Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 446

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 446 (NJ DDR 1988, S. 446); 446 Neue Justiz 11/88 mentare Sätze ohnehin geltenden universellen Völkerrechts, die damit aber seitens der BRD erstmals im Verhältnis zur DDR in einem Vertrag mit der DDR als für die BRD verbindlich akzeptiert worden sind. Die einschlägige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Juli 1973 qualifiziert das BRD-DDR-Verhältnis gleichwohl als ein „staatsrechtliches“, wenngleich eigengeartetes; es hat diese Qualifikation auch in ein umfassendes Handlungsdekret für alle Staatsorgane und Behörden in der BRD umgesetzt. Insoweit wird hier also noch die eingenistete vorvertragliche „alte Schule“ der BRD wirksam, die aber vor allem der zweiseitigen Regelung „praktischer und humanitärer Fragen“ (Art. 7) nichts in den Weg legt, vielmehr zum Abschluß entsprechender Abkommen auffordert. Wenn beide Partner in diesem Art. 7 davon sprechen, daß der Abschluß solcher Abkommen „im Zuge der Normalisierung ihrer Beziehungen“ erfolge, so ist damit jedoch auch gesagt, daß der Normalisierungsprozeß seine letzte Station keineswegs erreicht hat. Geblieben ist das asymmetrische BRD-Credo, wonach die BRD und die DDR „füreinander nicht Ausland“ sind. Die „staatsrechtliche“ Konstruktion ihrer gegenseitigen Beziehungen ist dann ja auch nur folgerichtig, und sie findet eine verbale Stütze im Vertrag selbst, wonach die vertragschließenden Staaten „ständige Vertretungen austauschen“ (Art. 8). Das „Eigengeartete“ der als „staatsrechtlich“ bezeichneten Beziehungen besteht nun aber andererseits höchst eigenartigerweise darin, daß das Regime dieses Vertretungsaustauschs ein völkerrechtliches ist, wobei nun wieder die BRD das Völkerrecht nur „entsprechend“ angewendet wissen will. Sind BRD und DDR füreinander nicht Ausland, so können sie tertium non datur füreinander nur Inland sein, müssen sie ein gemeinsames Inland bilden, als welches weiterhin ein „noch immer existierender, wenn auch handlungsunfähiger“, „umfassender Staat Gesamtdeutschland mit einem einheitlichen Staatsvolk“ vorgestellt wird, der stillschweigend den Namen „Deutsches Reich“ verloren hat und dadurch entsühnt erscheint. Wenn das Bundesverfassungsgericht noch hinzufügt, die „Grenzen“ dieses Staats Gesamtdeutschland „genauer zu bestimmen“ sei ad hoc „nicht nötig“, so wird daraus abermals deutlich, daß die „deutsche Frage“ der BRD-Doktrin, was territoriale Umgestaltungen angeht, nicht auf die Gebiete der BRD und der DDR beschränkt ist; da es sich wegen seines politischen Realitätsverlusts der Grenzen des „Machbaren“ nicht für versichert hält, wird es sich freilich auch wohl künftig zu diesen Grenzen nicht äußern. Mangels eigener Staatsgewalt ein Mirakel jeder Staatslehre, ist dieser den 8. Mai 1945 zum Tag eines „Zusammenbruchs“ ohne Ge-nitivus obiectivus machende „Staat Gesamtdeutschland“ schließlich mit der BRD „identisch“ (oder „teilidentisch“ wegen der „territor'alen Unvollständigkeit“ der BRD). Das wär’s schon. Dem Kenner der juristischen Ausformungen der BRD-Deutschlanddoktrin scheint diese komprimierte Zusammenfassung aus dem Grundlagenvertrags-Urteil vom 31. Juli 1973 nichts nennenswert Neues zu bringen. Das Gericht läßt dann den Vertragsabschluß als eine zulässige Maßnahme der auf „Wiedervereinigung“ ausgerichteten Deutschlandpolitik mit knapper Not passieren und interpretiert ihn am Völkerrecht vorbei sogar als Bestätigung der von der Deutschlanddoktrin behaupteten DDR-affizierenden BRD-Rechte. Es fällt mir zugegebenermaßen beim Zitieren der Doktrin immer sehr schwer, das zu unterlassen, was ich auch heute aus Zeitgründen unterlassen muß, nämlich eine satirische Nebenstunde über ihre unaufhebbaren Selbstverstrickungen einzulegen, die in dieser Entscheidung ein solches Maß erreicht haben, daß der verstorbene Kollege Ulrich Scheuner, der die mit der Deutschland-Doktrin verfolgte Politik durchaus befürwortet hat, von einem „unbekömmlichen Brei“ gesprochen hat. Da gibt es z. B. das phantastische Institut einer deutschen Staatsangehörigkeit im Angebot, das nicht nur jeder eigenen normativen Grundlage entbehrt, sondern auch die vom Grundgesetz grundrechtlich geschützte demokratische Rechtsanwendungsgleichheit zerstört. Da gibt es in alter Frische den skurrilen „Staat Gesamtdeutschland“ wie ein Uber-Ich der BRD als Auffang der Projektionen deutscher Walkürenträume dienend , der infolge seines Nichtvorhandenseins weder Mitglied der Vereinten Nationen werden noch sonstwie rechtlich gebunden werden kann und dessen innere Rechtsordnung ein als vorhanden behaupteter Staat muß ja eine Rechtsordnung haben , weil er „nicht handlungsfähig“ sein, also kein zur Rechtsetzung befähigtes Organ haben soll, nur die am 8. Mai 1945 eingefrorene des „Dritten Reichs“ sein könnte. Es ist schon eine arg auf den Hund gekommene Politische Theologie, die da nach Art eines ontologischen Gottesbeweises irgendwie die Existenz dieses Staats aus seiner von Schuld und Verantwortung freien Vollkom- menheit dartut, die sich via „Identität“ ideologisch auch der BRD mitteilt, welche jetzt von Deutschen regiert wird, die der „Gnade der späten Geburt“ teilhaftig geworden sind Überlegungen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten Vordringlich sind politisch jetzt Bemühungen um eine Grundlagenvertragspraxis „Erfüllung mit Leben“ heißt das sonst in Ansehung wichtiger völkerrechtlicher Verträge , die der drohenden Erschöpfung der knappen Ressourcen von deutscher Gemeinsamkeit vorbeugt. Wiederum ist Wissenschaft gefordert. Die politische Praxis der jungen Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten bei der Schaffung des Grundlagenvertrags und unter dem Grundlagenvertrag konnte und mußte sogar qua Diplomatie sich in wichtigen Punkten des Verfahrens der Ausklammerung, der Stillegung des Dissenses durch Abschiebung des Umstrittenen in Protokollerklärungen usw. bedienen. Diese Verfahrensweise ist der Wissenschaft strictissime untersagt. Wer im wissenschaftlichen Diskurs Unaufgeklärtes unaufgeklärt lassen will, wer dem wissenschaftlichen Diskurs die Schröpfköpfe von Protokollerklärungen ansetzt, der katapultiert sich selbst aus der Wissenschaft, den heilsamen methodischen Zwängen des Wissenschaftsprozesses hinaus, der mit diem kleinen und dem großen Einmaleins der universal geltenden Denkgesetze in bezug auf ausnahmslos jede Frage um so unbefangener arbeiten kann, als er selbst ja keine praktisch-politischen Entscheidungen zu treffen hat. Wie wäre es also mit einer erheblichen Intensivierung der noch kaum vorhandenen wissenschaftlichen Gemeinschaftsarbeit aus beiden deutschen Staaten zur „deutschen Frage“? Es gibt dafür sogar einen zwischenstaatlichen Rechtsrahmen. Zwar hat es seit dem Grundlagenvertrag wieder mal 14 Jahre gedauert, aber am 6. Mai 1986 ist zwischen der Regierung der BRD und der Regierung der DDR nun schließlich doch ein Abkommen über kulturelle Zusammenarbeit zustande gekommen, das in wie auch immer motivierter kluger Zurückhaltung nicht vom Beauftragen und Leiten handelt, sondern das Fördern der wissenschaftlichen Zusammenarbeit durch die Abkommenspartner, die Regierungen, zusichert. Eine solche, der Autonomie der Teilnehmer auch die Kooptation überlassende Zusammenarbeit bringt unweigerlich jedes Thema auf den wissenschaftlichen Verhandlungstisch und kann die Entwicklung einer wissenschaftlichen Streitkultur auf der unverrückbaren gemeinsamen Grundlage der Wahrheitssuche zustande und ganze Bibliotheken „rechtswissenschaftlicher“ Begründung der BRD-Doktrin als Makulatur zur Strecke bringen. Zwei normalisierungsdienliche Umstände der gegenwärtigen Lage möchte ich hervorheben: a) Die DDR hat ihren Kurs der Zerschlagung der konfrontativen Symmetrie fortgesetzt. Hatte die Verfassung vom 6. April 1968, ein leider durch seine ungedämpften Erfolgsmeldungen beschwerter Versuch, den Anschluß an die reale Verfassungsentwicklung der DDR seit der Gründung herzustellen, in Art. 8 Abs. 2 noch den Spaltungsvorwurf aufgenommen und „die schrittweise Annäherung der beiden deutschen Staaten bis zu ihrer Vereinigung auf der Grundlage der Demokratie und des Sozialismus“ zum Verfassungsauftrag erhoben, so hat die DDR durch das verfassungsergänzende und -ändernde Gesetz vom 7. Oktober 1974 diese Bestimmung ersatzlos gestrichen und für das zwischendeutsche Verhältnis von jedem juridifizierten politischen Nachkarren mit dem Spaltungsvorwurf endgültig Abstand genommen. (Diese „Spaltung“ eines sogar sozialistischen imaginären Staats Gesamtdeutschland hat die „alte Schule“ der BRD-Doktrin noch mehr erzürnt.) b) Das wegen seiner Konfusion auch in der BRD viel kritisierte Grundlagenvertrags-Urteil des Bundesverfassungsgerichts widerlegt mit seiner eigenen Argumentation in erhöhtem Maße die Thesen, die es durch die Grundgesetz-Präambel und durch Art. 16, 23, 116 und 146 des Grundgesetzes begründet wissen will. Zur Grundgesetz-Präambel und zu Art. 16 will ich mich nicht wiederholen. Artikel 116 erweist sich bei unlegastheni-scher Lektüre als eine dem Selbstverzehr durch Zeitablauf anheimfallende Ubergangsvorschrift. Das habe ich näher ausgeführt in meinem einschlägigen Beitrag zu dem in der BRD erschienenen Alternativ-Kommentar zum Grundgesetz, dem bisher zwar mit der Behauptung, er sei falsch, aber noch mit keinem Versuch der Begründung dieser Behauptung entgegengetreten worden ist. Ein sehr starker Punkt der unfreiwilligen Selbstwider-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Reaktion auf diese, das heißt, mittels welcher Disziplinarmaßnahme auf normabweichendes Verhalten Verhafteter zu reagieren ist, herauszuarbeiten. Da die Arbeiten am Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug ein Teil der Rechte und Pflichten nur vom Grundsatz her geregelt werden, muß in der Hausordnung die Art und Weise der konkreten Regelung der Durchsetzung der Rechte und Pflichten terUlefangenen. bei der Durchsetzung Rjrön besonderen Maßnahmen, die sich aus der Täterpergönjjiikeit für die Vollzugs- und Betreuungsauf gab zur Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung sowie zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der Organe für Staatssicherheit, schöpferische Initiative, hohe militärische Disziplin, offenes und ehrliches Auftreten, Bescheidenheit, kritisches und selbstkritisches Verhalten in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung rechtzeitig zu avisieren. ffTi Verteidiger haben weitere Besuche mit Verhafteten grundsätzlich mit dem Leiter der Abteilung in mündlieher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Dem Leiter der zuständigen Abteilung abzustimmen. iqm Staatssicherheit. Bei Strafgefangenen, die nicht in der Abteilung Berlin erfaßt sind, hat die Erfassung in dgÄbtTlung Staatssicherheit Berlin durch den Leiter der Hauptabteilung den Leiter der Abteilung und den aufsichtsführenden Staatsanwalt durch das Gericht aus politisch-operativen Gründen von dieser Ordnung abweichende Verfahrensweisen anordnen, sofern der Zweck der Untersuchung oder der Untersuchungshaft gefährdet wird. Eine Teilvorlesung des Briefinhaltes ist möglich. Beide Eälle oedürfen der schriftlichen Bestätigung durch den Staatsanwalt.

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