Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1988, Seite 405

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 405 (NJ DDR 1988, S. 405); Neue Justiz 10/88 405 tern sei. In Krefeld gab er noch folgendes zu: Hätte die Exekution des KPD-Vorsitzenden im KZ Buchenwald tatsächlich stattgefunden, dann wäre dieser Vorgang an ihm niemals vorbeigegangen. Heute zweifelt niemand mehr, daß sie wirklich stattgefunden hat. Die Ermordung Ernst Thälmanns im August 1944 im KZ Buchenwald ist selbst vom Bundesgerichtshof als historische Tatsache festgeschrieben worden. Nach meinem Verständnis mangelt es in diesem Prozeß nicht an Beweisen, um dem Angeklagten seine Schuld an der Ermordung Emst Thälmanns nachzuweisen. Da gibt es schriftliche und mündliche Beweismittel, Dokumente und Zeugenaussagen. Und die Zeugenaussagen haben vor Gericht ich-glaube auf der ganzen Welt ein besonderes Gewicht. Nehmen wir in diesem Verfahren einmal die Aussagen der Zeugen Marian Zgoda und Werner Fricke. Sie haben doch im Kern immer wieder eines eindeutig bestätigt: Der Angeklagte war an der Ermordung Ernst Thälmanns beteiligt. Die Glaubwürdigkeit dieser beiden Zeugen ist vor diesem Gericht noch einmal erhärtet worden. Die Frage ist nur, wem ist hier mehr zu glauben: Dem Verfolgten des Naziregimes, dem Augenzeugen tausendfacher Mordopfer auf der einen Seite oder andererseits einem Naziverbrecher, der schon lange abscheulicher Straftaten überführt wurde. Auf der einen' Seite steht die Aussage des einstigen Standesbeamten von Buchenwald, der keinen Grund hat, seinen Komplicen zu belasten, und auf der anderen Otto, der sich in diesem Verfahren nicht nur einmal als Lügner entpuppte. Ich habe mir das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25. März 1987 in dieser Sache sehr genau durchgelesen. Dabei gab mir folgender Satz der obersten Richter sehr zu denken: „Es gibt keinen noch lebenden Zeugen, der ihn (den Angeklagten) bei der Tatvorbereitung oder zur Tatzeit am Tatort gesehen und die Erschießung beobachtet hat.“ Was soll das eigentlich heißen? Daß ohne lebende Zeugen hier kein Beweis zu führen ist? Oder daß die verstorbenen Zeugen ihre Glaubwürdigkeit mit ins Grab genommen haben? Oder soll etwa die Aussage des schwerbelasteten lebenden Angeklagten schwerer wiegen als die der verstorbenen Zeugen? Sie werden auf diese Fragen zu antworten haben. Sie werden darauf auch davon bin ich überzeugt die richtige Antwort finden, wenn richterliche Unabhängigkeit, Unvoreingenommenheit und richterliches Gewissen keine graue Theorie sind. Niemand möge mir unterstellen, daß es mir nur um Sühne oder gar um Rache für den Mord an meinem Vater ginge. Es geht in diesem Prozeß um mehr als um eine gerechte Strafe für eine unmenschliche Tat. Es geht nicht zuletzt um die Achtung und den Respekt vor dem Vermächtnis des antifaschistischen Widerstandskampfes, zu dessen Symbolfiguren Ernst Thälmann zählte. Es geht darum, einer Neuauflage der Ausrottung Andersdenkender den Boden zu entziehen. Ohne Leute vom Schlage des Angeklagten, die bereit waren, verbrecherische Befehle ohne Skrupel und bürokratisch genau in die Tat umzusetzen, wäre der Faschismus nicht zu Rande gekommen. Die Menschheit wird gegen neue Barbarei erst gefeit sein, wenn sie Rechtsbrecher dieser Art gebührend ächtet und konsequent zur Verantwortung zieht. Jede Begünstigung, jede Nachsicht, ja selbst jedes Mitgefühl mit ihnen wäre Verrat an den zahllosen Opfern des Hitlerregimes, wäre Verrat an jenen elementaren Rechten, zu denen sich die Vereinten Nationen bekannt haben. Die Lehren der Geschichte und die Zukunft kommender Geschlechter fordern von uns, bei nazistischer Blutschuld nicht zu vergessen und nicht zu vergeben. Nichts wäre schmählicher und gefährlicher als eine Ermunterung der neonazistischen Kräfte. Den alten Untaten darf nicht neues Unrecht hinzugefügt werden. Die Vertreter der Demokratie und des Fortschritts, nicht nur dieses Landes, setzen große Hoffnungen in Ihren Urteilsspruch. Mögen Ihnen meine Überlegungen behilflich sein, wenn Sie Ihre Entscheidung in dieser Sache treffen. Aus dem Plädoyer von Rechtsanwalt Dr. Heinrich Hannover Ein Terroristenprozeß geht zu Ende, der allen Regeln widerspricht, die sich sonst für Verfahren gegen Terroristen eingebürgert haben. Das Gericht verhandelte in einem Stil, dem wohl von allen Verfahrensbeteiligten ein Höchstmaß an Fairneß, Rücksichtnahme und Gründlichkeit bescheinigt werden muß. Die Staatsanwaltschaft präsentierte sich frei von jedem Verfolgungseifer. Und der Angeklagte trug weder Fesseln noch spürbare Gewissenslasten mit sich herum und schaut gelassen dem von der Anklagebehörde für ihn beantragten Freispruch entgegen. Ein Terroristenprozeß besonderer Art also, der ja auch nicht dem Mitglied einer kleinen sich als Widerstandskämpfer verstehenden Gruppe aus dem linken Spektrum gilt, sondern dem ehemaligen Angehörigen der größten Terrororganisation aller Zeiten. Der Mord an Ernst Thälmann war nur einer von vielen Morden, an denen jener Mann auf der Anklagebank mitgewirkt hat, einer von den vielen Morden des Nazi-Regimes, die keine Sühne gefunden haben. Wir haben, soweit das nach mehr als 40 Jahren noch möglich ist, ein Bild von den entsetzlichen Untaten der staatsterroristischen Verbrecherbande gewonnen, die sich damals auch im Könzentrationslager Buchenwald an wehrlosen Menschen auslassen durfte. Der Sachverständige Trosdorff hat in seinem vor diesem Gericht erstatteten Gutachten einen erschütternden Überblick über die Verbrechen gegeben, der durch andere Beweismittel ergänzt wurde. Wir haben von den Massenmorden an sowjetischen Kriegsgefangenen im sogenannten Pferdestall gehört, von den Erhängungen polnischer Offiziere an einem transportablen Galgen, von den Erdrosselungen an den Wandhaken des Krematoriumskellers, von Erschießungen durch Exekutionspele-tons. Und Herr Otto war an allerem beteiligt. Soweit sich die Taten der terroristischen Vereinigung, der er damals angehörte, gegen ausländische Staatsangehörige richteten, sind sie durch Urteil eines amerikanischen Militärgerichts geahndet worden, dessen Vollstreckung freilich im Zuge einer neuen antikommunistischen Verbrüderung vorzeitig abgebrochen worden ist. Soweit er an Hinrichtungen deutscher Staatsangehöriger mitgewirkt hat, harren seine Taten noch der Sühne. Nach eigenem Eingeständnis aus dem Jahre 1947, als sein Gedächtnis noch besser war, hat der An- geklagte an etwa 50 Exekutionen als Protokollführer oder als Schütze mitgewirkt, bei denen insgesamt etwa 200 Menschen ums Leben gekommen sind. Das Verhältnis zwischen deutschen und ausländischen Hinrichtungsopfern hat der Angeklagte damals mit 1 : 9 angegeben. Danach wäre die Tötung von mindestens 20 deutschen Staatsangehörigen von der Verurteilung durch das amerikanische Militärgericht nicht erfaßt und in deutscher Zuständigkeit zu prüfen. Wir hörten im Laufe des Verfahrens aus dem Munde der Herren Staatsanwälte, daß die Prüfung im Gange sei. Wie sie ausgehen wird, ist nicht schwer zu erraten. Mit dem einen Mord, den wir hier verhandeln, hat die Staatsanwaltschaft sich schwer genug getan. Heute vor 44 Jahren wurde Ernst Thälmann, Reichstagsabgeordneter und Parteivorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands, im KZ Buchenwald auf Befehl Hitlers erschossen. Nur dem Umstand, daß Irma Gabel-Thälmann, die Tochter des populären Arbeiterführers, das KZ Ravensbrück überlebt hat, ist es zu verdanken, daß dieser Mord überhaupt zu einer Anklage geführt hat, die im Wege eines Klageerzwingungsverfahrens herbeigeführt werden mußte. Und was aus dieser von der Staatsanwaltschaft widerwillig . erhobenen Anklage geworden wäre, wenn nicht Frau Gabel-Thälmann an diesem Verfahren als Nebenklägerin beteiligt wäre, das kann ermessen, wer vorige Woche das Plädoyer der Staatsanwälte gehört hat, Ihr Antrag auf Freispruch rechtfertigte und krönte die jahrzehntelangen Versäumnisse ihrer Behörde. Bessere Verteidiger als diese Staatsanwälte konnte sich der Angeklagte nicht wünschen. Und so muß ein Verteidiger das Amt des Anklägers übernehmen. Das bin ich Ernst Thälmann schuldig. Das Krefelder Urteil und der BGH Mit Urteil vom 15. Mai 1986 hatte die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Krefeld nach gründlicher Beweisaufnahme den Angeklagten Otto der Beihilfe zum Mord an Ernst Thälmann schuldig gesprochen und damit, wie man hoffen durfte, diesem unrühmlichen Verfahren ein rühmliches Ende gesetzt. Daß der im vorgerückten Alter stehende Angeklagte die ihm auferlegte milde Strafe wirklich würde;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 405 (NJ DDR 1988, S. 405) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Seite 405 (NJ DDR 1988, S. 405)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 42. Jahrgang 1988, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1988. Die Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1988 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1988 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 42. Jahrgang 1988 (NJ DDR 1988, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1988, S. 1-516).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung gewährleistet werden, desdo größer ist die politische Wirksamkeit des sozialistischen Strafverfahrens So müssen auch die Worte des Genossen Minister beim Schlußwort der Partei der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Konspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Aufgaben und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner Vertrauliche Verschlußsache - Erfоrdernisse und Wege der weiteren Vervollkommnung der Leitungstätigkeit der Leiter untersuchungsführender Referate der Linie Vertrauliche Verschlußsache . Die Kriterien der Bewertung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und l-landlunoen. In Übereinstimmung mit der Gesellschaftsstrategie der Partei und den Erfordernissen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft zu erbringen. Dieser hohen persönlichen poli tischen Verantwortung gerecht zu werden, ist heute und zukünftig mehr denn Verpflichtung der Angehörigen der Linie - Wesen und Bedeutung der Vernehmung Beschuldigter im Ermittlungsverfähren mit Haft durch die Untersuchungs organe Staatssicherheit sowie sich daraus ergebender wesentlicher Anforderungen an den Untersuchungsführer der Linie und ihre Bedeutung für die Erziehung und Befähigung von Untersuchungsführern durch den Leiter. wirklich! Cbl. tück der Leitungs ;L Vergleiche Bericht des Zentralkomitees der an den Parteitag der Partei , Dietz Verlag Berlin, Referat des Generalsekretärs des der und Vorsitzenden des Staatsrates der Gen. Erich Honeeker, auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung in den genannten Formen zu regeln, wo das unbedingt erforderlich ist. Es ist nicht zuletzt ein Gebot der tschekistischen Arbeit, nicht alles schriftlich zu dokumentieren.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X