Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 67

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 67 (NJ DDR 1988, S. 67); Neue Justiz 2/88 67 Diskette, und wenn er „besonders fix ist, wirft er sie weg, noch ehe die Polizei das spitz gekriegt hat“.18 Daher weitet der Bundesjustizminister nicht zu Unrecht den Kampfauftrag in Richtung einer verstärkten „sozialen Kontrolle“ aus, die vor allem im ideologischen Bereich Wirkungen zeigen soll. Er sieht grundlegende. Erfordernisse eines wirksameren Kampfes in einem stärkeren Sichtbarmadien des „Kriminellen“ derartiger Verhaltensweisen, im Zerreißen des Nimbus vom „cleveren Geschäftsmann“, der auch und gerade der Wirtschaftsstraftäter sei, und in einer Imageveränderung den Täter als riskant handelnden, alles wagenden und damit dem Sportler vergleichbaren Kämpfertyp in Richtung der Kennzeichnung der Gemeingefährlichkeit dieser kriminellen Geschäftemacher. Dabei ist natürlich zu sehen, daß die jährlichen Schäden durch die Computerkriminalität in der BRD mittlerweile auf 100 Milliarden DM beziffert werden. Die Situation macht deutlich, daß sich nicht nur die Fachleute in den Spezialabteilungen der Kriminalpolizei oder im Computergewerbe selbst völlig der Tatsache bewußt sind, daß sich mit der Computerkriminalität eine Umbruchsituation im Kriminalitätsbereich auftut. Nach Schätzungen von Fachleuten verschiedener Profession wird sich das Problem der Computerkriminalität verschärfen. Die Deliktshäufigkeit und die Schadenssummen werden infolge neuer Anwendungen der Computertechnik steigen. Es wird auch eine verstärkte Entwicklung technisch immer raffinierterer Deliktsformen zur Umgehung von Sicherungsmaßnahmen sowie eine zunehmende Begehung von Delikten durch betriebsfremde Personen mittels Datenfernverarbeitung und das Entstehen von trans'nationaler Computerkriminalität (vor allem in internationalen Datenübertragungsnetzen) geben. Auch werden Computermißbräuche durch ausländische Dienste und das organisierte Verbrechen eine Ausdehnung des Kreises der Opfer von den bisherigen Systembetreibern auf bloße Systemnutzer und Verbraucher (vor allem in den Bereichen des automatisierten Bankzahlungsverkehrs, der maschinenlesbaren Kreditkarten, des Btx-Systems und der Personalcomputer) zur Folge haben. Ein französischer Bericht über die Informatisierung der Gesellschaft verweist darauf, daß die Besonderheiten der „Sache“ Informatik entschieden stärker national wie international rechtlich berücksichtigt werden muß. Damit ist der rechtliche Gesamtzustand grundsätzlich gekennzeichnet. „Bei der Vielzahl begrifflicher Schwierigkeiten ist die exakte juristische Einordnung der .Sache* Informatik das größte Problem. Eine Klärung erfordert u. U. eine bedeutende Veränderung einiger grundlegender Begriffe der Rechtswissenschaft sowie der Methode, mit der sie den materiellen Charakter von Gütern bestimmt.“19 So hat es schon seinen sachlichen und rechtlichen Grund, wenn in Theorie und Rechtspraxis vieler kapitalistischer Länder immer wieder darauf verwiesen wurde, daß das geltende Strafrecht diesem neuen Kriminalitätsphänomen gegenüber einfach nicht gewachsen ist. Es sei insgesamt unbefriedigend, mit den geltenden Diebstahls- und Unterschlagungsbestimmungen, den Betrugs-, Automatenmißbrauchs- und Untreueregelungen sowie mit den Urkundenfälschungsparagraphen Rechtswidrigkeiten erfassen zu müssen, die zweifellos ihre soziale, kriminogene und strafrechtliche Eigenständigkeit besitzen. Es komme daher dem Erfordernis einer wirksameren strafrechtlichen Prävention „gerade im Bereich der Computerkriminalität eine besondere Bedeutung zu. Unbestreitbare Voraussetzung des strafrechtlichen Präventionsmechanismus ist primär die Existenz eines die Tat erfassenden materiellen Strafgesetzes“.20 Das neue Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität in der BRD Seit nun für die BRD am 1. August 1986 das Zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität in Kraft trat, ist nicht zu übersehen, daß manchem Fälscher von Vordruk-ken für Euroschecks und Euroscheckkarten mit § 152 a StGB, der bis zu 10 Jahren Freiheitsentzug androht, ein härterer Kampf ins Haus steht. Offensichtlich ist auch, daß den kleineren und größeren Betrügern, die einfache Menschen zur Hergabe ihres Geldes mit einer einmaligen Aussicht auf Supergewinne verleiten und sie schamlos prellen, das kriminelle Handwerk erschwert werden soll.21 Nach dem Buchstaben dieses Gesetzes soll künftig schließlich auch das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 226 a StGB strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen, um wenigstens die größten Skandale auf dem Ar-beitskräftemarkt.abzufangen. Was nun die eigentlichen Computerdelikte angeht, so sind gesetzgeberische Weiterentwicklungen im Verhältnis zum Gesetzesentwurf22 unverkennbar. Kernbereiche der inkrimi-nierten Delikte bilden nunmehr das Ausspähen von Daten (§ 202 a), der Computerbetrug (§ 263 a), die Täuschung im Rechtsverkehr bei Datenverarbeitung (§ 270), die Datenveränderung (§ 303 a) sowie die Computersabotage (§ 303 b). Sowohl der Umfang der kriminalisierten Verhaltensweisen wie auch die juristische Gestaltung der Strafrechtsnormen einschließlich der Strafandrohungen wurden so ausgerichtet, daß der tatsächlichen Breite dieser Delikte und ihrer Gefährlichkeit besser entsprochen wird. Auffällig bleibt, daß z. B. die strafbare Datenveränderung nach § 303 a und die Computersabotage nach § 303 b nur auf Antrag verfolgt werden, „es sei denn“ wie es in § 303 c heißt , „daß die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält“. Das neue Gesetz ist also durchaus mit großem Auftrag versehen und angetreten, den Computertätern wenigstens in der unteren Charge Einhalt zu gebieten. Es sind nämlich nicht die 14- bis 16jährigen Burschen, die man so gern als Kronzeugen dafür hernehmen möchte, um die Täterszene unwirklich zu charakterisieren. Es sind schon die Akteure im Computerbereich selbst, die kriminell handeln, und nicht selten ist auch hier der einfache Fakt konstatierbar, daß die Herren im Nadelstreifenanzug die Aufträge verteilen. Die neuen strafrechtlichen Bestimmungen rufen zunächst jedoch den äußeren Eindruck hervor, als gäbe es den Täter und damit genug. Dabei weiß jedermann, daß namentlich im wirtschaftlichen Bereich die im Konkurrenzkampf befindlichen Privateigentümer und ihr Management regieren und auf ihr Konto vor allem die großangelegten „Geschäfte“ auch mit Hilfe des Computers gehen. Ihre besondere Verantwortung und herausragende strafrechtliche Verantwortlichkeit wäre gesetzgeberisch festzuschreiben gewesen, um die richtige Stoßrichtung auch und gerade dann zu haben, wenn der eigentlich Verantwortliche wohlweislich im Hintergrund bleibt, da er genügend Hände hat, die für ihn in krimineller Manier tätig sind. Der Adressat des Gesetztes ist jedoch in erster Linie der Anonyme „Wer“. Personen und Persönlichkeiten, die in der Wirtschaft agieren, und dies nicht selten in krimineller Weise, sind schon ein zentrales Phänomen, wenn Chancen und Risiken des zweifellos nötigen Kampfes gegen die Wirtschaftskriminalität kapitalistischer Provenienz abzuwägen sind. Es zeigen sich gerade bei der Computerkriminalität ausgeführt von „kleinen“ Kriminellen, die mitunter die herkömmlichen Methoden des Betrugs und der Bereicherung nutzen, bis hin zu dem nahezu industriemäßig organisierten Vorgehen die engen Bezüge zum kapitalistischen Konkurrenzkampf, zu einer international dimensionierten Profitjagd, die alle Schranken bürgerlichen Rechts niederreißt, und Bezüge zu anderen, äußerst gefährlichen und menschheitsbedrohenden Fragen. Sie ist, wie sich zeigt, notwendiges Begleitprodukt der in antagonistische Klassen gespaltenen Gesellschaft. Darauf weisen z. B. auch die Ausführungen von Landespolizeipräsident A. Stümper hin, der die „Verfilzung pseudohonoriger Vertreter der organisierten Kriminalität mit Honoratioren der Gesellschaft“ als Gefahr gesellschaftspolitischer Korruptions- und in deren Folge Korrisionsericheinungen bezeichnet. „Diese Verflechtung erschwert die praktischen Ermittlungsmöglichkeiten außerordentlich, da die Polizei sich hier starken Widerständen gegenübersieht, die nicht nur in der materiellen Kompliziertheit der Ermittlungen oder auch in der Raffinesse und der eleganten .Geschicklichkeit* der Tatverdächtigen liegen, sondern die auch aus vielfachen Beziehungen dieser Personen in einflußreiche Kreise resultieren. Auf diese Weise könnten bei uns auf längere Sicht schleichende Weichen für das Entstehen einer mafiaähnlichen Parallelgesellschaft gestellt werden.“23 Dem kann Deutlicheres kaum hinzugefügt werden. 18 J. Soyka, Computer-Kriminalität, a. a. O., S. 186 f. 19 S. Nora/A. Mine, Die Informatisierung der Gesellschaft, Frankfurt am Main'New York 1979, S. 249. 20 U. Sieber, Computerkriminalität und Strafrecht, Köln/Berlin(West)/ Bonn/München 1980, S. 35. 21 Vgl. zum sogenannten Mega-Petrol-Prozeß, in dem die Anklage dem 49jährigen Ingenieur Willner und drei seiner Kompagnons vorwarf, in den Jahren 1979 bis 1982 insgesamt 1 934 Anleger um mehr als 200 Millionen DM geschädigt zu haben, den Bericht von H. Krill, „Anlegern das Risiko verschweigen?“. Süddeutsche Zeitung (Stuttgart) vom 11. Dezember 1986. 22 Vgl. Bundestagsdrucksache 219 aus dem Jahre 1982. 23 A. Stümper, a. a. O.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 67 (NJ DDR 1988, S. 67) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 67 (NJ DDR 1988, S. 67)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage die notwendige Einsatzbereitschaft, Opferbereitschaft und andere wichtige Eigenschaften zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Kampf gegen den Feind hervorbringen. Diese Erkenntnis ist durch die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Begehung der Straftat, ihre Ursachen und begünstigenden Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Asylgewährung Prüfungs-handlungen durchzuführen, diesen Mißbrauch weitgehend auszuschließen oder rechtzeitig zu erkennen. Liegt ein Mißbrauch vor, kann das Asyl aufgehoben werden.

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