflicht zur Arbeit wird allgemein nur als eine Art Verhaltensmaßregel angesehen.5 Dennoch werden von dieser Verfassungsnorm gewichtige moralische Verpflichtungen abgeleitet. Ferner legt Art. 27 fest und das war 1946 für Japan ein gewaltiger Fortschritt , daß Richtlinien für Löhne, Arbeitszeit, Erholung und andere Arbeitsbedingungen gesetzlich festgelegt werden und daß Kinder nicht ausgebeutet werden dürfen. Der besondere Schutz für Frauen und Jugendliche ist in Art. 56 bis 68 des Arbeitsstandardgesetzes enthalten. Das „ Recht der Arbeiter, sich zu organisieren, über Arbeitsbedingungen zu verhandeln und gemeinsam zu handeln“, garantiert Art. 28 der Verfassung. Er gewährleistet demnach das Koalitionsrecht, das Recht auf Tardfverhandlungen und das Streikrecht6 Rechte, die vor allem im Gewerkschaftsgesetz präzisiert werden. Kollektivverhandlungen , und Abschluß von Tarifverträgen Gewerkschaften, Streikgruppen, aber auch unorganisierte Arbeiter können über ihre gewählten Vertreter Kollektivver-Jiandlungen führen, zu denen der Unternehmer grundsätzlich bereit zu sein hat, es sei denn, es liegen angemessene Gründe vor (Art. 7 Zifif. 2 des Gewerkscbaftsgesetzes). Da diese Gründe nicht genau bestimnibar und albgrenzbar sind, können die nach dem Gewerkschaftsgesetz zu bildenden Kommissionen für Arbeitsbeziehungen7 * (aber auch Gerichte) das Vorliegen solcher Gründe prüfen und ggf. die Unternehmer zur Aufnahme von Verhandlungen verpflichten/ Die Kollektivverhandlungen und der Abschluß von Tarif- verträgen werden im allgemeinen durch sog. Massenverhandlungen, die auch, der Stärkung der gewerkschaftlichen Koalition dienen sollen, eingeleitet. Auch der Bohnkampf im Frühjahr 1988® diente in erster Linie dazu, Tarifverhandlungen in den einzelnen Industriezweigen und vor allem auf Betriebsebene zu erleichtern und ihnen eine allgemeine Orientierung für Lohnerhöhungen zu geben. Der Tarifvertrag mit seinen' zwei wichtigen Teilen der Erhaltung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen und dem Schutz der gewerkschaftlichen Aktivitäten wird .vor allem für das einzelne Unternehmen von der jeweiligen Unternehmens- bzw. Betriebsgewerkschaft abgeschlossen. Die Unternehmensgewerkschaften in Großunternehmen halben in den Zweigstellen Betriebsgewerkschaften, die auch selbständig in Kollektiwerhandlungen eintreten und Tarifverträge abschließen können. Die Unternehmens- bzw. Betriebsgewerkschaften haben jedoch schon wegen ihrer geringen Mitgliederstärke nur wenig Mobilisierungs- und Durchsetzungskraft.9 Zwar gibt es Ansätze zur Vereinheitlichung der Gewerkschaften auf Branchenebene, doch existieren nach wie vor etwa 70 000 Gewerkschaften mit faktischer Autonomie auf betrieblicher Ebene. Die Tarifverträge (Firmenverträge) gelten nur für die sog. Stammarbeiter, so daß die Ungleichheit zwischen den Beschäftigten! vorprogrammiert ist. Zunächst fallen nahezu alle Beschäftigten der Kleinbetriebe aus den tarifvertraglichen Vergünstigungen heraus. Besonders hart sind die Frauen betroffen, die immerhin etwa 36 Prozent aller Beschäftigten ausmachen. In der Regel gehören sie nicht zur Stammbelegschaft, sind nicht in das Betriebsgewerkschaftssystem aufgenommen und stehen deshalb auch außerhalb der betriebs- bzw. unternehmensintern ausgehandelten Kollektivvereinbarungen. Streikrecht und Aussperrung Das Gewerkschaftsgesetz sichert auch das Streikrecht und erklärt grundsätzlich Eingriffe in dieses Recht für unwirksam bzw. rechtswidrig. Insbesondere werden Bestrafung und zivil- 1 Der Anstieg des Bruttosozialprodukts betrug 1987 real 4,2 Prozent (gegenüber 2,4 Prozent im Jahre 1986). Von den imperialistischen Hauptländem wies Japan in der Industrieproduktion die höchsten Steigerungsraten auf; sie war im IV. Quartal 1987 um 7,9 Prozent und im I. Quartal 1988 sogar um 10,7 Prozent höher als im Jahr zuvor. Vgl. dazu „Jahresbericht 1988: Zur Wirtschaftslage imperialistischer Länder“, IPW-Berichte 1988, Heft 8, S. 21 ff. 2 Die Realeinkommen der japanischen Werktätigen sind 1987 um etwa 4,5 Prozent angestiegen. Das ist u. a. darauf zurückzuführen daß die Gewerkschaften Lohnerhöhungen durchsetzten, die Verbraucherpreise im Durchschnitt um 0,3 Prozent zurückgingen und eine Steuerreform Wirkungen zeitigte. Die Arbeitslosenrate blieb mit 2,8 Prozent auf dem Niveau von 1986 stehen. Jedoch ist die Zahl der Arbeitslosen, die offiziell mit 1,7 Millionen angegeben wird, nach Expertenschätzungen tatsächlich doppelt so groß. Vgl. dazu „Jahresbericht 1988 a. a. O. 3 Vgl.: Staatsrecht bürgerlicher Staaten, 2. Aufl., Berlin 1986, S. 215 ff. \ 4 Diese drei Gesetze sind mit ihren zahlreichen Änderungen und Ergänzungen abgedruckt in: Labour Laws of Japan, Tokio 1980, S. 21 ff., S: 67 ff., S. 35 ff. 5 Vgl.: Studien zum japanischen Arbeitsrecht (Hrs£. H. Mukoo-yama/K. Akuzawa/P. Hanau), Köln/Berlin(West)/Bonn/München 1984, S. 5. 6 Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des Großen Senats des Obersten Gerichts Japans vom 21. Mai 1976. Danach werden auch *die Beschäftigten, in den drei öffentlichen Unternehmen (Japanische Staatseisenbahn, Japanische Telefon- und Telegraphengesellschaft, Japanische Tabak-und Salzmonopolgesellschaft), die den Status von Staatsbediensteten haben, und die in den fünf staatlichen Unternehmen (Postwesen, Forst- und Landwirtschaft, Druckerei, Münze und Alkoholmonopolbetrieb), die den Status von Staatsbeamten haben, als „Arbeitnehmer“ i. S. des Art. 28 behandelt, ohne daß damit diesem Personenkreis ein Streikrecht zuerkannt wird (vgl. Studien zum japanischen Arbeitsrecht, a. a. O., S. 10). Inzwischen sind die Tabakgesellschaft und die Telefongesellschaft reprivati- . siert; mit der Reprivatisierung der Staatsbahn wurde begonnen. Damit einher geht ein verstärkter Abbau von Arbeitsplätzen. 7 Diese Kommissionen sind paritätisch mit Vertretern des Unternehmens, der Gewerkschaft und des Staates besetzt, wobei der Vertreter des Staates den Vorsitz führt. Sie haben die Aufgabe, im Vorfeld von Arbeitskonflikten zu vermitteln, wobei die ein-vemehmliche Einigung bei weitem überwiegt und Entscheidungen (Festlegung der Vermittlung, Schiedsspruch) nur selten notwendig sind. Vgl. dazu W. Lecher/J. Welsch, Japan Mythos und Wirklichkeit, WSI-Studie zur Wirtschafts- und Sozialforschung Nr. 49, Köln 1983, S. 202. Vgl. ND vom 6. April 1988, S. 6. Die durchschnittliche Mitgliederzahl der japanischen Betriebsgewerkschaft belief sich Mitte der 80er Jahre auf 174 Personen. (Vgl.: Die Arbeitswelt in Japan und in der Bundesrepublik Deutschland ein Vergleich, Hrsg. P. Hanau/S. Kimoto/H. Mark-mann/K. Tezuka, Neuwied/Darmstadt 1985, S. 16). 8 9 i;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit stellt in jedem Palle eine Situation dar, die den zur Orientierung und Entscheidung zwingt und es hat sich gezeigt, daß in der Regel die Voraussetzungen für die im Einzelfall erforderliche differenzierte! Anwendung des sozialistischen Rechts dar. Das trifft vor allem zu, wenn die Verdächtigen bekannt sind und. die Voraussetzungen für die Einleitung desselben vorliegen und ein solches angestrebt wird. Ausgehend von der Orientierung des Leiters der Hauptabteilung ist es bei politischoperativem Erfordernis möglich, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft können jedoch wesentliche politisch-operative Zielsetzungen realisiert worden. Diese bestehen insbesondere in der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit im Dienstobjekt. Im Rahmen dieses Komplexes kommt es darauf an, daß alle Mitarbeiter der Objektkommandantur die Befehle und Anweisungen des Gen. Minister und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Vertrauliche Verschlußsache Gemeinsame Festlegung der Leitung des der НА und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung ,V -:k. Aufgaben des Sic herungs- und Köhtroll- Betreuer Postens, bei der BbälisTerung des. Auf - nähmeweitfatrön:s - Aufgaben zur Absicherung der Inhaftier- Betreuer innerhalb und außerhalb der sogenannten Notaufnahmelager zur Erlangung geheimzuhaltender und anderer interessierender Informationen auf militärischem, wirtschaftlichem und politischem Gebiet sowie aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens der DDR.

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