Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 485

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 485 (NJ DDR 1988, S. 485); Neue Justiz 12/88 485 Rechtsforderungen und Klassenkampf Die Juristische Zentralstelle der KPD-Reichstagsfraktion in der Weimarer Republik Zum 70. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands Dr. VOLKMAR SCHONEBURG, Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der DDR „Wir haben die Verpflichtung, den Standpunkt der Verfolgten, der Opfer zu vertreten“ (Aus der Reichstagsrede W. Koenens vom 22. Juni 1927 zur Strafrechtsreformi). Seitdem die Arbeiterklasse als bewußte revolutionäre Kraft in die Geschichte eingetreten ist, besteht für sie die Notwendigkeit, ihr Verhältnis zur bürgerlichen Verfassung, zum bürgerlichen Recht und zur bürgerlichen Justiz zu bestimmen sowie ihre eigenen Ansprüche in Gestalt von Rechtsforderungen zu formulieren. Programmatisch für dieses Erfordernis ist der von F. Engels und K. Kautsky verfaßte Artikel „Juristen-Sozialismus“1 2, der 1887 in „Die Neue Zeit“ veröffentlicht wurde und in der Weimarer Republik zur Schulungsliteratur der „Roten Hilfe Deutschlands“ (RHD) gehörte. Vielfältige Beispiele aus der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung dokumentieren, wie dieser Aufgabe entsprochen wurde. Erwähnt seien hier nur die Aufsätze von A. Bebel zum Bürgerlichen Gesetzbuch3 oder von K. Liebknecht zur Klassenjustiz und Strafrechtsreform4 sowie die große Zahl von Beiträgen zur Kriminalität, zum Strafrecht und zum Strafvollzug in „Die Neue Zeit“.5 Die Rechtsforderungen der Arbeiterklasse, die sowohl auf Veränderungen innerhalb des kapitalistischen Systems als auch auf ein zukünftiges, unter proletarischer Staatlichkeit zu verwirklichendes Recht zielten, geben wichtige Aufschlüsse über die Anwendung der marxistischen Rechtskonzeption sowie über Erkenntnisse und Erfahrungen der Klassenorganisation des Proletariats im Kampf gegen das bürgerliche Recht, u m das bürgerliche Recht und m i t dem bürgerlichen Recht. Auch für die KPD stand nach ihrer Gründung 1918/19 die Aufgabe, sich mit dem Recht und der Klassenjustiz der Weimarer Republik auseinanderzusetzen und ein Alternativprogramm in Form von De-lege-ferenda-Vorstellungen aufzustellen. Institutionalisiert wurde eine kontinuierliche rechtswissenschaftliche und -praktische Arbeit der KPD 1921 mit der Gründung der Juristischen Zentralstelle der kommunistischen Reichstags- und preußischen Landtagsfraktion (im folgenden JZ). Gründung und Aufgaben der Juristischen Zentralstelle bis 1923 Auf die Novemberrevolution. 1918 und die revolutionäre Nachkriegskrise reagierte die Bourgeoisie u. a. durch die Schaffung von Stand- und Sondergerichten. Zuerst wurden im November 1918 in Bayern sog. Volksgerichte gebildet, deren Bezeichnung darüber hinwegtäuschen sollte, daß es bürgerliche Klassengerichte waren. Danach wurde in den anderen Ländern des Deutschen Reiches auf der Grundlage des Ermächtigungsartikels 48 der Weimarer Verfassung durch Notverordnungen die Sonder- und Standgerichtsbarkeit institutionalisiert. Die Härte, mit der diese Repressionsorgane gegen die Arbeiterbewegung vorgingen, traf die KPD juristisch relativ unvorbereitet: Nach den Niederlagen der revolutionären Arbeiter in Bayern (1919), der Kämpfer gegen den Kapp-Putsch (1920) sowie der mitteldeutschen Arbeiter im März 1921 befanden sich im Herbst 1922 über 5 000 politische Häftlinge in den deutschen Strafanstalten. Diese Situation veranlaßte Vertreter der Reichszentrale der KPD und Rechtsanwälte, die revolutionäre Arbeiter in Strafverfahren vor Sondergerichten verteidigt hatten, am 6. August 1921 auf einer Konferenz in Berlin Gegenmaßnahmen zu beraten: Auf Vorschlag der Rechtsanwälte wurden eine besondere Rechtsschutzkommission und die JZ gegründet. Der erste Leiter der JZ war Felix Halle.6 Ihm zur Seite stand der preußische Landtagsabgeordnete Gustav Menzel. Finanziert wurde die JZ über die Diäten der Abgeordneten der KPD. Die vorrangige Aufgabe der JZ bestand zunächst im Kampf um die Freilassung der politischen Gefangenen. Einzelgesuche beim Reichsjustizminister und beim Reichskanzler im Winter 1921 bewirkten, daß etwa 2 500 Verurteilte zum Teil bedingt aus der Strafhaft entlassen wurden.7 Halle und Menzel entwarfen Vorschläge für Amnestiegesetze, die von der Fraktion der KPD im Reichstag eingebracht wurden. Insofern ist das Reichsamnestiegesetz vom 21. Juli 1922, obwohl es nicht mit den KPD-Entwürfen identisch ist, auch Ergebnis der Initiativen der kommunistischen Fraktion. Halle kommentierte dieses Gesetz in einem Merkblatt8 und vertrat bis zum Januar 1923 in 85 Fällen verurteilte Arbei-, ter vor dem Reichsamnestieausschuß. Zu den Aktivitäten der JZ in dieser Zeit zählt auch die Formulierung des Entwurfs eines „Gesetzes betreffend die Aufhebung der Bayrischen Volksgerichte“, der am 6. Dezember 1922 dem Reichstag vorgelegt wurde. Er sah u. a. die Kassation von Urteilen dieser Sondergerichte vor, wenn die Handlung des Verurteilten politischen Motiven entsprang.9 Diese hier nur beispielhaft angeführten parlamentarischen Vorstöße und die dabei erzielten Erfolge wären ohne wissenschaftliche Vorarbeiten undenkbar gewesen. Sie wurden vor allem von Halle geleistet, der die Ausnahmegesetze und umfangreiches Faktenmaterial zur Rechtsprechung der Sondergerichte untersuchte und die Ergebnisse publizierte.10 Daß sich die JZ zunächst auf den Kampf gegen die Sondergerichtsbarkeit konzentrierte, beruhte u. a. auf der damaligen undifferenzierten Einschätzung, daß sich der deutsche Kapitalismus in der Endkrise befände und keine Entwick-tungsmöglichkeiten mehr hätte. Dementsprechend sahen deutsche Marxisten den Kampf gegen die Terrorjustiz be- 1 Verhandlungen des Reichstages, m. Wahlperiode 1924/27, Stenographische Berichte, Bd. 393, S. 10976. 2 Vgl. F. Engels/K. Kautsky, „Juristen-Sozialismus“, in: Marx/Engels, Werke, Bd. 21, Berlin 1962, S. 492 ff. 3 Vgl. A. Bebel, „Das Bürgerliche Gesetzbuch und die Sozialdemokratie“, Die Neue Zeit 1985/96, S. 554 ff. und S. 577 ff. (auszugsweiser Nachdruck in: Staat und Recht 1976, Heft 1, S. 42 ff.). 4 Vgl. u. a. K. Liebknecht, „Rechtsstaat und Klassenjustiz“, in: Gesammelte Reden und Schriften, Bd. n, Berlin 1960, S. 17 ff.; ders., „Gegen die preußische Klassenjustiz“, in: Gesammelte Reden und Schriften, Bd. HI, Berlin 1960, S. 3 ff. 5 Nur als Beispiele seien genannt: „Gefängniswesen und Vollzug der Freiheitsstrafen in Deutschland“, 1886/87, S. 289 ff.; P. Lafar-gue, „Die Kriminalität in Frankreich von 1840 1886 (Untersuchungen über ihre Entwicklung und ihre Ursachen)“, 1888/89, S. 11 ff., 56 ff. und 106 ff.; K. Kautsky, „Eine Naturgeschichte des politischen Verbrechers“, 1892/93, 2. Bd., S. 69 ff.; ders., „Lombroso und seine Verteidiger“, 1893/94, 2. Bd., S. 241 ff.; E. Ludwig, „Klassenrecht und Klassenjustiz“, 1908/09, 2. Bd., S. 260 ff.; M. Sursky, „Die kriminal-soziologische Schule als Kämpferin für die Interessen der herrschenden Klassen“, 1903/04, 2. Bd., S. 641 ff. und 682 ff.; aber auch E. Ferri, „Kriminelle Anthropologie und Sozialismus“, 1895/96, Bd. 2, S. 452 ff. 6 Zu Leben und Wirken Halles vgl. V. Schöneburg in NJ 1984, Heft 5, S. 179 ff. 7 Vgl. F. Halle, „Die bürgerliche Klassenjustiz in der deutschen Republik“, Internationale Presse-Korrespondenz 1923, Nr. 42, S. 309. 8 Vgl. F. Halle, Merkblatt zum Reichsamnestiegesetz vom 21. Juli und zum preußischen Amnestiegesetz vom 26. Juli 1922, Berlin 1922. 9 Vgl. Verhandlungen des Reichstages, I. Wahlperiode 1920, Anlagen zu den stenographischen Berichten, Bd. 375, Drucksache Nr. 5330, S. 5773 f. 10 Vgl. F. Halle, Deutsche Sondergerichtsbarkeit 1918 1921, Berlin/ Leipzig 1922. Zum Inhalt dieser Arbeit vgl. V. SChöneburg, „KPD und proletarisches Erbe in der Rechtswissenschaft“, in: KPD und Staatsfrage, Berlin 1986, S. 95 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 485 (NJ DDR 1988, S. 485) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 485 (NJ DDR 1988, S. 485)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

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