Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 58

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 58 (NJ DDR 1988, S. 58); 58 Neue Justiz 2/88 Ha ns Litten Anwalt des Proletariats, Kämpfer gegen Faschismus WOLFGANG WEISS, Berlin Foto: Archiv des Union Verlages Berlin Vor 50 Jahren, am 5. Februar 1938, wurde Hans Litten im Konzentrationslager Dachau umgebracht. In der offiziellen Verlautbarung der Nazibehörden hieß es: Er wurde „im Abort seiner Unterkunft im Lager erhängt auf gefunden“.1 Ob er Selbstmord beging oder ob nach seiner Ermordung durch SS-Leute ein Selbstmord vorgetäuscht werden sollte das wurde nie festgestellt. Hans Litten hatte fast fünf Jahre Konzentrationslager und Zuchthaus hinter sich gebracht und dort unmenschliche physische und psychische Quälereien erduldet, ohne auch nur einen Fußbreit von seinem Weg abzugehen. Wer war Hans Litten1 2, nach dem in der Hauptstadt der DDR eine Straße benannt ist, in der das Oberste Gericht und die wichtigsten Institutionen der Berliner Justiz ihren Sitz haben. Wer war dieser Mann, den die Naziführer derart fürchteten, daß Freister, damals Staatssekretär im faschistischen Reichsjustizministerium, auf ein Gesuch um mildere Behandlung für Hans Litten bemerkte: „Es wird niemand etwas für Litten erreichen. Hitler lief blaurot im Gesicht an, als er den Namen hörte.“3 Hans Litten, am 19. Juni 1903 in Halle geboren, wuchs in einem bürgerlichen Elternhaus auf. Sein Vater war Professor der Rechtswissenschaft an der Königsberger Universität, zeitweilig sogar deren Rektor. Obwohl Hans Littens ganze Neigung der Kunst und Kulturgeschichte galt, mußte er auf Geheiß des Vaters Jura studieren. Er blieb bei-der Jurisprudenz, ohne sie sehr hoch zu schätzen. Aber es gehörte wohl zu seinem Wesen, einmal Begonnenes fortzusetzen. Als Student begann er, sich mit den Problemen der Zeit zu beschäftigen und kam in Diskussionen mit Gleichgesinnten über Rosa Lemburg zu Karl Marx. In Artikeln setzte er sich für Marx’ Lehre vom KJassenkampf und die davon untrennbare Revolutionstheorie ein was zugleich eine Absage an den Anarchismus bedeutete. Uber die marxistische Lehre von Staat und Recht gelangte er zu ersten Erkenntnissen der verhängnisvollen Rolle der Justiz in der Weimarer Republik. Daß Hans Litten unter den damaligen gesellschaftlichen Verhältnissen nach dem Assessorexamen nicht als Staatsanwalt oder Richter in den Justizdienst trat, sondern sich 1928 als Rechtsanwalt in Berlin niederließ, war die logische Folge seiner theoretischen Erkenntnisse. Er schloß sich mit Rechtsanwalt Dr. Ludwig Barbasch, der sich als Anwalt der Roten Hilfe und Verteidiger von Kommunisten einen Namen gemacht hatte, in einer Bürogemeinschaft zusammen. Sehr bald war auch Hans Litten als einer der wenigen Rechtsanwälte bekannt, die in politischen Prozessen für Kommunisten und andere linksgerichtete Angeklagte mit aller Konsequenz eintraten. Hilde Benjamin, damals ebenfalls als Rechtsanwältin für die Rote Hilfe tätig, charakterisierte Littens Auftreten vor der Klassenjustiz der Weimarer Republik folgendermaßen: „Wenn Litten einen Prozeß führte, dann beherrschte er Recht und Stoff. Er focht mit den Paragraphen der Strafprozeßordnung wie mit einer scharfen Klinge. Es gab kein Polizeiprotokoll, das er nicht mit äußerster Gründlichkeit prüfte. Er suchte Zeugen, klärte Widersprüche, fragte unermüdlich und stundenlang. Er ließ sich von keinem Staatsanwalt behindern, von keinem Gericht abweisen, er stellte für seine Schützlinge immer wieder Haftentlassungsanträge und riß in seinem kämpferischen Feuer manchen bürgerlichen Mitverteidiger mit.“4 An einigen wenigen Beispielen sei im folgenden gezeigt, wie Hans Litten als Rechtsanwalt einen unerbittlichen Kampf für die Menschenrechte und gegen die politische Reaktion führte. Am 1. Mai 1929 hatten sich die Berliner Arbeiter durch das vom Polizeipräsidenten Zörgiebel am 13. Dezember 1928 erlassene Verbot aller Versammlungen und Demonstrationen unter freiem Himmel nicht davon abhalten lassen, den Feiertag der internationalen Arbeiterbewegung würdig zu begehen. Etwa 200 000 Werktätige demonstrierten auf den Straßen Berlins. Zörgiebels Polizei, die damit gerechnet hatte, ging mit Waffengewalt brutal gegen die Demonstranten vor. Die Bilanz des berüchtigten Blutmai: 33 Tote, 87 Schwerverletzte, Hunderte von Verletzten, mehr als 1 200 Verhaftete. Unter dem Eindruck der darauf einsetzenden Massenproteste bildeten angesehene Persönlichkeiten einen „Ausschuß zur Untersuchung der Berliner Maivorgänge“, dessen Vorsitzender Carl von Ossietzky, Herausgeber der Zeitschrift „Weltbühne“, wurde. Der 25jährige Rechtsanwalt Hans Litten ging seinen besonderen Weg: Er erstattete am 4. Mai 1929 Strafanzeige gegen Zörgiebel wegen Anstiftung zum Mord und zu gefährlicher Körperverletzung. Daß es zu keinem Strafverfahren gegen den Polizeipräsidenten kam, verwundert nicht. Doch da Hans Litten gegen die ablehnenden Bescheide alle denkbaren Rechtsmittel ausnutzte, beschäftigte er die Gerichte mit dieser Sache bis zum 14. Oktober 1929, an dem der 3. Strafsenat des Kammergerichts den Antrag Littens vom 12. Juii 1929 „auf gerichtliche Entscheidung gegen den die Erhebung der öffentlichen Klage ablehnenden Bescheid des Generalstaatsanwalts bei dem Kammergericht vom 7. Juni 1929“ verwarf. Dieses durchaus ungewöhnliche Vorgehen Littens erregte natürlich Aufsehen in der Öffentlichkeit und brachte ihm vor allem wütenden Haß jener Kräfte in Polizei und Justiz ein, die vier Jahre später getreue Gefolgsleute der faschistischen Staatsmacht wurden. Doch Hans Litten beließ es nicht bei dieser zwar juristisch aufgezäumten, in erster Linie aber politischen Attache gegen den Verantwortlichen für das Geschehen am 1. Mai 1929. In einer Reihe von Strafverfahren gegen die von den Gewaltmaßnahmen der Polizei unmittelbar Betroffenen trat er mit Erfolg als deren Verteidiger auf. In einem dieser Verfahren, das vor dem Amtsgericht Berlin-Köpenick durchgeführt wurde, erreichte er, daß fünf von sechs Angeklagten freigesprochen wurden. Und wo sich in solchen Verfahren die Möglichkeit ergab, den Fall Zörgiebel wieder aufzurolien, tat er es. Das gelang ihm zwar nicht direkt. Doch er erreichte immerhin, daß das Kammergericht in einer Urteilsbegründung zu der bemerkenswerten Feststellung kam: „Am 1. Mai 1929 und den folgenden Tagen sind an Stellen der Stadt Berlin von Polizeibeamten zahlreiche Exzesse begangen worden. Dies beweist, daß es in der Berliner Schutzpolizei zahlreiche Elemente gab, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren und nicht in die Schutzpolizei hineingehören. Einen Teil der Schuld trägt auch der Umstand, daß zahlreiche Beamte ausgesprochen kommunistenfeindlich eingestellt waren.“5 Besonderes Aufsehen erregte Hans Littens Auftreten in dem Prozeß, der durch Ereignisse ausgelöst worden war, die sich am 22. November 1930 im Tanzpalast „Eden“ in Berlin-Charlottenburg zugetragen hatten: Dort waren Mitglieder des Arbeiterwandervereins „Falke“ von einem SA-Sturm überfallen worden, wobei vier Arbeiter schwer verletzt 1 Vgl. die Zitate aus den Akten des faschistischen Reichs Justizministeriums bei W. Weiß, „Hans Litten zum Gedächtnis“, NJ 1950, Heft 2, S. 54 f. 2 Ausführlich dazu C. v. Brück, Ein Mann, der Hitler in die Enge trieb Hans Littens Kampf gegen den Faschismus (Ein Dokumentarbericht), Berlin 1975, 142 S.; Irmgard Litten, Eine Mutter kämpft gegen Hitler, Rudolstadt 1984 , 254 S. 3 Zitiert nach I. Litten, a. a. O-, S. 65. 4 H. Benjamin, „Hans Litten“, Die Weltbühne vom 19. Juni 1973. 5 Zitiert nach C. v. Brück, a. a. O., S. 60.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 58 (NJ DDR 1988, S. 58) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 58 (NJ DDR 1988, S. 58)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltungen unterstehen den Leitern der Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen Staatssicherheit sind im Sinne der Gemeinsamen Anweisung über den Vollzug der Untersuchungshaft an Verhafteten erteilt und die von ihnen gegebenen Weisungen zum Vollzug der Untersuchungshaft ausgeführt werden; die Einleitung und Durchsetzung aller erforderlichen Aufgaben und Maßnahmen zur Sicherung des Strafverfahrens dar, der unter konsequenter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Befehle, Weisungen und anderen dienstlichen Bestimmungen des Ministers für Staatssicherheit und die damit erlassenen Ordnungs- und Verhaltens-regeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstatt Staatssicherheit - Hausordnung - die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes sind: Die gesetzlichen Bestimmungen wie Strafgesetz, Strafprozeßordnung, Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz; Befehle und Anweisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Bezirksverwaltungen Verwaltungen und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit ;. die Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung. Die Notwendigkeit und die Bedeutung der Zusammenarbeit der Abteilungen und bei der Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens. Die weitere Stärkung und Vervollkommnung der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung ist entscheidend mit davon abhängig, wie es gelingt, die Arbeiter-und-Bauern-Macht in der Deutschen Demokratischen Republik allseitig zu festigen. Der Generalsekretär des Zentralkomitees der Partei Neues Deutschland., Seite - Honecker, Stoph, Ulbricht, Honecker, Stoph, Bericht über den Umtausch der Parteidokumente Tagung des der Neues Deutschland., Seite.

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