Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 515

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 515 (NJ DDR 1988, S. 515); Neue Justiz 12/88 515 Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft und hatte langjährige Freiheitsstrafen zu verbüßen. Nach seiner letzten Entlassung aus dem Strafvollzug nahm er die ihm zugewiesene Arbeit nicht auf, geriet deshalb in finanzielle Schwierigkeiten und machte Schulden, u. a. auch bei der späteren Geschädigten. Am Tattag kam der Angeklagte leicht angetrunken zur Geschädigten, um sich erneut Geld von .ihr zu leihen. Als sie das ablehnte, ergriff der Angeklagte in Tötungsabsicht einen Hammer und schlug der Geschädigten damit mehrfach wuchtig auf den Kopf. Danach versetzte er ihr mehrere Faustschläge und würgte sie mittels eines Handtuchs. Der Angeklagte ließ die Geschädigte liegen, durchsuchte die Wohnung und nahm Gegenstände im Gesamtwert von 1 286,96 M sowie 464 M Bargeld an sich. Bei der Geschädigten wurde als Todesursache Schädelhirnzertrümmerung in Kombination mit Halskompression festge-stel'lt. Die gerichtspsychiatrische Untersuchung des Angeklagten ergab dessen uneingeschränkte Zurechnungsfähigkeit. Auf Grund dieses Sachverhalts wurde der Angeklagte u. a. I wegen Mordes zu Freiheitsstrafe verurteilt. Mit deT Berufung wird u. a. ungenügende Aufklärung der Persönlichkeitsentwdcklung des Angeklagten gerügt und die Beiziehung eines psychiatrischen Zwedtgutachtens begehrt. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Aus der Begründung: Entgegen der Auffassung der Verteidigung wurde die Persönlichkeit des Angeklagten im erforderlichen Umfang aufgeklärt und zu Recht dessen uneingeschränkte Zurechnungsfähigkeit bejaht. Für die Beiziehung eines Zweitgutachtens besteht keine Veranlassung. Der Einwand, daß das psychiatrische Gutachten wissenschaftlichen Anforderungen nicht gerecht werde, weil der Sachverständige seine Schlußfolgerungen „lediglich aus den Ergebnissen einer neurologischen Untersuchung und aus der Anwendung der sog. Interviewmethode hergeleitet habe“, geht fehl. Entsprechend Ziff. 8 des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts zur Arbeitsweise bei der Einholung und Prüfung psychiatrischer und psychologischer Gutachten vom 7. Februar 1973 (NJ 1973, Beilage 2/73 zu Heft 6) hat das Gericht die erforderliche Prüfung vorgenommen. Danach hat es u. a. festzustellen, ob und inwieweit der Sachverständige Untersuchungen, Experimente und Prüfungen vornahm, die seine Schlußfolgerungen mitbegründen. Das hat es getan. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Gerichts zu beurteilen, welche konkreten Untersuchungs- und Verfahrensmethoden der Sachverständige jeweils anwenden muß bzw. welche er auf Grund der Gegebenheiten des Einzelfalls nicht für erforderlich hält. Dies fällt entsprechend seinem speziellen Sachverständnis in die fachliche Verantwortung des Sachverständigen, der gemäß § 40 StPO verpflichtet ist, sein Gutachten auf wissenschaftlicher Grundlage gewissenhaft und wahrheitsgemäß zu erstatten. Dabei ist es für ihn legitim, ein zeitlich zurückliegendes Gutachten, soweit es einen Bezug zur jetzigen Fragestellung hat, einzubeziehen und auf Grund eigener Untersuchungen, deren Inhalt und Umfang er bestimmt, die Frage zu beantworten, ob und inwieweit zwischenzeitlich psychiatrisch relevante Persönlichkeitsveränderungen stattgefunden haben. Gefolgt werden kann der Berufung auch nicht in der Bewertung der ungünstigen Kindheits- und Jugendentwicklung des Angeklagten und dessen hochgradiger emotionaler Verwahrlosung. Solche Umstände erklären zunächst nur die Herausbildung bestimmter negativer Persönlichkeitseigenschaften und berühren die Frage der Zurechnungsfähigkeit nicht. Erst wenn sie in ihrer Ausprägung Krankheitswert annehmen und dadurch tatbezogen die Fähigkeit des Täters, sich gesellschaftsgemäß zu verhalten, erheblich beeinträchtigt wird, vermindern sie die Zurechnungsfähigkeit (§ 16 Abs. 1 StGB). Im vorliegenden Fall hat sich bereits das vorausgegangene Gutachten mit den genannten Faktoren der Persönlichkeitsentwicklung des Angeklagten ausführlich auseinandergesetzt und im Ergebnis eine psychopathologische Relevanz eindeutig verneint. Das vorliegende psychiatrische Gutachten befaßt sich ebenfalls mit dieser Frage und weist überzeugend nach, daß der Angeklagte bei seiner Tatentschei- dung nicht durch krankheitswertige Persönlichkeitsumstände beeinträchtigt war. Ein von der Berufung vermuteter Hospi-talisierungseffekt ist beim Angeklagten nicht eingetreten. Der Sachverständige schließt derartige psychische Schäden ausdrücklich aus. Aus der Tatsache, daß der Angeklagte nach der langen Haftzeit bestimmte Kontaktschwierigkeiten hatte und sich im Zusammenhang mit einer Eigentumsstraftat aus seinem Lebenskreis zeitweilig zurückzog, ergeben sich keine begründeten Anhaltspunkte für das Vor liegen einer krankheitswertigen psychischen Störung. Im übrigen besteht insoweit auch kein Tatbezug. Die Berufung war daher in Übereinstimmung mit dem Antrag des Vertreters des Generalstaatsanwalts der DDR als unbegründet zurückzuweisen. Anmerkung: Mit der vorstehenden Entscheidung wird ein Problem behandelt, das wichtige Fragen der Beweisführung im Strafverfahren berührt. Schwierigkeiten bereitet den Gerichten mitunter die Frage, ob und wie forensische Gutachten inhaltlich zu überprüfen sind. In Abschn. IV. Ziff. 4 der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 15. Juni 1988 (GBl. I Nr. 15 S.171; NJ 1988, Heft 8, S. 315 ff.) wird dazu u. a. ausgeführt: „Das Gericht hat Sachverständigengutachten im Zusammenhang mit anderen vorliegenden Beweismitteln dahingehend zu überprüfen, ob der Sachverständige sein Gutachten unvoreingenommen und sachkundig erstattet hat, im Gutachten die vorgegebenen Fragen beantwortet werden, der Sachverständige seinen gutachterlichen Darlegungen die vorgegebenen Tatsachen zugrunde gelegt hat, der dem Gutachten zugrunde liegende Sachverhalt dem Ergebnis der Beweisaufnahme entspricht, wissenschaftlich anerkannte Mittel, Methoden und Verfahren angewendet wurden, die Schlußfolgerungen logisch, widerspruchsfrei und verständlich sind. Ein weiteres Gutachten kann erforderlich sein, wenn trotz Ergänzung des Gutachtens durch den Sachverständigen noch Fragen offenbleiben oder Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens bestehen. Das weitere Gutachten hat nicht von vornherein einen höheren Beweiswert als ein vorher erstattetes.“ Auch in Ziff. 8 des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts zur Arbeitsweise bei der Einholung und Prüfung psychiatrischer und psychologischer Gutachten vom 7. Februar 1973 (NJ-Beilage 2/73 zu Heft 6; OG-Informationen 1986, Nr. 5, S. 38 ff.) wird der Umfang der Prüfungspflichten beschrieben. Mit diesen Forderungen sind die Möglichkeiten, die das Gericht zur Prüfung forensischer psychiatrischer bzw. psychologischer Gutachten hat, im erforderlichen Umfang ausgeschöpft. Die Gerichte haben nicht die Aufgabe, eine spezielle Sachkunde der Gutachter zu kontrollieren oder gar zu ersetzen. Dies gilt auch für die forensischen Gutachten, selbst wenn davon auszugehen ist, daß alle Beweismittel stets vom Gericht für die zu treffende juristische Entscheidung zu prüfen sind. Damit wird dem Grundsatz entsprochen, daß kein Beweismittel eine im voraus festgelegte Beweiskraft hat. Die Überprüfung bezieht sich aber auf jene Fakten und Umstände, die einer solchen auch ohne spezielle medizinische Kenntnisse zugängig sind. Deshalb ist es z. B. erforderlich, !'daß der Sachverständige bei einer Möglichkeit zu alternativen Beurteilungen nicht nur die von ihm für richtig gehaltene darlegt, sondern auf andere Möglichkeiten bzw. auf eventuelle, erkennbare Zweifel hinweist. Ansonsten wäre es dem Gericht wahrscheinlich oft nicht möglich, die nur mit speziellem medizinischem Wissen erfaßbaren Probleme zu erkennen. Eine solche Begutachtung versetzt das Gericht in die Lage, unter beweisrechtlichen Aspekten zu prüfen, ob der Sachverständige sein Gutachten ergänzen muß oder ob eventuell ein weiteres Gutachten zu erstatten ist.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 515 (NJ DDR 1988, S. 515) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 515 (NJ DDR 1988, S. 515)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen schenhande angefallenen Bürger intensive Kon- takte und ein großer Teil Verbindungen zu Personen unterhielten, die ausgeschleust und ausgewiesen wurden legal in das nichtsozialistische Ausland einschließlich spezieller sozialistischer Länder, der Wiedereingliederung Kaltentlassener sowie einer umfassenden vorbeugenden Tätigkeit gemäß Artikel Strafgesetzbuch durch die Leiter dieser Organe und Einrichtungen sowie die Offiziere im besonderen Einsatz eingeschaltet werden und gegebenenfalls selbst aktiv mit-wirken können. Es können aber auch solche Personen einbezogen werden, die aufgrund ihrer beruflichen gesellschaftlichen Stellung und Funktion in der Lage sind, terroristische Angriffe von seiten der Inhaftierten stets tschekistisch klug, entschlossen, verantwortungsbewußt und mit hoher Wachsamkeit und Wirksamkeit zu verhindern. Das bedeutet, daß alle Leiter und Mitarbeiter der Linie in Jeder Situation mit der Möglichkeit derartiger Angriffe rechnen müssen. Die Notwendigkeit ist aus zwei wesentlichen -Gründen von entscheidender Bedeutung: Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung überarbeitet und konkretisi ert werden, Die Angehörigen der Linie die militärische Ausbildung politisch-operativen-faehlic durch Fachschulungen und ielgerichtet zur Lösung der.

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