Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 97

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 97 (NJ DDR 1988, S. 97); Neue Justiz 3/88 97 Vorstellungen wider, die seine Zwecksetzung leiten. „Diese Lebensverhältnisse sind die Beziehungen, die der Mensch auf Grund der vorhandenen Arbeitsmittel mit anderen zur Verwirklichung seines Daseins eingeht. Ausschließlich über den Weg durch den Menschenkopf können und werden diese materiellen Bedingungen seiner Existenz zu kausalen Momenten der Rechtsbildung. Nicht die Zwecksetzungen sind das entscheidende Glied der Kausalreihe, sondern die Mittel, die .Produktivkräfte', die dem Menschen zur Erreichung seiner Zwecke jeweils gegeben sind. Sie unterliegen einer ständigen Veränderung und sind das grundlegende variable Moment der Entwicklung. Das ist tatsächlich der fundamentale Gedanke zur Begründung einer sicheren Methodik in den Gesellschaftswissenschaften, einschließlich der Rechtswissenschaft“ (S. 232). Mit diesen Überlegungen hat Such dem rechtswissenschaftlichen Denken eine qualitativ neue Richtung gewiesen, die als Wende vom bürgerlichen zum marxistisch-leninistischen Rechtsdenken betrachtet werden muß. Es wäre sicherlich nicht begründet zu sagen, daß in diesen Ausführungen bereits alle Grundzüge einer dialektisch-materialistischen rechtswissenschaftlichen Denkweise ausgeformt worden seien. Jedoch trifft auch der zuweilen erhobene Vorwurf, es bestünde eine Verwandtschaft zwischen Suchs Auffassungen und einigen Elementen der lnteressenjurisprudenz, nicht das Wesen der Sache. Wenn Such anmerkte: „Die lnteressenjurisprudenz ist das Zwischenglied auf dem Wege der rechtswissenschaftlichen Entwicklung von der Begriffsjurisprudenz zu einer Rechtswissenschaft auf der Basis des dialektischen Materialismus“ (S. 232, Fußnote 44), so läßt sich ohne Zweifel hieraus auf bestimmte Unsicherheiten in der Bewertung dieser bürgerlichen Strömung schließen. Auch andere Formulierungen in seinem ersten Aufsatz in der „Neuen Justiz“ können diesen Eindruck vertiefen. Nimmt man indes das Wesen der Sache, so wird offenkundig, daß solche anfänglichen entwicklungsbedingten Unsicherheiten Suchs eindeutig hinter seinen marxistisch-leninistischen Grundpositionen zurückstanden.8 Es ging ihm von Anfang an um die dialektische Negierung der lnteressenjurisprudenz, nicht aber um ihre Konservierung oder Modernisierung. Wenn Such in diesem Zusammenhang von einer „Fortsetzung“ des von der lnteressenjurisprudenz begonnenen Weges sprach, hatte er den Kurs zu ihrer Überwindung vor Augen: durch Hinwendung zum wirklichen „Leben“ zu den eigentlichen Gesetzmäßigkeiten der Gesellschaft und zur bewußten Gestaltung der Gesellschaft vorzudringen. Daß die lnteressenjurisprudenz für die Konfiiktlösung, besonders im Zivilrecht, für die Auslegung von Rechtsnormen und auch für die Lückenausfüllung im Recht bestimmte rationale Prämissen setzte und dadurch unter Zurückdrängung ihrer subjektivistischen Züge eine gewisse Anziehungskraft auch auf marxistische Juristen haben konnte, soll damit keineswegs bestritten werden. Es gibt viele Wege, auf denen der einzelne zur marxistisch-leninistischen Ideologie gelangt. Deshalb sollte man rückblickend Suchs Weg, der zum Erfolg führte, nicht zum Kernpunkt der Kritik erheben. Vielmehr muß der übergreifende Aspekt in der Wertung des wissenschaftlichen Vorgehens von Such folgender sein: Während damals Karl Polak in der Auseinandersetzung mit Heinrich Mitteis vor allem die Beziehung der Rechtswissenschaft zu den politischen Mächten, ihr Verhältnis zu den „geschichtlichen Kräften“9, eigentlich die gesellschaftliche Verantwortung der Rechtswissenschaft zum Kernproblem erhob, sah Heinz Such seine Aufgabe darin, durch die Kritik an der lnteressenjurisprudenz die Rechtswissenschaft im antifaschistisch-demokratischen Osten Deutschlands auf den Boden des dialektischen Materialismus zu stellen und ihr damit eine völlig neue wissenschaftliche Qualität, einen neuen inhaltlichen und methodischen Ansatz zu geben. Bei der Beurteilung der 1947 entwickelten rechtswissenschaftlichen Positionen Suchs aus heutiger Sicht dürfen die damaligen Umstände und Bedingungen nicht außer acht gelassen werden: Der Marxismus-Leninismus war gerade erst dabei, in die Universitäten einzuziehen, die Werke von Marx, Engels und Lenin waren erst zu einem kleinen Teil neu veröffentlicht worden, die Erschließung und schöpferische Nutzung der sowjetischen Rechtswissenschaft stand noch bevor. Um so mehr verdienen die konstruktiven Gedankengänge Suchs Anerkennung. Anders als Karl Polak, der aus der sowjetischen Emigration als marxistisch-leninistischer Staats- und Rechtswissenschaftler zurückgekehrt war, ging Such seinen Weg im Selbstklärungsprozeß.10 11 Er gehörte zu den Wissenschaftlern, die in harter theoretischer Arbeit, in ständiger Auseinandersetzung mit eigenen Positionen, also in einem komplizierten Prozeß der Selbsterkenntnis, zu marxistisch-leninistischen Einsichten gelangten.11 In diesem Prozeß konnten Widersprüchlichkeiten in Suchs Arbeiten nicht ausbleiben.12 Er blieb in seinem ersten Aufsatz noch der Begriffswelt der lnteressenjurisprudenz verhaftet. Dies ermöglichte es ihm jedoch, eine Reihe von Grundfragen der Rechtstheorie und Rechtspraxis aufzuwerfen, vor allem die Frage nach der eigenständigen Verantwortung der Rechtswissenschaft für die Weiterentwicklung des Rechts durch ihre Orientierung auf die Lebensverhältnisse.13 Die terminologische Nähe zur lnteressenjurisprudenz erklärt sich auch daraus, daß „manche marxistische Termini seinerzeit noch nicht zur Verfügung standen. Außerdem knüpft jede Kritik an ihrem Gegenstand an und negiert ihn aufhebend mit mehr oder weniger bewahrenden Elementen. Das kann auch für eine marxistische Kritik der lnteressenjurisprudenz in Anspruch genommen werden“.14 Dabei ist Such von Anfang an ganz deutlich über die Stufe einer nur immanenten Kritik hinausgegangen. Einführung des dialektischen Materialismus in die Rechtswissenschaft Die konstruktiven rechtswissenschaftlichen Ansätze Suchs erfuhren in seinem Aufsatz zum Thema „Die Ursachen des Versagens der Rechtswissenschaft“ (NJ 1948, Heft 4/5, S. 61 ff.) eine Ausprägung in politisch-sozialer Hinsicht. Hier versuchte er Antworten auf die Fragen zu geben, warum „der bei weitem überwiegende Teil der Juristen so willfährig dem Faschismus diente“ und warum „den faschistischen Lehren in ihrer Auswirkung auf die Rechtsprechung von Seiten der Juristen kein oder fast kein Widerstand geleistet wurde, sondern diese vielmehr dem Faschismus den Weg ebneten und zu Förderern seiner Entwicklung wurden“ (S. 61). Diese Fragen waren zeitgemäß. Sie ordneten sich ein in die von der SED konsequent verfolgte Politik, den Faschismus mit seinen Wurzeln zu beseitigen und seine Wiederkehr, gleich in welchen Formen, nie wieder zuzulassen. Such verstärkte in seinem zweiten Aufsatz seine Kritik an der lnteressenjurisprudenz, indem er die gesellschaftliche Funktion dieser Lehre untersuchte. Obwohl die lnteressenjurisprudenz den Zusammenhang zwischen Recht und Leben betone, mußte die Erkenntnis dieses Zusammenhangs beschränkt bleiben: Sonst ergäbe „sich aus ihr die praktische Folgerung auf Beseitigung des kapitalistischen Privateigentums und damit auf Beseitigung der bürgerlichen Rechtsordnung. In dieser Halbheit, in der Verbindung wissenschaftlicher Methodik mit der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Privateigentums, liegen die Eigenart und die gesellschaftliche Funktion der lnteressenjurisprudenz begründet“ (S. 63). Jetzt bewertete Such die lnteressenjurisprudenz als eine „auf der Grundlage des Idealismus beruhende Lehre, die mit materialistischen Erkenntnissen erheblich durchsetzt ist. Ihr wissenschaftlicher Wert, ihr Wahrheitsgehalt, reicht so weit, als sie materialistische Teilerkenntnisse enthält, ihre Schwäche beruht auf der idealistischen Grundlage“ (S. 63). Zweifellos hat Such die materialistischen Züge der lnteressenjurisprudenz überschätzt. Bedeutsamer allerdings ist, daß er hier aus den Fehlern der Vergangenheit die praktische Folgerung ableitete, „daß die Hochschule nur dann ihre Funktion erfüllen kann, wenn auf ihr in allen Fachrichtungen auch der dialektische Materialismus seine Lehrstätte hat“ (S. 67). Die zweite Folgerung aus der Abrechnung mit der Geschichte, vor allem mit der faschistischen Vergangenheit, bezog Such auf die Existenz des kapitalistischen Privateigentums: „Wenn es zutrifft, daß das kapitalistische Privateigentum die Ursache der Krise und des imperialistischen Krieges ist die bisherige Erfahrung hat es immer wieder bestätigt , dann ist es 8 Vgl. G. Gömer, „Entwicklung der marxistisch-leninistischen Staatsund Rechtswissenschaft a. a. O., S. 53. 9 Vgl. K. Polak, „Wesen und Wert der Rechtsgeschichte“, NJ 1947, Heft 3 S. 53 ff. 1 10 So W. Weiß, „40 Jahre .Neue Justiz*: Die ersten Jahre“, NJ 1987, Heft 1, S. 8. 11 Vgl. K.-H. Schöneburg, „Befreiung vom Faschismus und Herausbildung einer marxistisch-leninistischen Staats- und Rechtswissenschaft der DDR (Thesen)“, Staat und Recht 1987, Heftl, S. 53. 12 So machte Such zwar darauf aufmerksam, daß der Begriff „Le-bensverhältnis“ weiter sei als der von Marx verwendete Begriff „Produktionsverhältnis“ (S. 232, Fußnote 46); in der substantieUen Ausführung seines Themas hielt er indes diese Differenzierung nicht durch und handelte vorwiegend von den „Lebensverhältnissen“. 13 Vgl. U.-J. Heuer, „Rechtstheoretische Grundlagen im Lebenswerk Heinz Suchs“, in: Ehrenkolloquium aus Anlaß des 75. Geburtstages von Heinz Such (1910-1976), a. a. O., S. 30. 14 K. Müller, „Heinz-Such zur wirtschaftsvertraglichen Verantwortlichkeit“, in: Ehrenkolloquium aus Anlaß des 75. Geburtstages von Heinz Such (1910-1976), a. a. O., S. 51, Fußnote 2.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 97 (NJ DDR 1988, S. 97) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 97 (NJ DDR 1988, S. 97)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

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