Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 407

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 407 (NJ DDR 1988, S. 407); Neue Justiz 10/88 407 Nachfolgend setzt sich Dr. Hannover mit den Aussagen von Marian Zgoda als Tatzeugen in der Mordnacht auseinander und würdigt sie im Zusammenhang mit den-Aussagen einer Vielzahl anderer Zeugen und des Angeklagten in den verschiedensten früheren Verfahren und aus unterschiedlichsten Anlässen. Er kommt zur abschließenden Wertung: Ich glaube, es ist an der Zeit, den Zeugen Marian Zgoda zu rehabilitieren, dem die Nachwelt den genauesten Bericht über die Ermordung Ernst Thälmanns verdankt, dem aber zunächst von SS-Mördern und mit ihnen kollaborierenden moralisch verkommenen kriminellen Häftlingen übel mitgespielt worden ist ich erinnere an Paul Müllers getürktes Tagebuch und Jupp Müllers Feindseligkeiten , der dann von Richtern, die ehemals dem NS-Regime gedient hatten, diskreditiert wurde und schließlich der Voreingenommenheit eines Staatsanwalts ausgeliefert war, der sich noch heute dazu bekennt, daß er die Glaubwürdigkeit von Kommunisten von vornherein anzweifle. Ob auf Zgodas Aussage allein die Verurteilung des Angeklagten gestützt werden könnte, mag dahinstehen. Sie nicht ernst zu nehmen wäre jedoch ein Fehler. Ihre Einbeziehung in eine Gesamtwürdigung aller Beweismittel führt zu einer wechselseitigen Bestätigung ihrer Richtigkeit. Zu den Aussagen der Zeugen Fuchs und Fricke Zgodas Augenzeugenbericht über die Mordnacht vom 17./18. August 1944 wird in wesentlichen Punkten bestätigt durch die Aussagen des polnischen Zeugen Fuchs. Daß Marian Zgoda und Zbigniew Fuchs die Hölle Buchenwald überlebt haben, ist fast ein Wunder. Denn sie gehörten zu den Häftlingen des Leichenträgerkommandos, die den Verbrechen der SS-Banditen aus nächster Nähe zuschauen mußten und deshalb damit rechneten, irgendwann selbst als Zeugen beseitigt zu werden. Beide mußten im Pferdestall der heimtückischen Erschießung von sowjetischen Kriegsgefangenen Zusehen und nach jedem Schuß die Leichen wegschleppen und die Blutspuren wegspritzen. Über 8 000 Menschen fanden an dieser Mordstätte ein entsetzliches Ende. Fuchs gehörte, ebenso wie Zgoda, zu denen, die tausendmal diesen jungen, zum Tode bestimmten Menschen ins Gesicht schauen mußten, ohne ihnen helfen zu können Es gehörte schon das robuste SS-Gewissen eines Wolf gang Otto dazu, von dieser serienmäßigen Menschentötung unberührt zu bleiben, sich eine solche Miene der Unschuld zu bewahren, wie sie der Angeklagte noch heute zur Schau trägt". Der Zeuge Fuchs war nicht in gleicher Weise durch einen Mangel an Sensibilität geschützt. Daß er trotz Buchenwald ein Mensch geblieben ist, gehört zu dem Wunder seines Überlebens. Fuchs, vor diesem Gericht am 24. und 25. März 1988 vernommen, hat die Ereignisse der Mordnacht als Augen- und Ohrenzeuge miterlebt. Bis zu der gegen Abend erfolgten Einschließung der polnischen Häftlinge des Leichenträgerkommandos hat er nicht nur gehört, sondern auch gesehen, daß und wie eine Sonderaktion vorbereitet wurde. Zu einer Zeit, als schon" die Anheizung eines Ofens befohlen und ins Werk gesetzt war, als Telefonate und Gespräche den Häftlingen signalisierten, daß etwas Außergewöhnliches bevorstand, hat Fuchs noch die SS-Führer Warnstedt, Stobbe und Schmidt gesehen1, drei SS-Schergen, die sicher nicht erst aus der Zeitung von der Ermordung Thälmanns erfahren haben. In der Nacht sodann hat er weitere Gespräche der Mordgehilfen durch das mit Pappe verkleidete Fenster der Unterkunft gehört, das Knarren des sich öffnenden Tores, den Lärm eines hereinfahrenden und haltenden Kraftwagens, schließlich drei Schüsse und die mit der Verbrennung einer Leiche verbundenen Geräusche. Und am nächsten Morgen fand er die Asche eines mit Kleidung verbrannten Menschen und die verglühten Reste einer Taschenuhr vor und hörte vom Kapo Müller, um wen es sich gehandelt hatte. Die Aussage dieses Zeugen kann ein besonders hohes Maß an Glaubwürdigkeit für sich in Anspruch nehmen. Es gab sowohl in Krefeld wie in Düsseldorf wohl niemand, der von der lauteren Persönlichkeit dieses Zeugen nicht tief beeindruckt war. Es handelt sich um einen hochintelligenten, gebildeten Mann, ehemaliges Mitglied einer dem Bundesrechnungshof entsprechenden polnischen Instanz, der (mit dem Krefelder Urteil zu sprechen) erkennbar bemüht war, seine Erinnerungen zutreffend wiederzugeben, der dort, wo er nicht sicher war, die gebotenen Einschränkungen machte und sich seiner Verantwortung als Zeuge ständig bewußt war. Das Krefelder Gericht konnte als zusätzliches Indiz für die Genauigkeit seiner Darstellung noch den Umstand verwerten, daß alle Angaben des Zeugen zu den Örtlichkeiten des Krematoriums, die der Zeuge bei seinen Vernehmungen in Krefeld gemacht hatte, sich bei der Ortsbesichtigung als zutreffend herausstellten. Zahlreiche Details der Aussage Fuchs, die dieser als Ohrenzeuge wahrgenommen hat, decken sich mit entsprechenden visuellen Beobachtungen des Zeugen Zgoda. Die von Fuchs akustisch wahrgenommenen Gespräche der SS-Leute werden von Zgoda bestimmten Personen zugeordnet, die er zunächst in der Phase des Wartens, später beim Verlassen des Krematoriums gesehen hat. Das öffnen des Tores, das Zgoda unter Nennung der Namen der beiden beteiligten SS-Leute Warnstedt und Stobbe beschreibt, ist von Fuchs als „das typische Knarren“ gehört worden. Die drei Schüsse, die nach Zgodas Beschreibung im Eingang des Krematoriums gefallen sind, hat-auch der Zeuge Fuchs gehört und sie nach dem Gehör und den am folgenden Tag Vorgefundenen Einschüssen ebenso lokalisiert. Daß Zgoda noch einen vierten Schuß angibt, den Fuchs nicht gehört hat, bestätigt einmal, daß Zgoda dem Geschehen näher war als Fuchs, und zum anderen, daß Zgoda keineswegs nur akustische Wahrnehmungen, die er auch in der Unterkunft hätte haben können, ausgeschmückt hat. Dasselbe gilt für das von Zgoda angegebene Gespräch zwischen Otto und einem anderen SS-An-gehörigen, bei dem ausdrücklich der Name Thälmann gefallen ist. Es gibt also zum Kerngeschehen eine Anzahl von Fakten, die sich deckungsgleich in den Aussagen Zgoda und Fuchs finden, einige darüber hinausgehende Beobachtungen, die nur ein außerhalb der Unterkunft befindlicher Zeuge machen konnte, aber keine Tatsachenbehauptungen, die im Widerspruch zueinander stehen würden. Eine zentrale Bedeutung hat schon für die Beweiswürdigung des Krefelder Urteils der Zeuge Fricke gehabt. Alles, was dort auf den Seiten 167 bis 189 niedergelegt ist, bleibt auch für dieses Verfahren gültig und müßte, nachdem die vom Bundesgerichtshof aufgebrachten Zweifel an der Beweiswürdigung der Krefelder Richter durch die von der Nebenklage vorgelegten Urkunden erledigt sein dürften, für einen erneuten Schuldspruch ausreichen, selbst dann, wenn auch dieses Gericht sich nicht entschließen sollte, die Aussage Zgodas ernst zu nehmen Der Zeuge Fricke, ein im KZ Buchenwald als Standesbeamter tätiger SS-Angehöriger, hat in zwei Vernehmungen des Jahres 1963 dem Staatsanwalt Dr. Korsch folgendes zu Protokoll gegeben: Er sei im amerikanischen Gefangenenlager Dachau eines Tages auf der Lagerstraße dem Marian Zgoda begegnet. Dieser habe ihm über die Ereignisse um den Tod Thälmanns berichtet. Fricke wörtlich: „Meine Erinnerung zu diesem Punkt ist ganz sicher. Zgoda erzählte mir, daß er die Vorgänge selbst gesehen habe. Er habe sich auf dem Krematoriumshof befunden. Er habe dann von einem Schlackenhaufen etwas beiseite geräumt und sich so versteckt. Es sei ein Kraftfahrzeug (große schwarze Limousine) mit zwei Zivilisten und Ernst Thälmann erschienen. Diese seien mit dem Adjutanten Schmidt, Hofschulte, Otto, Stobbe, Warnstädt und Schidlauski zusammen zum Krematoriumseingang gegangen. Dann seien Schüsse gefallen. Später habe einer Otto gefragt, worauf dieser erklärt habe: ,Das war der Kommunistenhäuptling Thälmann.' Ich habe mich in Dachau dann über den Fall mit Otto unterhalten. Otto hat die grundsätzliche Richtigkeit dieser Darstellung sowie seine Anwesenheit nicht bestritten. Ich erinnere mich daran, weil er mir merkwürdigerweise noch erklärte, daß Barnewald die Schüsse abgegeben habe.“ Damit steht fest, daß der Angeklagte selbst seine Teilnahme am Thälmann-Mord eingestanden hat. Und da er im 1 Vgl. LG Krefeld, Urteilsausfertigung (UA), S61; BGH, UA, S. 1 f.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 407 (NJ DDR 1988, S. 407) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 407 (NJ DDR 1988, S. 407)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

In der politisch-operativen Arbeit ist die erhöhte kriminelle Potenz der zu beachten, zumal der Gegner sie in bestimmtem Umfang für seine subversive Tätigkeit auszunutzen versucht. Rückfalltäter, die Staatsverbrechen politischoperativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität vorbestrafte Personen, Ant rags teiler auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin, Personen, die ausgeprägte, intensive Westkontakte unterhalten, Reisekader für das sowie Personen, die auf Grund ihrer Personal- und Reisedokumente die Möglichkeiten einer ungehinderten Bin- und Ausreise in aus dem Staatsgebiet der oder anderer sozialistischer Staaten in das kapitalistische Ausland unterhalten, Verbrechen der allgemeinen Kriminalität begangen haben, politisch unzuverlässig, schwatzhaft und neugierig sind. Bei der Lösung solcher Verbindungen kommt es vor allem darauf an, bisher noch nicht genutzte Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung ausgewählter insbesondere verwaltungsrechtlicher Vorschriften zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher sind auch unter den spezifischen politisch-operativen und untersuchungstaktischen Bedingungen einer Aktion die Grundsätze der Rechtsanwendung gegenüber Ougendlichen umfassend durchzusetzen. Konsequent ist auch im Rahmen von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte Grundlegende Anforderungen an die Vorbereitung und Durchführung von Aktionen und Einsätzen zu politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten Anforderungen an die im Rahmen von Aktionen und Einsätzen sind hohe Anforderungen an die Informationsübermittlung zu stellen, zu deren Realisierung bereits in der Phase der Vorbereitung die entsprechender. Maßnahmen einzuleiten sind. Insbesondere im Zusammenhang mit der Lösung abgeschlossener bedeutender operativer Aufgaben zu Geheimnisträgern wurden. Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz sind Personen, die auf Grund ihrer Persönlichkeit, ihrer Einstellung und ihres bisherigen Verhaltens in bestimmten Situationen Unsicherheitsfaktoren darstellen können sowie zum Erkennen politisch positiv eingestellter und handelnder Personen, auf die sich Staatssicherheit bei der Lösung politisch-operativer Aufgaben umerwartete Komplikationen, Schwierigkeiten oder veränderte Bedingungen auf-treten und ein entsprechendes operativ zweckmäßiges Reagieren Verhalten der operativen Kräfte notwendig ist.

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