Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 453

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 453 (NJ DDR 1988, S. 453); Neue Justiz 11/88 453 sicht“ das Oberste Gericht zum Instrument einer Rückwende machen wollen13 14, darf jedoch den Blick nicht dafür verstellen, daß es noch eine zweite Linie der Kritik an der Tätigkeit des Obersten Gerichts gibt, die sich zwar ebenfalls der Formel von der „ursprünglichen Absicht“ bedient, damit aber andere Ziele verfolgt. Der außerordentliche politische Einfluß, über den das Oberste Gericht der USA auf Grund seiner Befugnis verfügt, Gesetze sowohl des Bundes als auch der Einzelstaaten auszulegen bzw. ganz oder teilweise für ungültig zu erklären und damit den Inhalt der Verfassung zu wandeln, hat für die herrschende Klasse und für die Bürger der USA weitreichende Konsequenzen. Dem unleugbaren Vorteil, die Verfassungsinterpretation innerhalb relativ kurzer Zeit den politischen Notwendigkeiten und dem politischen Kräfteverhältnis anpassen zu können, steht der Nachteil gegenüber, daß das, was die Verfassung bedeutet, faktisch von der einfachen Mehrheit der neun Mitglieder des Obersten Gerichts also von fünf Richtern abhängt! Der ehemalige Chef rieh ter Charles E. Hughes (1930 bis 1941) hat dafür den berühmten Satz geprägt: „Wir stehen unter einer Verfassung, aber was die Verfassung ist, bestimmen die Richter.“11 Zwar haben die Monopole und großen Unternehmen der USA vom Obersten Gericht keine Entscheidungen zu gewärtigen, die gegen ihre grundlegenden Klasseninteressen verstoßen, aber manche Urteile, z. B. im Grundrechtsbereich, haben doch Bedeutung für verschiedene Seiten der Unternehmenspolitik. Es ist für die Unternehmer offensichtlich schwer zu ertragen, daß sie in dieser Hinsicht von fünf schwer zu beeinflussenden Bundesrichtern abhängig sind. Aus dieser Lage heraus artikulieren auch liberale Kreise Kritik am Obersten Gericht. So hat der führende liberale Verfassungsrechtler Lawrence H. Tribe von der Harvard-Universität, dem ein außerordentlicher Einfluß auf die Vertreter der Demokratischen Partei im Rechtsausschuß des Senats nachgesagt wird15 und der als Berater dem Wahlkampfteam von Michael Dukakis angehörte, im Jahre 1978 die Bedeutung der Entscheidungen des Obersten Gerichts gegenüber dem Verfassungstext relativiert und die Handlungsfreiheit der politischen Instanzen gegenüber den Auffassungen des Obersten Gerichts betont soweit sie durch die in den Verfassungsbestimmungen selbst enthaltenen Werke gedeckt sind. Kurz gesagt, meint Tribe: „Was das Oberste Gericht sieht und sagt, ist noch nicht alles.“16 Hinter dieser Auffassung steht nicht die Absicht, das Rad der Geschichte zurückzudrehen, sondern das Bemühen, durch eine engere Bindung der Verfassungsinterpretation des Obersten Gerichts an den Text der Verfassung die Bandbreite der Entscheidungen einzuengen und damit die Berechenbarkeit der Rechtsprechung und die Rechtssicherheit für die herrschende Klasse zu erhöhen. Eine Reihe von Ereignissen der letzten Jahre hat gezeigt, daß das Monopolkapital der USA nicht so sehr an einer Ersetzung des liberalen Aktionismus des Obersten Gerichts durch einen konservativen Aktionismus interessiert ist, der in einem längeren Prozeß den Status quo wieder grundlegend verändern würde. Das Interesse der Monopole an einer Berechenbarkeit der Rechtsprechung des Obersten Gerichts Eines dieser Ereignisse war die Auseinandersetzung um die Executive Order No. 11246. Diese Anweisung, die 1965 von Präsident Johnson erlassen und 1971 von Nixons Arbeits-ministerium erstmalig angewandt worden war, betrifft die sog. Affirmative-Action-Programmes. Danach sind Unternehmen, die Vertragspartner von Regierungsbehörden sind, aufgefordert, Angehörige ethnischer Minderheiten und Frauen auf der Grundlage festgelegter Quoten einzustellen und zu fördern (auch zu befördern).17 Obwohl die Executive Order No. 11246 nur eine sehr begrenzte Wirkung hat, wurde sie zum Objekt von Liquidierungsversuchen rechtskonservativer Kräfte in der Reagan-Administration. Vor allem wiederum der damalige Justizminister Meese ging mit dem Argument, die Förderungsmaßnahmen für Minderheiten seien „umgekehrter Rassismus“, dagegen vor. Die Tatsache, daß das Justizministerium vor die Gerichte zog, um Klagen gegen die Förderungs- und Antidiskriminierungsmaßnahmen zu unterstützen, verunsicherte die Unternehmer, die ihre unternehmensinternen Qualifizierungssysteme über zehn Jahre hinweg auf die notwendige Einbeziehung von Angehörigen ethnischer Minderheiten und von Frauen eingestellt hatten. „Es funktioniert“, zitierte ein Nachrichtenmagazin den Repräsentanten der „Nationalen Vereinigung der Industriellen“, „warum soll man es ändern?“18 Die Unternehmer waren auch deshalb für das Festhalten an der Executive Order No. 11246, weil sie eine sichere Handhabe gegen Einstellungs- oder Beförderungsbegehren von Weißen bietet, die sich übergangen fühlen. Angesichts dieses Widerstandes aus dem Untemehmerlager gegen eine konservative Rückwende in dieser Frage verhielt sich Präsident Reagan abwartend; die Mehrheit seines Kabinetts und 69 Senatoren unterstützten die Beibehaltung der Förderungsmaßnahmen. Die Gerichte lavierten. Nachdem das Oberste Gericht im Jahre 1984 im Rechtsstreit Memphis Firefighters gegen Stotts entschieden hatte, es sei der konkrete Nachweis zu erbringen, daß Angehörige von Minderheiten als Einzelpersonen diskriminiert worden sind19, entschied das zuständige Bundes-Dis-striktsgericht im Dezember 1985 entgegen der Auffassung des Justizministeriums, das sich zugunsten von zwei weißen Feuerwehrleuten aus Birmingham (Alabama) gegen die Beförderung von zwei angeblich weniger qualifizierten äfroame-rikanischen Feuerwehrleuten eingesetzt hatte. Ein anderes Ereignis war die Ablehnung des von Präsident Reagan als Mitglied des Obersten Gerichts nominierten Robert H. Bork durch den USA-Senat. Nachdem die von Nixon, Ford und Reagan ernannten Obersten Bundesrichter die Erwartungen der extrem konservativen Kräfte nur zum Teil erfüllt hatten, wollte Reagan seine letzte Gelegenheit, nach dem Rücktritt des Richters Louis F. Powell jun. noch ein Mitglied des Obersten Gerichts ernennen zu können, dazu nutzen, die Mehrheitsverhältnisse im Obersten Gericht endlich und ggf. für einen längeren Zeitraum zu verändern. In der Geschichte der USA wurden ca. 20 Prozent der vom Präsidenten ernannten Bundesrichter nicht vom Senat bestätigt. In der Mehrheit der Fälle prüft der Senat lediglich die juristische Qualifikation und die charakterliche Integrität der Kandidaten. Es wird regelmäßig akzeptiert, daß der Kandidat eine dem Präsidenten genehme politische und juristische Ansicht hat. Obwohl die juristische, intellektuelle und charakterliche Befähigung von Robert H. Bork außer Frage stand, verursachte seine Ernennung eine heftige rechtspolitische Kontroverse. Bork wurde als klarer Vertreter einer Beschränkung des Obersten Gerichts auf die Interpretation der Verfassung im Sinne der „ursprünglichen Absicht“ der Verfassungsväter angesehen. Ob der Vorwurf Edward Kennedys gegenüber Bork, sein Amerika sei „ein Land, in dem Frauen in Hinterstuben abtreiben, Schwarze an getrennten Tischen essen und bösartige Polizei um Mitternacht Bürgerhäuser durchsucht“20, nun zutrifft oder nicht: die Befürchtung, daß mit der Ernennung Borks das Oberste Gericht unter Chefrichter Rehnquist eine aggressiv-konservative Mehrheit erhält, die die amerikanische Gesellschaftspolitik um 30 bis 40 Jahre zurück wirft, mobilisierte in einem solchen Maße den Widerstand der Liberalen und selbst gemäßigter Konservativer, daß schließlich der Senat die Ernennung Borks nicht bestätigte. Im November 1987 ernannte Reagan dann Anthony Kennedy zum Obersten Bundesrichter, der zwar als Konservativer, gleichzeitig aber auch als Pragmatiker eingeschätzt wird.21 Seit Februar 1988 im Amt, hat Kennedy diese Einschätzung bisher bestätigt. 13 Nur diese Seite haben K.-H. Röder (a. a. O.) und R. Lämmerzahl/ E. Lieberam („200 Jahre USA-Verfassung Geschichte und Gegenwart“, NJ 1987, Heft 9, S. 370 f.) im Auge. 14 Ch. E. Hughes, Addresses and Papers, New York 1916, S. 185. 15 Vgl. U. S. News & World Report vom 23. November 1987, S. 23. 16 L. Tribe, The American Constitutional Law, New York 1978, S. 226. 17 Vgl.: Das politische System der USA a. a. O., S. 391 ff. 18 Newsweek vom 30. Dezember 1985, S. 66. 19 Vgl.: Das politische System der USA a. a. O., S. 392 f. 20 Zitiert nach K. Emmerich, „Richter nach Stimmungen?“, Rheinischer Merkur (Köln) vom 10. Juni 1987, S. 5. 21 Bruce Fein von der Heritage Foundation charakterisierte ihn als „Rechtstechniker und kein Philosoph“ (vgl. U. S. News & World Report vom 23. November 1987, S. 24).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 453 (NJ DDR 1988, S. 453) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 453 (NJ DDR 1988, S. 453)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

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