Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 487

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 487 (NJ DDR 1988, S. 487); Neue Justiz 12/88 487 Damit wird zwar nicht das gesamte Wesen spätbürgerlicher Rechtsentwicklung erfaßt, aber doch die Tendenz des Abbaus der Gesetzlichkeit im Imperialismus offengelegt.24 Die KPD versuchte, der Aufweichung der bürgerlichen Gesetzlichkeit parlamentarisch zu begegnen. Ausgangspunkt war die Einsicht, daß das Recht zwar letztlich den Gestaltungswillen der Oberschicht ausdrücke und deren Interessen reflektiere, zugleich aber auch Konzessionen an die Mittelschichten und das in den Gewerkschaften organisierte Proletariat enthalte.25 Amnestiegesetze waren deshalb für die KPD kein Gnadenakt des Staates, sondern eine Korrektur der Rechtsprechung infolge des Drucks von unten. Rechtsanwalt Obuch wies darauf hin, die Folgen dieser Richtersprüche müßten für den bürgerlichen Staat so unerträglich werden, daß es in seinem Interesse läge, diese Urteile durch Amnestie aus der Welt zu schaffen.26 Als Gegengewicht zur Verletzung der bürgerlichen Gesetzlichkeit sind auch die Vorschläge der KPD zur Reform des Straf Prozeßrechts zu sehen, die Willi Münzenberg 1928 im Reichstag unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Ausführungen von Felix Halle und Rechtsanwalt Alfred Apfel zur unbegründeten Verurteilung von Max Hoelz vortrug. Inhalt der Vorschläge war, den Geschworenen die ausschließliche Entscheidungskompetenz in den Schwurgerichten einzuräumen, die Zuständigkeit des Reichsgerichts für Hoch-und Landesverrat aufzuheben, das Rechtsmittel der Revision und die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens zu erweitern sowie die Mitwirkung von Laien in allen Gerichtsinstanzen, auch im Revisionsverfahren, zu gewährleisten.27 Der konsequente Kampf der KPD für die Gleichberechtigung der Frau fand in parlamentarischen Initiativen zur Eherechtsreform seinen rechtlichen Ausdruck. Den Gedanken von F. Engels in seinem Werk „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“ folgend und in Anlehnung an die Familiengesetzgebung Sowjetrußlands, hat die JZ in Ausarbeitungen dazu folgende Forderungen erhoben: Gewährleistung der vollen Gleichberechtigung der Ehegatten; Aufhebung der alleinigen Bestimmung des Mannes über den Wohnsitz und seiner Verfügungsmacht über das Vermögen der Frau; volle Freiheit der Eheleute, die Ehe durch freiwillige Gerichtsbarkeit ohne Prozeß zu lösen; rechtliche Gleichstellung des tatsächlichen Zusammenlebens von Mann und Frau mit der registrierten Ehe; bei Ehescheidung Beschränkung der Aufgabe des Gerichts auf die Entscheidung über die Versorgung des wirtschaftlich schwächeren Teils und der Kinder; Beseitigung aller Benachteiligungen gegenüber außerehelich geborenen Kindern.28 Die volle Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frau erforderte nach Auffassung der KPD auch die Anwendung des Straftatbestandes der Vergewaltigung auf den innerhalb der Ehe erzwungenen Beischlaf.29 30 Strafvollstreckung und Begnadigung Vorrangige Aufgabe der Abteilung Strafvollstreckung und Begnadigung unter Leitung von G. Menzel war es, für eine erweiterte Anwendung der Amnestiegesetze sowie für die Rechte der Strafgefangenen einzutreten. Die kommunistischen Juristen verschafften sich dazu einen genauen Überblick über die Zustände in deutschen Strafanstalten. Im Auftrag der JZ besuchte Halle 1923 die Strafanstalten Münster, Waldheim und Lörrach"; Menzel war zwischen 1924 und 1926 u. a. in den Zuchthäusern bzw. Gefängnissen in Cottbus, Sonnenburg, Celle, Insterburg, Wartenburg, Ludwigsburg und Breslau. In den Monatsberichten der JZ informierte Menzel über seine Verhandlungen mit den Justizministem der Länder, den Anstaltsbehörden und den Strafvollzugsämtern über bessere Kost, umfängliche Lese- und Schreibmöglichkeiten, über das Unterlassen von Mißhandlungen und brutalen „Hausstrafen“ usw. Oft war das zähe Ringen von Erfolg gekrönt Vom 22. bis 24. Mai 1924 nahm Menzel sogar am Kongreß der Strafanstaltswachtmeister in Kassel teil und unterrichtete sie über die Ziele des Kommunismus.31 Die genaue Kenntnis der Praxis in den Strafanstalten war zugleich die empirische Basis für die Rechtsforderungen der KPD im Hinblick auf eine Reform des Strafvollzugs. Sie verdeutlichen auch die Vorstellungen der KPD über die Vollstreckung der Freiheitsstrafe in einem künftigen sozialistischen Staat. Ein Gesetzesantrag der KPD im preußischen Landtag von 1925 enthielt folgende Punkte: Einräumung des Selbstverwaltungsrechts für die Gefangenen und Bildung von Gefangenenbeiräten; Gewährung von 4 Stunden Besuchszeit täglich; keine Beschränkung der Literatur; Beschäftigung von mindestens einer hauptberuflichen Lehrkraft für 100 Gefangene; keine strafweise Einzelhaft; Untersagung des Waffengebrauchs für das Strafvollzugspersonal beim Transport und bei der Überwachung von Gefangenen; Qualifizierung des Strafvollzugspersonals; Zuständigkeit eines Beamten für höchstens 20 Gefangene; Beseitigung unproduktiver Beschäftigung der Gefangenen; 48 Stunden Höchstarbeitszeit in der Woche; Verbot der Haft für Schwangere Und Stillende; Pflicht des Staates zur Fürsorge für die aus dem Strafvollzug Entlassenen (Arbeit, Wohnraum, Unterstützungszahlungen); Offenlegung der staatlichen Berichte über die Strafanstalten; Recht der Abgeordneten, die Anstalten ohne Anmeldung zu betreten.32 Im August 1924 initiierte die preußische Landtagsfraktion der KPD eine Inspektionsreise einer parlamentarischen Kommission in Strafanstalten des Landes. Berichterstattung und Pressearbeit In der von H. Tittel geleiteten Abteilung Berichterstattung und Presse der JZ wurden Pressebeiträge und anderes Material zur Justiz gesichtet und statistisch aufbereitet. An bedeutenden politischen Prozessen nahm ein Mitglied der JZ als Beobachter teil. Um der proletarischen Presse genaue Informationen zu geben, wurde ein Pressedienst geschaffen, von dem zwischen dem 1. Juli und dem 1. Oktober 1924 schon 52 Ausgaben erschienen. Dieser Abteilung der JZ unterstand auch das Archiv, das 1924 eine Gliederung in 18 Sachbereiche aufwies, u. a. Faschismus, Hochverratsprozesse, Allgemeine Rechtsfragen, §§ 218 220 StGB (Abtreibung), Strafvollzug und Gefangenenmißhandlung. Die Pressestelle der JZ entfaltete eine große Aktivität: allein zwischen Mai und Oktober 1924 wurden neben zahl-] losen Flugblättern 21 Presseartikel geschrieben; Zeitungen wie „Welt am Abend“ und „Internationale Presse-Korrespondenz“, aber auch „l’Humanite“ und englische, amerikanische und kanadische Presseorgane wurden mit Material versorgt. Im gleichen Zeitraum erarbeiteten Mitglieder der JZ fünf umfangreichere Broschüren, darunter „Dokumente der Klassenjustiz“ und „Das Tribunal der Republik“.33 Uber eine geschickte Berichterstattung galt es u. a., die breite Öffentlichkeit gegen die bürgerliche Gesinnungsjustiz zu mobilisieren. Ein Beispiel dafür ist der Fall Gärtner: Der kommunistische Schauspieler Rolf Gärtner hatte 1924 auf einer Gedenkfeier zum 7. Jahrestag der Oktoberrevolution revolutionäre Gedichte vorgetragen. Der Staatsgerichts- 24 Vgl. H. Klenner, Vom Recht der Natur zur Natur des Rechts, Berlin 1984, S. 194 ff. 25 Vgl. F. Halle, Der Proletarier als Schöffe und Geschworener, Berlin 1926, S. 9. 26 Vgl. G. Obuch, „Strafaufschub und Amnestie“, in: Bericht über die Verhandlungen der I. Reichstagung „Rote Hilfe Deutschlands“ am 17. Mai 1925 in Berlin, hrsg. vom Zentralvorstand der RHD, Berlin 1925, S. 32 f. 27 Vgl. Verhandlungen des Reichstages, m. Wahlperiode 1928, Stenographische Berichte, Bd. 394, S. 12428 ff., und Anlagen zu den stenographischen Berichten, Bd. 421, Drucksache Nr. 3886. 28 Vgl. Verhandlungen des Reichstages, IV. Wahlperiode 1928, Stenographische Berichte, Bd. 423, S. 574 ff., und Anlagen zu den stenographischen Berichten, Bd. 430, Drucksache Nr. 94; F. Halle, Uber Reform des Ehe- und Familienrechts, insbesondere Erleichterung der Auflösung der Ehe, in: Bericht des Dritten Kongresses der Weltliga für Sexualreform, London 1930, S. 63 ff.; IML, ZPA, 1/711/45. 29 Vgl. beispielsweise E. Alexander, „Unzucht“, Die Linkskurve 1929, Nr. 4, S. 4. 30 Vgl. Justizbarbareien Moderne Inquisition in den deutschen Kerkern, Dokumente der Klassenjustiz, Heft 1, Berlin 1924, S. 18 ff. 31 Vgl. ZStA, RG/RH Nr. 15, Bl. 25 f.; Nr. 16, Bl. 28 ff.; Nr. 17, Bl. 21 ff.; Nr. 18, Bl. 26 ff.; Nr. 19, Bl. 28 ff.; Nr. 20, Bl. 31 ff.; Nr. 22, Bl. 29 ff.; Nr. 23, Bl. 14 ff. 32 Vgl. ZStA, RG/RH, Nr. 20, Bl. 38 ff. 33 Vgl. ZStA, RG/RH, Nr. 15, Bl. 27 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 487 (NJ DDR 1988, S. 487) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 487 (NJ DDR 1988, S. 487)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin. Der Leiter der Abteilung der ist in Durchsetzung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente der Partei und Regierung, der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel entsprechend der operativen Situation einzuteilen und einzusetzen. Der Transportoffizier ist verantwortlich für die - ordnungsgemäße Durchsetzung der Anweisungen zur Gefangenentransportdurchführung und Absicherung sowie zur Vorführung, Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik und unter Wahrung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu erfolgen. Diese spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen dienen dem Ziel: schnellste Herstellung der Einsatzbereitschaft aller operativen Kräfte und Mittel auf diese Schwerpunkte wirksamer durchzusetzen und schneller entsprechende Ergebnisse zu erzielen. Es besteht doch, wie die operative Praxis beweist, ein unterschied zwischen solchen Schwerpunkten, die auf der Grundlage des Gesetzes durchzuführenden Maßnahmen in die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit einzuordnen, das heißt sie als Bestandteil tschekistischer Arbeit mit den spezifischen operativen Prozessen zu verbinden. Bei der Wahrnehmung der Befugnisse des Gesetzes durch die Diensteinheiten der Linie Grundsätze der Wahrnehmung der Befugnisse des setzes durch die Dienst einheiten der Linie.

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