Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 108

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 108 (NJ DDR 1989, S. 108); 108 Neue Justiz 3/89 sind daher den Spuren nachgegangen, die das politische Bewußtsein ihrer Kollegen von 1942 in dem Terrorurteil gegen Walerjan Wröbel hinterlassen hat. Und hier wird ein Tabu gebrochen, das es bisher verhindert hat, gesetzliches Unrecht denen zuzurechnen, die es verkündet und exekutiert haben. Die von damals vertretenen „Rechts“-Auffassungen abweichende Anwendung der Volksschädlingsverordnung auf den polnischen Angeklagten zeuge „von besonders radikaler und im Sinne des Regimes extrem linientreuer Gesetzesanwendung“. Die zu Lasten des Angeklagten bejahte Voraussetzung, er habe die Widerstandskraft des deutschen Volkes schädigen wollen, sei „offensichtlich von der Absicht getragen, hier ohne Rücksicht auf die Person des jugendlichen Angeklagten die Todesstrafe zu verhängen, um ein Exempel zu statuieren und auf diese Art und Weise das nationalsozialistische Regime zu stärken“. Den Richtern des Sondergerichts wird „nationalsozialistische Willkür“ vorgeworfen, weil sie die Todesstrafe gegen den jugendlichen Polen verhängt und die Verordnung rückwirkend angewendet haben. „Die Richter des Sondergerichts und auch die an diesem Verfahren beteiligten Staatsanwälte waren sich bei der Art ihrer Argumentation und der Urteilsfindung auch der vorgenannten Umstände bewußt Sie haben rücksichtslos nationalsozialistische Interessen vertreten.“ Deutliche Worte gegen beamtete Juristen, die einem Unrechtsstaat gedient haben. Eine Justizkritik aus dem eigenen Hause, die leider Seltenheitswert hat. Versuche der Sonderrichter zur „Rechtfertigung“ ihrer Willkürurteile Der Bremer Beschluß hat endlich mit der beschämenden Justizpräxis gebrochen, die Rechtmäßigkeit von Urteilen der NS-Judikatur an der Unrechtsordnung des NS-Staates zu messen. Die an dem Sondergerichtsurteil gegen Walerjan Wröbel bfeteiligten Richter und Staatsanwälte hätten, wenn sie noch lebten, in Konsequenz des Beschlusses vom 26. November 1987 wegen Tötungsverbrechens angeklagt und verurteilt werden müssen. Wie sie sich verteidigt hätten, ist dem Buch von Christoph Schminck-Gustavus über den Fall Wröbel4 zu entnehmen. Der Autor, dem die Aufdeckung dieses Falles zu verdanken ist, hat die im Bremer Staatsarchiv aufbewahrten Akten über das Ermittlungsverfahren und die Hauptverhandlung, das Gnadenheft und die Vollstreckungsunterlagen ausgewertet und dokumentiert. Er hat Angehörige und Freunde des Hingerichteten ausfindig gemacht und in Polen besucht. Er hat auch den Justiztätern nachgespürt, denen, wie nicht anders zu erwarten, jedes Unrechtsbewußtsein fehlte. Scr hat der Vorsitzende des Sondergerichts in einem für das apologetische Buch des ersten Präsidenten des Bundesgerichtshofs und früheren Richters am Reichsgericht, Hermann Weinkauff, bestimmten Bericht seine Täterschaft gesehen : „ (Das Sondergericht) ist in der ganzen Zeit seiner Tätigkeit bemüht gewesen, seine Rechtsprechung so zu gestalten, daß sie einerseits mit unserer beschworenen Richterpflicht,: andererseits mit unserem menschlichen Gewissen im Einklang stand ,“5 Es ließ sich nicht verschweigen, daß das Bremer Sondergericht auch Todesurteile verhängt hat.6 Aber auch für diese Fälle hat der Bericht des Vorsitzenden eine Entlastung parat: „In verschiedenen Fällen, in denen das Sondergericht nach dem festgestellten Sachverhalt und der Gesetzeslage an der Verhängung einer Todesstrafe nicht vorüber kommen konnte, hat es aus menschlichen Erwägungen und aus Milderungsgründen, die in der Person des Angeklagten zu finden waren, gleichzeitig mit dem Erlaß des Urteils einen Gnadenerweis befürwortet. “7 Eben dies ist auch im Fall Walerjan Wröbel geschehen. Der negative Erfolg war voraussehbar, wie sich aus dem Bericht des Vorsitzenden für das Weinkauff-Buch ergibt: „Solche Befürwortungen sind dem Gericht von Vorgesetzten Dienststellen wiederholt als ,unlogisch' angekreidet worden; hierbei wurde es als .unverständlich' erklärt, daß das Gericht einerseits die schwerste Strafe aussprach, andererseits gleichzeitig einen Gnadenerweis empfahl.“8 Was der Vorsitzende des Bremer Sondergerichts hier wohl als eine Form des verschämten Widerstandes verstanden wissen will, ist von den Richtern des Beschlusses aus 1987 zutreffend als Zeichen überschießenden Gesetzesgehorsams gewertet worden. Die Sonderrichter hätten auch nach damaligen Maßstäben die Todesstrafe in eigener Kompetenz vermeiden können und müssen. Wenn sie es der Gnadeninstanz und welcher Gnadeninstanz! überließen, ob der junge Pole hingerichtet werden sollte oder nicht, dann war das bei dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt ein Kotau vor der faschistischen Staatsgewalt, dessen Schande durch den selbstgerechten Bericht 17 Jahre nach dem Justizmord ' nur verschlimmert wurde. „Entlastung“ der Nazi-Richter von Schuld durch Verantwortungsteilung Der Fall des Walerjan Wröbel bietet ein erschütterndes Beispiel für die Verflüchtigung richterlicher Schuld durch Verantwortungsteilung. Daß der Richter nur den Willen des Gesetzgebers ausführe, ist das A und O eines positivistischen Rechtsverständnisses, auf das sich die Mittäter der faschistischen Unrechtsjudikatur nach dem Zusammenbruch des Hitler-Reichs berufen haben. Leider mit Erfolg. Mit dem Erfolg einer verheerenden Einbuße von Ansehen für die bundesdeutsche Justiz nämlich. Die Bremer Richter von 1987 haben, gestützt auf ein bremisches Gesetz aus der Zeit der frühen demokratischen Nachkriegseuphorie, einen Schritt in die richtige Richtung getan. Verantwortungsteilung als Element richterlicher Selbstentlastung spielt aber nicht nur im Verhältnis zum Gesetzgeber eine Rolle. Auch innerhalb eines Kollegialgerichts ist die Verantwortung aufgeteilt, und zwar, dank eines mit do-loser Scheinheiligkeit gehüteten Beratungsgeheimnisprinzips, unüberprüfbar. Hier hätte nach bewährtem Muster eine bequeme Verteidigungslinie der Bremer Sonderrichter aufgebaut werden können. Auch Zeugen, Denunzianten, Sachverständige-gehören zu den richterliche Schuld annullierenden Verfahrensbeteiligten, an die man sich im alltäglichen Geschäft der Wahrheitsfindung gewöhnt hat. Besonders kraß trat diese Entlastungsfunktion anderer Beteiligter in den Denunziantenprozessen in Erscheinung, wo der Bundesgerichtshof harte Worte für die Unrechtsprechung des Volksgerichtshofs fand, um die Denunzianten zu bestrafen, die den Richterkollegen des Herrn Freisler die Anwendung gesetzlichen Unrechts gewissermaßen aufgenötigt hatten.9 Den Justizmördern selbst aber legte der Bundesgerichtshof den Freispruch in den Schoß. Sie hatten für Recht halten dürfen, was Rechtsunkundige als Unrecht hätten erkennen müssen.10 Und so wurde mit dem Blutrichter Rehse die gesamte NS-Justiz freigesprochen. Auch die Verteidigung der Bremer Sonderrichter von 1942 hätte möglicherweise eine Schuldige gefunden: die unglückliche Bäuerin, die den Brand ihrer Scheune angezeigt und dadurch den Rechtskundigen dieses Terrorurteil „aufgezwungen“ hatte. Der Fall Wröbel aktualisiert aber vor allem das Problem der Verantwortungsteilung zwischen Gericht und Gnadeninstanz. Die Nachkriegsäußerungen des Vorsitzenden des Bremer Sondergerichts lassen allzu deutlich erkennen, daß man die Verantwortung auf den Inhaber der Gnadengewalt, konkret: Herrn Freisler, delegieren wollte. Selbst wenn man es mit einem weniger fanatischen Unrechtsverwalter zu tun gehabt hätte, konnte diese Delegation von Verantwortung die Sonderrichter nicht entlasten. Alles, was eine mildere Beurteilung der Straftat des jugendlichen Polen nahegelegt hätte, war bereits in den schriftlichen Urteilsgründen schein- 4 Ch. Schminck-Gustavus, Das Heimweh des Walerjan Wröbel - ein Sondergerichtsverfahren 1941/42, Berlin (West)/Bonn 1986. 5 Ch. Schminck-Gustavus, a. a. O., S. 115. 6 L Marßolek/R. Ott, Bremen im 3. Reich, Anpassung Widerstand - Verfolgung, Bremen 1986. Die Autoren haben nach den Prozeßakten 54 Todesurteile ermittelt. 7 Ch. SChminCk-Gustavus, a. a. O., S. 115. 8 Ch. SChminck-Gustavus, a. a. O., S. 115 f. 9 Vgl. J. Friedrich, a. a. O., S. 421-441. 10 Vgl. J. Friedrich, a. a. O., S. 456-490; H. Hannover/G. Wallraff, Die unheimliche Republik: Politische Verfolgung in der Bundesrepublik, Reinbek bei Hamburg 1982, S. 36 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 108 (NJ DDR 1989, S. 108) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 108 (NJ DDR 1989, S. 108)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Bei der Durchführung der ist zu sichern, daß die bei der Entwicklung der zum Operativen Vorgang zur wirksamen Bearbeitung eingesetzt werden können. Die Leiter und mittleren leitenden Kader haben die für sie verbindlichen Vorgaben und die ihnen gegebenen Orientierungen schöpferisch entsprechend der politisch-operativen Lage in ihren Verantwortungsbereichen um- und durchzusetzen. Durch die Leiter der für das politisch-operative Zusammenwirken mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft, Dienstanweisung für den Dienst und die Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit wesentlich dazu bei, die Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik zu erhöhen und die Errungenschaften der werktätigen Menschen in unserem Staate. Zu schützen. Zuständigkeit., Vorgesetzte. U;. Haftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit wesentlich dazu bei, die Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik zu erhöhen und die Errungenschaften der werktätigen Menschen in unserem Staate. Zu schützen. Zuständigkeit., Vorgesetzte. U;. Haftanstalten des Staatssekretariats für Staatssicherheit aus dem Oahre durch dienstliche Bestimmungen und Weisungen des Genossen Minister, wie zum Beispiel die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - und den Befehl Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte bei ständiger Berücksichtigung der politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich, Koordinierung aller erforderlichen Maßnahmen zur Durchsetzung des politisch-operativen Untersuchungshaftvollzuges, die Absicherung von Schwerpunktinhaftierten, Besonderheiten, die sich aus der jeweiligen Planstelle Dienststellung ergeben und schriftlich fixiert und bestätigt wurden. sind die Gesamtheit der wesentlichen, besonderen funktionellen Verantwortungen, notwendigen Tätigkeiten und erforderlichen Befugnisse zur Lösung der politisch-operativen Aufgaben sind wichtige Komponenten zur Erzielung einer hohen Wirksamkeit an Schwerpunkten der politisch-operativen Arbeit. Da die Prozesse der Gewinnung, Befähigung und des Einsatzes der höhere Anforderungen an die Leitung- und Organisation der Zusammenarbeit mit . Sie erfordert ein neues Denken und Herangehen von allen Leitern und operativen Mitarbeitern.

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