Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 408

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 408 (NJ DDR 1988, S. 408); 408 Neue Justiz 10/88 gleichen Atemzug auch die grundsätzliche Richtigkeit der Aussage Zgodas bestätigt hat, wird dieses Gericht mit der vom BGH anscheinend bisher vermißten Präzision nachliefern können, wie seine Mitwirkung konkret ausgesehen hat Zum Angeklagten Otto Er konnte nicht bestreiten, an Exekutionen der unterschiedlichsten Art im KZ Buchenwald teilgenommen zu haben. Seine Mitwirkung an Thälmanns Erschießung aber hat er stets abgeleugnet. Er will von Thälmanns Tod erst aus der Nazi-Presse erfahren haben, die 4 Wochen später darüber berichtet und ihn mit dem Luftangriff in Verbindung gebracht hat. Überdies sei er, davon war schon die Rede, zur Tatzeit gar nicht im Lager anwesend gewesen. Mit diesen widerlegbaren Prozeßerklärungen hat er sich einen schlechten Dienst erwiesen. Er ist zu einem wichtigen Zeugen gegen sich selbst geworden Das Landgericht Krefeld hat in einwandfreier Weise festgestellt, daß der Angeklagte an der Tötung einer unbekannten Vielzahl von Menschen beteiligt war. Er schoß als Mitglied von Exekutionskommandos,' „und zwar nach eigenen, allerdings wechselnden Angaben, fünf bis acht Mal“. „Er war als Protokollführer bei einer Vielzahl von Hinrichtungen von . Ausländern beteiligt“, und zwar „bei Erhängungen auf dem Hof des Krematoriums, nach eigenen Angaben etwa 45 Mal“, „bei Erschießungen auf dem Schießstandgelände“, „mindestens ein- oder zweimal bei Erschießungen im früheren Pferdestall“ also bei der heimtückischen Liquidierung sowjetischer Kriegsgefangener durch Genickschuß und „bei 30 bis 35 Erhängungen im Keller des Krematoriums“. Ich gehe davon aus, daß diese Feststellungen des Krefelder Schwurgerichts hier auf Grund der gleichen Beweismittel ihre Bestätigung erfahren haben. Und ebenso die Feststellungen über die Mitwirkung des Angeklagten bei der Vorbereitung dieser Exekutionen. „Er war derjenige, der den Tatort vorbereiten ließ, das erforderliche Personal benachrichtigte und sodann am jeweiligen Tatort dafür sorgte, daß die Dinge ihren bürokratischen Lauf nahmen und alles seine Ordnung hatte.“ Und so war es auch im Fall Thälmann. Das hat das Krefelder Urteil überzeugend begründet. Aber obwohl wir inzwischen den Beweis auf dem Tisch haben, daß der Angeklagte auch in der Nacht vom 17. zum 18. August 1944 im Dienst war und seine üblichen Funktionen ausgeübt hat, mußten wir Plädoyers der Staatsanwaltschaft anhören, die es für möglich halten, daß Herr Otto vielleicht doch dieses eine Mal nicht dabeigewesen sei Der Angeklagte hat als Schutzbehauptung erfunden, er sei zur Tatzeit im Hotel in Weimar gewesen. Das war ein Fehler. Einmal, weil diese Behauptung widerlegt werden konnte. Zum anderen aber, weil sie den Rückschluß zuläßt, daß der Angeklagte nicht nur im Dienst, sondern auch in seinen üblichen Funktionen im Dienst war. Sonst hätte er sicher die ihm vom BGH angebotene alternative Ausrede genutzt, er sei zwar im Dienst gewesen, aber ausgerechnet in dieser Nacht von einem anderen vertreten worden. Auch diese Ausrede wäre inzwischen durch die von der Nebenklagevertretung vorgelegten Urkunden widerlegt. Aber daß sie gar nicht versucht wurde, daß keine Namen von Leuten genannt wurden, die in dieser Nacht etwa das getan hätten, was Otto sonst immer tat, das entlarvt seine Unschuld als Legende. Er tat in dieser Nacht, was er immer tat. Das vom BGH vermißte Glied in der Indizienkette des Krefelder Urteils ist geschlossen. Was der Angeklagte in der Tatnacht getan hat, hat sich wie durch ein Wunder noch nach 44 Jahren durch neue Beweismittel aufklären lassen. Die auf dem Umweg über den Generalstaatsanwalt der DDR in dieses Verfahren gelangten Urkunden aus ehemaligen Beständen des Bundesarchivs Koblenz haben die in Karlsruhe vermißte Gewißheit gebracht, daß Otto in der Tatnacht nicht nur im Dienst, sondern auch im Lager anwesend war und dort seine üblichen Funktionen ausgeübt hat. Mit drei verschiedenen Schreibwerkzeugen hat er den Empfang von Fernschreiben quittiert, die seine nächtliche Anwesenheit auf der Schreibstube dokumentieren. Und dieser Mann will uns glauben machen, er habe von der in dieser Nacht durchgeführten Sonderaktion nichts mitgekriegt. Nein, er war nicht nur voll informiert, sondern er hat in jener Nacht genau wie sonst auch die zur Vorbereitung der Exekution nötigen Maßnahmen getroffen und schon damit einen zur Verurteilung ausreichenden Tatbeitrag geleistet. Ich zweifle aber auch nicht, daß er darüber hinaus auch die wenigen Schritte von der Schreibstube zum Krematorium zurückgelegt hat, um an der Erschießung Ernst Thälmanns teilzunehmen, wie er auch sonst keine Gelegenheit ausgelassen hat, seinen Heldenmut an Wehrlosen zu bestätigen Die Gewißheit, daß der Angeklagte an der Mordtat beteiligt war, wird verstärkt durch seine schon früher vorgebrachte Lüge, er habe erst aus der Zeitung, also Mitte September 1944, von Thälmanns Tod erfahren. Schon vor dem Luftangriff vom 24. 8. wußten Häftlinge über Thälmanns Ermordung durch die SS Bescheid. Kurz nach dem Luftangriff, der Zeuge Fuchs meinte vier Tage danach, streute die SS zum Zwecke der Desinformation das Gerücht aus, Thälmann sei beim Luftangriff umgekommen. Der Zeuge Freyer sagte, Thälmanns Tod sei nach dem Luftangriff Gesprächsthema in der Kommandanturbaracke gewesen. Nur Herr Otto hat nichts gehört und nichts gesehen. Er war auch nicht bei Fricke, um diesen zu überreden, Thälmanns Tod falsch zu beurkunden, um ihn als Bombenopfer erscheinen zu lassen. Nein, Herr Otto, der Spieß der Kommandantur, der Vertraute des Kommandanten und des Adjutanten, wußte in einer Umgebung, in der die einen von Thälmanns Ermordung erfahren hatten, die anderen, von der SS gezielt irregeführt, an seinen Bombentod glaubten, als einziger von nichts. Obwohl er alle Tage im Dienst war. Seine Behauptung, von der Tötung Thälmanns erst aus der Zeitung erfahren zu haben, bringt den Angeklagten nicht nur um jede Glaubwürdigkeit, sondern liefert ein weiteres entscheidendes Indiz dafür, daß er an der Mordtat beteiligt war. Denn wäre er nicht beteiligt gewesen, dann hätte er die Personen namhaft machen können, die es waren. Keine SS-Treue hätte ihn gehindert, diese Namen zu nennen, weil sie alle tot sind. Statt dessen flüchtet er in die unglaubwürdige Behauptung, erst 4 Wochen später durch die Presse informiert worden zu sein. Nicht jede Lüge eines Angeklagten darf als Indiz für seine Täterschaft gewertet werden, hinter dieser aber verbirgt sich Schuld. . Ernst Thälmann war nur einer der vielen, die ihr Leben in der Mordstätte Buchenwald verloren haben. Den Mitgliedern dieses Gerichts fehlt leider die unmittelbare Anschauung, die der Krefelder Strafkammer und der übrigen Verfahrensbeteiligten zuteil geworden ist. Wir haben bei dem unter sachkundiger Leitung des Vorsitzenden des Kreisgerichts Weimar durchgeführten Ortstermin die Baulichkeiten des ehemaligen Krematoriums besichtigt. Wir waren vielleicht die letzten, die sich von einem Augenzeugen, dem Zeugen Fuchs, die Stellen im Mauerwerk zeigen lassen konnten, wo die Kugeln, die Thälmann töteten, eingeschlagen sind, und den Ofen, in dem die Asche seiner Leiche jind die verglühte Taschenuhr gefunden wurde. Wir waren mit Fuchs auch in der erbärmlichen Behausung, die den polnischen Leichenträgern als Unterkunft diente, im Leichenkeller und den übrigen Räumen dieses furchtbaren Zwecken dienenden Gebäudes. Den entsetzlichsten Eindruck aber hatten wir in dem unter dem Verbrennungsraum liegenden Keller, in dem noch ringsum die Haken an den Wänden befestigt sind, an denen wehrlose, gefesselte Menschen unter der Aufsicht eiskalter SS-Mörder aufgehängt und langsam erdrosselt worden sind. Die Phantasie weigert sich, die Szenen nachzuvollziehen, die sich in diesem kahlen Kellerraum abgespielt haben mögen, der für Hunderte oder Tausende von wehrlosen Menschen zur Stätte ihrer letzten Todesangst angesichts der schon getöteten oder noch im Todeskampf zuckenden Menschen und ihrer erbarmungslosen Mörder geworden ist. Selbst Frauen sind von diesen Helden im Keller erhängt worden Und Herr Otto hat Protokoll geführt und die Namen der Ermordeten abgehakt, damit auch alles seine Ordnung hatte. Er hat diese wehrlosen Menschen in ihrer letzten Todesnot von Angesicht zu Angesicht gesehen, eiskalt und überbetont forsch, wie wir aus der Aussage des Zeugen Mißlitz wissen,;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 408 (NJ DDR 1988, S. 408) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 408 (NJ DDR 1988, S. 408)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungsabt eilurig zu übergeben. Der zuständige Staatsanwalt ist über alle eingeleiteten und durchgeführten Maßnahmen zu informieren. Mit der Betreuung von inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - der Befehl des Genossen Minister für. Die rdnungs-und Verhaltens in für Inhaftierte in den Staatssicherheit , Frageund Antwortspiegel zur Person und persönlichen Problemen, Frageund Antwortspiegel zu täglichen Problemen in der Einkaufsscheine, Mitteilung über bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt verfügten und diei linen bei Besuchen mit Familienangehörigen und anderen Personen übergeben wurden, zu garantieren. Es ist die Verantwortung der Diensteinheiten der Linie und anderer operativer Diensteinheiten, zum Beispiel über konkrete Verhaltensweisen der betreffenden Person während der Festnahmeund Oberführungssituation, unter anderem Schußwaffenanwendung, Fluchtversuche, auffällige psychische Reaktionen, sind im Interesse der Gewährleistung einer hohen Ordnung und Sicherheit, die sich aus der Aufgabenstellung des Untersuchth ges im Staatssicherheit ergeben gS- grijjt !y Operative SofortSrnnaiimen im operativen Un-tersuchungstypjsfüg und die Notwendigkeit der straftatbezo genen Beweisführung vor und nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die in Verbindung mit rechtswidrigen Versuchen die Übe r-siedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzugec und deren Verwirklichung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , zur Verhinderung von Entweichungsversuchen, Selbsttötungsabsichten sowie von Angriffen auf Leben und Gesundheit unserer Mitarbeiter während des politisch-operativen Untersuchungshaftvollzuges durchgeführt.

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