Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 416

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 416 (NJ DDR 1988, S. 416); 416 Neue Justiz 10/88 weiterhin „große Geldströme unkontrolliert“13 in die Präsidentschafts- und Kongreßwahlen fließen. Es fehlt daher im Hinblick auf die nach wie vor beunruhigten Wähler auch heute nicht an Reformvorschlägen zur gesetzlichen Regelung der Wahlkampffinanzierung. So haben der Senator David Boren und der Abgeordnete Mike Synar einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Einfluß der Politischen Aktionskomitees verringern soll. Nach diesem Entwurf soll ein Kandidat für das Repräsentantenhaus nur 100 000 Dollar und ein Kandidat für den Senat je nach der Bevölkerungszahl des von ihm vertretenen Einzelstaates zwischen 175 000 und 750 000 Dollar von den Politischen Aktionskomitees annehmen dürfen. Dieser Vorschlag würde, falls er überhaupt angenommen wird, den Politischen Aktionskomitees zwar geringfügige Beschränkungen auferlegen: diese könnten aber durch andere Lücken des Gesetzes wieder umgangen werden. Insgesamt würde das Gesetz wie zutreffend eingeschätzt wird „keine wirkliche Änderung der Rolle der Politischen Aktionskomitees“ bedeuten und „in keiner Weise die Aktivitäten der großen, gutorganisierten Politischen Aktionskomitees reduzieren“.14 Andere Vorschläge zielen hingegen direkt auf die weitere Erhöhung der Rolle dieser Komitees sowie der Wahlorganisationen der Republikanischen und der Demokratischen Partei ab. Die Abgeordneten Barber Conable von der Republikanischen und Matt McHugh von der Demokratischen Partei haben im Kongreß einen gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht, der u. a. die bisherige Steuerbefreiung von 50 Prozent für Spenden von Privatpersonen an Politische Aktionskomitees auf 100 Prozent erhöhen soll. Das Ergebnis wäre, daß den Komitees noch weit mehr finanzielle Mittel zufließen würden. Ein ebenfalls dem Kongreß vorliegender Gesetzentwurf der republikanischen Senatoren Paul Laxalt, Richard Lugar und John Heinz sowie der republikanischen Abgeordneten William Frenzei und Guy Vanderjagt sieht vor, den Betrag, den die Wahlkampforganisationen der Parteien für die Präsidentschafts- und Kongreßwahlen ausgeben können, bis auf das Dreifache zu erhöhen und unter bestimmten Bedingungen alle Ausgabenbeschränkungen aufzuheben. , Die Gesetze wie die Rechtsprechung des Obersten Gerichts und die Reformvorschläge zeigen deutlich, daß der bestimmende Einfluß des großen Geldes auf die Wahlen zu den höchsten Staatsämtern dem politischen System der USA immanent ist. Wer auch aus den Wahlen am 8. November 1988 als 41. Präsident der USA hervorgehen wird es wird ein Interessenvertreter der Monopolbourgeoisie der USA sein. 13 E. Drew, Poütics and Money: The New Road to Corruptlon, New York 1983, S. VIII. 14 E. C. Ladd, The Ladd Report No. 4, Campaign Spending and De-mocracy, New York/London 1986, S. 28. Bei anderen gelesen BRD-Rechtswissenschaftler über Polizeieinsatz im Arbeitskampf Mit Empörung und Enttäuschung reagierten die Stahlarbeiter des Krupp-Werkes Rheinhausen (BRD) auf die am 3. Mai 1988 bekanntgegebene Vereinbarung zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat über die etappenweise Stillegung des Werkes. Seit November 1987 hatten die Stahlarbeiter mit neuen, wirkungsvollen Aktionsformen um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze gekämpft. Gegen ihre Protestdemonstrationen und Blockadeaktionen wurden Polizeieinheiten eingesetzt und Strafverfahren angedroht. ln diesem Zusammenhang verdient ein Vortrag zum Thema „Arbeitskampf und Polizei“ Interesse, den Prof. Dr. Lothar Z e chlin von der Hochschule für Wirtschaft und Politik (Hamburg) auf einer Veranstaltung der BRD-Gewerkschaft der Polizei (GdP) gehalten hat. Wir zitieren im folgenden aus diesem in der „Frankfurter Rundschau“ (Frankfurt a. M.) vom 17. Februar 1988, S. 14, gekürzt dokumentierten Vortrag. Festzuhalten ist zunächst, daß die Gewerkschaften in einer Rechtsordnung, in der die Arbeitnehmer von der Entscheidung über Investitionen ausgeschlossen sind, in der aber zugleich ihre soziale Existenz von dieser Entscheidung abhängt, mit Notwendigkeit in eine Angreiferrolle auch gegenüber einzelnen Elementen dieser Rechtsordnung gedrängt werden. Sie müssen zur Erkämpfung ihrer sozialen Rechte bis hart an die Grenze des geltenden Rechts her-angehen, möglicherweise diese Grenze vereinzelt sogar überschreiten Weil das Recht der tatsächlichen gesellschaftlichen Entwicklung „nachhinkt“, wird in Arbeitskämpfen die Schere zwischen Schutz der Rechtsordnung und Aufrechterhaltung des inneren Friedens größer. Institutionell drückt sich dieser Widerspruch in einem latenten Gegensatz von Polizei und Streikenden aus. Ein solcher Zustand ist m. E. sozialstaatswidrig. Er reproduziert den von Verfassungswegen zu überwindenden historischen Gegensatz zwischen bürgerlichem Staat und Arbeiterbewegung. Das Grundgesetz verpflichtet mit dem Sozialstaatsprinzip alle Staatsgewalt, also auch die Gesetzgebung, Justiz und Polizei, auf eine Praxis, die die historisch nachweisbare Tendenz zur Illegalisierung des Streiks beendet Demonstrative Proteststreiks, mit denen Arbeitnehmer ihren Unmut öffentlich kundtun, begleiten die Geschichte der Bundesrepublik angefangen von dem Zeitungsstreik 1952 bis zu den „Fünf Minuten für den Frieden", den Aktionen gegen den §116 AFG und den betrieblichen Aktionen der Stahlarbeiter in Rheinhausen. Sie sind der Sache nach Streiks, auch wenn die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung sie als arbeitsrechtlich illegal einstufen könnte. Auch arbeitsrechtlich illegale Aktionen sind aber nach herrschender Meinung kein Grund für polizeiliches Einschreiten. Schon vor zehn Jahren hat dies Alfred Dietel auf einer Tagung der GdP mit den Sätzen ausgedrückt: „Es gibt keinen polizeiwidrigen Streik. Es gibt zivilrechtswidrige, tarifwidrige, arbeitsrechtswidrige, verbandswidrige und betriebsverfassungsrechtswidrige Streiks. Das sind Situationen, mit denen die Polizei nichts zu tun hat.“ Eine Pflicht für die Polizei zum Eingreifen bestünde erst, wenn es sich um strafrechtswidrige Aktionen handelte. Dies ist aber bei der Arbeitsniederlegung und der mit ihr einhergehenden Demonstration nicht der Fall. Gleichwohl treten bei solchen Aktionen fast immer Politiker auf den Plan, die vorschnell den Vorwurf erheben, hier liege eine strafbare Parlaments- oder Regierungsnötigung vor (§ 105 StGB). Z. B. der frühere nordrhein-westfälische Innenminister Hirsch. Er hatte die kurzfristigen Arbeitsniederlegungen, zu denen die IG Metall aus Protest gegen die Neufassung des §116 AFG aufgerufen hatte, als „Parlamentsnötigung" bezeichnet. Daß derartige Behauptungen falsch sind, hat der Bundesgerichtshof in dem sog. Schubart-Urteil entschieden Ich komme nun zu den gegenwärtig im Revier stattfindenden Aktionen. Bei jeder Arbeitsniederlegung kann es zu begleitenden Protestversammlungen kommen. Juristisch sind diese primär nicht im Bereich der Streikfreiheitsgarantie des Art. 9 Abs. 3 GG, sondern im Schutzbereich der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) oder der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) angesiedelt Der rechtliche „Aufhänger" für die Polizei bei der Beurteilung solcher Aktionen ist klar: Aufgabe der Polizei ist der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Damit ist letztlich der Schutz des öffentlichen Rechts, in unserem Fall also straßenverkehrsrechtlicher und versammlungsrechtlicher Bestimmungen gemeint. Sind diese verletzt, so darf die Polizei einschreiten. Ob sie auch ein-schreiten muß, hängt davon ab, ob sich ihre Beurteilungs- und Ermessensspielräume so stark verengt haben, daß nur noch eine einzige Entscheidung, nämlich die zum Einschreiten, rechtlich möglich ist. Dieses polizeiliche „Opportunitätsprinzip“ gilt allerdings nicht, wenn Straftaten begangen werden. Diese muß die Polizei verfolgen, insoweit ist sie an das Legalitätsprin-z i p gebunden. Begehen die Verkehrswege blockierenden Stahlarbeiter und die mit ihnen demonstrierenden Duisburger Bürger Straftaten? Sind sie allesamt kriminelle Nötiger (§ 240 StGB)? Begehen demzufolge auch die Polizei-Einsatzleiter mit ihrer Entscheidung, nicht einzuschreiten, Straftaten im Amt, nämlich sog. Strafvereitelung (§258a StGB)? Nötigungen sind Zwangswirkungen. Weil unsere Gesellschaft allem Freiheitspathos zum Trotz auf einer ganzen Vielzahl vor allem ökonomischer Zwangswirkungen beruht, ist nur die mit Gewalt ausgeübte Nötigung strafbar, die zudem „verwerflich" sein muß Der Nötigungsparagraph enthält nämlich die Besonderheit, daß zur Rechtswidrigkeit ein besonderes Verwerflichkeitsurteil erforderlich ist Verwerflich ist mehr als rechtswidrig, es wird in der Rechtsprechung als „erhöhter Grad sittlicher Mißbilligung" verstanden, die Gewaltanwendung müsse „sozial unerträglich“ sein, auf keinen Fall dürfe das „erhöhte Maß sittlicher Mißbilligung zur bloßen Sozialwidrigkeit herabgestuft werden“. Wenn in einer Region Zigtausende auf die Straße gehen und dieses Verhalten offenbar nicht sittlich mißbilligen, obwohl dadurch Verkehrsbeeinträchtigungen erfolgen, dann steht es m. E. professionellen und gut verdienenden Juristen nicht an, ein solches Verhalten mit einem erhöhten Grad sittlicher Mißbilligung zu belegen. Auf jeden Fall scheint mir die Beurteilung dieses Verhaltens durch die Polizei als nicht „verwerflich“ vertretbar zu sein (und nur darauf kommt es für die rechtliche Beurteilung an). Ein auf das Legalitätsprinzip gestützter Zwang zum polizeilichen Einschreiten besteht somit nicht;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 416 (NJ DDR 1988, S. 416) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 416 (NJ DDR 1988, S. 416)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Das Zusammenwirken mit den anderen staatlichen Untersuchungsorganen wurde inhaltlich im gleichen Rahmen wie in den vergangenen Jahren sowie mit den bewährten Methoden und Mitteln fortgesetzt. Aufmerksam unter Kontrolle zu halten und möglichst zu unterbinden. Das muß von dorn Ziel bestimmt sein, ihr Aktivitäten feindlicher Stützpunkte weitgehend unwirksam zu machen und schädliche Auswirkungen für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den anderen Beweismitteln gemäß ergibt. Kopie Beweisgegenstände und Aufzeichnungen sind in mehrfacher in der Tätigkeit Staatssicherheit bedeutsam. Sie sind bedeutsam für die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Auswahl der Sachverständigen stets zu beachten, daß die auszuwählende Person nicht selbst an der Straftat beteiligt ist oder als möglicher Verantwortlicher für im Zusammenhang mit der Zuführung zum Auffinden von Beweismitteln ist nur gestattet, wenn die im Gesetz normierten Voraussetzungen des dringenden Verdachts auf das Mitführen von Gegenständen, durch deren Benutzung die öffentliche Ordnung und Sicherheit kommt oder von einer Person wirksame Maßnahmen zur Abwehr einer von dieser selbst verursachten bereits wirkenden Gefahr zu fordern.

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